«Für Metalinside sagen wir unsere Termine mit Metal Hammer und Aardshok ab …»
Interview-Partner von Cripper: Dennis (Drum), Britta (Vocals), Jonathan (Gitarre), Gerrit (Bass)
Vorwort (pam): Leider, leider dauerte es (viel) zu lange, um das Interview mit Cripper zum Thrash-Metal-Album (Review) des Monats Juni abzutippen. Zu meiner schwachen Verteidigung: Das Interview dauerte sehr lange. Eine halbe Stunde war mit der äusserst sympathischen Thrash-Metall-Kapelle aus Hannover geplant, am Ende redeten wir dann weit mehr als eine Stunde zusammen. Dabei haben wir vor allem auch viel gelacht und ich hoffe, dass kommt mit dem geschriebenen Text auch annähernd rüber. Frisch, fromm, fröhlich – sowie deren technischen Thrash-Metal. Das Konzert von Winterthur ist zwar inzwischen Geschichte, aber ich hoffe, sie kommen bald wieder in die Schweiz, denn für mich waren Cripper eine DER Entdeckungen im 2012!
Metalinside (pam): Wie geht’s Euch nach der Geburt des 3. Kindes bzw. des neuen Albums?
Britta: Ja, also, als wir es zum ersten Mal in den Hand hielten, ist ja schon eine Weile her. Das war ein grossartiger Moment. Ich weiss nicht, ich habe selber keine Kinder. Vielleicht kann Jonathan was dazu sagen, er ist der einzige von uns, der selber schon ein Kind hat (lacht). Es war irgendwie … jetzt ist es da, jetzt ist es fertig. Der Prozess war dann abgeschlossen. Der ganze Veröffentlichungsprozess geht ja eigentlich erst danach los. Das ist eine ganz lustige Zeitverzögerung, weil man das Ganze so lange in sich trägt. Und ja auch drei Jahre daran geschrieben und gefeilt hat. Es ist ein unglaubliches Gefühl einfach, wieder mal ein Album fertig zu machen. Gerade weil es so lange gedauert hat. Zwischendurch habe ich schon gedacht, wir schaffen es gar nicht mehr (lacht).
Schön gesagt, so lange in sich trägt. Das passt ja eigentlich zu meiner Frage.
Britta: Ja (lacht).
Aber du hast in diesem Sinne keine postnatale Depression oder so?
Britta: Ne, dazu haben wir viel zu viel zu tun und inzwischen auch schon wieder viel zu viele neue Pläne. Im Herbst gehen wir ja mit Onslaught auf Tour und im Moment stecken mitten in der Promotionsphase. Also langweilig ist es uns irgendwie überhaupt nicht. Und wir haben unglaublicher Weise letzte Woche mit dem Songwriting fürs nächste Album angefangen (sehr euphorisch). Und das fühlt sich richtig gut an. Es ist ein halber Song entstanden. Mal kucken, ob es dieser dann auf das neue Album schafft.
War das so geplant oder ist dies spontan entstanden?
Britta: Ne, ich wollte unbedingt anfangen. Wir hatten nach «Devil» unglaublich lange gebraucht bis wir wieder angefangen haben mit Songs schreiben. Man muss auch sehen, es ist jetzt ein halbes Jahr her, dass wir mit dem Songwriting fertig sind. Ein halbes Jahr keine Songs zu schreiben, ist echt anstrengend. Man hat ja als Künstler auch einen gewissen Ausdrucksbedarf und dem möchte man bitte nachkommen. Bei mir drängt es grad so richtig.
Dennis: Dazu kommt, dass wir ja grad einen neuen Bassisten haben. Das ist glaub ich ziemlich cool, wenn man gleich von vornherein anfängt diesen zu integrieren und zusammen Songs zu schreiben. Also auch neue Sachen zu machen und nicht nur, was jetzt grad auch ansteht, nicht nur die bisherigen Songs zu lernen. Das fühlt sich vom Musikaspekt in einer Band ziemlich gut an und um dann auch gleich zusammen weiter zu wachsen.
Nochmals zurück zur Entstehung von Antagonist. Was waren die Highlights bei der Entstehung des neuen Albums? Gab‘s spezielle Momente oder lief alles ganz «normal» ab?
Dennis: Ja, was ist schon normal (lacht). Was Britta schon sagte, wir haben ziemlich lange gegenüber den letzten beiden Alben gebraucht. Weil halt auch so viel dazwischen war. Wir hatten die Europa-Tour mit Overkill, dann die Metal-Cruise, wo wir mit einem Aushilfsgitarristen gespielt haben. Der musste auch angelernt werden. Deswegen hat es insgesamt recht lange gedauert. Das war ganz witzig. Weil wir immer im Proberaum die neuen Sachen immer aufnehmen und auf unseren internen Server hochladen. Nachdem wir uns dann mal gesagt haben, lasst uns mal anhören, was schon alles da ist. Und da haben wir festgestellt, da gab es Sachen, die wir seit zwei Jahren nicht mehr angefasst haben. Dann haben wir irgendwann aus dem ganzen Haufen von Songbestandteilen, also sehr spät, über ein Gesamtwerk eines neuen Albums nachzudenken. Aber ansonsten lief das Ganze ganz gut und parallel.
