Gamma Ray im Z7 – ein Augenzeugenbericht!
Es ist Dienstag, gegen 18 Uhr. Eigentlich bin ich nicht in grossartiger Konzertstimmung. Aber hey: Gamma Ray sind angekündigt – und da wird sich diese Laune ja hoffentlich bald ändern! Also auf nach Pratteln…
Dort angekommen die erste Überraschung: erstaunlich wenig Leute sind da, als Elvenking pünktlich um 19.30h die Bühne entern. Überraschend deshalb, weil neben Gamma Ray ja auch noch Rhapsody of Fire hier sind, und die waren ja schliesslich auch schon Headliner im Z7.
Nun ja – Elvenking, die wie Rhapsody of Fire aus Italien stammen, eröffnen also den Abend. Die Herren haben einen Geiger in der Band – etwas, was bei mir bekanntlich nicht gerade Freudenstürme auslöst. Dazu eine Kriegsbemalung, die irgendwie nicht so furchteinflössend wirkt. Musikalisch nicht meine Baustelle – nach zwei Songs gehe ich raus und geniesse den Frühlingsabend.
Langsam trudelt das Volk ein. Meine Konzertlaune ist allerdings immer noch eher auf Sparflamme, als Rhapsody of Fire ihre einstündige Show beginnen. Ich hab eigentlich schon viel Gutes über die Band gehört, Sänger Fabio Lione hab ich sogar schon live gesehen (mit Angra, irgendwo in der Karibik…) – aber hier und jetzt lässt mich das alles ziemlich kalt. Das Gefrickel hat mir auf den ersten Sonata Arctica Scheiben definitiv besser gefallen. Und somit ist auch hier bald wieder frische Luft angesagt. Aber aufgrund der Reaktionen, die draussen zu hören waren, haben die Italiener wohl einen guten Auftritt hingelegt.
Mich interessiert heute Abend allerdings nur eine Band: Gamma Ray! Kai Hansen und seine Jungs stehen seit Jahren für beeindruckende Qualität in Sachen Power Metal und zwar live wie auch auf Tonträger. Auf CD haben sie es grad wieder bewiesen, das neue Werk „Empire of the Undead“ ist erneut ein Hammeralbum geworden (siehe Review).
Dass die Band auf der Bühne eigentlich IMMER Spass macht, liegt natürlich vor allem auch an der Ausstrahlung und dem Charisma von Kai Hansen. Der Junge scheint immer gut drauf zu sein und versprüht einfach gute Laune pur! Und ich komme endlich in Konzertstimmung…
Kurz vor zehn Uhr wird’s dunkel im Z7, das Intro „Welcome“ ertönt und Gamma Ray legen los – mit „Avalon“, dem fantastischen Epos der neuen Scheibe! Mutig, aber es zeigt auch, welche Qualität das neue Album hat. Und das Publikum feiert jedenfalls sofort kräftig mit…
Weiter geht’s dann aber grad mit einem Klassiker: „Heaven can wait“. „Hellbent“ steht jetzt zwar auf der Setlist – gespielt wird aber „New World Order“! Und Kai überrascht das erste Mal mit seinen Ansagen: obwohl der deutschen Sprache mächtig, redet er nur in Englisch. Man fragt sich das erste Mal: warum?
Aber eigentlich ist das ja egal. Die Musik spricht für sich! Relativ früh schleicht sich da die alte Helloween Übernummer „I want out“ in die Setlist, aufgepeppt mit massenhaft Reggae Tönen! Kai outet sich als Fan dieses Musikstils – aber so viele Fans scheinen da seine Meinung dann doch nicht zu teilen…
Gleich im Anschluss gibt’s „Pale Rider“ vom neuen Album – und was soll ich sagen? Der Song knallt live noch mehr als auf Konserve, wenn’s nach mir geht, darf der in Zukunft in keiner Show mehr fehlen! Ganz klar eines der absoluten Glanzlichter des Abends!
Eine Verschnaufpause (die zwar nicht nötig wäre) bietet jetzt die Ballade „Time for Deliverance“. Und das, obwohl der Chef meint, dass er Balladen nicht so toll findet…? Ach was, es gibt sicher schlimmere Songs!
