Als Mitte der 90er Jahre der Metal praktisch tot und die ganze Szene von diesem furchtbaren Grunge Genöhle verseucht war, veröffentlichte eine junge Band aus Göteborg ein Album, welches dermassen gegen alle damaligen Trends ankämpfte – und von vielen verlorenen Metalheads wie Wasser in der Wüste aufgesogen wurde: „Glory to the Brave“ von HammerFall startete eine Wunderheilung der Metalszene, plötzlich „durfte“ man wieder klassischen Metal hören!
HammerFall gehörten ab da zur Speerspitze einer neuen Welle und dank dem sie auch weiterhin hochklassige Alben veröffentlichten, kletterten sie auf der Erfolgsleiter immer höher. Was natürlich dann auch mal die obligaten Stänkerer auf den Platz brachte. Wie war das? „Neid muss man sich verdienen“…
Auch wenn nicht jeder Output die Klasse des Debuts hatte – wirklich schlechte Alben gab’s eigentlich nie. Selbst die letzte (heftig kritisierte) Scheibe „Infected“ hat einige wirklich starke Songs zu bieten, auch wenn sie als Album zugegebenermassen nicht allzu sehr überzeugt. Für Oscar Dronjak und Joachim Cans schien es jedenfalls Gründe für eine längere Auszeit zu geben und so verschwanden HammerFall nach der „Infected“ Tour Ende 2012 völlig von der Bildfläche. Eine Pause schien dringend von Nöten zu sein.
August 2014: Eine (R)EVOLUTION bahnt sich an! HammerFall melden sich zurück – und die Erwartungen an das neue Werk wird von der Band mit dem Album Titel und dem klassischen Cover fast ins unermessliche gesteigert! Kommentare der Jungs über das „Best Album ever“ tun ihr eigenes dazu. Also: Ist es eine Revolution, eine Evolution – oder am Ende gar eine Frustration? Nun – eines kann man mit Sicherheit sagen: HAMMERFALL ARE BACK!!
Die schlechte News zum neuen Album: es ist nicht DER Überhammer geworden, den sich viele erhofft, ersehnt, erwartet haben. Die gute News: es ist nichtsdestotrotz ein schweinegeiles Album! Man kann mir als Templar of Steel der ersten Stunde (mit Nickname Hector…) natürlich vorwerfen, dass ich nicht neutral bin. Stimmt – muss ich aber auch nicht. Aber ich versuch trotzdem jetzt, die Songs so objektiv wie möglich zu kommentieren….
Der Opener nennt sich „Hector’s Hymn“. Und meine Fresse – wie unglaublich geil ist diese Nummer! SO, genau SO will ich HammerFall hören! Ein absoluter Klassiker, der nur so von dem Feeling sprüht, welches die alten Gassenhauer ebenfalls haben! Soll mal einer zählen, wie viele alte HammerFall Titel er im Text wieder erkennt… Der Song trieft vor Klischees! Herrlich!
Es folgt der Titeltrack „(r)Evolution“. Nochmals Old School, wohin man hört! Joacim Cans in Bestform, herrliche Chöre beim Refrain, wunderschöne Melodien. Und ein stampfender Beat, der einfach zum Rübe schütteln einlädt.
„Bushido“ ist die erste Single, der eine oder andere kennt den Song wohl bereits. Die Jungs haben die Live Premiere davon auf dem diesjährigen Wacken Open Air zum Besten gegeben. Einige Kritiker monierten bereits, dass „Bushido“ zuwenig Pfupf und Energie habe – ich finde, dass die Schweden hier tönen wie vor zehn Jahren, nicht nur dank der letzten Zeile erinnert mich die Nummer an „The Way of the Warrior“. Und da hat auch keiner gesagt, dass dies ein lahmer Song sei… Aber Fact ist: im Gesamtkontext gefällt „Bushido“ deutlich besser als eigenständiger Song!
„Live Live Loud“ beginnt mit einem fast epischen Intro, nimmt danach mächtig Fahrt auf, entwickelt sich zu einem schönen Stampfer, aber irgendwie werd ich insgesamt nicht ganz warm mit dieser Nummer. Irgendwas fehlt mir – trotz einer erneut bärenstarken Performance von Joacim.
Ganz anders dann „Ex Inferis“. Alleine der Beginn jagt einem Schauer über den Rücken. Stampfend, dunkel, düster – solchen Stoff gab’s in dieser Form lange nicht mehr! Erinnert mich von der Machart etwas an „Knights of the 21st Century“, wenn auch einen Tick schneller. Grosses Highlight!
Bei „We won’t back down“ drücken die Jungs wieder etwas aufs Gaspedal, hier kommen Erinnerungen an Songs wie „Heeding the Call“ hoch. Womit eigentlich alles gesagt ist…
Dass „(r)Evolution“ nicht der erhoffte Überhammer geworden ist, liegt jetzt auch an folgendem Song. Auch wenn ich als bekennender Sommerliebhaber einem Titel wie „Winter is coming“ logischerweise kaum was Gutes abgewinnen kann: der Song selber ist wirklich lahm. Irgendwie ein versuchter Aufguss von „Glory to the Brave“ – aber diese Übernummer ist einmalig und sollte nicht kopiert werden! HammerFall haben auch andere gute Balladen geschrieben – aber diese hier… naja. Next please…
„Origins“ macht dann wieder deutlich mehr Spass, wieder mit ordentlich Tempo, geht in die gleiche Richtung wie „We won’t back down“ mit einem fantastischen Refrain.
Und gleich nochmals geht’s zügig zur Sache: auch „Tainted Metal“ gehört nicht gerade zu den epischen Songs, im Gegenteil. Allerdings ist auch das wieder eine Nummer, die mich auch nach mittlerweile ungezählten Durchläufen nicht wirklich packt.
Das pure Gegenteil folgt mit „Evil incarnate“. Düsterer Beginn, die Strophen in typischer HF-Spielart, dann ein langsamer und ebenso düsterer Chorus. Wow… „Satan slips another Ace, a thousand souls will fall from grace“. Wie war das gleich nochmals mit dem Klischees…? Eine Nummer, die einem sofort packt – und hier passen sogar die eingeschobenen Growls perfekt dazu! Ganz grosses Kino!
Als Abschluss folgt der schnellste Song von „(r)Evolution“: „Wildfire“. Und auch wenn’s an der Performance eigentlich nichts zu meckern gibt: irgendwie ist mir die Nummer zu chaotisch, neben „Winter is coming“ nochmals ein eher überflüssiger Song, zumal auch der fast akustische Mittelpart gar nicht zu dem übrigen Highspeed passen will.
Fanzit: HammerFall melden sich 2014 also eindrücklich zurück! Beeindruckt bin ich vor allem von Joacim Cans, der Bursche singt hier wie ein Gott und ist so stark wie lange nicht! HammerFall haben den Schritt zurück in die Vergangenheit gewagt, haben die Gegenwart aber nicht komplett vergessen, ihre bekannten Trademarks sind allgegenwärtig. Mit „(r)Evolution“ liefern sie zwar nicht das beste Album ihrer Historie ab – aber ein verdammt gutes, welches eigentlich auch Fans der allerersten Stunde wieder versöhnlich stimmen sollte! 8 Punkte plus einen halben Extrapunkt für die Übernummer „Hector’s Hymn“ – ergibt 8.5 von 10!
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