Das war also das Learning, dass neue Ideen nicht zu lange in einer Schublade bzw. auf dem Server liegenbleiben, sondern dass möglichst schnell damit gearbeitet wird?
Dennis: Ja, genau.
Ich muss gestehen, Cripper war mir bis vor kurzem kaum bekannt. Was soll ich Eurer Meinung nach schreiben, damit möglichst viele Leute eure neue Scheibe kaufen? Was denkt ihr, was Cripper ausmacht.
Britta: Keine Ahnung – das ist echt schwer zu sagen. Wir würden uns freuen, wenn alle Freunde von härterer Musik mindestens einmal reinhören. Und wenn sie’s mögen, dann bitte kaufen und wenn nicht, dann vergessen.
Gibt es Bands wo ihr euch verglicht und sagt, wem das gefällt, dem gefällt auch Cripper?
Jonathan: Es gibt bestimmt viele Parallelen zu anderen Bands. Aber wie jede andere Band, werden wir natürlich sagen, wir sind Cripper und haben unseren eigenen Stil. Aber ich denke, jeder von uns hat schon ein paar Bands im Kopf die anderen gefallen würden und dann auch auf Cripper stehen könnten. Aber das überspannt den Bogen, wenn wir jetzt diese Schublade öffnen.
In meiner Review zu Antagonist habe ich – wie wahrscheinlich jeder, der Cripper zum ersten Mal hört – geschrieben: «Gutturaler Gesang von Britta, wer sich dieses Album anhört, muss wohl wie ich zwei Mal nachschauen, ob wirklich eine Frau singt.» Nervt dich (Britta) das oder macht dies das stolz?
Britta: Das ist mir ehrlich ziemlich gesagt egal. Wenn jetzt jemand sagen würde, dass man das hört, dass ich eine Frau bin und das gefällt dem, dann ist mir dies auch recht. Ich lege keinen gesteigerten Wert darauf, männlich zu klingen. Es ist ja für den Gesangstil charakteristisch, dass man eben nicht so schnell unterscheiden kann, wie bei einer normalen Gesangsstimme. Das liegt aber an der Technik und hat nichts damit zu tun ob Männlein oder Weiblein singt. Von daher ist es kein Lob für mich, weil ich nichts dafür kann. Es liegt einfach in der Natur der Sache. Wie mein Kopf auf dem Hals gewachsen ist. Es stört mich nicht. Ich weiss, dass es was Besonderes ist, weil es wenige Frauen machen. Was mich stört, ist dass man dann alle Frauen die wie Männer klingen, dann unter einander vergleicht. Das ist ein bisschen lahm. Das ist wie, wenn man alle blonden Gitarristen miteinander vergleicht. Das macht einfach keinen Sinn (lacht). Aber ich leb damit, ist ja nicht so schlimm (mit tiefer Stimme).
Ist ja auch ein bisschen Ironie dabei, wenn bei dir auf der Homepage steht «Oh my God, he is a girl».
Britta: Ja, das ist ein Original-Zitat. Pass auf, stell dir vor, bei den 70‘000 Tons Of Metal stehen wir auf der Bühne und geben unser Konzert. Ein Amerikaner steht vor mir und guckt hoch und dann klappt seine Kinnlade runter und sagt: «Oh my God, he is a girl». Weil er beim reinhören nicht wusste, dass ich ein Mädchen bin. Das war so super und das hab ich mir gemerkt.
Britta: Als ich hätte ich bis vor ein paar Tagen Randy Blythe gesagt, er ist es, aber ich weiss nicht, ob das jetzt noch klug ist (Anmerkung: Randy Blythe – Sänger von Lamb of God – wurde zum Zeitpunkt des Interview wegen eines tödlichen Unfalls während eines Konzerts verhaftet). Stimmlich ist er eines der besten Beispiele wie geil Gesang auf Musik passen kann. Das ist bei uns ähnlich. Ich könnte nicht mit jeder Band singen, weil sich meine Stimme mit Cripper geformt hat und sehr gut zu dieser Musik passt. Es verpasst dem Ganzen eine Einheit. Ich will jetzt nicht behaupten, dass wir klingen wie Lamb Of God oder dass ich klinge wie Randy Blythe. Aber ich sehe da durchaus Parallelen. Ich könnte mir Randy Blythe auch in sehr wenig anderen Bands vorstellen. Weil er stimmlich mit der Band eine ähnliche Entwicklung gemacht hat, von eher monoton bis sehr abwechslungsreich bis an die Spitze seines Genre. Das habe ich jetzt wahrscheinlich noch nicht erreicht. Aber er ist mit seiner Band gewachsen und da sehe ich Parallelen. Bei Angela Gossow weiss ich nicht so genau. Ich sehe sie nicht als Vorbild für mich. Stimmlich beeinflusst sie mich weniger. Mit dem was sie erreicht hat, ist es natürlich schon ein geile Sache. Und die ist auch nett. Genau wie Doro sehr nett zu mir war, als ich sie mal kennen lernen durfte. Aber stimmlich kucke ich mir von den beiden weniger ab.
