Do–Mo, 14.–18. August 2014

Open Air Gampel 2014 – Volbeat, Ska-Punk, Heaven Shall Burn, Marilyn Manson u.v.m.

Gampel-Bratsch (Turtmann, CH)
24.08.2014

Vier gewinnt am Gampel

Dort wo sich Fuchs und Hase normalerweise gute Nacht sagen, trafen am zweiten Augustwochenende Rock und Metal auf Reggea, Punk, Pop, Hip Hop und vor allem auf Scooter. Die Hyper-Hyper-Mania überdauerte nämlich das ganze Gampel Festival. Zum Glück kamen dazwischen aber auch andere Perlen und Stimmungsmacher zum Zuge. Alles in Allem ein guter für jeden-etwas-dabei-Mix.

Bereits am Donnerstag startete das Gampel 2014 mit einem schweisstreibenden Line-up, welches eine gute Fitness forderte. Die Shows waren nahtlos getaktet, so dass es keine Überschneidungen gab. Darum sputeten wir einen Abend lang wie die Irren zwischen den beiden Bühnen hin und her. Zugegeben, zwischendurch gab es auch noch einen Pit-Stop an einer der sehr zahlreichen Bars, aber da am Donnerstag die Besucherzahl noch angenehm war, ging das Tanken überall sehr fix. Auch die sanitären Anlagen konnte Mann und sogar Frau meist ohne Warteschlange besuchen; was sich ab dem zweiten Tag aber änderte.

Zum Aufwärmen hatten wir uns, passend zum kunterbunten Festival, die energiegeladene Band Skindred ausgesucht, welche verschiedene Musikstile wie Metal, Reggae, Hiphop, Elektro und Punk vereint. Mit dem extrovertierten Frontmann Benji Webbe war gute Laune und eine hammermässige Stimmung garantiert. Das Motto von Skindred passte wunderbar zum Festival: „We bring togetherness and unity!“ In jedem kleinen Raver steckt also ein Metalhead; oder ist es umgekehrt?

Mit Gitzi Bratwurst und Rösti bewaffnet standen wir als nächstes vor einem schwarzen Vorhang. Die Kreuze darauf verrieten, dass das amerikanische Rock Enfant Terrible bald auf der Bühne stehen wird. Erinnert ihr euch noch an die Zeit als er die Öffentlichkeit brüskierte und vor allem die Kirchen wegen ihm Sturm liefen? Heute ist wenig davon übrig. Kinderschreck Marilyn Manson schockierte seine Fans am Gampel höchstens mit seinem neuen Doppelkinn. So ging auch sein Provokationsversuch mit dem Aufruf, die Leute sollen rausschreien, was sie am meisten hassen, was sie sterben sehen möchten, völlig unter. Er gab sich gewohnt arrogant und schmiss mehrmals das Mikrofon wütend über die Bühne. Immerhin nahm Manson sich selber doch nicht ganz so ernst und zog am Schluss mit Mickey Mouse Ohren von der Bühne. Seine gesangliche Leistung fand ich etwas besser als bei seinem letzten Auftritt in Basel, bei dem er angeblich erkältet gewesen sein soll. Aber Manson höre ich in Zukunft lieber nur noch ab Platte.

Mit viel positiver Energie ging es nach dieser Enttäuschung auf der kleinen Bühne weiter. Nachdem Ska-P ihren Auftritt am vorletzten Greenfield wegen einer technischen Panne auf drei Songs kürzen mussten, durfte das Gampel die fröhlichen Stimmungsmacher in vollen Zügen geniessen. Es wurde gehüpft, gepogt und gelacht bis zum Umfallen.

Perfekt wie auf Platte

Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen. Wir machten uns bereit für den grossen Leckerbissen des Abends: Volbeat. Böse Zungen behaupteten vorgängig, Volbeat klinge immer gleich und an Konzerten würden sie genau wie ab Platte tönen. Genau so war es; fand ich aber völlig ok. Volbeat kann von sich immerhin behaupten einen ganz eigenen unverwechselbaren Stil entwickelt zu haben: Ein genialer Mix aus kraftvollem Rock’n Roll, Heavy Metal und Rockabilly. Und wenn die Mucke ab Platte gut klingt, wieso soll sie dann nicht auch an Konzerten genial tönen? Klar waren sie nicht die riesen Stimmungsmacher, aber ihr Auftritt war sympathisch. Ihre Setlist am Gampel war zudem gut durchdacht. Die Dänen spielten ihre grossen Hits über den ganzen Auftritt verteilt und so kam doch immer wieder Stimmung auf.

