Es gibt wohl kaum jemand, der den Namen Queensrÿche noch nie gehört hat. Die Band aus Seattle gehörte Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger zu den ganz Grossen des Genre und hatte bis dahin Götterwerke wie „Empire“ (1990) und natürlich „Operation: Mindcrime“ (1988, meiner bescheidenen Meinung nach bis heute die beste Scheibe, die je veröffentlicht wurde!) hervorgebracht. Aber wie viele andere Bands zu dieser Zeit wurden auch sie von der aufkommenden Grunge Welle erfasst und genauso wie die vielen anderen Bands versuchten sie sich diesem Trend anzubiedern. „Promised Land“ (1994) war zumindest teilweise noch hörbar, danach ging es schwer bergab und Queensrÿche waren plötzlich nur noch ein Schatten ihrer selbst. Und als Hauptsongschreiber Chris de Garmo die Band 1997 verliess, gab es kaum noch Hoffnung.
Queensrÿche versuchten 2006 mit „Operation: Mindcrime II“ an alte Erfolge anzuknüpfen. Aber auch diese Scheibe versprühte zu keiner Zeit die Magie des Originals und war insgesamt eine weitere Enttäuschung dieser einst grandiosen Band.
2012 kam es dann zum ganz grossen Knall: Sänger Geoff Tate und die drei übrig gebliebenen Original Mitglieder Michael Wilton, Scott Rockenfield und Eddie Jackson verkrachten sich dermassen, dass es sogar vor einer Show in Sao Paolo zu Handgreiflichkeiten kam und Geoff später auf der Bühne seine Bandkumpels beleidigte. So war der Split natürlich unumgänglich und Tate wurde durch ex-Crimson Glory Sänger Todd LaTorre ersetzt. Was folgte waren rechtliche Streitigkeiten um den Bandnamen, welche bis heute andauern. So gibt’s zurzeit Queensrÿche im Doppelpack: die Band mit den Originalmitgliedern und Todd sowie Geoff’s Tate Queensrÿche, welche gespickt ist mit prominenten Namen.
Die vorliegende Scheibe ist das Werk der originalen Queensrÿche und es soll endlich der Schritt in eine bessere und erfolgreichere Zukunft sein! Alleine die Tatsache, dass mit Todd LaTorre auf der Bühne endlich wieder die Klassiker gespielt werden, die das Publikum hören will, verheisst doch Gutes. Ich erinnere mich mit Schaudern an das Bang Your Head!!! 2010 zurück, als die angekündigte Best-Of Set zur Hälfte aus Langeweilern der Neuzeit bestand… Diese Zeiten scheinen jetzt also vorüber!
So habe ich mich intensiv mit diesem neuen Album beschäftigt. Und um es vorweg zu nehmen: es ist fraglos das beste Werk seit „Promised Land“, wenn nicht sogar seit „Empire“. Vieles tönt hier wirklich wieder nach den alten Queensrÿche, wie man sie kennt und liebt! Todd LaTorre’s Stimme ist da natürlich auch ein grosser Faktor. Schliesst Eure Augen, hört Euch „Don’t look back“ an – und Ihr meint, dass Geoff Tate singt! Die Ähnlichkeit LaTorre’s mit seinem Vorgänger ist extrem auffallend, ich hoffe einfach, dass dies nicht auf irgendeine Art und Weise zum Bumerang wird…
Die Songs auf der sehr kurzen Scheibe (Spielzeit knappe 36 Minuten, inkl. zwei Intros!) sind teilweise eingängig, teilweise progressiv – sie sind typisch Queensrÿche, und so soll es auch sein! Es fällt mir schwer, irgendeinen Song hervorzuheben. Vielleicht der Opener „Where dreams go to die“, welcher problemlos auch auf „Empire“ Platz hätte. Oder das eingängige, speedige „Vindication“. Oder „In this light“. Es gibt eigentlich keinen Ausfall auf der Scheibe. Insgesamt vermag das Ding zwar zu kaum jemals an oben erwähnten Götteralben zu kratzen. Aber es ist Queensrÿche endlich gelungen ein Album zu veröffentlichen, welches nicht nach ein- oder zweimaligem Hören im Regal verstaubt! Es braucht zwar etwas Zeit, bis man sich (nach dieser langen Durststrecke!) wieder an diesen Sound gewöhnt hat. Aber wer Queensrÿche längstens abgeschrieben hat, sollte dieser Scheibe unbedingt wieder eine Chance geben – sie hat sie verdient! 8 von 10 Punkten und ich lege mich fest: es ist das beste Werk seit „Empire“!
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