Zeit für Kai, das neueste Bandmitglied vorzustellen: Michael Ehré am Schlagzeug ist 2012 für Daniel Zimmermann zur Band gestossen. Der Junge kann was, keine Frage. Das stellt er bei seinem Solo auch unter Beweis. Aber meine Herren: ein etwa zehnminütiges Drum Solo ist einfach des Guten zu viel! Ich kann’s vielleicht verstehen, wenn’s darum geht, die Stimme von Kai zu schonen (der tönt zumindest bei den Ansagen schon etwas kratzig…). Aber ich befürchte, dass dies wohl jeden Abend so ist. In dieser Zeit hätte ein Song wie „Empathy“ problemlos Platz… Und als Ehré (endlich, möchte man sagen) fertig ist, folgt… ein Bass Solo! Ach Mensch… wir wissen doch alle, dass Kai, Dirk, Henjo und Michael ihre Instrumente beherrschen! Das ist Zeitverschwendung… Nun gut – bei Dirk entpuppt es sich glücklicherweise nur als verlängertes Intro zum nächsten Song. Der hat es in sich – „Blood Religion“ vom völlig verkannten (Anm. Tanja: so isses! ) Album „Majestic“ hat’s in den Set geschafft, dies zu meiner grenzenlosen Freude. Womit die Solos schon fast wieder vergessen sind… Jedoch wird auch dieser Titel mit schier endlosen Mitsing-Spielchen tüchtig in die Länge gezogen. Etwas weniger wäre auch hier mehr.
Aber ab sofort wird nicht mehr gemotzt und gestänkert – denn ab sofort gibt’s nur noch Gamma Ray at it’s Best! Ohne Kompromisse, ohne Rücksicht auf Verluste – just pure, fuckin‘ Heavy Metal! Der Doppelschlag vom neuen Album („Master of Confusion“ sowie die schädelspaltende Speed Metal Granate „Empire of the Undead“) sorgt für fliegende Haare allerorts. Danach erklärte Kai endlich, warum er den ganzen Abend seine Ansagen nicht auf Deutsch macht: „wir sind überall da im Süden und so gewesen… umgewöhnen ist schwierig!“ Und findet es grad auch noch schade, dass Englisch nicht seine Muttersprache ist…
Das Finale lässt danach eigentlich keine Wünsche offen: beim Dreierpack „Rebellion in Dreamland / Land of the free / Man on a Mission“ kocht die Halle und nach weit über 90 Minuten verabschieden sich Gamma Ray von der Bühne.
Natürlich war’s das aber noch nicht. Die Hanseaten kehren zurück und jetzt tanzt der Bär: Hail To The Metal! Was für ein Song, was für eine Hymne! Besser geht nicht – allerdings ist der Rausschmeisser „Send me a Sign“ wahrlich auch nicht von schlechten Eltern. Und nach fast zwei Stunden entlassen Gamma Ray die Fans in die mittlerweile recht kühle Frühlingsnacht.
Ein Wort zum Publikum: das Z7 war knapp zur Hälfte gefüllt. Eigentlich unverständlich, denn Gamma Ray hätten wahrlich mehr Zuschauer verdient gehabt! Ob’s am Dienstagabend oder an dem doch nicht gerade geringen Eintrittspreis (CHF 49.- an der Abendkasse) lag? Schwer zu sagen. Diejenigen die da waren, werden es sicher nicht bereut haben!
Als Fanzit bleibt zu sagen: Gamma Ray bieten zwei Stunden Power Metal Feinkost, wobei jedoch vor allem im Mittelteil die Show leider künstlich in die Länge gezogen wird. Da würde das erwähnte „Empathy“ perfekt reinpassen, den Song mit dem Wumms von Neo Drummer Ehré zu hören, wäre definitiv sehr spannend! Abgesehen davon war es aber wieder einmal ein lohnenswerter Ausflug in den Konzerttempel Z7! Und meine Konzertstimmung im Hoch…
Ein weiterer Bericht aus einer anderen (und für die meisten Fans unbekannten) Sichtweise, liefert uns Tanja – viele Insider Infos inklusive! Äusserst interessant!
