Fr, 26. Oktober 2012

STEEL PANTHER

Volkshaus (Zürich, CH)
27.10.2012

Es riecht nach Haarspray. Es ist Glam-Rock-Night im Whiskey… ähm Volkshaus Zürich

Wobei bei den meisten die Haare kurz oder früher mal lang einer Glatze Platz machen mussten. Die Glam-Rocker aus den 80er und somit das Publikum heute Abend sind älter geworden. Der eine oder andere – wie auch Steel Panther selber – helfen sich mit einer Perücke aus.

Aber genau darum geht’s heute Abend. Zurück in die 80er – zumindest einen Abend – und das heisst, sich wieder mal in die Tiger-Hösli-Leggins zwängen, Haare toupieren (falls vorhanden – siehe oben) und breites Stirnband montieren. Und wer eine Frau zu Hause hat, lässt sich noch ein bisschen Kajal auftragen. Das Gefühl dieser legendären Zeit soll uns Steel Panther – mit einem fetten Augenzwinkern – vermitteln. Was den Originalen wie Mötley Crüe selber nur noch ansatzweise gelingt, bringt die ehemalige Cover Band eben dieser Originale heute viel besser rüber. Weil frischer, junger und musikalisch um Welten besser.

Das Volkshaus ist gut gefüllt, wenn auch der Balkon geschlossen ist. Zum ersten Mal Stimmung kommt auf, als vor dem Erscheinen der Band «The Number Of The Beast» aus den Boxen dröhnt. Als hätte noch ein Beweis gefehlt, dass es heute um die 80er Jahre und deren legendären Songs geht. Ich fühl mich grad wie an der Heavy Disco (siehe www.heavydisco.ch).

Auf die Minute wie angekündigt ertönt um 21.15 Uhr das Intro «In The Future» der aktuellen Scheibe «Balls Of Steel» von Steel Panther gefolgt von «Supersonic Sex Machine» und mit diesem Titel ist auch schon alles gesagt, um was es heute geht. Und die Jungs sehen wirklich aus, wie eine Teenie-Karaoke-Band die auf Poison oder Mötley Crüe macht. Auf die Spitze treibt es der Bassist, der mindestens so viel mit seiner Frisur bzw. der Langhaar-Perücke wie mit der Musik beschäftig ist. Schon ein bisschen too-much ist, wenn er dann noch seinen glitzernden Prinzessinnen-Handspiegel nutzt, um sich Lipp-Gloss und Eye-Liner nach zu ziehen. Muss auch ziemlich anstrengend sein, während dem ganzen Konzert, diesen Facebook-Teenie-Schmollmund aufrecht zu erhalten.

Nach «Tomorrow Night» kommt die Ansage: «Welcome To The Greatest Show On Earth» und die obligaten Fragen, wer die Band alles schon live gesehen, wer noch nicht, wer nach den ersten zwei Lieder genug hat und nach Hause geht. Gitarrist Satchel will schliesslich noch wissen, wer von den Mädchen Heute Abend alles schon vor einem Poster des Lead-Gitarristen masturbiert habe. Und ja, Deutsch sprechen die vier Amis auch – zumindest zwei Wörter: Schwanz und Muschi. Und dies möglichst in Kombination angewendet – angereichert wenn immer irgendwie möglich mit dem obligaten F-Wort im Macho-Metal.

Dieses herrlich grossspurige Auftreten, viel lustiges Gequatsche inklusive einem Ankerthema – Sex – erinnert einen unweigerlich auch an die Beste Band der Welt – die Ärzte. Aber zurück zum Sleaze-Glam-Hair-oder-wie-er-sonst-noch-bezeichnet-wird-Metal.

Und um die Clichés genau dieses Metals geht’s ja heute Abend. Und diese werden auch zu Genüge und darüber hinaus zelebriert. Das erinnert an noch eine andere Band: Manowar. Mit dem einzigen Unterschied, dass Joey deMaio uns weiss machen will, dass er wirklich an das alles glaubt, was er labbert.

Witzig auch, wie sich die Jungs gegenseitig hochnehmen und dabei den anderen jeweils immer als den besten Gitarristen, Bassisten und Schlagzeuger der Band vorstellen. Na ja, von jedem gibt’s ja jeweils nur einen. Aber, das sei hier nochmals betont, die Jungs haben es musikalisch durchaus drauf, zumindest für diese Art von Metal. Wie schon erwähnt, übertrifft da die ehemalige Cover-Band die Originale zum Teil um Welten.

