Metalinside.ch - Testament - Z7 Pratteln 2017 - Foto Röschu
Di, 28. November 2017

Testament, Annihilator, Death Angel

Z7 (Pratteln, CH)
/ 12.12.2017

Wuchtiges Thrash-Trio demoliert Z7 

Die Auftritte von Testament, Annihilator und Death Angel forderten am Dienstagabend etliche Nackenwirbel als Opfer. Doch wer vermochte in dieser genialen Affiche am ehesten zu überzeugen? Hat gar eine Truppe ihre Show verkackt? Die Antworten auf alle diese Fragen gibt’s im nachfolgenden Metalinside-Bericht. 

Personen mit einem vielseitigen Metal-Musikgeschmack werden den heutigen Tag verfluchen. Im Zürcher Hallenstadion wüten Five Finger Death Punch und In Flames, das Komplex 457 erhält Besuch von Mastodon und die St. Jakobshalle in Basel wird von den Toten Hosen aufgemischt. Ist das schon alles? Nein! Meine Pilgerroute führt mich abermals ins Z7 nach Pratteln, welches aus meiner Sicht definitiv das beste Programm zu bieten hat. Mit Testament, Annihilator und Death Angel gastieren gleich drei wahre Grössen der Thrash Metal-Sparte in der Konzertfabrik. Ich rechne mit viel ohrenbetäubendem Getöse. Annihilator und Death Angel durfte ich in diesem Jahr bereits am Bang Your Head!!!- respektive am Meh Suff!-Festival in Aktion erleben. Testament haben dagegen mit «Brotherhood Of The Snake» eindeutig eines der besten Silberlinge 2016 rausgehauen. Ich kann es kaum erwarten, einige Songs dieser überragenden Platte im Live-Gewand um die Lauscher geballert zu bekommen.

Eine Viertelstunde nach der Türöffnung taucht mein Grüppchen schliesslich am Ort des Geschehens auf. Schon bald wird der erste Act des Abends in den Ring steigen. Deshalb bleibt kaum Zeit für ausführliche Begrüssungen. Selbstverständlich darf der obligate erste Hopfentee trotzdem keinesfalls fehlen. Wir platzieren uns an unserem üblichen Plätzchen auf der rechten Bühnenseite und warten gespannt auf die ersehnte Lärm-Dosis des heutigen Abends.

Death Angel

Die legendäre Bay Area in San Francisco galt in den 1980er-Jahren als Hochburg des Thrash Metal. Etliche wichtige Genre-Vertreter stammen aus dieser Region. Dazu zählt auch die Gruppe Death Angel. Wie so oft ist auch die Geschichte dieser Band geprägt durch etliche Line Up-Wechsel. Das einzig verbliebene Gründungsmitglied ist Klampfer Rob Cavestany. Zusammen mit seinen vier Kollegen sorgt er für den ersten Abriss des Abends. Schnell, laut und mit zerstörerischer Wirkung auf die Nackenwirbel – exakt so hat diese grobe Spielart der metallischen Musik zu klingen.

Sänger Mark Osegueda verfügt über ein ziemlich aggressives Stimmorgan. Langgezogene Schreie bereiten ihm keinerlei Probleme. Die passende Ölung für die Stimmbänder gibt’s dank einer Flasche Gin. Immer wieder appelliert der Frontmann an das grossartige Gemeinschaftsgefühl innerhalb unserer Szene. Generell sind die Todesengel ein weiteres Mal bestens gelaunt. Unaufhaltsam zocken die Jungs ihr Mini-Set durch. Insbesondere die Songs «Thrown To The Wolves» und «Mistress Of Pain» lassen Teile des Publikums vollends durchdrehen. Schade, dass diese fulminante Geschichte nach einer halben Stunde bereits wieder vorbei ist. Da hätten wohl einige Metalheads in der Halle gerne noch mehr gehört.

Annihilator

Jeff Waters ist und bleibt ein unverbesserlicher Angeber. Allerdings geben ihm seine musikalischen Fähigkeiten durchaus Anlass zum Ausleben dieser Attitüde. Seine Truppe Annihilator darf verdientermassen als Kanadas bekanntestes Metal-Aushängeschild bezeichnet werden. Jeff scheint heute ausgezeichnet gelaunt zu sein. Unermüdlich düst er auf der Bühne hin und her. Die Pausen zwischen den Songs nutzt er dagegen für das Klopfen frecher Sprüche. So macht er sich dieses Mal gleich selbst über den Bandnamen lustig (Anm. von pam: Also eigentlich wie jedes Mal …). Wir sollen die Truppe doch bitte fortan als «Anal Eater» bezeichnen.

Musikalisch steht heute nicht bloss die neuste Scheibe «For The Demented» im Fokus. Die Kanadier räumen auch ein paar ihrer älteren Stücke genügend Platz in der Setliste ein. Beständigkeit ist in Jeffs Clan eine Seltenheit. Aaron Homma – der Mann an der zweiten Saitenkönigin – ist doch immerhin schon seit zwei Jahren dabei. Basser Rich Hinks und Trommler Fabio Alessandrini sind hingegen beides Neulinge. Offenbar haben sie sich bereits hervorragend in das bestehende Gefüge eingegliedert. Ähnlich wie zuvor Death Angel geben nun auch die vier «Annihilatoren» Vollgas und machen ordentlich Stimmung. Als unerwarteter Höhepunkt entpuppt sich schliesslich das Finale mit «Alison Hell». Nicht wegen des Songs selbst, sondern aufgrund des Gastes, der nun grinsend die Bühne betritt. Es handelt sich um Kollege Schmier von Destruction. Der hünenhafte Deutsche ist ebenfalls eine Legende der Thrash Metal-Szene. In souveräner Manier performt er zusammen mit Annihilator deren Über-Hit. Zweifelsohne bisher DAS Highlight des Abends.

