Gotthard rocken Frauenfeld – ein verschobenes Konzert wird zum Triumphzug!
Die momentan geilste Truppe der Schweiz (keine Widerrede, Pam!), macht sich auf zur Konzertreise durch die Heimat. Aus mir unbekannten Gründen wurde die Show in der Eishalle Winterthur jedoch auf ein neues Datum und vor allem auf eine andere Location verschoben. Somit kommen jetzt die Fans in Frauenfeld in den Genuss der letzten Schweizer Show 2014 der Megaseller Gotthard. Und es wird ein Triumphzug…
In Frauenfeld ist Weihnachtsmarkt. Die Strassen völlig verstopft, Parkplätze sind kaum zu finden. Nicht mal für mich, der dreissig Jahre hier gewohnt hat und auch die Schleichwege gut kennt… Auch Shuttlebusse vom Bahnhof zur Halle sind Fehlanzeige, na gut – nach der Show läuft man ja gerne noch 20 Minuten durch den Regen. Die Organisation IN der Halle ist dafür erste Sahne. Mindestens sechs Getränkestände, nirgends eine Spur von irgendwelchen Wartezeiten. Auch die Futterkrippen sind durchaus vernünftig. Allerdings auch mit dementsprechenden Preisen…: 6.- für 4dl Bier, happige 9 Stutz für einen Hamburger. Dafür können sich die Zuschauer über äusserst faire Merchandise Preise freuen: T-Shirts gibt’s bereits ab 25 Franken. Nicht selbstverständlich für eine Band dieser Grössenordnung!
In der Halle ist es bereits brütend heiss, als die Zuger Delilahs pünktlich um halb 8 die Bühne betreten. Der Vierer besteht aus zwei Jungs und zwei singenden Mädels (die Gitarristin singt gar in eine Socke…) und zockt fast 50 Minuten eine geballte Ladung rotzigen Rock. Das bereits recht zahlreich anwesende Publikum spendiert Höflichkeitsapplaus und wird angenehm unterhalten. Nicht mehr und nicht weniger. Es gibt zweifellos Schlimmeres.
Zum Beispiel dies… Gotthard haben in ihrer Karriere viele gute Entscheidungen getroffen. Hier haben sie allerdings jetzt ganz heftig daneben gelangt (um es mal diplomatisch auszudrücken…): Baschi als Support?? C’mon man… Ein absolutes No-Go!
Lieber steh ich draussen und lasse mir mein Bier verregnen. Und ich bin bei weitem nicht der Einzige – die Leute am Bier- und am Burgerstand können sich nicht über mangelnde Arbeit beklagen. Interessant sind die Diskussionen: von einzelnen Schmäh Sprüchen über das gerade Dargebotene abgesehen, dominieren Gespräche über AC/DC Tickets, deren Vertrieb via TC und die unverschämten Abzocker-Preise im Internet. Da sind z.B. anscheinend zwei Sitzplätze für läppische 1‘600 Stutz zu haben…
Es ist mittlerweile zwanzig vor zehn. Zurück in der miserabel gelüfteten Rüegerholzhalle bricht ohrenbetäubender Jubel aus, als das Licht ausgeht. Die Front eines Cadillac scheint direkt auf uns zuzufahren. Ein Intro ab Tape, Schüsse fallen, Reifen quietschen – Gotthard starten mit einem BANG! Das Bühnenbild ist wirklich cool gemacht: auf der Oldtimerfront sitzt Hena Habegger hinter seiner Schiessbude, sein Bassdrum sowie die Boxen rechts und links weisen eine ganze Ladung „Einschusslöcher“ auf. Dazu herrlichstes Licht – da jubelt nicht nur der Fotograf am Bühnenrand. Die ganze Show ist bis zum Ende perfekt ausgeleuchtet, grossartig!
Nach dem Opener geht’s mit „Get up `n move on“ nahtlos weiter. Nic sprüht vor Energie, Leo blüht wie immer bei den härteren Sachen richtig auf und auch dem Rest der Truppe ist der Spass anzusehen. Mit „Sister Moon“ folgt der erste Klassiker, und für mich gibt’s kaum mehr ein Halten. Das ist einfach zu geil! Verschnaufpause? Fehlanzeige! „Right on“ bläst einem den Schädel durch und mit „Master of Illusion“ kommt endlich wieder mal was von der genialen „Domino Effect“ auf die Setlist. Mir läuft der Schweiss! Nachdem auch die erste Single des aktuellen Albums, „Feel what I feel“ abgefeiert ist, treten die Tessiner das erste Mal auf die Bremse. Einer Kurzversion von „The Call“ folgt der wohl grösste Hit „Heaven“. Und all jene, die auch heute noch sagen, dass Gotthard ohne Steve Lee nicht funktionieren können, werden spätestens jetzt Lügen gestraft! Denn das war einfach zum Heulen schön, Steve wäre stolz auf die Performance seines Nachfolgers! Kein Wunder, dass dieser Song bis jetzt mit Abstand am meisten Applaus erhält…
Mit „Remember it’s me“ wird das Tempo langsam wieder angezogen, bevor es mit „Fist in your Face“ wieder richtig auf die äähm: Fresse gibt. Für „Starlight“ (mit Deep Purple like Keyboard Intro) holen sich Gotthard Verstärkung auf die Bühne: um die zehn – mehrheitlich junge – Fans dürfen den Hintergrundchor machen und sich vom Publikum feiern lassen.
