Testament führen mit Anthrax, Kreator, Overkill und anderen das Revival des Old School Thrash Metals an. Ihre neue Scheibe – Dark Roots Of Earth – gilt für viele bereits als die Thrash-Metal-Scheibe des Jahres 2012. Unbestritten ist sicher, dass Testament mit dieser einen neuen Meilenstein ihrer langen Karriere setzten.
Eine Woche nach dem Release zeigen uns die fünf Bay-Area-Thrasher, was die neuen Songs live wert sind. Die Erwartungen sind auf jeden Fall gross, wie auch die gut gefüllte Schüür in Luzern beweist. Schon lange habe ich die Schüür bei einem Metal-Konzert nicht mehr so voll gesehen.
Die Schüür ist ja irgendwie genauso Old School wie Testament. Wo gibt es bei Ami-Band-Konzerten das Bier immer noch im Glas und sogar in grossen Flaschen? Und das wird von uns auch einmal mehr geschätzt – denn die Schüür kocht schon vor dem Beginn hot as hell und wie kann man sich besser abkühlen, als mit einem kalten Qöllfrisch Naturperle aus der Bügelflasche? Schön, dass auch das Bier nicht Mainstream ist.
Zurück zum Wesentlichen. Es wurde im Vorfeld bereits angekündigt, dass Testament bereits um 20.30 Uhr spielen und somit die Basler GURD als Support plötzlich zu den Headlinern des Abends wurden. Der Grund ist, dass Testament am nächsten Tag bereits relativ früh in Wacken spielen (17.30 Uhr) und somit nicht zu spät von Luzern losfahren wollen. Gleich mal vorweg, dass ist der einzige negative Punkt dieser Review. Eine halbe oder ganze Stunde später losfahren wäre wohl auch für die Thrash-Titanen drin gelegen.
Gut – es hat den Vorteil, dass wir bei Testament noch alle ziemlich frisch sind und die Jungs geben gleich von Anfang das Tempo des Old School Thrash Metals des Abends vor. Sie starten mit den Opener des neuen Albums – «Rise up». Und da war der Beweis schon geliefert, dass die neuen Songs auch live ziehen. Für «New Order» des gleichnamigen 80er Jahre Albums sowie «Preacher» vom gleichen Meisterwerk war dieser Beweis eigentlich nicht mehr nötig, dennoch wurde auch dieser geliefert.
Mit «Native Blood» folgt mich bereits der Höhepunkt der neuen Scheibe. Keine Frage dieser Song hat das Potential zu einem grossen (Live-) Klassiker zu werden. Der Kampfschrei mit «So loud – Native Blood!» im Refrain lässt sicher keinen kalt.
Weiter geht’s mit der schnellsten Thrash-Granate des neuen Silberlings – «True American Hate» – eine Hammerreferenz an das grosse Erbe des 80er Jahre Thrash-Metals. Ganz dem nächsten Stück entsprechend – «Into The Pit» (ebenfalls von New Order) – fordert Chuck uns zum Pogen im Moshpit auf (Nomen est omen). Und dieser ist dann so klassisch wie der der Sound – also nix mit Circle Pit und Wall Of Death Zeugs. Muss ja nicht immer sein.
Ein wunderbares Thrash-Metal-Riff-Gewitter gibt’s bei «More Than Meets The Eye» vom 2008er Reunion Album «Formnation Of Damnation» inklusive den gemeinsam gesungenen «Ohohohohos» – das hört sich doch schon ganz gut an – was auch Chuck so sieht und mit einem Daumen hoch quittiert.
Geil finde ich vor allem auch den Bassisten und Gründungsmitglied Greg Christian. Irgendwie eine verrückte Mischung zwischen Alice Cooper und Joey de Maio. Allgemein macht es halt schon immer wieder Spass solche Thrash-Metal-Legenden auf der Bühne zu sehen. Die Jungs müssen nichts mehr beweisen und sind halt immer noch so wie sie immer waren und eben sind. Schwarze Basketball-Schuhe, schwarze, enge Jeans und schwarze Shirts. Alles andere wäre zu viel oder gehört in das Reich von Madonna und Lady Gaga. Und der Fan wird nicht als Motherfucker angesehen bzw. angesprochen, sondern respektiert (mal abgesehen von der kurzen Spielzeit) und viele von diesen sind ja auch mit der Band älter geworden.
Es folgt der epische Titelsong des aktuellen Meisterwerks (Darks Roots Of Earth). Insbesondere die Solis von beiden Gitarristen sind hammermässig. So geil, dass es auch – nicht nur bei diesem Song – Chuck nicht lassen kann, auf seinem verlängertem, in grellem Grün leuchtenden Mikro(Stab) Luftgitarre zu spielen. Oder korrekter ausgedrückt, Leucht-Gitarre zu spielen. Irgendwie tut er einem dabei fast ein bisschen leid … gebt ihm doch eine Gitarre, damit er auch mitmachen kann.
Der nächste Titelsong eines Albums folgt mit «Practice What You Preach» – die Ankündigung von diesem wird vom Publikum besonders laut quittiert. Es fällt auf, dass einerseits wie zu erwarten, dass Durchschnittsalter des Publikums wohl über 30 liegt und andererseits, und dies eher überraschend, vor allem auch viele Frauen in die Schüür gepilgert sind.
