Elvis-Metal in Zürich – Volbeat rocken das Hallenstadion
Nachdem die Australier Airbourne in Zürich abgeräumt haben, war nur wenige Tage später erneut ein vielversprechendes Konzert auf dem Kalender. Die Dänen Volbeat wollten zusammen mit dem Amis Iced Earth dem Volk mächtig eins auf die Ohren geben. Das taten sie – und wie!
Meine Meinung zum Thema „mehr als eine Vorband“ hab ich schon des Öfteren kundgetan. Da dieses Mal pam den Fotograben unsicher machte, verzichtete ich zu Gunsten eines Bierchens und viel Small Talk auf den Opener. Teenage Bottlerocket hiessen die und ich hab draussen jetzt nix gehört, was mich in die Halle gelockt hätte.
Iced Earth
Die Aussicht auf 60 Minuten Iced Earth liess mich im Vorfeld mächtig frohlocken! Endlich mal eine wirklich geile Supportband und dies erst noch mit genügend Spielzeit! Nun ja, Volbeat wählen diese Bands ja selbst aus, also darf man da eigentlich auch wirklich was erwarten. Aber um es kurz zu machen: diese Erwartungen wurden mehrheitlich nicht erfüllt. Da war erst einmal das Publikum. Da dies sehr durchmischt und stellenweise weit entfernt vom „normalen“ Metal Publikum war, konnte der grösste Teil der Zuschauer mit der Musik von Jon Schaffer und seinen Jungs nicht viel anfangen. Demzufolge schien die Band recht schnell etwas verloren. Natürlich: Stu Block und Jon Schaffer waren erneut DIE Blickpunkte und spielerisch gab es auch absolut nichts auszusetzen. Stu’s hohe Schreie gingen einem durch Mark und Bein, der Typ war wirklich in Höchstform.
Aber dann gibt die Setlist ziemliche Angriffsfläche für Kritik. Im Januar erscheint das neue Album, dann spielen sie auch als Headliner im Z7. Aber warum man hier jetzt zwei oder drei neue Songs einbauen musste, erschliesst sich mir nicht ganz. Dies war wie gesagt eine Crowd, die man überzeugen will – dafür braucht es aber eine Setlist, die mit Highlights gespickt ist. Wirkliche Highlights waren rar gesät, Gänsehaut pur war eigentlich nur das wie immer sagenhafte „Watching over me“.
Nach 40 Minuten der nächste Hammer: Stu kündigt „Iced Earth“ an! Wie bitte? Nach 40 Minuten der Rausschmeisser?? 45 statt 60 Minuten? Wtf? Keine Ahnung, wer da verantwortlich war für diese Fehlinformation. Ich wüsste jedenfalls noch einige Songs, die man hätte spielen können…
So bleibt ein fader Nachgeschmack und das Fanzit, dass Iced Earth hier leider etwas fehl am Platz waren.
Volbeat
So war es an Volbeat den Abend zu retten. Ich hab die Dänen vor ein paar Jahren schon mal in Winterthur gesehen. Da haben sie (neben der Musik selbstverständlich!) mit einer bärenstarken Lichtshow überzeugt. Insofern durfte man sich berechtigte Hoffnungen machen. Und im Gegensatz zu Iced Earth wurden die um ein vielfaches übertroffen…
Der grosse Vorhang, der die Bühne verhüllte, war schon der Hammer. Ein Cowboy mit verhülltem Gesicht – das Tuch mit der Schweizer Flagge drauf! Kurz nach 21 Uhr sitzt ein Cowboy am Bühnenrand und spielt Country Musik – das Intro zu „Doc Holliday“. Der Vorhang fällt, es knallt zweimal mörderisch, Funken sprühen und rote Flammen schiessen in die Höhe – Volbeat entern die Bühne! Und allein das Bühnenbild lässt einem bereits das erste Mal mächtig staunen – ein Friedhof wie im wilden Westen bildet die Kulisse. Grabsteine (mit Inschriften wie „RIP Lola Montez“ oder „RIP Black Bart“), Kreuze, ja sogar ein Galgen wurde aufgestellt! Und auf dem Backdrop war eine kleine Kirche, die das Gesamtbild perfekt ergänzte.
Ebenfalls im Gepäck war eine hammergeile Lightshow. So sorgten zum Beispiel mindestens sechs Traversen, welche sich in alle Richtungen verstellen liessen, immer wieder für andere Effekte. Effektvoll war aber auch die Pyroshow – selten hab ich dermassen viele Flammenwerfer auf einer Bühne gesehen! Und bei der ersten Zugabe „Caroline leaving“ schien die komplette Bühne zu brennen! Ich war für einmal recht weit weg vom Ort des Geschehens, sodass ich das alles mal aus einem völligen anderen Blickwinkel und im Gesamtkontext geniessen konnte. Hat auch mal was so zwischendurch….