Zum zweiten (und letzten) Mal wird das Tempo gedrosselt. Leo zockt alleine das Instrumental „The Train“ – mit der Ansage „This one’s for Steve!“ Schöne Geste!
Nic kommt auf die Bühne mit einer Handorgel. Leo macht faule Sprüche und der Sänger reagiert darauf mit „Smoke on the Water“ und „Highway to Hell“… Aber natürlich ist jetzt Zeit für „C’est la vie“ – meiner bescheidenen Meinung nach der überflüssigste Song des Abends. Denn wie Balladen wirklich zu tönen haben, zeigt die Band im Anschluss gleich selbst: „One Life, one Soul“ ist schlicht und einfach hervorragend und eine völlig andere Qualität.
Während den letzten Minuten durfte Hena Habegger Pause machen. Die gesammelte Energie investiert der Drummer jetzt in ein kurzes, aber heftiges Solo – und Leo leitet mit der Ansage zu „Mountain Mama“ die Schlussoffensive ein. Die Zuschauer wie die Band mobilisieren die letzten Reserven, „Hush“ wird lauthals abgefeiert und beim abschliessenden „Lift u up“ gibt’s kein Halten mehr. Der neben „Heaven“ wohl bekannteste Song wird herrlich eingeleitet mit etwas Status Quo („Whatever you want“) und Deep Purple („Black Night“) – beides wird vom Publikum erstaunlich textsicher dargeboten! „Lift u up“ beendet den normalen Set nach weit über eineinhalb Stunden. Die Tessiner lassen die Fans danach erstaunlich lange schmoren und nach Zugaben rufen – aber das Warten sollte sich lohnen! Aus unerklärlichen Gründen lichten sich zwar die vorderen Reihen schon recht stark, aber all jene, die jetzt die Halle bereits verlassen haben, verpassen ein kaum zu beschreibendes Highlight. Bei der Release Show im April im Volkshaus schmerzlich vermisst – jetzt die erste Zugabe: „Thank you“! Ohne Worte, einfach nur Gänsehaut Feeling.
Den ultimativen Abschluss liefern Gotthard mit dem unvermeidlichen „Anytime, Anywhere“, der meinem Nacken den letzten Rest gibt. Hier erinnere ich mich zudem immer wieder daran, als ich die Band das letzte Mal mit Steve gesehen habe und dessen Ansage zu genau diesem Song… Ein mehr als würdiger Abschluss, nach deutlich über zwei Stunden Spielzeit hinterlassen Nic, Leo, Freddy, Marc, Hena und Ernesto ein völlig geplättetes, aber glückliches Publikum. Die letzte Show der Schweizer Tour ist ein Triumphzug geworden! Man könnte natürlich wie immer noch etwas über die Setlist motzen („Top of the World“ schmerzlich vermisst, „Need to Believe“ gar nicht berücksichtigt“, „Firedance“ fehlt seit Jahren…), aber es ist halt wie bei vielen anderen Bands: die könnten doppelt solange spielen, und irgendetwas würde immer noch fehlen… Also sind wir doch einfach zufrieden mit 130 Minuten „Fine Hardrock Made In Switzerland“! Denn immerhin sind Gotthard fraglos „Top of Switzerland“…
(Anm. v. d. Red.: Soll der pam jetzt noch einen Kommentar bringen? Nö, lassen wir dem Kaufi und allen Gotthard-Fans die Freude, aber Top sind andere ;-).
Setliste Gotthard
- Let Me in Katie (Intro)
- Bang!
- Get Up ’n‘ Move On
- Sister Moon
- Right On
- Master of Illusion
- Feel What I Feel
- The Call
- Heaven
- Remember It’s Me
- Fist in Your Face
- What You Get
- Starlight
- The Train
- C’est La Vie
- One Life, One Soul
- Drum Solo
- Mountain Mama
- Hush
- Lift U Up
- Thank You*
- Anytime Anywhere*
*Zugaben