Die Stimmung steigert sich weiter mit einem weiteren Klassiker – «Over The Wall» – von dem grandiosen Debut-Album (Legacy) der Band aus Oakland. Die Frage von Chuck ob wir Old School mögen, war eigentlich überflüssig – den genau drum sind die meisten heute gekommen. Der bisher schnellste Song heute Abend und dementsprechend erlebt der Pogo und brutales Headbanging seinen Höhepunkt. Extrem geil auch die mehreren Solis von Alex und teilweise zweistimmig zusammen mit Eric. Alex spielt allgemein unglaublich geile Solis und beweist damit seine musikalischen Fähigkeiten und auch seine Leidenschaft für den Jazz.
Nach diesem Nackenbrecher brauchen die Jungs und wohl auch der Moshpit eine kleine Pause und sie verlassen zum ersten Mal die Bühne. Testament Rufe holen sie aber schnell wieder zurück auf die Bretter der Schüür. Und mit «D.N.R. (Do Not Resuscitate)» vom 99er Album «The Gathering», welches sich durch Härte und gutturalem Gesang auszeichnet, wird noch ein bisschen an Härte zugelegt. Der Pit scheint am Anfang ab der Härte fast ein bisschen geschockt, um dann umso mehr abzugehen.
Mit dem Hammerriff von Eric startet «Three Days Of Darkness» vom gleichen Album wie das Vorgängerstück. Nicht ganz so schnell wie die beiden vorherigen Songs, dafür umso härter. Ziemlich heavy, gespickt mit gewaltigen Double-Bass Attacken. Noch nicht wissend, dass dies der letzte Song des Abends ist, habe ich mir «bisheriger Höhepunkt» notiert. Während dem Song stell Chuck die Band vor und beendet dies mit den Worten: «And I’m Chuck Billy and we are Testament». Wie wahr, ein wahres Vermächtnis an den guten alten Thrash-Metal.
Und ja, das war’s bereits. Eine Stunde die wie im Fluge verging. Chuck entschuldigt sich auch brav, dass es schon vorbei sei und dass sie eben Morgen in Wacken eine «early Show» hätten. Sie seien jedoch bald zurück in der Schweiz mit einer richtigen Headliner-Show.
Fanzit Testament
Es war geil. Kurz und deftig. Kein Schnickschnack, Thrash-Metal pur. Guter Mix der Songs aus den frühen und letzten drei Alben. Es gab keinen Hänger und keinen Quotensong. Doch wie schon erwähnt, hätte eine halbe Stunde länger spielen, die Reise und somit den Auftritt von Testament am Wacken kaum gefährdet. So bleibt uns nichts anderes übrig, als Chuck beim Wort zu nehmen und wir pilgern wohl schon bald wieder an ein Testament Konzert – welches dann mehr als eine Stunde Thrash-Metal bietet. Nur, mit dem heutigen Abend sind meine Erwartungen bedeutend gestiegen …
Gurd
Nach einer längeren Umbaupause kommt Gurd aus Basel zu einem unverhofften Headliner-Auftritt. Wird wohl einmalig in deren auch schon längeren Karriere sein, dass sie eine Legende wie Testament als «Vorband» haben. Dass die Thrash-Metaller auch schon länger unterwegs sind, sagt uns Sänger V.O. Pulver gleich damit, dass es vor 14 Jahren das letzten Mal war, wo sie in der Schüür spielten. Die Schüür bleibt gut gefüllt und die Band zollt dem auch Respekt, in dem sie ein Hammerset runterbrettern. Nebenbei: Sänger Pulver erinnert mich optisch stark an Peavy von Rage.
Analog zu Testament haben auch Gurd einen Songtitel «Rule The Fucking Pit» der als Aufforderung ans Pogen verstanden wird. Dementsprechend die Ansage «für alli davore, zeiged was iär druf hend». Und der Moshpit darf sich dann auch sehen lassen. Das in einer Bandkarriere nicht immer alles nach Plan läuft, sagt uns die Ansage von Pulver: «Das nächschti Lied wetti a üsere Plattefirma widme. I.O.U. Nothing bitch!»
Was ich ein bisschen Schade finde bei dem im Allgemeinen sehr guten Auftritt der sympathischen Basler, ist die zu oft starke Fokussierung auf sich selber. Was schon bei den Ramones ein Tabu war – dem Publikum den Rücken zudrehen und mit dem Schlagzeuger flirten oder wenn sich die Gitarristen gegenseitig anhimmeln – kommt auch bei mir nicht so gut an. Kleines Detail.
Pulver fragt uns «Ich weiss Schiissfrag amne Metalabig, aber sind hüt abig e paar Headbanger da? Das nächschte Lied («Bang!») handelt dervo wie s’sisch mit all dene Poppers und Hip Hoppers ufzwachse …».
Nach «Seven Starz» darf das Publikum mit lautem Rufen zwischen zwei Coversongs wählen – irgendwas von Kiss und S.O.D.‘s «United». Keine Frage, dass der Trash-Metal-Song gewinnt.
Fanzit Gurd
Gurd lieferten einen souveränen Auftritt und sind mit der Herausforderung «Headliner» mit Testament als «Support» zu sein, routiniert fertig geworden. Auch ohne Schweiz Bonus oder wie oft auch Malus: Gurd gefiel und die Schüür blieb bis am Schluss gut gefüllt.
Setlist Testament
Rise Up
New Order
Preacher
Native Blood
True American Hate
Into The Pit
More Than Meets The Eye
Dark Roots Of Earth
Practice What You Preach
Over The Wall
D.N.R.
Three Days Of Darkness
Setlist Gurd
Never Fail
Your Drug Of Choice
What Do You Live For
The Grand Deception
Learn
Down The Drain
Rule The Pit
A New War
I.O.U. Noghting
Bang!
Seven Starz
We Will Resist
Terminate
Skin Up
—
Get Up
HHH
Warmachine