Testament

Während sich die beiden Vorgruppen noch mit dem vorderen Bühnenbereich begnügen mussten, kriegt der Headliner eine deutlich grössere Spielwiese. In der Mitte thront Gene Hoglans Drumset auf einer Aztekentempel-ähnlichen Konstruktion. Dahinter prangert ein gigantisches Backdrop, welches den dreiköpfigen Schlangenschädel des aktuellen Testament-Werkes zeigt. Eine beeindruckende Kulisse. Die ganze Konzertfabrik wartet ungeduldig auf die Bruderschaft der Schlange.

Kurz nach halb zehn geht’s los. Der Titel-Track der aktuellen und vielseitig gelobten Platte der Amis macht den Anfang. Im Gegensatz zu einiger seiner Genre-Kollegen konnte Chuck Billy sein Stimmorgan über all die Jahre verflucht gut in Form halten. Nach wie vor klingt die ganze Angelegenheit überaus kräftig. Seinen portablen Mikroständer nutzt er wie gewohnt als Unterstützung bei seinen zahlreichen Luftgitarren-Soli. Aber was nützt eine solch starke Stimme, wenn die Abmischung nicht sauber funktioniert? Keine Ahnung in welcher Formkrise sich der nun arbeitende Tontechniker gerade befindet. Ein kleiner Wehrmutstropfen, denn ansonsten gibt die Darbietung der Bay Area-Thrasher kaum Anlass zur Kritik.

Verhältnismässig früh lässt das Quintett dann bereits die bekannte Hymne «More Than Meets The Eye» auf die Masse los. Die Fans johlen den Refrain brav mit. Etwas später darf Gitarrengott Alex Skolnick vor der Nummer «Electric Crown» sein ganzes Können in einem wilden Solo unter Beweis stellen. Der Kerl kann zweifelsohne mit seinem Spielgerät umgehen. Das anschliessende «Into The Pit» wird vom Publikum wortwörtlich in die Tat umgesetzt. Auf Befehl von Chuck stürzen sich die Fans mutig ins Getümmel. Mein persönliches Highlight folgt kurz darauf in Form des Stücks «Stronghold». Wie ich damals bereits in meiner Albumkritik zu «Brotherhood Of The Snake» korrekt vermutet habe, entpuppt sich das Ding als absolut gelungene Live-Hymne.

Irgendwann übertreiben es die Herrschaften dann unglücklicherweise ein wenig mit ihren langen Soli. Vor «Eyes Of Wrath» lässt Eric Peterson seine Saitenkönigin kreischen, dann prügelt Gene zur Einstimmung auf «First Strike Is Deadly» eine gefühlte Ewigkeit auf seine Schiessbude ein und zum Abschluss dieses Ego-Trios darf Steve DiGiorgio vor dem unaussprechlichen «Urotsukidôji» seine Bass-Künste zum Besten geben. Für meinen Geschmack etwas zu viel des Guten. Diese Minuten hätten die Herren meines Erachtens gerne auch mit ein paar zusätzlichen Songs füllen dürfen.

Glücklicherweise legen Testament schliesslich mit dem starken «Souls Of Black» den Fokus wieder auf das gemeinsame Zusammenspiel auf der Bühne. Der offizielle Teil der Show endet mit dem Track «The New Order». Aber da wird ja wohl noch ein bisschen Restenergie vorhanden sein, oder? Das scheinen Chuck und seine Kameraden genauso zu sehen. Bei «Practice What You Preach» und «Over The Wall» sind sämtliche Headbanger im Publikum nochmals richtig gefordert. Ein durchaus gelungener Zugaben-Block.

Das Fanzit

Der Triple-Thrash-Abend war ein voller Erfolg. Aber mit solch einem genialen Programm konnte man schliesslich auch nicht sonderlich viel falsch machen. Der Tagessieg ging am Ende an Jeff Waters und seine «Mit-Annihilatoren». Eindeutig die beste Performance des Abends (nicht zuletzt dank dem überraschenden Gastspiel von Schmier bei «Alison Hell»). Gelegentliche Soundprobleme und die übertriebenen Solo-Einlagen hatten bei Testament leider eine Minderung der Auftrittsqualität zur Folge. Death Angel hätten dagegen etwas mehr Spielzeit verdient gehabt. Nichtsdestotrotz würde ich mir diese drei Truppen jederzeit wieder ansehen beziehungsweise anhören.

Cheers

Dutti \m/

Setliste – Death Angel

  1. Father Of Lies
  2. The Dream Calls For Blood
  3. Claws In So Deep
  4. The Ultra-Violence (Intro) / Thrown To The Wolves
  5. Mistress Of Pain
  6. The Moth

Setliste – Annihilator

  1. Intro – Crystal Ann
  2. One To Kill
  3. King Of The Kill
  4. No Way Out
  5. Set The World On Fire
  6. Phantasmagoria
  7. Twisted Lobotomy
  8. W.T.Y.D.
  9. Alison Hell (mit Schmier von Destruction)

Setliste – Testament

  1. Brotherhood Of The Snake
  2. Rise Up
  3. The Pale King
  4. More Than Meets The Eye
  5. Centuries Of Suffering
  6. Electric Crown
  7. Into The Pit
  8. Low
  9. Stronghold
  10. Throne Of Thorns
  11. Eyes Of Wrath
  12. First Strike Is Deadly
  13. Urotsukidôji
  14. Souls Of Black
  15. The New Order
  16. Practice What You Preach*
  17. Over The Wall*

*Zugabe

Fotos von Testament, Annihilator, Death Angel im Z7 2017 (Röschu)


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 12.12.2017
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Autor Bewertung: 9/10
 
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