Mit der Aussage, dass der Drummer nur auf fette Mädels stehe, wird nach gefühlten 5 -10 Minuten Trash-Talk, der nächste Song – «Fat Girl» angekündigt. Nicht aber ohne dass der Sänger – Michael Starr – ein weiteres Talent als sein Eigen nennt bzw. zeigt. Er wirft vom Bühnenrand blindlings einen Drum-Stick über seinen Kopf in die Hände des Schlagzeugers Stix Zadinia. Das kann ja nicht jeder.

Beim Break von Fat Girl können es die beiden Seiteninstrumentalisten nicht lassen, rücklings auf ihren Sänger zu masturbieren. Zur Show gehört dabei auch, wie der etwas unbeholfene Bassist – Lexxi Foxxx (die vielen x im Namen sind sicher nur rein Zufall und haben sicher nichts zu tun mit einem gewissen Mötley Crüe Bassisten) dauernd zum Gitarristen rüber schielt und dessen Bewegungen nachahmt. So erklärt sich auch mehr und mehr, warum das Album «Feel The Steel» 2010 es zur Auswahl für eine mögliche Nominierung für den Grammy als Best Comedy Album (!) geschafft hat.

Die grosse Ironie des ganzen Gesinge und Gepose um Blow Jobs, Sex, Muschis lecken etc. liegt heute Abend aber vor allem darin, dass die Männer in der klaren Überzahl sind. Und die wenigen Mädels werden streng bewacht von ihren mitgebrachten Männern. Da bleibt der Band heute wohl nichts anderes übrig, als wie angedroht den Bassisten zu beglücken – und schon sind wir wieder bei den die Ärzten (den Bassisten Fisten). Lexxi wird dann auch schon bald mal eifersüchtig, wenn sich Sänger und Gitarrist zu nahe kommen und schmollt vor sich hin.

Nach vier Songs weiss Satchel bereits, welche Mädels er heute alles flachlegen wird. Und weiter weiss er gemäss eigener Aussage, dass in der Schweiz laut Wikipedia das legale Schutzalter für Geschlechtsverkehr bei 12 Jahren liegt. Was Micheal mit einem faszinierend und fast schon ungläubigen «Really!?!» quittiert (Anm. d. R.: Glaubt nicht alles, was Rockstars von sich geben).

Einen Song später («Just Like Tiger Woods»), haben die stählernen Panter bemerkt, was schon länger klar war. Die wenigen Mädchen heute Abend haben ihre «Boyfriends» mitgebracht. Was sie ganz und gar nicht nachvollziehen können. Man bringe ja auch keinen Sand an den Strand. Oder wie Lexxi meint, keine Geschenke an Weihnachten. Na ja, zu dieser Aussage meinen die anderen, dass sei der Grund, warum Lexxi Bass spiele.

Zur Abwechslung sprechen sie mal über ihre Musik und fragen, wer die neue Platte alles gekauft habe. Und wer sie illegal runtergeladen habe. Da es scheinbar doch einige davon gibt, bittet Michael uns alle inständig, doch bitte wenigstens die Shirts nicht runterzuladen. Sie brauchen das Geld für den Bus bzw. dessen Treibstoff.

Zwei weitere Songs später (siehe Setlist weiter unten) darf Satchel dann sein Qualitäten am Sechsseiter zelebrieren. Sein Gitarren-Solo wird in erster Linie durch anzügliche Posen angereichert. Da fragt man sich schon, wieso mit der Zunge Gitarre spielen, wenn man diese gleichzeitig für ganz andere Sachen gebrauchen kann. Später steigt er dann zum erhöhten Schlagzeug hoch und begleitet seine Solis mit der Bass-Drum gleich selber. Ausser bei ein paar Strassen-Musikern habe ich das live bei einer Metalband noch nie gesehen. Cool auch, dass das Solo immer mehr in eine Reise der geilsten Riffs der 70er und 80er Jahre übergeht. Von Maiden, Master Of Puppets, Sweet Child O’Mine bis zu Iron Man. Beim letzteren gibt’s einen schönen spontanen Fangesang.