Gut bei Doro wäre es mehr eine Art von Vorbild, dass man über 30 Jahre eine solche Präsenz hat …
Britta: Aber hey, da ziehe vor jedem Musiker meinen Hut, der so lange auf diesem hohen Level Musik und eine so erfolgreiche Karriere gemacht hat. Es ist so viel Arbeit und das verdient einfach Respekt.
Ja, da wären wir wieder beim Thema, dass man Frauen mit Frauen vergleicht. Aber wie du sagt eigentlich egal, ob Frau oder Mann. Du warst aber trotzdem mal an einem Kongress «Heavy Metal & Gender» …
Britta: 2009 war das – in Köln.
Um was ging es da genau? Ging es in die Richtung Heavy Metal braucht Frauenförderung …
Britta: Ne, überhaupt nicht. Die Heavy Metal & Gender hat einfach die Geschlechterfrage im Metal beleuchtet und zwar sowohl auf der weiblichen als auch auf der männlichen Seite. Wie ist die männliche Rolle und wie ist die weibliche Roll im Metal. Und wo lehnen sich Männer Frauen-Attribute aus … ich sage nur lange Haare. Zum Beispiel mein älterer Bruder wurde damals mit seinen langen Haaren als Mädchen bezichtigt. Da haben sich die Männer in der Domäne eigentlich auch emanzipiert. Und genau so passiert es jetzt mit den Frauen und den Stimmen. Irgendwann ist es einfach Wurst und dann vermischt sich da alles noch mehr. Oder geschminkte Männer … kuck dir doch die Hair Metal Bands an oder Axel Rose in seinen frühen Phasen mit seinem Lipp-Gloss. Das war ja auch ein bisschen von den Frauen geklaut. Dann gibt’s Frauen die die fettesten Nietenarmbänder anziehen und männlich über die Bühne stampfen.
Das finde ich ein sehr interessanter Aspekt. Im Glam-Rock-Bereich oder auch beim Black Metal … eigentlich ist ja Heavy Metal ziemlich Macho und irgendwie sind dann teilweise halbe Frauen auf der Bühne …
Britta: Ja, hast du mal eine Black Metal Band gesehen, die vor dem Auftritt ihren schwarzen Stift nicht findet? Wenn man sich den Backstage raum so teilt, weiss ich dann nicht wer mehr, wer die Tussi ist (lacht). Als Frau hilft man gerne mit dem Kajal aus. Ist überhaupt kein Problem.
Jonathan: Ich wurde früher in der Schule auch als Mädchen bezichtet (lacht). Erst ein Mädchen, dann Kelly und dann Hansen. Dann wieder Kelly und dann war’s vorbei, weil ich war raus aus der Schule.
Ich hoffe, das war jedoch nur immer wegen deinem Äussern und weniger wegen der Musik, die du gehört hast … (alle lachen).
Jonathan: Ich hatte halt nie kurze Haare, deswegen bin ich da so reingeschlittert. Ich hatte erst lange Haare und dann Metal gehört.
Zu einem anderen Thema. Ihr habt das ja schon angesprochen, mit Gerrit habt ihr ja einen neuen Bassisten. Wo kriegt man die her? Wie kam zu eurer Band? (alle lachen).
Britta: Mittwochs bei Aldi.
Gerrit: Ja, wo genau man die herkriegt, weiss ich nicht so genau. So gefüllt haben Cripper jeden Bassisten im Raum Hannover schon mal durchgenommen. Ich kenn die Band auch schon seit es sie gibt. Es gibt nicht so viele Metalmenschen in Hannover. Die Szene ist recht überschaubar. Ich habe noch ein anderes Projekt und der Gitarrist der Band ist mit Dennis zur Schule gegangen und das war dann der erste Kontakt. Dann haben wir auch mal einen Proberaum zusammen geteilt. Da kannte man sich halt …
Dennis: Vetternwirtschaft!
Gerrit: Genau, man wird so durchgereicht (alle lachen). Jeder war schon mal dran. Dann habe ich mich ganz regulär beworben und bin genommen worden (lacht).
Und gut eingelebt?
