SONATA ARCTICA – Pariah’s Child

Power Metal
18.04.2014

Pariah’s Child ist für mich das Überraschungsalbum des Jahres. Natürlich kannte ich Sonata Arctica schon länger, jedoch hauptsächlich vom Namen her und ein, zwei Songs, die ich mir auf YouTube angehört hatte. Pariah’s Child war mein erstes komplettes Album der Finnen. Und was soll ich sagen? Ich bin total begeistert. Bisher war ich eher weniger angetan von der Musik des Quintetts, aber Pariah’s Child konnte mich auf ganzer Linie überzeugen.

Sonata Arctica haben sich in den letzten Jahren den Unmut vieler Fans zugezogen, weil sie sich stetig vom Power Metal wegbewegt und dem Progressive Metal angenähert hatten. Dazu kann ich nicht viel sagen, da ich – wie bereits erwähnt – ihr Schaffen nicht mitverfolgt habe. Was bei ihrem achten Studioalbum (das laut der Band wieder mehr Power Metal sein soll) aber auffällt, ist, dass Pariah’s Child ganz klar nicht so wirklich in die stereotypische Power Metal Vorlage reinpasst. Dazu hat es viel zu viele Elemente in den Songs, die eher progressiv anmuten. Das ist aber kein Nachteil. Nun, vielleicht ist das ein Nachteil für Fans von streng klassischem Power Metal, wer aber Freude hat an „experimentellen“ Songs, der wird Pariah’s Child mögen. Zudem ist es nicht so, dass die progressiven Elemente auf Kosten der Melodien gehen würden, ganz im Gegenteil, Pariah’s Child ist ein von vorne bis hinten äusserst melodiöses Album, dessen Songs schnell mal hängen bleiben.

Gemäss der Band ist Pariah’s Child ja eine Annäherung an ihre frühere Musik, was manchen Fan der frühen Stunde freuen dürfte, und dazu gehört offenbar auch das Thema des Wolfes. Tony Kakko (seines Zeichens Leadsänger) meinte, dass dieses ihr Maskottchen auf den letzten paar Alben vernachlässigt wurde, und es an der Zeit war, den Wolf wieder aus dem Schrank zu holen, sozusagen. Das kann man finden, wie man will, auf jeden Fall deuten alle Zeichen auf „back to the roots“. Und das Resultat ist absolut hörenswert.

Sonata setzen bei ihren Songs klar mehr auf Vocals und Keyboards als auf Gitarren, das merkt man auch beim Mix, der die Gitarren im Hintergrund hält. Das ist jedoch lediglich eine Anmerkung, keine Kritik, denn die Stimmung des Albums ist eher fröhlich und leicht, harte Gitarren wären dabei vermutlich nicht nur unnötig, sondern sogar störend. Apropos störend: Es gibt es ja immer wieder, dass Bands auf gewissen Songs Soundeffekte verwenden (wie z.B. Tiergeräusche, Schritte, lautes Atmen etc.), aber Sonata Arctica übertreiben es hier meiner Meinung nach. Vor allem, weil ich bei den meisten Effekten nicht wirklich einen Zusammenhang zum Song feststellen konnte.

Glücklicherweise ohne solche Effekte kommt Cloud Factory (die Lyrics-Video Auskopplung) aus, eine typische Nummer für Pariah’s Child und einer der wohl eingängigsten Songs, dessen Melodie von Henrik Klingenberg (Keyboarder) als „really annoying“ bezeichnet wird. Damit hat er sicherlich Recht, die Melodie setzt sich nämlich schon nach dem ersten Mal Hören im Gehörgang fest und weigert sich standhaft, diesen so schnell wieder zu verlassen.

Half A Marathon Man ist die härteste Nummer auf dem Album, die nach einem ruhigen Intro mit voller Power loslegt; Tony zeigt hier, dass er ein vielseitig versierter Sänger ist, der verschiedene Stile beherrscht, und rutscht gerne mal in die dreckigen, rauen Vocals ab. X Marks The Spot ist eine der progressiveren Nummern, die aber gerade deswegen äusserst interessant ist, und zum mehrmaligen Anhören einlädt. Gerade weil man dann Stellen wie diese hier bemerkt: „I hadn’t exactly lost my soul, I just didn’t know where I had put it“. Äusserst prominent ist in dieser Nummer der gesprochene Text des sogenannten „Preachers“. Dieser wird – laut Wikipedia – von Jakko Koshiken gesprochen. Zumindest reinhören sollte jeder Mal in die Nummer. Der zweitletzte Song, Love, ist tatsächlich eine wirklich wunderschöne Ballade, auch wenn der Titel vielleicht eher Kitsch mit Zuckerguss vermuten lässt.

Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden, deswegen ist das auch nicht mehr als meine Meinung, aber ich denke, dass Larger Than Life der beste Track auf dem Album ist, schlichtweg weil er unglaublich divers ist und trotzdem nicht zusammengeschustert wirkt, jeder Teil hat seine Existenzberechtigung. Mit fast 10 Minuten ist er auch mit Abstand der längste Track auf Pariah’s Child. Mehr möchte ich gar nicht dazu sagen, dies ist ein Song, den jeder für sich selbst entdecken sollte. Ich kann ihn wirklich wärmstens empfehlen.

Fanzit: Ein wirklich gutes Album, an dem neben Sonata Arctica Fans vor allem Freunde von Freedom Call oder ähnlich fröhlichem Metal Freude haben dürften – wenn sie denn kein Problem mit progressiven Elementen haben, denn diese sind doch ein grosser Bestandteil des Albums. Gemixt ist Pariah’s Child dem Musikstil entsprechend sehr gut, für meinen Geschmack sind die Gitarren jedoch zu leise sind und das Keyboard – obwohl Bestandteil von Power Metal – ist ein bisschen zu stark gewichtet. Im Endeffekt funktioniert die Mischung, aber für Fans von härterem Power Metal könnten die Finnen schnell mal zu fröhlich sein. Trotzdem sollte man sich das Album zumindest einmal anhören, denn vom Songwriting her ist jede Nummer gut bis hochstehend. Und wer offen an das Werk herangeht (oder mehr oder weniger weiss, was er zu erwarten hat) der wird seine Freude an Pariah’s Child haben. Wer jedoch hartes Headbang-Material sucht, dem sei eher davon abgeraten.

 

Laufzeit: 53:04

 

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Tracklist 

 

  1. The Wolves Die Young
  2. Running Lights
  3. Take One Breath
  4. Cloud Factory
  5. Blood
  6. What Did You Do In The War, Dad?
  7. Half A Marathon Man
  8. X Marks The Spot
  9. Love
  10. Larger Than Life

Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 9/10



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Autor
18.04.2014
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