Metalinside.ch - Iron Maiden - Greenfield Festival 2014 - Tag 2 - Foto pam
Do–Sa, 12.–14. Juni 2014

Greenfield Festival 2014 – Iron Maiden, Linkin Park, Soundgarden, Eluveitie u.v.m.

Flugplatz Interlaken (Interlaken, CH)
/ / 24.06.2014

Greenfield – Zehn Jahre und das ist erst der Anfang!

(Nathalie) Das grösste Rock- und Metalfestival der Schweiz feierte mit der diesjährigen Ausgabe das süsse zehnjährige Jubiläum. Mit knapp 24’000 Besuchern lag das Greenfield Festival an seinem ersten runden Geburtstag zwar unter dem letztjährigen Rekord, doch in Sache fröhlich feuchte Feste feiern stand es in nichts nach. Weniger Leute hiess in diesem Jahr schlussendlich ja auch: Mehr Schlamm für Alle!

Während das Ausrichten eines Kindergeburtstages relativ einfach vonstatten geht, bedarf es bei den Heranwachsenden einiges mehr an Planung, damit es gelingt. „So brauchte auch  das Greenfield Festival in Interlaken vor noch nicht allzu langer Zeit bloss sechs Monate Planung, um auf die Beine gestellt zu werden und heute bereits ein ganzes Jahr“ meinte die seit dem Anfang an bestehende Geschäftsleitung. Das Publikum wird immer anspruchsvoller, will Luxus Toi Tois, Duschen mit Miettüchern und mindestens 20 verschiedene kulinarische Spezialitäten. Die vielen Smartphones müssen immer geladen sein und jegliche News sofort abrufbar. Die Zeiten ändern sich, aber das Wichtigste bleibt auch nach dem ersten Lebensjahrzehnt: Rock ‘n Roll forever! Gestorben wird noch lange nicht und das Wetter bleibt nach wie vor ein Sonderthema.

Tag 1: Tradition von A wie Alphornbläser bis Z wie zumindest zeitweise Regen

Nathalie: Was hatte das diesjährige Line-up mit dem Wetter wiedermal gemeinsam? Richtig! Sie boten viel Abwechslung und das teilweise Schlag auf Schlag. Es gab wohl erst ein Greenfield Festival, welches vom Regen ganz verschont wurde. Immerhin, die Jubiläumsausgabe startete mit viel Sonne und einer schon fast erschlagenden Hitze.

Musikalisch eröffneten traditionell die Alphornbläser, was natürlich wunderbar in die schöne Bergkulisse des Openairs passte. Für mich war die südafrikanische Band Seether der Opener. Die Post Grunge, Alternativ-Metal Band rockte auf der Clubstage, währendem die ersten Blitze am Himmel erkennbar waren. Aber auch ohne diese Spezialeffekte hätte es in meinen Augen gefunkelt. Seether spielten einen schönen Mix aus ihren Hits und jetzt kommt’s; auch die erste Auskopplung „Words as weapons“ von kommenden Album „Isolate and Medicate“, welches am 1. Juli erscheinen wird, gaben sie zum Besten. Der erste Eindruck: Gefühlsvoll, rockig, melodiös mit der hammermässigen Stimme von Shaun Morgan – ganz in Seether Manier.

Nach dem kurzen Regenschauer gab es immerhin etwas Schönes: Währendem auf der Hauptbühne Gogol Bordello Spass hatten, zeigten sich zwei von den Festivalbesuchern zig mal fotografierte Regenbögen und die Sonne beschien noch für die letzten paar Minuten die Bergkämme. Einfach wunderschön und zusammen mit dem selbsternannten ukrainischen Gypsy-Punk-Cabaret Band war dies ein perfekter Einstieg in einen feierlichen Abend. Mit ihrer fröhlichen Musik und dynamischen Show brachten sie die Festival Besucher zum Tanzen.

(pam) Nach den lustigen Gogol Bordellos kam der weniger lustige Philip H. Anselmo mit seinen The Illegals. Phil Anselmo ist dem einen oder anderen besser bekannt als Front-Shouter von Pantera, welche vor allem anfangs Neunziger ganz Grosse des Metals waren. Sie hatten die Power die Powermetal-Bands nicht haben. Doch mit dem grossen Erfolg kamen auch Drogen ins Spiel und noch bevor der legendäre Pantera-Gitarrist Dimebag Darell auf der Bühne erschossen wurde, gings schon bergab mit Pantera und insbesondere mit Phil, der wohl die meisten letzten Konzerte oder gar Jahre mit Pantera kaum mitbekam.

