Esther: Zugegeben, die Euphorie für diesen Bergausflug ans Ice Rock Festival 2014 nach Wasen im Emmental hielt sich erst recht in Grenzen, so haben doch die vergangenen Feiertage an Action nicht gegeizt… Aber kaum angekommen, zottelten jegliche Bedenkens-Arten schlagartig ab! Wer meint, ‚Bergler‘ trinken nur Ovo und hören „Hodigäägeler“ hat sich ja dermassen verheddert…
Bereits zum 12. Mal steigt das Ice Rock Spektakel – heuer gab‘s das Eis bei +4°C in satter Flüssigform, aber Humidität und ‚Pflotsch‘ taten dem höchst angenehmen Ambiente nichts ab.
Ein Party-Zelt expandierte die landwirtschaftliche Scheune raffiniert, unweit der Parkmöglichkeit entfernt. Zu später Stunde musste man lediglich den Bodenunebenheiten etwas mehr Beachtung schenken! Im heimeligen Interieur herrschte eine sehr angenehme Beleuchtung und ausreichende Akustik. Na ja, würde man Freedom Call‘s Frontmann jetzt dazu interviewen, wäre die Antwort vermutlich: Acustic? Who the fuck is this? … Man sollte dazu wissen, dass vermutlich eine Herde Simmentaler-Fleckviecher die Mikrophone bereits ausgiebig vorgekaut hat, sodass es temporär nur noch für eine sympathische Stumm-Performance ausreichte! Aber die Technik war ja nicht in den Ferien und schon bald ging‘s rucki-zucki weiter.
Sehr ausgefallen war der integrierte HotTub, welcher jedermann /-frau zur Selbstreinigung benutzen durfte und währenddessen das rockige Bühnengeschehen mitverfolgen konnte! Die Jacuzzi-Insassen hatten zu fortgeschrittener Stunde auch fortgeschrittenen Spass…!
Natürlich fehlte auch das Lagerfeuer nicht, welches eine idyllische Abwechslung zum Abrocken bot und Besucher von nah und fern, Berg und Tal und In- und Ausland etwas näher rücken liess. Man muss ganz offensichtlich die hinterste Ecke anfahren, um an einem Natura-Rock-Festival saubere Toiletten vorfinden zu dürfen – in Wasen hat man das verkleckerte ToiToi-Zeitalter also bereits vorbildlich hinter sich gelassen – thumbs up guys!
Tickets fürs Ice Rock Festival konnte man für sehr moderate Preise erwerben. Der Eintritt für den Hauptabend (SA): CHF 39. Gönnt man sich gleich einen 3-Tagespass, so erleichtert einen dieser bloss um CHF 78. Hier stehen sich Preis und Gegenwert also wirklich durchs Band auf Augenhöhe gegenüber.
Es täte sich sehr bewähren, ein Hotel in der Nähe zu buchen, aber bei diesem Unterfangen scheiterten wir die Woche zuvor kläglich! Der nette Herr am anderen Ende der Verbindung meinte mit einem angenehmen, aber doch leicht belächelnden Unterton; dieser Angelegenheit hätte man sich so an die 10 Monate früher annehmen müssen…! (Der Veranstalter weist übrigens via Homepage auf div. Übernachtungsmöglichkeiten hin. Auch fahren Shuttle Busse die nähere Umgebung ab.)
Speziell erwähnen sollte man auf jeden Fall noch Fridu Gerbers An-, Zwischen- und Aftersprachen. Wären diese einem Zürcher oder Aargauer oder Appenzeller entsprungen, hätte man ‚guet o gäbig‘ einiges an Zeit eingespart, aber keine andere Menschenseele hätte diesen inbrünstigen, gutherzigen und extraordinären Charme aufbringen können!
Mit seiner plakativen Umfrage „isch das öppis gsiiii???!!!“ kursierte er nach jedem Act über die Rednerbühne und die Resonanz gewann zusehends an Positivität und Volumen, während die wacklige Kartonvorlage fortwährend leicht an Form verlor! 2015 sei bereits in Planung, also nicht verpassen!
Aber nun zu den Bandreviews ganz nach dem Motto: wer den Fahrplan nicht studiert, verpasst den letzten Zug!!
Sabi: Als Auftakt am Samstag waren ein Live Song Contest und eine Playback Show angekündigt. Ob dies stattfand und sich jemand auf die Bühne getraute hat, entschwindet leider aus dem „wissen-wir-auch-nicht-mehr-so-genau“-Grund unseren Kenntnissen.
The Order
Fast pünktlich um 18.00 Uhr betrat The Order (CH) als erste Band des Abends die Bühne des Ice Rock Festivals. Die Scheune war zu dieser Zeit schon gut gefüllt, doch brauchte das Publikum etwas Zeit um auf Touren zu kommen. The Order fackelte nicht lange und jagten sofort ihren Hard Rock durch die Boxen. Eingängige Soli, coole Riffs, treibenden Rhythmen, geniale Melodien und ein Spielfreude, die trotz Konzentration der Saitenfraktion auf ihre Instrumente, immer wieder bemerkbar war. Gianni (V) überzeugte wiedermal mit seiner Röhre und motivierte die Metalheads zum Mitmachen oder erlaubte sich ein Spässchen mit seinen Bandkumpels. Auch wenn die Band nach eigenen Angaben keine Zeit für Proben hat, der heutige Auftritt konnte sich sehen und hören lassen.
