Ich bin ja erklärter Gamma Ray Fan und verfolge gerne auch Nebenprojekte der einzelnen Mitglieder, gerade da drei der vier Mannen in letzter Zeit mit ihren anderen Bands Alben von hoher bis höchster Qualität produzieren. Fehlt nur noch das eine bestimmte Solo Album, auf das ich nun schon lange sehnsüchtig warte… Anyway, jedenfalls tanzt Michael Ehré, Gamma Rays Drummer, auf vielen Hochzeiten, und seine neuste Flamme hört auf den Namen STARCHILD. Soweit ich weiss, 2012 gegründet, veröffentlichten die Deutschen diesen April ihr Debut Album Starchild.
Starchild sind Sandro Giampietro (Zillion) an Gitarre und Mikrofon, Michael Ehré (Gamma Ray, Love.Might.Kill, u.A.) am Schlagzeug, Dennis Hormes (TM Stevens, Tom Beck) an der Gitarre, Jens Becker (Grave Digger, Bon Scott, Zillion) am Bass und Esmeralda an der elektrischen Geige. Für jene, die jetzt fast nen Herzstillstand haben und aufhören wollen zu lesen: Man hört quasi nicht, dass hier noch eine Geige mitmischt, der Sound klingt sehr, sehr ähnlich wie der einer E-Gitarre, aber eben doch irgendwie anders. Soll heissen: Hört es euch doch mal an, wenn man’s nicht weiss, würde man nicht merken, dass eine Violinistin mit an Bord ist.
14 Tracks ist ihr erstes Album lang. Das ist doch recht beachtlich und ergibt eine Laufzeit von knapp 60 Minuten. Thematisch findet sich eine riesige Spannbreite auf Starchild: Von Aliens über Menschen, die vom rechten Pfad abgekommen sind, oder Dämonen treffen, Unterwasserwelten, Fantasy-Reiche, Kronen stehlende Rebellen, hin zu gesellschaftskritischen Themen wie unser Umgang mit der Erde ist hier fast alles vertreten. Ich glaube, das ist das erste Mal, dass ich ein thematisch so reiches und vielfältiges Album antreffe.
Los geht’s mit dem 38 Sekunden langen Instrumentaltrack Starchild Theme, der mit den sehr prominenten Flöten eine ätherische, fast schon meditative Stimmung schafft. Im Anschluss werden mit dem Titeltrack Starchild dann aber andere Saiten aufgezogen. Der Song überzeugt durch sehr interessante und auch eingängige Riffs, sowohl in der Bridge als auch den Strophen. Sandros Stimme passt perfekt dazu und bewegt sich – für Power Metal typisch – im melodiösen und eher hohen Bereich. Manchmal erinnert er sogar an Michael Kiske (was Sinn macht, wenn man dann liest, dass er Songwriter und Producer für Kiske ist). Wenn der Name schon gefallen ist: Der Song Black And White Forever ist ein Charity Duett mit ihm, begleitet wird das Ganze sogar noch von Helge Schneider auf der Orgel. Die ersten paar Songs klingen alle ein bisschen ähnlich, unterscheiden sich aber doch genug, dass man nicht das Gefühl hat, stets dasselbe zu hören.
Still My Planet ist dann ein eher ruhiger gehaltener Song, der ein wenig frischen Wing reinbringt. Eyes of History schlägt den Hörer gleich von Beginn an mit seinem Riff in den Bann, und hier werden die Vocals zu Gunsten der Instrumente zurückgenommen – was dem Song sehr zugute kommt. Reaching the Land fällt sofort auf, weil er sehr düster beginnt und genauso weitergeht. Damit fällt er durchaus aus dem Konzept, aber die Musik spiegelt schlichtweg das Thema sehr passend wieder (Ritter aus einer verfluchten Stadt suchen den Urheber des Fluches – auf dem Weg mutieren einige von ihnen zu Monstern… da kann man ja nicht pinke Einhörner und Glitzerfeen erwarten).
Black and White Forever, das Duett mit Kiske, ist der wohl abwechslungsreichste Song bis zu diesem Punkt im Album; Sandro und Kiske funktionieren perfekt zusammen. Erstaunlicherweise ist es einer der härteren Songs der Scheibe. Atalya beginnt etwa gleich düster wie Reaching the Land, was logisch ist, da es thematisch dazu gehört und eine verfluchte, verlassene Stadt beschreibt. Harter, starker Song, der die leichte Eintönigkeit der sonst eher fröhlichen Songs auf spannende Weise aufbricht.
Das Album endet mit dem fast 7 Minuten langen Song Underwaterworld, der eine Mischung aus der Metal Opera von Avantasia, den Keeper Alben von Helloween und Unisonic zu sein scheint. Der Song verbindet verschiedene Tempi, verschiedene Stimmungen und Stile und lässt den Hörer mit dem Gefühl zurück, mehr davon zu wollen – ein perfekter Rausschmeisser also. Schade aber, dass der Rest des Albums nicht ein wenig mehr wie Underwaterworld ist.
Fanzit: Allgemein ist Starchild ein Album, das sich in ruhigen Gefilden bewegt, sowohl instrumental als auch vom Gesang her. Mir persönlich bietet es ein bisschen zu wenig Abwechslung, es wird noch zu wenig mit verschiedenen Tempi oder Stilen gespielt, gerade was den Gesang angeht. Das ist allerdings ganz klar eine Geschmackssache, und wer beispielsweise ein Fan von Michael Kiske (ex-Helloween, Unisonic) ist, der dürfte an Starchild auch sehr viel Freude haben. Ich finde auch, dass man am Mix noch etwas feilen könnte, die Vocals kamen bei mir viel zu flach an. Potential ist aber ganz klar sehr viel vorhanden, das merkt man bei Perlen wie Eyes of History, Reaching the Land, Black and White, Underwaterworld und allgemein bei den Gitarrenriffs, die bei fast jedem Song das absolute Highlight sind. Wenn man die Vocals noch auf dieses Niveau bringt was Eingängigkeit und Abwechslungsreichtum angeht, dann haben Starchild in mir klar einen Fan gefunden.
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Trackliste
- Starchild Theme
- Starchild
- It’s My Race
- Still My Planet
- Eyes Of History
- Thief Of The Crown
- Reaching The Land
- Black And White Forever
- Morningstar
- Forever
- Visions
- Runner
- Atalya
- Underwaterworld