Doro – eine lebende Legende. Doro – die Metal-Queen schlechthin.
Klar, es gibt noch viele andere Frauen, die sich in der Macho-Welt des Heavy-Metals etablieren konnten. Doch keine schon so lange und so konsequent. Seit ihrer Zeit mit Warlock und der anschliessenden Solokarriere beglückt uns die Düsseldorferin in schöner Regelmässigkeit mit neuen Songs, guten Alben und geiler Live-Performance.
Man kann von der Blondinen denken was man will und sie hat sicher nicht die beste Stimme und ihr Englisch bzw. Akzent lässt einen immer wieder schmunzeln, aber wer Doro schon live erlebt hat, der weiss, was Doro macht ist 100% Metal. 100% authentisch. Nichts gespielt. Sie scheint jeweils von allen Anwesenden der grösste Metal-Fan überhaupt zu sein. Mit viel Ehrfurcht erzählt sie noch heute von Treffen, gemeinsamer Touren und Duetten mit Genre-Grössen wie Dio oder Lemmy. Dabei ist Doro längst selber schon im Metal-Olymp angekommen und selber eine der ganz Grossen.
Aber kommen wir jetzt zum neuen Meister- oder eher Durchschnittswerk (?) der Schwerstarbeiterin. Vielleicht hat es mein Einstieg schon ein bisschen verraten und ich kann es gleich ein bisschen vorweg nehmen, Raise Your First ist nicht das ganz grosse Meisterwerk. Angefangen beim doch mässigen Titelsong. Im Stile Manowar’s singt Doro, wie sie und wir uns im Leben gegen alles Unfaire behaupten sollen (Textzeile: «Fight-Fight Till We Die»). Der Text ist platt aber das wäre ja noch verkraftbar, aber der Song selber … für einen Titelsong eines Doro-Albums mehr als unwürdig. Und ganz, ganz schlimm ist das Video dazu. Derjenige, der dies Doro angetan hat, gehört an einem Justin-Bieber-Konzert an den Pranger gestellt. Doro wirkt in diesem Video wie eine Background-Sängerin oder als Quotenblondine einer Glam-Rock-Band. Schlecht synchronisiert und man kann nicht anders als ständig auf ihre Hände zu starren – die nie wissen, wo sie grad in sollen. Und dann das zögerliche und meist verspätete hochhalten der Faust, das sieht nicht nach überzeugtem Kampf gegen alles Ungerechte dieser Welt aus … Wer sich das antun will – das offizielle Video von Raise Your Fist In The Air.
Die gute Nachricht, es kann und wird nur noch besser werden. Mit «Coldhearted Lover» kommt als nächstes die Partneranzeige von Doro. Sie scheint ganz verbissen nach dem Mr. Right bzw. Mr. Metal zu suchen («I Need A Heart Of Gold … Someone Who Will Understand … I Need Good Old Soul … Looking For A Lover … Rock Me Like No Other … A True Metal Lover» etc.). Ich würde mal sagen, wir steigen von ganz unten eine kleine Stufe höher. Und ja, wenn ihr euch von obigen Worten angesprochen fühlt, dann bewerbt euch doch bei Doro. Die Chancen scheinen nicht so schlecht zu sein bzw. die Dame etwas verzweifelt: «I Even Called The CIA» (welches ja bekanntlich das Kürzel der weltweit grössten Partnervermittlung ist).
Mit dem dritten Song – «Rock Till Death» – wird’s soundmässig endlich der grossen Metal-Lady mit fast 30jähriger Bühnenerfahrung gerecht. Ja, der rockt jetzt schon ganz schön, so gut, dass der Text endlich zu Nebensache wird. Eine schöne Hymne, welche sicher auch live ganz gut abgehen wird. Den Refrain hat man auch schnell drin: «Rock Me Till Death. Rock Me While I’m Alive».