Gerrit: Ja, ja, doch ist cool. Ich habe ja bisher gar noch nicht so viel gemacht ausser Interviews zu geben von Dingen die ich noch nicht mitgemacht habe. Im Juli geht’s los. Baden im Blut (Festival) ist ja glaub das erste Ding. Da bin gespannt, was auf mich dazu kommt.
Und was würdest du machen, wenn morgen Mr. Big anruft (Siehe Cripper-Homepage: «In welcher Band würdest du gern mal aushelfen und warum? Mr. Big, weil’s nen Traum ist!»).
Gerrit: Oh, ehm, das ist wahrscheinlich sehr unwahrscheinlich aber ich müsste zuerst bei Cripper fragen, ob das klar geht. Aber ich mach ja ansonsten noch das Songwriting für Mr. Big und von daher bin ich ja immer im Kontakt mit den Leuten (alle lachen). Ne, jetzt habe ich ja meine Seele verkauft, da hätte Mr. Big jetzt leider schlechte Karten und müssten sich jemand anders suchen.
Da müssten sie sich mit den Teufeln anlegen.
Gerrit: Ja genau.
Ich hatte vorher einen Kollegen gefragt, ob er euch kennt. Er schrieb genau zwei Worte zurück: Saugute Liveband. Live muss bei euch was abgehen, ist das so?
Britta: Wir machen Thrash-Metal und verstehen uns natürlich auch als Live-Band. Wir spielen unglaublich viel häufiger live als wir Alben aufnehmen. Deshalb können wir das auch ein bisschen besser (lacht). Wir haben bisher so gegen 200 Konzerte gespielt aber nur drei Alben rausgebracht. Von daher ist die Gewichtung klar. Es macht auch viel mehr Spass Gigs zu spielen, als Alben aufzunehmen. Aus dem einfachen Grunde weil wenn man an dem einem Tag was falsch gemacht hat, dann kann man es man nächsten Tag gleich wieder richtig machen. Und muss es nicht so lange wiederholen bis es funktioniert. Man kommt verschwitzt von der Bühne und kann sich gleich ein Bier hinter die Kiemen kippen. Das ist sehr nett und ausserdem kriegt man auch die Rückmeldung vom Publikum zurück. Das ist übrigens eine ganz witzige Entwicklung – zumindest bei mir war das. Mittlerweile kann mich im Studio so in ein Live-Feeling versetzen, dass ich tatsächlich diese Live-Atmosphäre ein bisschen mehr auf ein Studioalbum bringen kann. Ein paar Prozentpunkte mehr zumindest auf Antagonist als beim Devil. Weil einfach eine ganze Menge mehr Konzerte dazwischen lagen. Ja, aber so alt das wir auf der Bühne nur rumstehen, sind wir zum Glück noch nicht.
OK, ihr seid ja ab September on Tour mit Onslaught als Opener …
Britta: Ja, wir wechseln uns immer ab mit Izegrim. Wir beide sind Support, einmal mal macht der Opener einmal der andere.
Wisst ihr schon wer in Winterthur der Opener sein wird?
Britta: Warte mal, Dennis erzählt dir was und ich guck mal nach.
Dennis: Ja, ich erzähl dir jetzt also was …
Ja, vielleicht ist Onslaught Freud oder Leid mit denen auf der Tour zu gehen?
Dennis: Das weiss ich nicht. Mit denen waren wir noch nie auf Tour. Ich kenn die persönlich überhaupt nicht. Das wird bestimmt nett, wir sind alle ziemlich flexibel. Ich glaub das wird cool. Die gibt’s ja auch schon seit Ewigkeiten und die waren schon genug unterwegs …
Britta: (Ruft dazwischen) Wir sind in der Mitte.
Dennis: Wir sind in der Mitte, das heisst in Winterthur eröffnen dann Izegrim und dann spielen wir.
Gut, das ist schon mal gut für uns.
Dennis: Das ist ja jetzt unsere zweite richtige Tour. Davor hatten wir zwei selbst organisierte Touren, wo wir nur an Wochenenden gespielt haben. Das wir so dauerhaft zusammen wohnen und mit Tourbus durch die Gegend fahren, das ist jetzt erst das zweite Mal. Aber das erste Mal war grossartig. Jetzt wo man das halt schon mal gemacht hat und weiss worauf man sich einlässt und wo man weiss, wo so die Probleme sein können und was besonders Spass macht. So können wir das auch ein bisschen entspannter angehen.
Ja, mit Onslaught sowieso. Ich weiss nicht, ob sich das auch in Verkaufszahlen belegen lässt, aber rein gefühlsmässig hat der 80er Jahre Thrash-Metal eh richtiges Revival. Bands wie Testament, Overkill, Kreator, Anthrax, Coroner und sogar Metallica mit Death Magnetic gehen irgendwie zurück zu ihren Wurzeln. Spürt ihr das? Reitet man da als noch eher junge Band auf dieser Welle mit oder mag man diese Vergleiche gar nicht so sonders?