Volbeat teilen die Leute. Die einen lieben sie, die anderen können mit dem Sound nix anfangen. Aber eines ist klar: der ist mittlerweile zu grossen Teilen massentauglich, dementsprechend durchmischt war das Publikum. 8‘300 Leute wollten die Nordlichter sehen, die Stehplätze waren ausverkauft und auch grosse Teile der Sitzplätze waren belegt. Der obere Rang war nicht geöffnet und so war die Halle ansehnlich voll. Ich kapier allerdings nicht, warum das Publikum vor allem im hinteren Teil dermassen lethargisch war. Vor dem Mischpult war einiges los, selbst von Michael Poulsen geforderte Circle Pits gab’s. Aber sonst war oftmals ziemlich tote Hose. Da hab ich also schon anderes gesehen… An der Darbietung der Dänen kann es aber keinesfalls gelegen haben. Die boten neben der erwähnten Show auch musikalisch einiges.
Die Setlist war ein Querschnitt durch die ganze Karriere, aber natürlich mit dem Schwerpunkt auf dem aktuellen Album „Outlaw Gentlemen & Shady Ladies“. Acht Songs davon wurden gespielt, während die älteren Scheiben je mit vier Songs (resp. drei von „The Strenght / The Sound / The Songs“) vertreten waren.
Und somit darf die nächste Falschinfo vermeldet werden: statt 90 gab es fast 120 Minuten Volbeat! Aber darüber war wohl niemand sauer… 2 Stunden Heavy Metal mit massig Rock’n’Roll oder Country Einschüben – in der Endabrechnung 23 Songs und alles dabei, was das Volbeat Fan-Herz hören will! Und ich muss ehrlich zugeben, dass einige der neuen Songs, die ich auf CD jetzt nicht so überragend gefunden habe, live wirklich ballern! Der Opener „Doc Holliday“ sei hier als Beispiel genannt.
Volbeat ist Michael Poulsen – Michael Poulsen ist Volbeat. Bandleader, Hauptsongschreiber, Sänger, Gitarrist und absoluter Blickfang der Band. Die übrigen Mitglieder Rob Caggiano, Anders Kjolholm und Jon Larsen sind allesamt hervorragende Musiker – aber ohne jetzt abwertend zu sein: Poulsen überstrahlt sie alle! Der Typ hat eine unglaubliche Ausstrahlung und seine Nähe zu den Fans ist ebenfalls aussergewöhnlich. So nimmt er einen Jungen aus der ersten Reihe zu sich auf die Bühne, schenkt ihm ein T-Shirt und nimmt ihn in die „Volbeat Legion“ auf. Später fordert er die Jacke eines Fans, zieht sich diese an, zockt eine kurze Version von Priest’s „Breakinkg the law“ und gibt die Jacke zurück – allerdings nicht, bevor er noch einen Patch reingetan hat! Äusserst sympathische Gesten!
Es war 23.10h, als mit einem letzten Knall „Still counting“ und damit auch ein fantastisches Konzert zu Ende ging. Ich hab vor Jahren mal gesagt, dass ich Volbeat als die „nächsten Metallica“ sehe. Musikalisch haben sie das allerdings noch nicht erreicht (es bleibt da auch wohl noch ein wesentlich längerer Weg, als ich dachte…), aber live mögen sie mittlerweile problemlos mit den ganz Grossen mithalten! Eine solch aufwendige und spektakuläre Show wird zurzeit wohl wirklich nur von Bands wie Maiden, Kiss oder Metallica geliefert. Ich schmeiss freiwillig fünf Franken ins Phrasenschwein – das war ganz grosses Kino! (Kaufi).
Und eine Phrase zusätzlich vom Fotograf: Selten eine so ehrlich-symphatische Band erlebt. Das Publikum wurde nicht annähernd mit dem F-Wort beleidigt, sondern mit einem Dauersmile beglückt. So sieht wahre Spielfreude und Fanverbundenheit aus! (pam).
Setliste Volbeat Hallenstadion Zürich 2013
- Doc Holliday
- Hallelujah Goat
- Radio Girl
- The Mirror and the Ripper
- The Nameless One
- Guitar Gangsters & Cadillac Blood
- Sad Man’s Tongue
- Lola Montez
- Heaven nor Hell
- 16 Dollars
- Dead but Rising
- The Garden’s Tale
- Pearl Hart
- A Moment Forever
- Fallen
- My Body
- Pool of Booze, Booze, Booza
- The Hangman’s Body Count
- I Only Want to Be with You
- Encore:
- Caroline Leaving
- Maybellene I Hofteholder
- Cape of Our Hero
- Still Counting