Als grosser Pantera-Fan im meiner Teeniezeit hatte ich mir somit diese Show im Greenfield-Kalender fett angestrichen, obwohl ich ahnte, dass ich mit der idealisierten Vergangenheit im Kopf nur enttäuscht werden könnte. Nun, der erste Song von Philip H. Anselmo and The Illegals war in der Tat ein Pantera Song: „A New Level“ vom besten Pantera- und eines der besten Metal-Alben überhaupt (Vulgar Display Of Power). Phil mit dickem, angegrauten Bart und ähnlichen dickem Bauch kommt wie erwartet bei weitem nicht an seine besten Tage ran. Aber die waren auch lange bevor Pantera aufgelöst wurde. Und so war es wohl besser als die letzten 5 Jahre oder mehr mit Pantera. Dennoch hatte man das Gefühl, dass es sich um eine Persiflage der grössten Band die Texas wohl ever rausbrachte handelte. Manchmal sollte man die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen. Es zählen die genialen Pantera-Alben und Erinnerungen aus einer grausigen Zeit, wo der Techno überhand nahm.

Nathalie: Viel Zeit blieb nicht mehr übrig und der erste Headliner stand schon auf der Bühne. Zeit verlor man übrigens vor allem beim Anstehen bei den Klos. Irgendwie gab es von denen auch schon mehr?!

(pam) Interessanterweise hatte ein Kollege von mir während dem Festival angemerkt, wie cool es sei, dass es auch ganz vorne links und rechts der Bühne Toi-Tois habe – und vor allem Pissoir. Das männliche Geschlecht scheint da also besser bedient gewesen zu sein oder war es einfach der Ort, wo man sich aufhielt und grad musste, der einem je nachdem einen anderen Eindruck bescherte?

Nathalie: Anyway; der Headliner Linkin Park war ein echter Publikumsmagnet. Von allen Seiten strömten die Besucher zur Show. Viele skeptische Stimmen rätselten, was die erfolgreichste Nu-Metal Band wohl spielen wird. Linkin Park hat Einiges ausprobiert, sich in relativ viele Gefilde getraut und durch das natürlich nicht nur Fans gewonnen. So schöpften sie auch am Greenfield aus dem Vollen und brachten einen wunderbaren Mix aus ihren alten Megahits und den neuen Sachen. Unterstrichen wurde der Auftritt mit ihrer genialen Lichtshow. Da sollte man meinen, dass jeder auf seine Kosten kam, aber dennoch: Die Stimmung des Publikums war recht verhalten.

Dies änderte sich später – zumindest in den vorderen Reihen – und zwar beim letzten Act, bei Dropkick Murphys. Die irische Folk-Punk Band animierte mit ihrer mitreissenden Show die Zuschauer oder besser gesagt die Mitrumhüpfer, Mitgröhler und Mitrumschunkler. An die  Dynamik einer Hallenshow kam der Aufritt natürlich nicht ran.

Fotos Greenfield Festival 2019 – Tag 1 (pam/Röschu)

Tag 2: Vom Greenfield zum Brownfield

Freitag der 13. und Vollmond. Der zweite Tag hatte es in sich. Line-up-mässig durften sich vor allem die alteingesessenen Metaller freuen. Aber fangen wir etwas früher und anders an und zwar bei den Wetterkapriolen beim Auftritt von den The Broilers. Nach anhaltendem Regen ab dem Mittag hörte es für kurze Zeit wieder auf, so dass man sich in Sicherheit wog, den Schirm, Regenschutz und alles im Zelt liess und sich frohen Mutes auf zum Broilers Konzert machte. Der Auftritt der Oi-punker machte gewohnt Spass, bis es richtig, aber sowas von richtig, anfing zu regnen. Der Sänger Sammy Amara kündigte es noch an: „Zuerst geht die Technik kaputt, dann die Würstchenbude, dann der Rest.“ Was mit dicken, kalten Regentropfen anfing, endete in einem Sturzbach und Hagel. Nicht Alles hielt dem heftigen Regen stand. Das grösste Opfer war das Jack Daniels Zelt, welches einen üblen Einsturz erlitt. Immerhin wurde niemand verletzt. Und auch die Broilers mussten sich von der Bühne verziehen.