Micheal erscheint mit den anderen neu eingekleidet auf der Bühne, was ausgiebig auf dem Catwalk mit entsprechendem Bum-Bum-Song zelebriert wird. Lexxi ist natürlich sofort wieder eingeschnappt, dass er da nicht mittun kann. Doch das Publikum pusht die Band und ihn, es dem Sänger gleich zu tun. Und der lässt sich nicht zwei Mal bitten, schnappt sich seinen pinkigen Cowboy Hut legt gleich einen schönen tuntigen Auftritt hin.

Bei «Girl From Oklahoma» mit der dem Refrain «So come on, pretty baby, suck my balls all night» hat sich ein Mädchen mit einem roten Coke-Shirt einen denkbar schlecht Augenblick ausgesucht, von ihrem Freund auf den Schultern getragen zu werden. Schnell packten Steel Panter noch ein paar weitere deutsche Wörter aus, was sich anhörte wie «Titten raus». Bevor jetzt alle Fantasien unkontrollierbar in verschiedenen Richtungen schiessen, die wenigen Mädels waren wohl zu jung und zu schüchtern, um genau dieser Aufforderung zu folgen. Da sind sich die vier Jungs anderes gewöhnt …

Für «Party All Day (Fuck All Night)» kommt dann nochmals eine klare Aufforderung: «Bring all the vaginas on stage for inspection. Even if they’re hidden in a Swiss bank account.» Satchel macht ihnen oder besser deren Freunden «Mut», indem er sie informiert, dass er keine Kondome trage. Aber sie nachher sollten … Und weiter im O-Ton: «Condoms are for dicks» (sic!). Das ist mir jetzt aber ganz neu.

Rund 10 jüngere Mädels versammeln sich doch tatsächlich auf der Bühne schwingen zum erwähnten Song wunderbar ihre Hüften. Und nachher gab es einen Synchron-Stage-Dive … OK, das war jetzt meine Fantasie. Die Mädels durften auch bei «Death To All But Metal» auf der Bühne weiter rumtänzeln bis die Band dann um 22.40 Uhr zum ersten Mal die Bühne verlässt.

Sie lässt sich nach ca. 3 – 4 Minuten durch die wieder mal tollen «Ohohohoho, ohohohoho … » Gesänge zurück auf die Bühne holen. Satchel meint trocken, sie hätten jetzt so circa neun der Mädchen die eben auf der Bühne waren, flachgelegt. Sie seien halte sehr schnell dabei.

Dass es für Glam-Rocker wirklich finanziell nicht zum Besten zu stehen scheint, beweist, dass eines der Bühnenmädchen mehrere Male aufgefordert wurde, denn pinkigen Schal von Michael zurück zu geben. Michael bettelte richtig darum, liess ihr aber immerhin noch die faire Wahl, entweder Brüste zu zeigen oder den Schal zurück zu geben. Der Roadie entschied dann für Letzteres.

Dafür wurde dem dunkelhäutigen Girl der zweitletzte Song gewidmet: «Eyes Of A Panther». Das letzte Lied heute Abend – «17 Girls In A Row» – unterstrich nochmals die Steherqualitäten der Band.

Mit den Worten: «Remember, Heavy Metal is fun» verlassen Steel Panther nach 100 Minuten 80er Jahre-Glam-Rock-Party die Bühne zum letzten Mal heute Abend.

Und genau diese Worte am Schluss sagen eigentlich alles. Wir sollten das Geschwafel von gewissen True-Metallern und anderen Machos nicht immer so ganz ernst nehmen. In erster Linie ist Metal einfach geile Musik mit je nach Ausrichtung verschiedenen Clichés und genau das gilt es zu zelebrieren. In diesem Sinne war es ein geiler Abend mit durchaus guter Musik und viel zu lachen: Death To All Butt-Metal … ähm, ich meinte Death To All But Metal!

 

Setlist

  1. Intro In The Future
  2. Supersonic Sex Machine
  3. Tomorrow Night
  4. Fat Girl (Thar She Blows)
  5. Asian Hooker
  6. Just Like Tiger Woods
  7. Let Me Cum In
  8. If You Really Really Love Me
  9. Guitar Solo
  10. Turn Out the Lights
  11. The Shocker
  12. It Won’t Suck Itself
  13. Girl From Oklahoma
  14. Party All Day (Fuck All Night)
  15. Death to All but Metal
  16. Community Property
  17. Eyes Of A Panther
  18. 17 Girls In A Row

Wie fandet ihr das Konzert?

27.10.2012
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