Masters of Symphonic Metal? Eher Masters of Power Metal!
Unter dem Banner „Masters of Symphonic Metal Vol. III“ hat das Z7 in Pratteln ein durchaus attraktives eintägiges Festival mit insgesamt sechs Bands auf die Beine gestellt. Zwar ist nicht alles so symphonisch wie angekündigt, denn am Ende überzeugt vor allem der klassische Power Metal. Aber auch wenn nicht alles glänzende Gold war, so hat sich der Besuch dennoch durchaus gelohnt.
Twilight Force
Es ist mitten im Nachmittag und im Z7 tummelt sich bereits eine stattliche Anzahl Besucher, als die Schweden Twilight Force ihren Gig beginnen. Und bereits nach den ersten Tönen ist klar: das ist MEIN Sound – klassischer und schneller Power Metal, mit massig Keyboards unterlegt! Eigentlich auch kein Wunder – die Band stammt aus Falun, von da kommt noch eine andere, relativ bekannte Truppe…
Aber Twilight Force sind alles andere als eine Sabaton-Kopie. Rein optisch orientieren sie sich eher am Mittelalter, gemischt mit einer Dosis „Lord of the Rings“, die beiden Gitarristen spielen durchwegs vermummt, und Keyboarder Daniele spielt eine ähnliche Rolle wie später Chris Bowes bei Gloryhammer. Im Gesamtkontext passt dieses Konzept jedenfalls wesentlich besser zu den schottischen Kollegen (mit denen sie ja gerade auf Tour sind) als zur „Symphonic Metal“ Etikette. Ist aber schlussendlich schnurzpiepegal – denn Twilight Force werden bereits kräftig abgefeiert und geniessen ihren Auftritt, auch wenn der gerade Mal läppische 25 Minuten dauert. Schade, ich hätte Sänger Christian Eriksson gerne noch länger zugeschaut, wie er mit seinem riesigen Schwert rumfuchtelt… Eigentlich hätte Angus McFife dieses Schwert auch noch brauchen können, zum Beispiel für seinen Kampf gegen den „Magic Dragon“ oder den bösen Magier Zargothrax, aber das ist dann ein anderes Kapitel. Ich besorg mir jetzt jedenfalls das Debut Album von Twilight Force und hoffe auf eine baldige Rückkehr der Schweden! Die Jungs ziehen ihr Konzept übrigens gnadenlos durch – sogar fürs Autogramme verteilen nach der Show bleiben die Gesichter der Gitarristen vermummt…
(Mittlerweile hab ich übrigens das Album gehört, da ist am Ende doch wirklich ein gewisser Joakim Brodén als Gast dabei…)
Shear
Die zweite Band, welche zurzeit ebenfalls mit Gloryhammer auf Europa Tour ist, nennt sich Shear und stammt aus Finnland. Die passen jetzt eher in das Festival Motto, ihr Sound orientiert sich schon etwas an den Landsleuten von Nightwish. Allerdings tönt die Stimme von Frontfrau Alexa Leroux eher dünn und kraftlos. Und auch die Songs selbst vermögen mich nicht wirklich zu packen, alles klingt eher unspektakulär und will nicht im Ohr hängenbleiben. So vertreibe ich mir das Ende des 40-minütigen Auftritts mit Plaudern und Bier trinken…
Visions of Atlantis
Als nächstens stehen die Österreicher Visions of Atlantis auf dem Programm. Ausser dem Namen habe ich zuvor noch nie einen Ton von der Band gehört. Für weiterführende Informationen suche ich im Internet, und das sagt mir, dass die Band seit letztem Jahr zwei neue Frontleute hat: Siegfried Samer und Serenity Sängerin Clémentine Delauney. Ähnlich wie bei Lacuna Coil wechseln sich die beiden im Gesang ab respektive ergänzen sich ideal. Das macht insgesamt wesentlich mehr Laune als bei Shear. Delauney tönt trotz ihrer schlanken Figur wesentlich kräftiger als ihre Kollegin zuvor. Da zudem auch die Songs deutlich eingängiger sind, ist auch wieder etwas mehr Stimmung im Publikum. Sogar eine Ballade („Winternight“) mag man da durchaus verkraften. (Auf Youtube gibt es übrigens einen Clip, bei dem dieser Song der früheren Sängerin Nicole Bogner gewidmet ist, welche 2012 mit nur 27 Jahren verstarb.) Mein persönliches Highlight ist jedoch danach „Last Shut of your Eyes“. Insgesamt bieten Visions of Atlantis 45 Minuten gute Unterhaltung, das darf man sich wieder einmal geben.
Stream of Passion
Stream of Passion ist vom niederländischen Progressive Mastermind Arjen Lucassen ins Leben gerufen worden. Auch wenn er selbst nicht mehr in der Band ist, so hat er dennoch seine Spuren hinterlassen. Angeführt von der Mexikanerin Marcela Bovio (die Lucassen einst für Ayeron entdeckte), spielen die Holländer ihren „Progressive Symphonic Metal“. Nun ist es so, dass ich mit diesem komplizierten Zeugs selten was anfangen konnte. Mir fehlt da einfach der Zugang, die Eingängigkeit, für mich tönt das schlicht langweilig. Insofern vermögen mich auch Stream of Passion überhaupt nicht zu packen und daher vertreiben der Kollege von „Schwarze Liste“ und ich die Zeit damit, auf unseren Kameras die lustigsten Bilder des Tages zu suchen. Dani, Du hast übrigens gewonnen…!