(pam) Es gab sogar einen kurzen Hagelschauer … was ich mit überraschen feststellte, als es in meinem Bier plötzlich zwei, drei Eiswürfel drin hatte …

(Nathalie) Nach zehn Minuten war der Spuk aber plötzlich wieder vorbei – aus dem Greenfield wurde das Brownfield. Ab sofort gab es mehrere Möglichkeiten die Sau mal so richtig raus zulassen: Einerseits konnte man sich herrlich im Matschpit vor der Bühne vergnügen, andererseits konnte man ein braunes Vollbad auf dem Teerplatz schräg vor der Bühne geniessen und sich gegenseitig nassspritzen. Den Broilers gefiel das und sie setzten ihren Auftritt fort.

(pam) Sabaton schenkten den Broilers gar noch zehn Minuten zusätzlich, damit diese ihr Set trotz Unterbruch der guten Stimmung geschuldet fertig spielen konnten. Aber Sympathien müssen sich Sabaton eigentlich nicht mehr erheischen. Die schwedische Panzermetal-Band hat noch jede Schlacht gewonnen und sind DIE Söldnerschlampen des melodiösen Powermetals der letzten Jahre. Die So-nicht-nach-Schweden-Tönende-Stimme von Frontmann Joakim hat sich ihren Platz in den markantesten Metalstimmen schon länger gesichert. Und trotz dem typischen, martialischen Auftritt in Camouflage, ist er einer der sympathischen Typen im Metal-Zirkus überhaupt. Er predigt nicht nur Fannähe, sondern zelebriert und geniesst diese auch. Wäre am Greenfield die Bühne nicht so hoch gewesen, hätte er sich bestimmt zu den Dreckbuebe und –Maitli in den Schlamm geworfen. Sie waren heute die heimlichen Abräumer. Iron Maiden kurze Zeit später hatten die ganz grossen Songs – und diese En-Masse – aber Sabaton schafft es auch mit 08.15 Dingern die Massen zu begeistern. Und mit „Primo Victoria“ und „Metal Crüe“ hat man auch zwei ganz grosse Nummern im Gepäck, die inzwischen auch den letzten Sabaton-Verachter insgeheim begeistern. Wäre Maiden nicht Maiden, wären die Schweden heute ganz klar die Headliner und ganz grossen Abräumer gewesen..

Fotos Greenfield 2014 – Tag 2 (pam/Röschu)

(Nathalie) Währendem einige gar nichts kannten und mit ihrem neuen Schlammkostüm noch den ganzen Abend herumrannten, flüchteten viele zurück in ihre Lager. Zeit bis zum Headliner hatte man reichlich. Viel Zeit musste das Team für den Bühnenaufbau vorzeitig investiert haben. Die Licht- und Bühnenshow von Iron Maiden war wiedermal echt spektakulär. Nach fast 40 jährigem Bestehen, muss man ja wissen wie der Hase läuft. Das Publikum wurde mit vielen Animationen, legendären Songs und überdimensionalen, wandelnden Puppen zu genüge bedient.

(pam) Die wandelnde Puppe Namens Eddie war wie immer eines der Highlights einer Maiden Show. Die Briten sind schon seit längerer Zeit unterwegs und kurz vor dem Abschluss ihrer Retro-Maiden-England-Tour von 1988. Klar, an die gewaltige Indoor-Show und Stimmung im Hallenstadion im letzten Jahr kam dieser Auftritt nicht an. Aber zu meiner Überraschung hatte man fast das ganze Inventar der Stadion-Tour mit dabei. Eddie in allen überdimensionalen Versionen aus verschiedenen Platten- und Single-Covers. Bruce – immer noch fit wie ein junges Rehli – rannte was das Zeug hielt von rechts nach links und hoch und runter auf der maximal ausgelasteten Bühne – sei es als Trooper oder Weltkriegspilot. Er nannte das Greenfield von Anfang an nur noch Mud- oder noch öfters Shitfield. Dabei forderte er uns auch auf, dem Wettergott mittelfingerzeigend Fuck You zuzurufen. Dabei müsste er doch wissen, dass so ein bisschen Regen und Schlamm Metalheads nicht von einer riesigen Party mit einer der grössten Metalbands aller Zeit abhalten würde. Iron Maiden zeigte es all den meist um Jahrzehnte jüngeren Bands, Nu Metallern, Metal Corern, Punrockern und und und, wer die Meister sind. Wer vorher nicht Maiden Fan war, der war es bestimmt nach deren Auftritt. Oder in den kreischenden Worten von Master Bruce: „Scream For Me Switzerland!“ Oh yes, we did scream for you, eiserne Jungfrau!

