NACHTBLUT – Chimonas

Gothic Metal
25.01.2015

2005 gegründet, sind NACHTBLUT eine eher junge Band, und eine der ganz wenigen Dark Metal Bands, die ich höre. Da ich natürlich das Mass aller Dinge bin, sagt das schon sehr viel über die Qualität ihrer Musik aus. Scherz beiseite, Nachtblut vermochten mich mit Antik (2009) mit ihrer Mischung aus sehr verständlichen Growls und eingängigen Melodien (ein Keyboard ist mit an Bord) restlos zu überzeugen, und ich bin der festen Überzeugung, dass ich da keine Ausnahme bin. Zumal ich tatsächlich sehr wählerisch bin, was meine Musik angeht. Nun, schauen wir mal, wie CHIMONAS*möglichst objektiv gesehen abschneidet.

Nach dem 2012 veröffentlichten Album Dogma, das ich nicht kenne (Asche auf mein Haupt, werde ich nachholen), wurde diesen Oktober nach 2 Jahren der Nachfolger Chimonas veröffentlicht, ebenfalls wieder bei Napalm Records. Gleich vorab: Chimonas ist nicht so schnell eingängig wie Antik, aber nach zwei bis drei Durchgängen kann man sich auch hier schon den einen oder anderen Song rauspicken, den man besonders mag, weil die Songs sich genügend voneinander unterscheiden – absolut nicht selbstverständlich. Die Themen sind wie bei Antik auch wieder sehr religionskritisch (Gotteskrieger, Wie Gott Sein), doch im Gegensatz zu Antik machen sie hier nicht die Mehrheit aus. Es finden sich hier vermehrt Songs mit dunklen, fast schon verstörenden Thematiken (z.B. Kalt Wie Ein Grab). Das finde ich fast ein bisschen schade, ich mag kritische Songs generell sehr – die Themen passen jedoch sehr gut zu Nachtbluts Musik und die Songs sind allesamt äusserst durchdacht aufgebaut und so wäre es keineswegs so, dass die Lyrics in irgendeiner Weise störend wären. Mit 49:51 Minuten Laufzeit ist das Album eher kurz gehalten, aber es kommt ja nicht auf die Länge an, nicht wahr? Zumindest nicht ausschliesslich.

Eröffnet wird das Werk mit dem sehr episch beginnenden Gotteskrieger. Eingängige Riffs und Vocals, wobei aber durchaus Luft nach oben bleibt, machen den Song zu einem sehr guten Opener. Wien 1683 lässt mit seinen Fanfaren zu Beginn Bilder von Triumphzügen im alten Rom vor dem inneren Auge auferstehen. Der Song trumpft mit einem äusserst eingängigen Chorus auf, und macht Lust auf mehr – was der geneigte Hörer mit Wie Gott Sein auch bekommt. Dazu gibt es ein offizielles Video, und zu recht: Der Song ist top. Er beginnt sehr ruhig, und legt dann mit einer der besten Melodien des Albums nach. Die Message ist ebenfalls eine sehr gute, die je länger je wichtiger wird:

Wir dürfen nicht wie Gott sein
Wir dürfen nicht feige wegsehen

Das Album gewinnt von Song zu Song, die Melodien werden immer dominanter (das mag manch einen stören, für mich ist ein Song ohne erkennbare Melodie nicht viel wert, weil ihm der Wiedererkennungsfaktor fehlt) und je länger man Nachtblut zuhört, desto mehr weiss man ihre Kombination von sehr ruhigen und melodiös-schönen Keyboard Kompositionen mit brutalem Gesang zu schätzen.

Herausheben möchte ich noch Und Immer Wenn Die Nacht Anbricht, der von Streich- und Piano-Melodieteppichen gestützt wird, Märchen, bei dem die Keys ein wenig zurücktreten zu Gunsten des zwar einfachen, aber gerade deswegen sehr eingängigen treibenden Gitarrenriffs, und Töte Mich, diesen Song vor allem wegen des Texts. Es geht um die noch immer noch sehr umstrittene Frage des Freitodes. Darf man jemandem helfen zu sterben, wenn er es möchte und nur noch leidet? Ich will diese Frage hier nicht beantworten, kann aber sagen, dass Nachtblut in Töte Mich durchaus meine Meinung wiedergeben; dabei ist der Song nicht nur inhaltlich, sondern auch musikalisch absolut top. Der prominente Refrain „Töte mich“ lässt einen aufhorchen, selbst wenn man grad nicht aktiv zuhört, und so kommt wohl kaum einer darum herum, hier auch wirklich hinzuhören.

Als Rausschmeisser könnte Chimonas ein wenig mehr hergeben in puncto Eingängigkeit, dafür gibt es jedoch Stellen, die mich sehr stark an den Sherlock Soundtrack (den mit Robert Downey Jr.) erinnern – dafür gibt’s in meinen Büchern einen Haufen Pluspunkte. Die fast 60 Sekunden Windgeheule am Ende hätte man sich hingegen sparen können.

Fanzit: Ich kann Chimonas nicht seinem Vorgänger gegenüberstellen, im Gegensatz zu Antik fällt es aber ein wenig ab. Trotzdem würde ich das Album durchaus weiterempfehlen, vielleicht aber nicht jemandem, der – wie ich – nur selten Dark Metal hört, da ist Antik für den Einstieg zu Nachtblut m.E. ein bisschen besser geeignet, da eingängiger. Die Songs lassen soundtechnisch jedoch nichts zu wünschen übrig, und wer eine Mischung aus melodiösen Keyboards und brachialen Vocals zu schätzen weiss, kann mit Chimonas nicht viel falsch machen. Es gibt den einen oder anderen Füller, das tut dem Genuss des Album als Ganzes aber keinen Abbruch.

 

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Trackliste 

  1. Gotteskrieger
  2. Wien 1683
  3. Wie Gott Sein
  4. Kalt Wie Ein Grab
  5. Und Immer Wenn Die Nacht Anbricht
  6. Schwarz
  7. Dort Wo Die Krähen Im Kreise Fliegen
  8. Märchen
  9. Töte Mich
  10. Chimonas

 

 

*Bedeutet übrigens „Winter“ auf Griechisch.


Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 9/10



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25.01.2015
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