So, und jetzt die Stimme des Fanclubs… Hinzuzufügen gibt es von meiner Seite eigentlich nicht viel. Elvenking ist auch nicht unbedingt mein Fall, was ich so gehört habe, haben sie aber eine solide Show hingelegt; dasselbe lässt sich zweifelsohne auch für Rhapsody of Fire sagen, die wirklich gut waren, aber ich muss ebenfalls zugeben, dass ich sie nur von Backstage mitverfolgt habe. Schliesslich war ich auch hauptsächlich wegen Gamma Ray da. Und da kann ich mich Kaufi eigentlich in allen Punkten nur anschliessen. Herausheben könnte man noch das Intro, resp. den Song vor dem Intro: „Bad Reputation“ (Joan Jett Cover) in voller Laufzeit… wollen die Jungs uns damit wohl etwas sagen? Ich finde es jedenfalls eine ganz lustige Idee.
Wenn wir gleich mal bei der Setlist bleiben: Persönlich fand ich es unglaublich toll, dass die Hanseaten sich für „New World Order“ entschieden haben, da ich diesen Song noch nie live gehört hatte, ein „Versäumnis“, das nun endlich berichtigt wurde. Der Hauptgrund, wieso „Hellbent“ weichen musste, ist relativ einfach: „New World Order“ ist einfacher zu singen, denn Kai ist tatsächlich seit über einer Woche stimmlich unglaublich angeschlagen und auf Antibiotika (in Mailand war sogar schon das Playback vorbereitet, er hat es dann aber doch durchgezogen). Es grenzt schon fast an ein Wunder, dass er jeden Abend so gut gelaunt auf der Bühne stehen kann. Dasselbe gilt auch für Henjo Richter, der ebenfalls schon lange am Rumkränkeln ist (erst Nebenhöhlenentzündung, dazu ein noch immer andauernder, grausamer Husten mit allen schmerzhaften Nebenwirkung), dem man das aber nie anmerkt. Beide haben meiner Meinung nach grossen Respekt verdient dafür, dass sie nicht nur ihren Job machen, sondern auch trotz allem stets gute Laune versprühen auf und auch hinter der Bühne.
So viel zu den Hintergründen. Weiter im Text mit dem Konzert: Für meinen Teil bin ich ja absolut kein Fan von Drumsolos. Und Michaels war definitiv zu lang, so was braucht es nicht, bei keiner Band. Da wäre mit „Empathy“ die Zeit tatsächlich viel besser genutzt gewesen. (Dirks Solo hätte meines Erachtens dafür dann doch gerne länger sein können, aber das liegt daran, dass er mein absoluter Lieblingsbassist ist und ich ihm stundenlang zuhören könnte.) Dass bei „Blood Religion“ so unglaublich lange Mitsing-Spielchen gemacht wurden, hat mich ziemlich erstaunt, das war an den drei Konzerten, an denen ich vorher war, nicht der Fall. Vielleicht hatte es etwas mit Kais stimmlicher Lage zu tun, dass er eine Pause brauchte… ich weiss es nicht, auf jeden Fall hätte man das gut kürzer halten können.
Alles in allem kann ich sagen, dass Pratteln vom Auftritt der Band her ohne Probleme mit Mailand mithalten konnte, der Sound war um Längen besser als beispielsweise in Rom, wo Henjo (der wohl friedfertigste Mensch, den ich kenne) die Badzimmertür eingetreten hat, weil der Sound auf der Bühne so unterirdisch war. Nur leider könnte sich das schweizerische Publikum von den Mailändern mehr als nur eine Scheibe abschneiden. Das war teilweise doch schon arg traurig, besonders bei Rhapsody of Fire, was ich da gesehen habe… zum Glück war das dann bei Gamma Ray besser. Und wieso das Z7 nur halb voll war, verstehe ich sowieso nicht. Gamma Ray werden einfach zu wenig geschätzt, und wieso das so ist, ist mir ein Rätsel. Wie oben so schön gesagt: Die „Jungs stehen seit Jahren für beeindruckende Qualität in Sachen Power Metal, und zwar live wie auch auf Tonträger.“ Schade, dass man das in der Schweiz offenbar nicht zu würdigen weiss. Immerhin war Paris einen Tag später ausverkauft, und auch Mailand war brechend voll… beide Konzerte waren an einem Wochentag, also kann’s daran eigentlich nicht liegen. Es bleibt zu hoffen, dass die Schweizer (und Grenzgänger) am 8.4. gemerkt haben, welche Wucht Gamma Ray live sind und dass nächstes Mal jeder mindestens fünf Freunde mitbringt (Anm. Kaufi: dann reicht das Z7 aber bei weitem nicht mehr… 😉 ). Verdient hätten es die Jungs nach der Performance allemal!