Di, 28. Mai 2013

DEADLINE & THE WRONG NUMBERS

Kofmehl (Solothurn, CH)
29.05.2013

Ich habe mich schon lange nicht mehr so auf eine Band bzw. deren Konzert gefreut. Deadline ab Konserve ist schon lange einer meiner Lieblingsbands und somit waren die Briten mit ihrem einmaligen Streetpunk auch schon ewig lange auf meinem Konzertradar. Doch dieser Rader reicht nicht immer bis nach Solothurn und so habe ich es doch all die Jahre nicht mitgekriegt, dass Deadline dort schon so was wie Stammgäste sind. Nun, immerhin sagt man mir heute, dass der letzte Besuch doch schon zwei, drei Jahre her ist. Also ganz ausser Betrieb war mein Radar nun also doch nicht.

Aber egal, jetzt bin ich da und Deadline. Und letzteres ist, was schlussendlich hier und jetzt zählt. Doch bevor ich endlich Liz Rose und ihre Mannen erleben darf, gibt’s noch eine lokale Vorband zu überstehen.

Wobei von überstehen oder gar erdauern kann nicht die Rede sein, denn das Punkrock-Trio, dass sich selber nicht ganz ernst nimmt, macht Spass und zu diesem auch guten Soundtrack.

THE WRONG NUMBERS – bestehend aus den beiden Solothurnern Bassist Fabian und Drummer Phippu sowie dem Gitarristen Jordie aus Vancouver – spielen dreckig-fröhlichen Punkrock. Dazwischen gibt es immer wieder Nummern und vor allem Ansagen, die für kurze Weile sorgen. So zum Beispiel „The Future“ – Speed-Punkrock im Stile von The Ramones, einfach Fast-Forward. Und mit 20 Sekunden auch kurz genug, dass der zu bedauernde Drummer nur einmal Luft holen muss. Und das kurz bevors losgeht. Jordie meint dann auch, dass dies der Song sei, der am Radio laufen wird. Na darauf freue ich mich jetzt schon. Wenn man 5 gefühlte Sekunden mit 20 überbrücken will.

Und weiter verrät uns Jordie: „The next song ist about Fabians vagina.“ OK, wie Mann sich irren kann. Und weiter geht’s mit schon fast legendären Ansagen wie „The next one is by Amy McBurger King.“ The Wrong Numbers macht definitiv Spass ohne peinlich zu werden. Der Kanadier der wohl den Quoten-Engländer mimt, einfach lieber und fröhlicher als einer von der Insel aussieht, der Streber-Bassist und gemäss Pressetext technisches Genie und der Drummer, der der Blue Oyster Bar entsprungen scheint.

Kurz bevor deren Auftritt zu Ende geht, bittet uns Jordie: „We play the last song because we are going to play right after this one the zugabe. So please, for you this is the last song.“ OK.

Die Zugabe kriegt dann doch noch eine eminent wichtige Ansage bzw. Hinweis: „This song is about Fabi’s penis.“ So viel sei verraten, der Song heisst auch irgendwie „20 Meter Penis“ oder so.

Na dann können wir uns ja getrost Deadline widmen. Aber bis es soweit ist, werde ich gerne nochmals los, dass dies seit langem eine der spannendsten und coolsten Vorbands war.

Das Konzert findet im kleinen Konzertsaal statt. Einer der schönsten Mini-Konzertlocations überhaupt. Der Saal mit Schädeln an den aus Wagenrädern bestehenden Kronleuchtern ist die Gruft des Kofmehls. Die kleine und nicht sehr hohe Bühne garantiert viel Nähe zu den Bands. Dennoch ist der Saal nicht gefühlt. So rund drei Dutzend Leute haben sich in die Gruft begeben. Der Rest der Schweiz verpasst was.

Deadline spielen von dem ersten Song an keinen Fühler. Mit „TV Dreams“ und dann bereits „Give It Back“ und „Going Nowhere“ geht’s von dem ersten Takt an zur Sache – ohne Umwege, ohne Aber-den-Wollen-Wir-heute-auch-Spielen-mir-egal-wenn-denn-alle-Scheisse-Finden-Songs. Deadline fühlt sich in ihrem zweiten Wohnzimmer ziemlich wohl.

Die charismatische Sängerin Liz Rose ist wohl das best erzogenste Punkmädel weit und breit. Wenn die Jungs der Band was Ungezogenes von sich geben, hört man schnell ein „You’re disgusting“ oder ist es einfach ihr very British Akzent, der sie so höflich erscheinen lässt? Nun, genau das ist es, was Deadline aus- und einzigartig macht. Die Kombination aus rotzfrechem Street-Punkrock und dem schon fast Elvengesang von Liz. Dazu kommt, dass sie wohl auch das Mädel mit dem schönsten Arschgeweih bzw. Rosenstrauch über dem Füdli weit und breit ist.

Der Ohrenwurm „Last Night“ ist für mich der bisherige Höhepunkt. Live wie ab Platte. Hammer. Eine kurze Verschnaufpause für den 4-Mann-Mosh-Pit gibt es mit dem langsameren „Moving Lines“ ein. Liz geniale Stimme begleitet mit der Akustik-Gitarre. Hühnerhaut-Alarm.

Fliessender Übergang zu „The Way We Were“ – und so geht’s tempomässig wieder flotter ab. Doch dann steigt der Bass aus und Liz stoppt zugleich. „We can’t do this without bass. That just doesn’t sound right.“ Wie wahr, da schlägt doch mein Basser-Herz gleich ein paar Takte schneller.

Deadline gehen zum ersten Mal Off-Stage aber ich kann mich kaum umdrehen, sind sie schon wieder zurück. Es folgt die einzige und finale Zugabe und die hat es in sich: „Sheena Is A Punkrocker“. Das wohl geilste Ramones-Cover das ich bisher gehört habe.

Und dann ist es vorbei. Man ist tiptop im Punkrock-Timing und so schaffe ich es auch easy auf den letzten Zug. Ich kann dann für lächerlich wenig Geld eine weitere CD und Shirt (zusammen CHF 20) kaufen. Das ist eben auch Streetpunk. Dann nehme ich doch gleich noch ein Shirt für den Göttibuben dazu.

Fanzit: Meine Erwartungen – meine hohen Erwartungen – wurden komplett erfüllt. Frisch-fröhliches Punkrock-Konzert. Deadline haben mir bewiesen, warum sie für mich die geilste Punkrock-Kapelle sind. Wer Deadline noch nicht kennt, der sollte jetzt schleunigst mal ein paar Songs von denen reinziehen. Und so hoffe ich, dass sich das nächste Mal ein paar Mehr Leute in die Gruft verlieren. Verdient hätten es die Londoner auf jeden Fall.

 

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Setliste:

  1. TV Dreams
  2. Give It Back
  3. Going Nowhere
  4. Blood On Your Hands
  5. Take No Chances
  6. No Way Out
  7. What’s Going On
  8. Serious
  9. Do You Think
  10. This Girl
  11. Liar
  12. Keep On Running
  13. It Girl
  14. On The Road
  15. Last Night
  16. Moving Lines
  17. The Way We Were
  18. Two Heads
  19. Take A Good Look
  20. We’re Taking Over
  21. By Numbers
  22. Zugabe: Sheena Is A Punk Rocker – The Ramones (Cover)

Konzert Review Bewertung

Autor Bewertung: 8.5/10



Wie fandet ihr das Konzert?

29.05.2013
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