Faun - Volkshaus Zürich 2017
Fr, 12. Mai 2017

FAUN

Volkshaus (Zürich, CH)
29.05.2017
Faun - Volkshaus Zürich 2017

Ein Teil des Publikums im Zürcher Volkshaus tanzte wie in Trance

Verantwortlich dafür waren an diesem Freitagabend die deutschen Mittelalter-Musiker von Faun. Sie boten eine ansprechende Show. Zwischen den beiden Akten blieb gar Zeit für eine kurze (Verschnauf-)Pause. Alle weiteren Details entnehmt ihr wie gewohnt dem nachfolgenden Konzertbericht.

Wochenende in Sicht! Diese werde ich am heutigen Abend mit mittelalterlichen Klängen einläuten. Die Spielmannsleute von Faun sind nämlich im Rahmen ihrer «Midgard-Tour» zu Gast im Zürcher Volkshaus. Nordische Mythen und Sagen stehen auf der Speisekarte. Zürich ist der letzte Boxenstopp für diese Tour. Man darf gespannt sein, ob die Truppe noch ein wenig Restenergie für ein hoffentlich würdiges Finale mobilisieren kann.

In der Vergangenheit durfte ich Faun bisher einmal live erleben. Dieses Aufeinandertreffen geschah am «Eluveitie & Friends»-Festival Anfang 2016. Damals konnte mich die Gruppe nicht wirklich überzeugen. Der Auftritt wirkte geradezu einschläfernd. Man muss jedoch fairerweise beachten, dass mit Eluveitie, Epica, Krampus und Atropas allesamt Bands im Line Up figurierten, die für Härte und Tempo stehen. Dagegen hatten die doch eher ruhigen Fauner natürlich einen schwierigen Stand. Vielleicht könne sich mich heute Abend eines Besseren belehren. Parallel würden noch Sinner das Hall Of Fame in Wetzikon unsicher machen. Ich habe mich allerdings trotzdem für den actnews-Event mit Faun entschieden.

Punkt 19 Uhr treffe ich am Ort des Geschehens ein – gerade rechtzeitig zur Türöffnung. Der Menschenauflauf wirkt bisher noch ziemlich bescheiden. An der Abendkasse überreicht mir eine charmante Dame das Medienticket und einen Foto-Pass. Ich sei effektiv nur als Schreiberling eingetragen, aber dürfe den Pass trotzdem auch verwenden. Da sage ich nicht nein. Selbstverständlich werde ich jedoch versuchen, den echten Profi-Knipsern nicht im Weg zu stehen. Ab ins Innere des Gebäudes. Dieses grässliche Regenwetter ist eine echte Zumutung. Aber die hartgesottenen «MPS-ler» unter den heute anwesenden Fans sind sich das ja gewohnt (*zwinker*).

Ein sympathischer actnews-Mitarbeiter kümmert sich im Eingangsbereich um das Fotografen-Briefing. Wir sind heute nur zu dritt. Dann die gute Nachricht: Knipser geniessen heute volle Bewegungsfreiheit. Während die «Normalos» sitzen müssen (jep, richtig gelesen – es ist ein Sitz-Konzert), dürfen wir sorglos durch die ganze Location schlendern. Coole Sache. Der Veranstalter rechnet heute lediglich mit 400 bis 450 Nasen. Nicht gerade viel. Schauen wir einmal, ob sich noch ein paar zusätzliche Musikfreunde via Abendkasse am Event teilnehmen werden. Von den bereits anwesenden Fans tragen doch einige mittelalterliche Gewänder. Das Ganze ist zweifelsohne schön anzusehen. Na dann, lasset das Spektakel beginnen!

FAUN

Um 20 Uhr ist es schliesslich soweit: Faun betreten die Bühne. Verantwortlich für die musikalischen Darbietungen des heutigen Abends sind die folgenden Personen: Oliver s. Tyr, Fiona Rüggeberg, Stephan Groth, Laura Fella, Rüdiger Maul und Niel Mitra. Im vergangenen Jahr veröffentlichten die Deutschen ihre neuste Scheibe «Midgard». Ganz in deren Zeichen steckt auch die aktuelle Tour. Wenig überraschend ist die Setliste somit gespickt mit Kreationen vom besagten Silberling.