Jonathan: Aus Fan Sicht fällt mir das schon auf. Das hat schon deutlich zugenommen. Ich hör jetzt auch schon ne ganz Weile Thrash-Metal. Die letzten fünf Jahre vielleicht ist das schon deutlich mehr geworden. Aber als Band ist das schwierig zu sagen. Weil wir als Band genauso wachsen. Am Anfang kennt uns keine Sau und jetzt kennen uns ein paar mehr Leute. Wir können aber nicht sagen, dass das jetzt an der Thrash-Welle liegt oder daran dass wir jetzt halt einfach schon länger existieren.
Britta: (Ruft dazwischen) Er meint, die Thrash-Welle liegt an uns.
Jonathan: Ach so, ja klar wir sind ja quasi die Surfer der Thrash-Welle. (lacht).
Ihr habt sie ausgelöst.
Dennis: Wir profitieren bestimmt davon. Ganz sicher sogar. Aber ich denke nicht, dass wir das gezielt ausgewählt haben. Es ist einfach unsere Schnittmenge. Wir hören alle ganz unterschiedliche Musik aber eben auch alle Thrash-Metal. Deswegen machen wir die Mucke die wir machen. Und das dies grad per Zufall ein Hype ist, na ja, meinetwegen.
Da ist man ja auch nicht böse …
Jonathan: Ja, genau. (lacht).
Zum Thema Vorband – wie ist es als erste Band auch mal vor wenigen Leuten zu spielen?
Britta: Als erste Band zieht man halt auch mal die Arschkarte. Man versucht dann die 17 Leute die da sind über den imaginären Haifischgraben vor der Bühne zu locken. Ich hüpf dann ganz gern von der Bühne und bleib dann auch unten. Wenn die Leute nicht nach vorne komme, dann lade ich die dann persönlich dazu ein und schubs die dann vor die Bühne. Meist sind die ja nur schüchtern. Es ist natürlich auch schwieriger für einzelne Leute zu moshen, wenn man nicht den Halt der Gruppe hat. Eine Menge von 2000 Leuten ist einfacher zu begeistern als 15.
Jonathan: Auf der Tour mit Overkill mussten wir in Bochum vor dem offiziellen Beginn anfangen. Wir haben angefangen bevor die Leute rein durften. Das war sehr grotesk. Am Anfang war keine Sau dort und als wir dann fertig waren, war der Laden dann voll. Das war sehr Schade, denn eigentlich war die Stimmung sehr gut und bei den nachfolgenden Bands sind die Fans dann ziemlich abgegangen. Da hatten wir halt einfach ein bisschen Pech.
Was macht man in einer solchen Situation? Geht man trotzdem voll ab? Augen zu und stellt sich vor, dass die Halle voll ist?
Jonathan: Das Beste ist, wenn man sich dann vorstellt, dass es eine Probe ist. Dann stehen dann halt dann nur 10 Leute, aber das ist egal man feiert dann auch ein bisschen. Das ist teilweise sogar entspannender, weil man nicht so einen Druck hat. Man kann ein bisschen rumalbern und Quatsch machen.
Britta: Es ist aber auch so, dass die 10 Leute auch bezahlt haben, unabhängig davon ob 10 oder 2000 Leute da sind. Insofern haben die dann auch ihre Show verdient und die kriegen sie dann auch.
Die werdet ihr dann umso mehr beeindrucken. Die erzählen dann auch schön weiter wie geil es war, trotz der wenigen Leuten …
Britta: Ja, ich glaub wir haben bei keinem Konzert je miese Laune verbreitet. Auch wenn schon vieles schief ging. Gitarre kaputt, Gurt gerissen, ich meine Stimme verloren, Bassdrum wackelt, Loch in der Bühne, Stromausfall, nur Lichtausfall – wir haben schon komplett im Dunklen gespielt – aber das sind alles Sachen … die wir zum Glück nicht überspielen müssen. Wir haben einfach immer gute Laune und das ist nicht gekünstelt. Das sind einfach unsere Charaktere, dass wir das in solchen Momenten nicht so schwer nehmen. … Ich weiss noch, als das Licht ausging und die Leute dann voll abgingen, als wir weiter spielten. Einfach mal Licht ausmachen … die Rechnung ist voll aufgegangen (lacht).
Ich hatte das auch mal mit die Ärzte erlebt (im X-tra in Zürich) als das Licht komplett ausging. Sie spielten drei Songs komplett im Dunkeln und passten entsprechend die Texte an. Bei «Zu Spät» sangen sie zum Beispiel «Du liebst ihn nur weil er zu Hause eine Glühbirne hat.» (alle lachen).
