Wie schon früher geschrieben, machen Konzerte in der Schüür einfach immer viel Spass. Irgendwie geht’s in der Innerschweiz halt einfach noch ein bisschen gemütlicher und weniger reglementiert zu her. Man ist näher bei den Bands – teilweise ohne Wellenbrecher (wie heute) vor der Bühne – stellt sich seine Bierflasche (vorzugsweise ein Appenzeller Naturperle in der Bügelflasche) auf die Bühne, während man sich dem Pogo hingibt. Stosst ab und zu mit der Band an. Wer sein Bier im Offenausschank bevorzugt, der kriegt dieses ebenfalls im Glas. Und wenn man während dem Konzert mal bisslen muss und sich einen Stock runterbegibt, steht man mitten in einem Salsa-Abend. Dass die Latinos und Salsa-Liebhaber nicht plötzlich an einem Thrash-Metal-Konzert landen, dafür sorgt eine Glastüre, wo oben dann auch noch gross drüber steht: „Laute Musik“.
Und da stehe ich jetzt vor der Bühne mit einem Naturperle in der Hand freue mich auf eine der geilsten Metalcore Bands überhaupt: Cataract. Nach einem Jahr Pause sind die Jungs endlich wieder aktiv und geben heute in der Schüür zusammen mit Hatesphere Vollgas.
Sänger Federico Carminitana bedankt sich auch schön beim Veranstalter, denn ohne die wären wir gemäss Federico jetzt zu Hause am Schoggi-Eili essen – Morgen ist ja Karfreitag.
Cataract geben mächtig gas, als wären sie nie weg gewesen. Von der ersten Minute an wird in der gut gefüllten Schüür ganz artig gepogt. Beim vierten Song auch schon der erste Circle Pit. Bei „Denial Of Life“ wird in den ersten Reihen wunderschön synchron geheadbangt. Habe ich selten so gesehen, als hätten die vorher zusammen geübt. Dies wiederholte sich heute Abend ein paar Mal – auch bei Hatesphere.
Federico kündigt danach ein eher langsameres „für d’Ladies zum kuschle“ an. Was bei Cataract langsam ist, reicht bei anderen Bands, dass sie sicher nie am Radio gespielt werden.
Cataract sind zugegebenermassen eine meiner absoluten Schweizer Bands. In dieser Härte, Power und Qualität eigentlich mit Eluveitie alleine auf weiter Flur. Und die Jungs – allen voran die Plaudertasche am Mic – kommen ganz sympathisch rüber. Und über deren geilen Riffs und Songs inklusive einem Hammer-Basser müssen wir ja eigentlich gar keine weiteren Worte verlieren. Ausser eben, dass Cataract nicht nur in der Schweiz ganz top sind, sondern sich auch international schon einen Namen im Metalcore-Genre schaffen konnten. Vor allem auch mit ihren Hammerproduktionen.
Während ich Cataract schon früher live sah und keine Sekunde enttäuscht wurde – bis auf ein zwei Songs, die ich gerne gehört hätte (z.B. Blackest Hour) – , bin ich umso gespannter auf Hatesphere. Ab Konserve find ich die Dänen ziemlich geil und lasse mich jetzt gerne auch live überzeugen – vor allem auch vom neuen Sänger Esse.
Wie schon erwähnt, geht’s deftig weiter mit dem Synchron-Headbanging. Man wähnt sich schon fast an einem Hip-Hop-Konzert, nur dass nicht die Armen im gleichen Takt wippen, sondern wie es sich gehört, die Schädel. Sieht hammermässig aus, fast schon Asiatische-Olympia-Eröffnungsfeier-Massenchoreographie-Niveau.
Esse scheint ein ziemlich lustiger Kärli zu sein. So sieht er zumindest aus. Und seine immer wieder zur Schau gestellte Bodybuilder-Pose unterstreicht diesen Eindruck zusätzlich. Wie auch Cataract und Genre-üblich, stehen allen mit Bermuda-Länge-Kurzhosen auf der Bühne und beweisen wie Anthrax schon in den 80er in erster Linie, dass Metal vor allem auch Spass macht und machen soll. Wer sich dabei zu ernst nimmt, läuft hier gegen eine Wand. Eine Wand des Todes. Die kommt dann später noch.
Esse fragt schon bald, „Are you guys ready for one? Are you guys in the pit ready for a circle pit?“
Oceans of Blood – vom Hammeralbum „To The Nines“.
Und they are. Und so geht’s vorne ziemlich deftig, aber trotzdem urgemütlich wie immer in der Schüür ab.
Nebst Bodybuilder-Pose hat Esse noch eine andere auf Lager. Ab und zu mimt er den Biker.
Da die Bar nicht weit und das Bier fein ist. Gönnen nicht nur Shy-d und ich ab und zu eines, sondern auch alle anderen. Und so sieht es auch Esse: „Are you ready to drink a lot of beers with Hatesphere?“
Und was passt besser zu einem Bierchen? Genau Roxette. Roxette? Esse: „Roxette forever.“ Und obwohl eine lange Roxette Einspielung erfolgt – ich dachte Hatesphere wären Dänen – schaffe ich es nicht, das Lied zu erkennen. D.h. kennen schon, aber der Name will mir grad nicht einfallen. Aber schön war es einenweg.
Einmal mehr bin ich vom Bassisten fasziniert. Bevor jetzt da falsche Gedanken aufkommen, ich meine deren Technik. Als ehemaliger Bassist fühlt man sich dieser Zunft ewig verbunden. Jimmy Nedergaard ist aber auf jeden Fall einer der schnellsten per fingerspielenden Basser, den ich je gesehen habe. Da scheint sogar der kleine Finger eine Funktion zu haben.
Und dann wieder Esse: „We were driving 15 hours from Danemark but that shit was worth it.“ Finden wir doch alle auch. Auch wenn ich nur 5 Minuten von der Schüür entfernt wohne. Weiter: „We expected 20 people.“ Zugegeben, ich hätte auch eher weniger Leute erwartet. Es kamen jedoch genug und vor allem auch die Richtigen. Während Essen weiter plappert und Gitarrist Pepe anmerkt, dass sein Sänger eben viel redet, erleben wir kurze Zeit später die erste Wall Of Death vom heutigen Abend. Und die ist … genau, der Hammer.
Kurz bevor ich ein schlechtes Gewissen kriege, wenn ich weiter Bier trinke – bald ist Karfreitag – verlassen Hatesphere definitiv die Bühne. Es bleibt nur so viel zu sagen, dass wir heute zwei Hammerbands – ab Platte – und auch live erlebt haben.
28. März, Schüür, Luzern (pam)