(Nathalie) Wer jetzt meint, am diesjährigen Greenfield wären nur Rock-Opas gewesen, täuscht sich. Unter den alteingesessenen Metalheads, gab es auch viele junge Fans. Insgesamt hatte ich aber den Eindruck, dass bei anderen Ausgaben des Greenfield Festivals deutlich mehr Leute vor der Bühne standen. Aber eben, weniger Leute hiess in diesem Jahr mehr Platz und Schlamm für Alle.

Nach Maiden war aber noch lange nicht Schicht. Gleich im Anschluss spielte auf der Clubstage Avolnation. Die Band konnte einem etwas Leid tun. Das Publikum verhielt sich äusserst verhalten, was darin gipfelte, dass sie beim Hit Sail kurz abgingen und dann in Massen davon schwärmten. Der Höhepunkt gehört eben eigentlich an den Schluss.

Das Ende gehörte am Freitagabend Hatebreed, welche ihre aggressiven Töne von der Hauptbühne runter schossen. Dem Brownfield wurde nochmals alle Ehren erwiesen und es wurde kräftig gematschpitted.

Fotos Greenfield 2014 – Iron Maiden – Tag 2 (pam)

Tag 3: Ich sagte doch, der Höhepunkt kommt am Schluss

Nathalie: Der Samstag begann merklich kühler und der wolkenverhangene Himmel meldete Regen. Wer schlau und wasserscheu war, machte sich darum schon früh auf zum Grillfield. Dort herrschte, wie immer, eine fröhliche Stimmung. Ist ja klar, wenn’s bei Lidl wegen dem Regen vergünstigtes Fleisch gibt.  Bis zum Abend hiess es also wortwörtlich noch etwas durchbeissen und die Besucher wurden mit einem trockenen Abschluss belohnt.

Einheizen für den Höhepunkt am Schluss konnte man sich zum Beispiel bei Sepultura. Die grösste brasilianische Metal Band war, wie übrigens auch Hatebreed, schon vor zwei Jahren in Interlaken zu Gast. Die Death Metaler knallten den wenigen Zuschauern, welche sich vor der Hauptbühne eingefunden haben ihre harten und lauten Töne um die Ohren.

Hatte man sich bei Sepultura vor allem den Nacken beim Headbangen aufgewärmt, so konnte man etwas für seine Sprunggelenke bei Saltatio Mortis tun. Die Mittelalter-Rock Band sprangen für ihre Kollegen In Extremo ein, welche aus logistischen Gründen zwei Wochen vor dem Festival noch absagen mussten. Zwei positive Dinge daran: Erstens, das Line-up 2015 ist bis jetzt echt genial. In Extremo haben auf Facebook verkündet, dass sie das garantiert nachholen werden. Zweitens, Alea gab, wie gewohnt Vollgas, animierte die Leute zum mitsingen, sprang auf der Bühne herum und sang nach seinem spektakulären Stagedive auf Händen getragen mit voller Körperspannung und langem Schnauf fehlerfrei weiter. Er war immer noch sichtlich aufgeladen vom Vortag. Für ihn sei ein Traum in Erfüllung gegangen, bei Iron Maidon im Publikum mitrocken zu können.

Es war etwas der Tag des Ersatzes. Denn auch der dritte Headliner wurde ersetzt. Ursprünglich standen In Flames auf dem Programm. Am Samstagabend kamen aber als Ersatz Soundgarden. Stilmässig eine andere Ecke und viele Festivalbesucher nutzten die Grunge Klänge, um gemütlich hinzusitzen und Energie für den Schluss zu tanken – für den wahren Höhepunkt.

Von der Zuschauerzahl her betrachtet, hatte ich das Gefühl, dass die Schweizer Folk-Death-Metaller von Eluveitie der heimliche Mainact waren. Die Band wurde gefeiert, was das Zeugs hielt. Chrigel Glanzmann hatte sichtlich Freude und pfefferte für den Circle Pit noch eins oben drauf. Er forderte die Meute auf ein Video mit dem Handy zu drehen und es ihnen auf Facebook zu posten. Der Gewinner mit dem besten Video wird etwas aus dem Merchandiseangebot erhalten. Es gab aber nur Gewinner: Denn alle kamen an diesem Abend in den Genuss einer Kostprobe des neuen Albums. Eluveitiemässig-Hammer.

Und so endeten die drei feucht-nass-sonnig-fröhlichen Tage. Viel Abwechslung, tendenziell ein eher härteres Line-up, sehr passend zum Wetter. So feiert man also seinen zehnjährigen Geburtstag.

Fotos Greenfield 2014 – Tag 3 (weRöschu)


Wie fandet ihr das Festival?

/ / 24.06.2014
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