Nach dem Prolog folgen die Songs «Sonnenreigen (Lughnasad)» und «Federkleid». Fiona und Laura verzaubern mit ihren zarten Stimmchen ein erstes Mal das Publikum und ziehen dieses sogleich in ihren Bann. Ihre männlichen Kollegen sorgen unterdessen für die instrumentelle Begleitung. Passend dazu erzeugen Scheinwerfer ein farbenfrohes Lichtspiel und verleihen der ganze Geschichte eine einzigartige Atmosphäre. Es fühlt sich stellenweise so an, als würde man in Gedanken durch die wunderprächtigen Landschaften Skandinaviens schreiten und die Natur auf sich wirken lassen. Eintauchen und geniessen ist angesagt. Zwischen den Songs sorgen Oliver und Stephan mit ihren flotten Sprüchen jeweils für beste Unterhaltung. Die Lachmuskeln der Fans können sich über zu wenig Arbeit definitiv nicht beklagen.

Schon bald taucht ein erster Gast auf der Bühne auf. Es handelt sich um den Dänen Martin Seeberg, der Kennern der Mittelalter/Folk-Szene kein Unbekannter sein dürfte. Mit seiner Violine ausgestattet begleitet er seine Freunde von Faun fortan durch den Abend. Martin gliedert sich problemlos in das bestehende Gefüge ein und scheint sich pudelwohl zu fühlen.

Oliver wird nicht müde, dem Publikum zu den einzelnen Tracks jeweils vorab ein paar Zusatzinfos mit auf den Weg zugeben. So geschieht es dann auch bei der Nummer «Sigurdlied». Ein echter Höhepunkt folgt allerdings beim darauffolgenden Liedchen. Offenbar möchten Faun den Fruchtbarkeitsgrad des Saals puschen. Dazu nehmen die Mittelalter-Musiker ihren Über-Hit «Walpurgisnacht» zu Hilfe. Das Publikum wird zum munteren Mitsingen eingeladen und leistet dieser Aufforderung – sehr zur Freude von Oliver und Stephan – brav folge. Einige können gar nicht mehr stillsitzen und so werden die Seitengänge zu Tanzflächen umgewandelt. Spätestens jetzt haben Faun die Masse im Sack. Es herrscht eine ausgezeichnete Stimmung. Die Freude ist regelrecht ansteckend.

Den ersten Akt beenden die Spielmannsleute mit der Nummer «Rabenballade». Ein trauriges Stück, bei welchem der Faun-Frontmann an die Vernunft der Zuhörerschaft appelliert. Man solle die Vergangenheit nicht vergessen, damit man dieselben Fehler in Zukunft nicht nochmals macht. Bewegende Worte, passend zu der düsteren, schwermütigen Ballade. Danach steht eine kurze Pause an. Gemäss Oliver könne man die Zeit entweder für Therapiesitzungen in kleinen Gruppen (falls einem die faunischen Melodien Ohrenkrebs beschert haben sollten) oder einen Abstecher an den Merchandise-Stand nutzen. «Unterstützt doch bitte sympathische Kleinunternehmer wie uns und nicht die bösen Grosskonzerne», so der Bandleader weiter. Ich persönlich genehmige mir da lieber eine Stärkung an der Bar. Ein köstlicher Hopfen-Trunk muss her!

Akt zwei wird mit dem flötenlastigen «Polska Fran Larsson» eröffnet. Generell bekommt das Publikum heute Abend eine Vielzahl von Instrumenten zu hören. Ich erkenne eine Harfe, Flöten, eine Mandola, einen Dudelsack, eine Drehleier und einige Perkussionsinstrumente. Die einzelnen Bandmitglieder sind sowieso allesamt Multiinstrumentalisten. Geradezu morden wirkt dagegen Niels Ausstattung. Er bedient im hinteren Bühnenteil hinter einem grossen, hölzernen «X» die Samples und Synthesizer. Ab und an sind allerdings auch einige Geräte dabei, die ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen habe.