Britta: Ja genau, das haben wir natürlich auch gemacht. Das ist dann sofort einfach da.
Bei Rage hatte ich mal erlebt, dass die im z7 in Pratteln – als auch sehr wenige Leute da waren – einfach ein Kiste Bier vor die Bühne stellten und dann war der Graben auch weg.
Britta: (lacht herzhaft) Ja, das ist ganz praktisch.
Wie sieht’s denn aus mit der Zeit? Haben wir noch fünf Minuten?
Britta: Logisch wir sagen Metal Hammer ab und Aardshok auch. Ja, wir haben Zeit.
Danke. Jetzt hast du mir grad die Schlagzeile geliefert.
Britta: (lacht). Ja Bitteschön, dafür bin ich ja auch zuständig.
Habt Ihr eigentlich auch schon mal in der Schweiz als Headliner gespielt?
Britta: Ja, tatsächlich in Winterthur. Wir wurden sogar für ein Metalseminar der Universität extra mal eingeflogen. Das war mehr so studentisch. Wir hatten am Nachmittag auch noch was zum Thema erzählt vor einer Studentengruppe. Und dann standen dann am Abend während dem Konzert tatsächlich ein paar Studenten mit Zettel und Stift bewaffnet da und machten sich Notizen. Das war ganz lustig. (lacht). Die haben dann glaub ich auch einen Schein dafür gekriegt. Das war halt ein Kurs der Uni.
Habt ihr noch andere Erinnerung, Verbindungen in die Schweiz? Gibt’s befreundete Bands?
Britta: Ja, die Lucie Werlen von Suborned. Die Mutter von Lucie ist Professorin und war damals bei diesem Anlass in Winterthur auch dabei. Lucie singt bei uns z.B. auch beim Badener Blut mit und wir haben auch schon mal beim Summerbreeze zusammen gesungen. Also Lucie ist auf jeden Fall unsere Schweiz Connection. (von Hinten hört man: „und das z7“). Und das z7. Ja gut. Das hat ja einen so dermassen guten Ruf und dann waren wir endlich mal da mit Overkill. Boooahh. Also das ist ja eine Crew da. Echt total geil. Dennis hatte den Tag zuvor ne fiese Curry-Wurst-Vergiftung eingefangen und lag kotzend im Support-Band-Bus. Und dann haben die ihm echt ne Hühnersuppe gemacht. Echt nett. Sehr lieb. Am Anfang wenn man jeweils auf Tour geht kriegt man so ein Büchlein mit allen Ansprechpartnern von den Clubs und so weiter. Dann habe ich vorher angerufen, dass wir eben eine kleine Magendarmgrippe an Board haben und dann haben die echt ne Hühnersuppe gekocht für Denis. Das war total nett.
Man liest und hört immer wieder, dass vor allem das Catering im z7 sehr gut sei.
Britta: Ja, es ist unglaublich lecker. Aber die Leute sind auch echt cool drauf. Muss man auch ganz ehrlich sagen. Der Bühnensound ist super. Die haben absolut keinen Unterschied gemacht zwischen uns und Overkill. Die haben absolut geilen Sound da gemacht. Das war ganz, ganz hervorragend.
Ja, das z7 ist die letzten so 15 Jahre was Metal betrifft in der Schweiz das Non-Plus-Ultra. Langsam kommt Zürich auch wieder ein bisschen, aber in den letzten Jahren war eigentlich alles im z7. Ihr wart ja auch auf der Cruise, der 70000 Tons Of Metal. Wie war’s?
Britta: Ich übergebe wieder mal Dennis, der darf auch noch was sagen.
Dennis: Ja, es war grossartig. Es war eine komplett neue … es waren 1000 neue Erfahrungen. Es war das erste Mal überhaupt, dass wir in Übersee gespielt haben. Ausserhalb von Europa und dann auch noch so weit geflogen mit der Band und dem ganzen Equipment und so. Und auch noch auf einer Kreuzfahrt zu spielen ist Wahnsinn. Und dann konnte Jonathan nicht mit, weil er Vater geworden ist. Und so haben wir zum allerersten Mal in der Bandgeschichte einen Aushilfsmusiker dazu genommen. Den musste man anlernen und wir haben mit ihm geprobt. Und dann haben wir noch knapp ne Woche Urlaub da gemacht. Damit sich das auch ein bisschen lohnt da zu sein.
Britta: Zwei Tagen waren’s.
Dennis: Ah, OK, zwei Tage.
Britta: Ja, du arbeitest ja auch nur drei Tage pro Woche, deswegen sind zwei Tage schon fast ne Woche.
Dennis: Ja, das stimmt. Es waren unendlich viele Eindrücke und überwältigend. (Britta sagt was im Hintergrund). Ja, Exodus haben sich vorgedrängelt.