Und was kann jetzt das Ganze weiter steigern? Genau, eine der genialen und für Doro typischen Kitsch-Balladen. Man meinte eigentlich, die waren bisher ganz OK und die brauchen keine zusätzliche Beigabe … ausser, Lemmy stellt sich grad wieder einmal zur Verfügung (wie damals bei «Love Me Forever» und auch gemeinsamer Tournee). Der Godfather aller verrauchten Whisky-Stimmen säuselt in seiner einmaligen Art ins Mikrophon, dass jegliche negative Kritik an diesem Song («It Still Hurts»). Gotteslästerung wäre. Drum einfach geniessen. Und Doro: Lemmy wäre doch der Coldhearted Lover, denn du suchst. Er erfüllt alle deine Anforderungen perfekt, wie ich finde.
Ganz schön ab geht’s dann wieder mit «Take No Prisoner» – einer der weiteren Höhepunkte, welche die ersten beiden Songs schon lange vergessen machten. Und so geht’s auch ganz ordentlich weiter mit der epischen Nummer «Grab The Bull (Last Man Standing)».
Mit «Engel» folgt die obligate Ballade mit deutschem Text. Das eine oder andere Häärchen streckt sich bei diesem Song schon in die Vertikale. Da ist auf Doro wie immer Verlass.
Anschliessend kommt ein Beitrag von Doro’s Red Cross oder Doros ohne Grenzen. Leider wieder ein kleiner Tiefpunkt – der schwache Song verführt einen eben wieder dazu, auf den doch schon sehr schwachen – Deutschen – Text zu hören: «Ich steh für Freiheit… Ich bin für Liebe … Ich bin für Frieden und keine Farce … Ich bin für alles nur gegen Unrecht … Ich steh für Freiheit … Menschlichkeit and Human Rights»). Ja wer tut das nicht? Wenn schon ein Weltverbesserersong, dann bitte nicht so platt. Auch dieser Song kommt in die Kiste mit der Aufschrift «Einer Metal-Queen unwürdig».
Ein Tal ist ja nur ein Tal, wenn es rundherum auch Berge hat. Und mit «Little Headbanger (Nackenbrecher)» gewinnt Doro wieder schnell Höhe. Typische Doro-Nummer und so gefällt sie uns auch. Wenn ich ein Sohn hätte, dann würde ich ihm den Song doch glatt abspielen – nur schon (Nomen est omen) wegen dem Titel.
Es kommt noch besser. Mit «Revenge» erreicht die Platte seinen Höhepunkt. Eine geile Power-Metal-Nummer. Bei aller obigen Kritik, nur schon dieser Song ist es wert diese Scheibe zu kaufen! Da stimmt schlicht alles.
Auch der dritte langsame Song – «Free My Heart» – erfüllt alle Erwartungen an eine typische Doro-Ballade. Während man beim ersten Riff bei «Victory» schon zweimal hin hören muss … ist das nicht Iron Man? Auch wenn’s dann nicht im Stile des Black Sabbath Klassikers weitergeht, bleibt’s doch eher ein untypischer und unterdurchschnittlicher Doro-Song.
Der Abschluss bildet «Hero». Diese Halbballade ist dem verstorbenen Ronnie James Dio gewidmet sein – einer der ganz grossen Idole und Freunde von Doro. Drum lasse ich diesen wohl sehr persönlichen Song gerne unkommentiert.
Das Fanzit
Die 2 – 3 aus meiner Sicht doch sehr schwachen Songs, werden durch typische Doro-Gassenhauern und Balladen mehr als kompensiert. Einer der besten Doro Songs überhaupt ist für mich Revenge. Eine ganz geile Nummer, welche in einer anständigen Sammlung nicht fehlen darf. Drum, wer Doro mag, kaufen. Wer Doro noch nicht so kennt … ähm, gibt es jemand der Doro nicht kennt? Nun, falls doch, einfach mal bei Warlock anfangen und dann durch die letzten 16 Alben durchhören …
Anspieltipps: Revenge (!), Take No Prisoner, Rock Till Death, Engel
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Trackliste Doro – Raise Your Fist (Limited Edition)
1. Raise Your Fist In The Air
2. Coldhearted Lover
3. Rock Till Death
4. It Still Hurts
5. Take No Prisoner
6. Grab The Bull (Last Man Standing)
7. Engel
8. Freiheit (Human Rights)
9. Little Headbanger (Nackenbrecher)
10. Revenge
11. Free My Heart
12. Victory
13. Hero
Bonus-Tracks (Limited Edition – Digipack)
14. Sealed In Blood (Human Rights)
15. Strong And Proud