FARIN URLAUB – Faszination Weltraum

Deutschrock, Punkrock, Ska Punk
11.12.2014

Der grosse Blonde mit dem Dauergrinsen ist zurück.

War er den weg? Nun, immerhin sind sechs Jahre vergangen seit seinem letzten Soloalbum-Release. Gut, dazwischen gab es noch ein bisschen die Ärzte und Drumherum vor allem Reisen. Der Mann mit den abstrusesten Texten und Titeln der deutschen Sprache macht halt, was seinem Künstlernamen würdig ist. Und im Urlaub haben die auf einem Diktiergerät angesammelten Songideen auch ihren Ursprung. Das ist wohl auch der Grund, warum sich so viele Songs von FU um die Sonne drehen und allgemein vorwiegend einfach mal gute Laune verbreiten. Eigentlich der perfekte Soundtrack für die Ferien oder schlicht für eine fröhliches Leben.

„Faszination Weltraum“ ist das vierte Soloalbum von Farin Urlaub innerhalb von 13 Jahren. Ganz so Solo ist FU jedoch auch nicht mehr. Das Racing Team – ursprünglich eine rein weibliche Frauenband für die Live-Auftritte – ist inzwischen schon sowas wie eine Band und die Scheibe läuft dann auch wie die letzte Scheibe offiziell unter Farin Urlaub Racing Team (FURT). Alle Songs sind aber nach wie vor von Farin geschrieben und arrangiert worden.

Eine FURT Review zu schreiben, ist schon fast so schwierig wie eine die Ärzte Review. Man scheitert schon beim Beschrieb des Genres. Faszination Weltraum bietet einmal mehr alle Stilrichtungen, die ein klassisches Punkrock-Orchester mit Chor und Bläsern und teilweise auch noch Streichern hergibt und noch mehr. Dass FURT jedoch in erste Linie eine Punkrock-Band ist – nun, das sag ich jetzt einfach mal so – wird mit dem Opener „Mein Lied“ zementiert. Der geht ganz schön ab, macht keine Gefangene und wenn, dann müssen die sich ziemlich sputen, um nicht einfach auf dem Boden mitgerissen zu werden. Und die erste Zeile von FU: „Wenn die Sonne lacht …“. Das ist doch schon mal ein guter Einstieg und beweist, wo der FU unterwegs war – zumindest bei der Entstehung dieses Liedes – schien wieder mal die Sonne.

Nicht mehr ganz so schnell, dafür mindestens gleich hart mit einem schleppenden, heavy Riff geht’s in die zweite Runde: Dynamit. Architektur-Kritik wie wir sie doch alle schon insgeheim mal machen wollten: „Dynamit, Architektur-Kritik die man tatsächlich sieht. Dynamit, wir verschönern unser Innenstadt-Gebiet.“ Da gäbe es doch einige Gebäude bzw. Bausünden, zum Beispiel mitten in der Altstadt von Luzern, welche eine solche Kritik über sich ergehen lassen sollten.

Auch die dritte Nummer „Was die Welt jetzt wirklich braucht“ passt soundmässig noch ganz gut ins Punkrock-Korsett.

Also, wir können die Sonnen-Zeile und den Ich-gegen-Objekte abhacken. Um ein typisches FU-Album zu komplettieren fehlt unter anderem noch der Ich-tu-mich-schwierig-mit-dem-anderen Geschlecht Song. Und der ist mit „Herz? Verloren“ am Start. Und fängt an mit einem Riff, welches mit spontan an „Viva Las Vegas“ erinnert. Gewollt oder nicht, es passt, denn es geht … um das weibliche Geschlecht bzw. wie Farin als Mann halt „polyamourös“ ist und halt nichts dafür kann, wenn er auf die Strasse geht und sofort wieder dabei ist, sein Herz zu verlieren. Ein Mann sei halt schwierig zu dressieren. Ein typischer FU-Ohrwurm mit einem Text wie er nur von ihm kommen kann. Einfach nur geil. Und welcher Mann kann da nicht mit dem armen Farin mitfühlen?

Weiter geht’s mit ebenso typischen FU-Schunkel-Songs, Weisheiten fürs Leben und wie meist einfach positive Energie „Alles wird gut“. Gut, der Blonde mit dem Dauergrinsen könnte wohl auch kaum Melancholie verbreiten. Zumindest fast nicht. Gegen Ende kommt dann noch „Das Traurigste“ Lied des Silberlings – da kommt kurz etwas … ja Traurigkeit auf. Aber zum Glück nur kurz, denn gleich darauf wird wieder heftig gepunkrockt.

Auch der Ska-Hüpfer mit „Heute Tanzen“ fehlt nicht und einmal mehr geht’s ums Tanzen. Und zu Ende fängt der Gute noch an zu Growlen … Allgemein hab ich das Gefühl, dass dies eines der härteren Alben von FU ist. Es ein paar knallharte Riffgranaten in mehreren Songs versteckt – ganz schön demonstriert uns dies Farin in „Immer dabei“.

Farin erfindet sich jedoch nicht neu. Nun, das dürfte auch schwierig werden, wenn einer schon gefühlte 876 Songs geschrieben hat. Da kommt es unweigerlich vor, dass der mit dem Backkatalog von FURT und DÄ vertraute Hörer das eine oder andere Déjà-vu bzw. Déjà-entendu hat. Zu jedem Song könnte man praktisch ein Pendant auf jeder der bisher erschienen FURT-Platten finden. Man könnte also meinen, das Gleiche wie immer. Was stimmt. Man könnte sagen, na ja, langweilig. Das stimmt nicht. Den während andere Bands sich mit jeder neuen Scheibe immer wieder etwas neu erfinden, neue Stile einfliessen lassen, hat es eben FU schon auf dem ersten Solo-Langdreher ausgiebig und von Song zu Song gemacht. Kaum ein Stück, das dem anderen gleicht. Alle möglichen Stilrichtungen und Genres werden ausgelotet. Und das halt konsequent bei jedem neuen Werk. So eben auch bei Faszination Weltraum. Und in den Worten von Farin „Das find ich gut.“ Und wer kann schon gegen gute Laune und etwas Sonne im trüben, nebligen Herbstwetter sein?

Und zumindest ergeht es seinen Fans nicht wie Farin selbst im Song „Fan“. Er enttäuscht uns nicht. Und das schon seit über 30 Jahren.

 

Anspieltipps: Mein Lied, Herz? Verloren, Heute Tanzen, Das Traurigste, 3000

 

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Trackliste

  1. Mein Lied
  2. Dynamit
  3. Was die Welt jetzt braucht
  4. Herz? Verloren
  5. AWG
  6. Heute tanzen
  7. iDisco
  8. Find dich gut
  9. Keine Angst
  10. Fan
  11. Newton hatte Recht
  12. Das Traurigste
  13. 3000
  14. Sommer
  15. Immer dabei

Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 8.5/10



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11.12.2014
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