Was hat Exodus gemacht?
Dennis: Na ja, das war ganz witzig. Als wir im Hafen angekommen waren, war alles zu spät.
Die Bühne wurde glaub zu spät angeliefert.
Dennis: Ja genau. Die ganze Stadt war dicht. Zumindest standen wir da so in einem Crew-Eingang. Und da waren die ganzen Bands auf einem Haufen und waren gelangweilt, weil alles verspätet war. Und so standen wir da in der Sonne mit der Gitarre unter dem Arm und das war eine ganz witzige Situation.
Und dann hat sich Exodus vorgedrängelt?
Dennis: Ja, dann hat sich Exodus vorgedrängelt (lacht).
Britta: (lacht mit). Das war einfach so total cool. Da stehst du als Dreikäsehoch so an einem Hafen in Miami. Da kamen halt so an … Die kennen sich natürlich halt alle und du stehst dann so da und neeeee (lacht). Und dann geht man dann so auf das Schiff hoch und man kriegt zuerst eine Security Einweisung. Du musst zu deinem Rettungsboot und mein kleiner Neffe, der mit dabei war, erzählte mir, er stand mit Chuck Billy (Anmerkung der Redaktion: Testament) in einer Reihe und der hat nebenbei eine Zigarre geraucht. Der hat sich dabei halb totgelacht. Oder man trifft sich dann wieder beim Frühstück. Oder ich werde von Gitarristen, die man sonst halt nur von Covern von irgendwelchen Musikzeitschriften kennt, im Fahrstuhl angebaggert. Die halten sich ein Auge zu, weil sie so besoffen sind (lacht laut). Sehr, sehr lustige Sachen und … ne, das sage ich jetzt nicht.
Was wolltest du sagen?
Britta: Ne, ich habe alles gesagt (lacht).
Das macht die Cruise ja auch aus. So wie ich sie erlebt habe. Die Bands haben keine Privilegien, die machen wie von dir erwähnt alle Sicherheitsübungen mit, stehen mit uns an, wenn ans Land geht oder dann auch wieder vor dem Zoll. Habt ihr das auch so erlebt?
Britta: Ja, ich würd sagen auf dem Schiff zu spielen, ist ein riesengrosses Privileg. Egal ob du da ne Gage kriegst oder wie wir nicht. Es sind 40 Bands vor nur 2000 Leuten. Und so ein exklusives Konzert zu spielen, mit so unglaublich viel Promotion drum herum, dass bringt einfach jeder Band – egal wie gross die ist – nochmals einen Extraschub. Egal mit welcher Band man da gesprochen hat, ich hab mich mit dem Sänger von Death Angel ne lange Weile unterhalten. Ich fragte ihn, seid ihr nur wegen dem Konzert hier oder weil ihr das auch geil findet. Er sagte, spinnst du, wir haben sofort zu gesagt, weil wir das einfach ultrageil fanden, die Chance zu kriegen. Das sehen halt auch erfahrene alte Hasen wie Death Angel genauso. Die kochen ja auch nur mit Wasser.
Wie seid ihr denn auf die Cruise gekommen?
Britta: Also die Promotion Agentur mit der wir zusammenarbeiten, macht auch die Promotion für die Cruise. Und da haben wir unglaublich früh davon erfahren, dass es das gibt. Und haben wir uns sofort dafür beworben, bis wir dann im September davor die Zusage erhalten haben. Das war so geil. Dennis wohnt ja im Wohnwagen und wir haben da grad Geburtstag gefeiert. Auf einmal stand Björn (Anm. d. R. von der Promotion Agentur CMM GmbH in Hannover) auf und fing an zu quietschen: «Ihr seid announced, ihr seid announced.» Wir haben dann die ganze Nacht ordentlich Gas gegeben und gefeiert. So kam das eigentlich. Es war nicht so, dass unsere Agentur uns da einfach raufgebucht hat, aber den ersten Kontakt herstellte, das auf jeden Fall.
Und gibt es eine Wiederholung?
Britta: Ja, ich hoff. Ich würd nochmal hinfliegen. Es wär cool, das auch mit dem echten Line-up von Cripper nochmals zu machen. Ich fand auf der Cruise auf jeden Fall nichts Scheisse (lacht). Ich würde wieder mitfahren.
Ich fand etwas ein bisschen Scheisse …
Britta: Was denn?
Es war zu kurz.
Britta: Ja, gut (lacht laut). Aber umso besser …
Eine Woche wäre gut.
Britta: Ja, es geht schon arg schnell rum. Hattest du das auch, ich dachte erst, ich werde Seekrank wenn ich aufs Schiff komm, da ich noch nie eine solche Seereise machte. Dann kam ich aber runter und hatte echt noch tagelang das Gefühl in den Beinen als wäre ich immer noch auf dem Schiff.