Tosender Applaus erfüllt den Saal, als Faun schliesslich die ersten Töne des Songs «Odin» anstimmen. Neben Martin Seeberg taucht nun der zweite Gast des heutigen Abends auf. Der Typ sieht aus wie ein waschechter Wikinger. Es handelt sich um Einar Selvik – Kopf des norwegischen Folk-Projekts Wardruna. Seine Stimme beeindruckt mich zutiefst. Ein einzigartiger Sänger! Zudem scheint er ein echter Publikumsliebling zu sein. Mit Wardruna hat Einar unter anderem am Soundtrack der Erfolgsserie «Vikings» mitgearbeitet. Und auch seine Freunde von Faun scheint er mit seiner Musik geprägt zu haben. Es folgt nämlich direkt im Anschluss an «Odin» eine Cover-Version des Wardruna-Tracks «Helvegen».

Mit «Diese Kalte Nacht» folgt dann etwas später eine weitere, bekannte Nummer aus der Faun-Diskografie. Nach wie vor schwingen einige Fans im inzwischen gar nicht mal so schlecht gefüllten Saal unermüdlich das Tanzbein. Kurz darauf beweist uns Stephan, wie gut er mit seiner Drehleier Seeungeheuer imitieren kann. Das geschieht während dem Liedchen «Brandan». Ich stehe während dem zweiten Akt mehrheitlich hinter den Tischen des Ton- und des Lichttechnikers. Es ist durchaus faszinierend, den Jungs gelegentlich über die Schultern blicken zu können. Ich wäre in diesem Dschungel aus Knöpfen und Lämpchen schlichtweg verloren und überfordert. Glücklicherweise haben die beiden ihre Funktionen tadellos im Griff. An der Soundqualität gibt’s nix zu meckern und die Lichtshow verzückt heute Abend sicherlich so manche Augen.

Ohne ein paar Zugaben kommen Faun dem Publikum selbstverständlich nicht davon. Sie lassen sich dann auch nicht lange bitten und beginnen die Bonusrunde mit dem Song «Solringen» – abermals ein Wardruna-Cover. Aufgrund dessen kommt der gute Einar nochmals zum Einsatz. Mit zwei älteren Nummern («Wind Und Geige» und «König Von Thule») beenden die Spielmannsleute schliesslich ihr Set. Die Zeiger meiner Uhr stehen auf halb elf. Es wird Zeit, die Welt der Nordischen Mythologie zu verlassen und in die Realität zurückzukehren.

FAZIT

Ein sehr gelungener Auftritt von Faun – und alles andere als einschläfernd. Ich würde mir die Truppe auf jeden Fall wieder einmal ansehen. Deutsche Bands haben einfach oftmals Meister der Rhetorik in ihren Reihen. Heute Abend wäre diese Auszeichnung ohne Zweifel an Frontmann Oliver s. Tyr gegangen. Aber auch Gastsänger Einar Selvik wusste zu beeindrucken. Sein Projekt Wardruna werde ich sicherlich im Auge behalten. Das Publikum agierte zu Anfang noch mit der altbekannten Schweizer-Passivität. Mit der Zeit wandelte sich das Ganze aber glücklicherweise in eine überaus enthusiastische Stimmung. Kompliment an die fleissigen Tänzer im Publikum. Mein finaler Dank gilt schliesslich dem Veranstalter actnews für die gelungene Durchführung dieses Konzert-Events.

Setliste – Faun

Akt I

  1. Midgard Prolog
  2. Sonnenreigen (Lughnasad)
  3. Federkleid
  4. Alba
  5. Sigurdlied
  6. Walpurgisnacht
  7. Nacht Des Nordens
  8. Blaue Stunde
  9. Rabenballade

*Pause*

Akt II

  1. Polska Fran Larsson
  2. Odin
  3. Helvegen (Wardruna-Cover)
  4. Iduna
  5. Diese Kalte Nacht
  6. Brandan
  7. Rhiannon
  8. MacBeth
  9. Solringen (Wardruna-Cover)*
  10. Wind Und Geige*
  11. König Von Thule*

*Zugabe


Wie fandet ihr das Konzert?

29.05.2017
Weitere Beiträge von

Faun