RED RAVEN – Chapter One: The Principles

Hardrock, Heavy Metal, Power Metal
08.10.2014

Red Raven sind eine “Newcomer” Band aus Deutschland. Newcomer steht deswegen in Gänsefüsschen, damit nicht der Eindruck entsteht, die hätten erst gerade gelernt, eine Gitarre zu halten; sind nämlich alles gestandene Musiker. Gerade Deutschen dürfte der Sänger Frank Beck bekannt sein. Zumindest den deutschen Gamma Ray Fans, die auf einem Konzert der Empire of the Undead Tour waren, Frank ist da nämlich bei einigen Songs für den kranken Kai Hansen eingesprungen. Dass er für diesen ein würdiger Ersatz war, sagt – vor allem aus meinem Mund kommend – viel über seine Qualitäten als Sänger aus.

Nun aber zum Album. Red Raven spielen Heavy Hardrock Power Metal. Zumindest wenn man die Aussage der Band auf Facebook ernst nimmt. Nun, es charakterisiert ihren Musikstil sehr gut, so let’s go with it. Und wenn wir schon bei Facebook sind: Es gab da vor Kurzem eine Diskussion, die in einem Kommentar der Band endete, man sei gespannt, welche Band-Einflüsse noch in ihrem Debut gehört würden. Challenge accepted, also werf ich doch mal mit Namen um mich, die mir beim Hören in den Sinn gekommen sind: Lordi, Gamma Ray, Blind Guardian, Sonata Arctica, System of a Down. Das dürfte wohl Diskussionsstoff genug sein.

Mir gefällt an Red Raven vor allem Franks Stimme – ich mag eben Charakterstimmen – und der gelungene Mix von Vocals und Instrumenten. Auch das Songwriting lässt nichts zu wünschen übrig, was man spätestens beim zweiten Track merkt, der ein wenig experimenteller ist als der ebenfalls gelungene Opener. Too Late (Opener) eröffnet mit einem relativ langen instrumentalen Teil, der auf den Rest des Songs gespannt macht, und legt dann mit ziemlich schnell eingängigen Vocal Lines nach. Bereits hier zeichnet sich das ab, was ich mal als Red Ravens herausragendstes Merkmal bezeichne, das sie von anderen Bands in derselben Sparte abhebt: Die vielen, differenzierten und intelligent eingesetzten Backing Vocals/Chöre.

Bei Planet Fear kommt dieses Element dann noch viel stärker zum Tragen. Deswegen ist der Track zwar nicht ganz so eingängig und braucht ein paar Durchgänge, aber das ist er durchaus wert. Silent World of Mine beginnt wie eine Ballade, doch die Vocals sind zu unruhig dafür und verraten, dass es doch nicht die obligate Ballade ist, sondern schlicht ein eher ruhigerer, sehr schöner Song, äusserst catchy… aber was ist das? Da wird der Melodiefluss doch plötzlich von einem weiteren experimentell anmutenden Part unterbrochen. Mir gefällt  das echt gut, schon jetzt, beim dritten Song, steht fest, dass Red Raven alles andere als 0815 Ware sind.

Foolsland ist einer meiner persönlichen Favoriten. Vor allem der Refrain überzeugt hier, doch die Lyrics tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei, und im Solo-Part zeigen die Gitarristen ihr Können im up-tempo Bereich. Daumen hoch. Famous ist der nächste auf der Liste und der Titel verspricht schon mal gute Lyrics… und ich werde nicht enttäuscht. Dazu ist die Musik auch noch gut… was will man mehr?

Die eher sanften Töne, die bei Faraway aus den Lautsprechern kommen, lassen mich wieder eine Ballade vermu- nope, schon wieder nicht. Aber balladeske Züge sind auch hier klar vorhanden… der Song erinnert mich an Blind Guardian an gewissen Stellen.

If You Don’t Know ist wohl der ohrwurmigste Track bisher. Ja, das Adjektiv gibt’s nicht wirklich. Jetzt schon.

Walls Around My Chair kann ich mit Fug und Recht als den merkwürdigsten Titel bezeichnen, den ich in letzter Zeit gehört habe. Der Song selbst hingegen ist das nicht. Er zeigt Frank von einer eher dreckigen Seite. Also stimmlich. Wirklich gut, und ich muss doch mal anmerken, dass Frank nicht nur eine sehr spezielle Stimme hat, sondern sie auch sehr differenziert einzusetzen weiss, was mir persönlich sehr viel wert ist, weil es schlichtweg viel mehr Möglichkeiten eröffnet – die Red Raven auch gekonnt ausschöpfen.

Another Little While ist die perfekte Verschmelzung von eingängigen Melodien und dem Thema des Endes einer Beziehung. Wer kann sich damit nicht identifizieren? Dass die Melodien eher fröhlich und lüpfig sind, passt super. Und man muss das Thema ja auch nicht immer in Herzschmerz und dunkler-Keller Manier behandeln, oder? Ein Ende bedeutet auch immer einen Anfang.

Thematisch schliesst I Don’t Care an Another Little While an. Der Song hits a little bit too close to home for comfort für mich, aber gerade deswegen find ich ihn absolut genial. Auch objektiv betrachtet ist die Botschaft m.E. eine gute. Hinhören lohnt sich also, auch weil die Lyrics perfekt mit der balladesken Melodie harmonieren.

Everyday beginnt fast schon country-mässig und ist ebenfalls Favoritenmaterial, was sowohl an diesen genialen Backing Vocals liegt, als auch an den Lyrics und… dem Gesamtpaket. Angel of Your Life ist die echte Ballade und der einzige Song, der mir nicht so gefällt. Mit 5 ½ Minuten ist er mir zu lang, resp. bietet zu wenig um meine Aufmerksamkeit zu fesseln. Ich hab aber auch eine sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne, es gibt sicherlich Leute, die keine Probleme haben, diesen ruhigen, schönen Song zu würdigen.

Fanzit: Chapter One: The Principles kommt am 10. Oktober in die Läden und ich kann guten Gewissens sagen: Chapter Two kann kommen! 12 Songs, 55 Minuten Minuten, das ist doch beachtlich für ein Debut. Hinzukommt die hochstehende Qualität der Scheibe, sowohl was die Produktion als auch das Songwriting angeht – ein absolutes Muss für Heavy Hardrock Power Metal Fans (oder auch Fans nur eines dieser Genres), die einmal etwas Anderes möchten als 0815 Heavy Rock oder Power Metal (oder Hard Rock. Oder Heavy Metal.), der immer nach demselben Schema funktioniert.

Franks Stimme muss einem halt gefallen, weil sie Charakter hat, aber es gibt speziellere Stimmen im Metal, das sollte also niemanden abschrecken, zumindest mal reinzuhören. Vor allem der wirklich ausgefeilte Aufbau der Songs garantieren Hörvergnügen auch nach mehrmaligem Hören – beim ersten Durchlauf könnte deswegen aber auch eher weniger hängenbleiben.

Ich muss noch erwähnen, dass meine CD manchmal ein gut hörbares Rauschen drauf hat. Ich weiss nicht, ob das Absicht ist (was ich dann als eher ungelungen bezeichnen müsste), oder ob’s an meiner CD liegt.

 

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Trackliste

  1. Too Late
  2. Planet Fear
  3. Silent World of Mine
  4. Foolsland
  5. Famous
  6. Faraway
  7. If You Don’t Know
  8. Walls Around My Chair
  9. Another Little While
  10. I Don’t Care
  11. Everyday
  12. Angel of Your Life

Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 9/10



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08.10.2014
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