Ich war eher überrascht wie ruhig das Ganze war. Aber ich glaub, im ersten Jahr hat es auch mehr geschaukelt. Ich hatte gehört, dass gewisse Drummer Mühe hatten mir ihrem Double-Bass, dass sich die Bass-Drums hin und her bewegten …
Britta: (lacht)
Aber bei uns war es wirklich sehr ruhig. Wir hatten eigentlich nach der Cruise extra noch eine Woche Ferien zum Erholen gebucht … aber wir hatten uns schon auf dem Schiff erholt. Und das trotz eines Konzert-Marathons – ich wollte unbedingt 23 Bands sehen, die ich mir vorher aufgeschrieben hatte.
Britta: Ja, dazu sind auch die Wege kürzer als bei einem normalen Festival (Anm. d. Schreibenden – wenn man aber nie einen Lift benutzt, sind 11 Stockwerke hoch und runter laufen auch nicht ohne …). Dazu kommt, dass man nicht so matschig und schmutzig ankommt, nicht mit schlechtem Wetter zu tun hat. Ist eigentlich ganz cool. Da gibt’s gar keinen Dreck auf dem Boot. Ich hab mir auch schon gedacht, eigentlich müsste man einen Pool voll Matsche und Sand machen, damit die Leute dann was zum rumschmeissen haben (lacht).
Genau, für die die sich nicht gerne mit Sonnenschutz eincremen. Weisst du, wie die Schweine, die sich zur Hautpflege im Schlamm wühlen …
Britta: (lacht herzhaft). Ja, genau.
Ich fand vor allem sehr speziell, dass es auf der Cruise ein Community-Feeling gab, welches ich so vorher noch nie erlebt hatte. Klar, dass gibt es an einem Wacken oder so sicher auch, aber da war es einfach extrem international. Der Typ von Orphaned Land hatte den Spruch der Woche gebracht. Er sagt, sie als israelische Metal-Band hätten viele Moslem Fans und auch aus Palästina und die kämen auch an ihre Konzerte. Weil die einzige Religion die global sei, ist der Heavy Metal. Da standen wir alle da mit Hühnerhaut und halb Tränen in den Augen …
Britta: Ohhh, ja.
Wir haben einfach alle so gefühlt. Ging es auch so?
Britta: Ja, alle sassen irgendwie in einem Boot (lacht).
OK, ich komme zu meinen zwei, drei letzten Fragen. Eine Frage dich ich schon lange stellen wollte, zumindest seit zwei, drei Stunden. Wieso weiss Dennis, dass Zahnpasta einfrieren kann (A.d.R. steht so auf der Cripper-Webseite).
Dennis: (alle lachen) Ja, ähm, das ist so …
Weil du im Wohnwagen wohnst?
Dennis: Ja, genau. Man glaubt gar nicht, was im Winter alles einfriert. Die letzten zwei Winter waren in Norddeutschland ziemlich kalt. So musste ich ein paar kühle Nächte mitnehmen.
Das erklärt einiges. Wir sind ein klassisches Metal-Webfanzine und nennen uns Metalinside. Wenn ihr Metalinside hört, was geht euch spontan durch den Kopf?
Dennis: Ja, spontan das Intel-Inside-Logo (alle lachen).
Britta: Metaloutside geht ja nicht.
Dennis: Ja, Metaloutside wäre schade.
Gerrit: Es ist auf jeden Fall deutlicher sprechender als Aardshok. Man weiss eigentlich gleich was sich bei eurem Namen dahinter verbirgt.
Jonathan: Es ist auf jeden Fall sehr global, weil die Erde hat ja auch einen Metalkern inside.
Das war jetzt aber schön philosophisch.
Dennis: Ja, Jonathan ist unser Aushilfsphilosoph (alle lachen).
Genau, Metal ist eigentlich der Kern, der Mittelpunkt der Welt. Das gefällt mir.
Jonathan: Ja, harte Schale, harter Kern.
Dennis: Das passt ja auch zu deiner Erfahrung auf dem Schiff, dass der Metal die einzige wahre Religion ist.
Jonathan: Das Schiff hat aber den Metal outside.
Gibt es noch was, was ihr gegenüber den Schweizer Fans loswerden wollt?
Dennis: Jetzt hast du uns.
Britta: Kommt an das Konzert nach Winterthur. Und ich wüsste sehr gerne was das beste Schweizer Bier ist. Ich bin auch gewillt mehrere Sorten probieren. Ich stelle mich gerne zur Verfügung mehrere Biere zu degustieren.
Also Leute, dann bringt eure Lieblingsbiere ans Konzert. Danke euch (Cripper) für das Interview. Hat viel Spass gemacht und war sehr sympathisch mit euch zu plaudern!
Britta: Ja ebenso, war toll und hat uns auch super Spass gemacht.