Was heute sofort ins Auge stickt, ist das Licht! Ein wahrer Traum fürs Auge und vor allem für die Linse! Und es beweist einmal mehr, die Bühne muss nicht riesig sein oder hunderte von Spots haben, sondern der richtige Mann an den Reglern des Lichtpultes!
Fatal Smile
Nach kurzer Umbaupause schlenderte Fridu Gerber (Veranstalter) auf die Bühne kündete in breitem Emmentaler Dialekt die nächste Band an und platzierte ein paar Infos die für Lacher sorgten. Danach machte Fridu Platz für Fatal Smile aus Schweden.
Fatal Smile (SWE) die seit 1996 unterwegs sind, haben sich dem Hard Rock, Glam Metal, Shock Rock oder kurzgesagt dem Freak Rock verschrieben. Dezent mit weissem und schwarzen Make up eingepudert und in freakigen Klamotten, stürmten die Stockholmer unter Nebelfontänen auf die Bühne. Ihr Sound, der übrigens klar und druckvoll war, erinnert an Sleaze Rock a la Mötley Crüe und kommt bei den Metalheads sehr gut an. Blade (V) begrüsste uns als bald mit den Worten „ Welcome in the Alps“ oder so ähnlich, was für Gelächter sorgte. Obwohl Wasen im Emmental liegt und umgeben ist von Hügeln, sieht man die Alpen weit und breit nicht. Die Jungs geben alles auf der Bühne und posen was das Zeug hält. Blade fixiert immer wieder einzelne Personen im Publikum und holt die Leute so ab. Viel zu schnell vergeht die Zeit bei einem so kurzweiligen Auftritt. Nach dem auch die letzte Zugabe verklungen war, verabschiedete sich der Vierer unter tosendem Applaus.
In der Umbaupause tauchte Fridu wieder auf der Bühne auf. Diesmal mit einem Kartonplakat auf dem stand „ Isch da öpis gsii???!!!!“ Was natürlich sofort bestätigt wurde. Dieses Plakat tauchte für den Rest des Festivals immer wieder zur Belustigung aller Anwesenden, irgendwo auf der Bühne auf.
Freedom Call
Freedom Call (DE) war als nächste Band am Start. Die Jungs aus Deutschland rocken seit 1998 die Bühne mit ihrem Power Metal. Hymnische bis fröhliche Melodien, grosse Chöre und lockeres Tempo sind Markenzeichen dieser Band. Freedom Call stellen sich als sehr tolle Live Band heraus, die mit ihrer Show zu begeistern weiss und auf einem hohen technischen Niveau spielt. Die Songs bleiben hängen und verleiten schnell zum Mitsingen. Die Metalheads waren demnach auch sofort auf der Seite der Band. Für mich persönlich war es zu viel Happy Metal und zu wenig rockig, obwohl auch einige wirklich coole Kick Ass–Songs dabei waren. Chris Bay (V) stellte plötzlich die Frage „ Acustic? Who the fuck is this?!“ Diese Frage stellte sich wohl in jenem Moment jeder im Raum. Denn eine kleine technische Panne legte kurzfristig das Mik von Chris lahm. Trotzdem diesem unangenehmen Zwischenfall, ein starker Auftritt der Jungs, der mit reichlich Applaus belohnt wurde.
Bonafide
Als nächstes war nochmal eine schwedische Band am Start. Bonafide aus Malmö begeisterte mit traditionellem Hard Rock, der von hartem Blues Rock geprägt ist. Die Band kommt in musikalischer Frische daher und brachte die rockende Schar vor der Bühne sofort in Fahrt. Die Jungs posten in lässiger Art, wirkten sehr spielfreudig und sympathisch und überzeugten mit glasklarem Sound. Wie aus dem Nichts tauchte Fridu Gerber mit seinem isch da öpis gsi??!!–Plakat hinter dem Drum auf und sorgte wieder für Lacher. Gitarrist Mikael hat übrigens unterdessen die Band verlassen und der Auftritt am Ice Rock Festival war somit sein letzter mit Bonafide. Gaby vom Bonafide Swiss Street Team überbrachte Mikael einen Korb mit allerlei Köstlichkeiten und bedankte sich sichtlich bewegt bei ihm für die tolle Zeit. Danach wurde nochmals abgerockt und unter grossem Applaus verschwanden die Schweden danach hinter der Bühne.
Hardbone
Als letzte Band des Abends war Hardbone aus Hamburg an der Reihe. Seit 2006 zelebrieren sie ihren dirty Rock n’ Roll im Stile von AC/DC und Airbourne. Wie könnte es auch anders sein, diese Art von Arschtreter–Mucke kommt auch zu sehr später Stunde gut an. Die Hamburger legen kein bisschen Müdigkeit an den Tag – oder besser in die Nacht und zeigten wahre Spielfreude. Das Publikum dankte es der Band, in dem es nochmals alles gab und mächtig abrockte. Die Zeit ging wie im Fluge vorbei und auch diese Band verliess nach einem starken Auftritt die Bühne viel zu früh.
Der DJ liess den Abend mit gutem Sound ausklingen, die letzte Getränkerunde wurde von Fridu angekündigt und kurz nach 3 Uhr morgens wurde die Veranstaltung kurz und schmerzlos vom ansässigen Bikerclub „MC Dead Riders“, die als Security fungierten, aufgelöst.
Was soll man noch mehr Worte über ein so kleines aber feines Festival verlieren als: Ice Rock Festival …..see you in 2015!