Nach Volbeat war noch lange nicht Feierabend. Die Turbojugend wollte noch weiterfeiern. Obwohl die Auftritte von Turbonegro echt witzig sind und der dreckige Sound Laune bereitet, fühlten wir uns nicht mehr so turbojugendlichfrisch und begaben uns in die Horizontale. Vom Campingplatz aus, konnte man Turbonegro in guter Lautstärke weiterverfolgen und noch besser die anschliessende Partynacht. Bacardi Dome und Rockstar Festzelt liessen grüssen.

Freitag war Fischtag

Bevor am Abend die sehr wichtige Frage gestellt wurde – How much is the fish? – feierte die Band Reel Big Fish auf der Hauptbühne mit Saxophon und Trompete eine fröhliche Party. Die Ska Punker aus Südkalifornien sind alte Hasen und schon seit 1992 am Start. Obwohl sie beim tendenziell jungen Volk wohl eher wenig bekannt waren, brachten sie die Menge mit purer Spielfreude und witzigen Ansagen zum Tanzen.

Frisch vom Hamburger Fischmarkt kamen später Fettes Brot. Mein erster Eindruck war: Ey Alder, seid ihr altes Brot? Die Herren sahen auch schon frischer aus. Nichtsdestotrotz animierten die Hip Hopper die Zuschauer zum Singen und Tanzen bis die Festbänke brachen.

Gleich nachdem wir unsere Hände ganz in Hiphopmanier auf und ab wippen liessen – ich vergass dabei zwar zwischendurch Daumen, Mittel und Ringfinger zu einer flachen Hand auszustrecken – brauchten wir vor der Nebenbühne unsere Nackenmuskulatur. Mit der deutschen Band Heaven Shall Burn kamen die Metalheads zum guten Glück nochmals auf ihre Kosten: Aggressiver Metalcore vom Feinsten. Es wurde gepogt bis manche Beine blutig waren und die Berge wackelten. Heaven Shall Burn liessen quasi nichts anbrennen – was im trockenen Wallis vielleicht auch besser war.

Hardcore ging es weiter. Unglaubliche 20 years of hardcore und absolut jeder Gampelbesucher war dabei. Auch wenn jedes Lied fast gleich klang, die Tänzerinnen wohl auch seit 1994 dabei waren und dafür die Tänzer H.P Baxxters Söhne hätten sein können, waren Scooter, wie erwartet, die Stimmungskanonen vom Abend. Frontmann H.P Baxxters liess Pyros knallen und zeigte dem Publikum, wie man eine feuerspuckende Gitarre zerbricht. Mit so vielen sinnfreien Texten blieb somit am Ende des Tages die Frage: How much is the guitar? Denn wie viel der Fisch kostet, wird uns Mister Hyper Hyper – Move your ass – I want to see you sweat, nie verraten.

Samstag: Aus rock und vorbei?

Mit Metal und Rock war es am Samstag dann eher vorbei. Etwas Rock n‘ Roll gab es zwar am Abend noch mit Mando Diao, aber schlussendlich sind die Schweden sehr radiotauglich und somit wenig speziell.

Für mich gab es aber doch zwei Bands, die den Samstag gerockt haben. Die erste durfte gleich den Start in den Tag machen. Open Season liess mit ihrem sympathischen Auftritt und Urban Reggae aus Bern den Hardcore vom Vortag vergessen und verwandelte die Menge bereits am frühen Nachmittag in eine tanzende Masse. Frontmann Santosh Aerthott animierte das Publikum gekonnt; liess es mitsingen, hüpfen, tanzen, niederkauern und hochspringen. Ihr Auftritt war musikalisch einwandfrei und äusserst abwechslungsreich.

Auch wenn das manchem Metalhead nun in den Augen bis in den kleinen Zeh wehtut, die zweite Band, die das Gampel am Samstag absolut gerockt hat, waren die Kult Hip Hopper die Fantastischen Vier. Smudo, Thomas D., Michi Beck und And. Ypsilon brachten das Tal mit einem guten Mix aus ihren alten und neuen Stücken zum Kochen. Man muss es ihnen lassen: Ihr unglaublich schneller Sprechgesang war mindestens so beeindruckend wie die schnellen Zupfmeister von Volbeat. Die Band überzeugte die Zuschauer hör- und sichtbar mit ihrer energiegeladenen Show und witzigen Ansagen. Ihre 25 Jahre im Zeichen des Sprechgesangs wurden mit dieser Show gebührend gefeiert.

Vier gewinnt schlussendlich also. Zumindest in Sache Stimmung konnte den Hip Hoppern niemand etwas vor machen. Für die Welt immerhin doch beruhigend, dass es am Ende des Tages nicht Scooter waren, die am meisten abgingen.

Fotos von Damian Meichtry


Wie fandet ihr das Festival?

24.08.2014
Weitere Einträge von

Die Fantastischen Vier, Fettes Brot, Heaven Shall Burn, Mando Diao, Marilyn Manson, Open Season, Reel Big Fish, Ska-P, Skindred, Turbonegro, Volbeat

 
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