Gloryhammer
Man kann es rein schon an den T-Shirts erkennen, wer der „heimliche“ Headliner ist – und bei Gloryhammer hat es jetzt zweifellos mit Abstand am meisten Leute! Irgendwas scheinen die Schotten mit ihrem Berner Oberländer Sänger Tom Winkler richtig zu machen… Thomas freut sich nach der Show auch dementsprechend: „So viele T-Shirts im Publikum zu sehen, Einhörner… es isch huere geil!“
Gloryhammer beginnen ihre Show wie immer mit dem Intro „Anstruther’s Dark Prophecy“ gefolgt vom pfeilschnellen „The Unicorn Invasion of Dundee“. Passend zu diesem Song hat die Band hier neue T-Shirts am Start, welche nicht nur wegen des äusserst fairen Preises (SFr 20.-!) ein Renner sind. Einhörner sind offenbar Metal… Jedenfalls passt das alles natürlich perfekt zum Konzept von Gloryhammer. Stimmt so!
Ob Thomas als Held „Angus McFife“ oder Chris Bowes als böser Hexer Zargothrax – Gloryhammer liefern ein herrliches Fantasy Schauspiel, welches einfach perfekt zur Musik passt und bei dem auch die anderen Musiker ihre Rolle haben. Hooots! Herrlich, als Zargothrax seinen Zaubertrank braut: Gin Tonic… Nun ja – zu guter letzt siegt selbstverständlich das Gute, als Angus McFife den Magier mit dem „Gloryhammer“ den Garaus macht. Dummerweise steht der kleine Mann kurz darauf wieder – Angus hätte sich doch besser das Schwert von Twilight Force ausleihen sollen!
Musikalisch gibt’s auch nichts zu meckern. Thomas ist zwar etwas heiser, aber ausser bei den Ansagen merkt man das kaum. Die Show vom Vortag sei einiges schlimmer gewesen, erzählt Tom später. Da Gloryhammer ja erst ein Album am Start haben, sind sie nach wie vor etwas beschränkt in der Songauswahl. Aber Dinge wie „Quest for the Hammer of Glory“ oder das unfassbar geile und epische „The epic Rage of furious Thunder“ dürfen für alle Zeiten in der Setlist bleiben, selbst wenn die Story nach den geplanten 21 Alben zu Ende ist! Und es ist Licht am Horizont: ein neues Album ist in der Mache und im Z7 wird bereits eine erste Nummer dargeboten: „Rise of the Chaos Wizards“. Für ein Urteil ist einmal hören natürlich nicht genug, aber man kann sagen, dass die Nummer schon mal nach Gloryhammer tönt – und das reicht mir für den Moment!
Im Publikum werden derweil Schwerter geschwungen, ein Einhorn wird gesichtet und in der vordersten Reihe hat’s ein paar weibliche Fans, welche einige nicht ganz jugendfreie Plakate für den Frontmann geschrieben haben… „Will you Winkler me?“ wird von Tom zur Kenntnis genommen – seine Reaktion dazu wird aus Diskretionsgründen verschwiegen…!
Aber zurück zur Show: nachdem Zargothrax besiegt ist, stellt sich der Held endlich noch dem Publikum vor: „Angus McFife“ läutet das Finale ein. Nach „Wizards“ folgt als Schlusspunkt die Krönung des Hootsman bei der „National Anthem of Unst“ – einfach grossartig! Das Publikum dankt es mit grossem Applaus und ich bleibe bei meiner Meinung: diese Band kann noch ganz, ganz gross werden! Chris sollte sich besser auf Gloryhammer als auf Alestorm konzentrieren, das Potenzial hier ist einiges grösser…
The Sirens
Bleibt noch der „richtige“ Headliner: The Sirens. Um es vorweg zu nehmen: nicht wenige Besucher haben sich früh auf den Heimweg gemacht. Sei es, weil sie wirklich vor allem wegen Gloryhammer da waren oder sei es, weil sie nach dieser fulminanten Show und vier weiteren Bands einfach langsam müde waren. Hinter „The Sirens“ stecken drei bekannte Metal Sängerinnen, die jetzt auf der Bühne gemeinsame Sache machen. Es sind dies Kari Rueslåtten (von „The 3rd and the Mortal“), Anneke van Giersbergen („The Gathering“) und Liv Kristine (Leaves‘ Eyes, Theatre of Tragedy). Die Setlist besteht dann auch querbeet aus Songs der genannten Bands.
Nun ja – es soll Leute geben, denen das gefällt. Ich hab sehr schnell Mühe damit, dass die drei Ladies auf der Bühne hüftschwingend und irgendwie künstlich lächelnd ihr Ding dem Publikum schmackhaft machen wollen. Ich hab ja nicht grundsätzlich etwas gegen weiblichen Gesang – ich mag Nightwish, Delain, Doro und auch Visions of Atlantis war wirklich gut. Aber das hier gibt dem Namen alle Ehre: Sirenengesang, nicht nur mir zieht’s da fast die Zehennägel hoch. Zum Glück habe ich jetzt noch einen Interviewtermin mit Angus McFife resp. Tom Winkler…
Etwa eine halbe Stunde vor Mitternacht kehre ich nochmals in die Halle zurück. The Sirens spielen immer noch, und irgendwie hab ich den Eindruck, dass das Z7 noch etwas leerer ist als zuvor. Zweifellos hat hier der Headliner vorher gespielt…
Fanzit des Abends: epischer Power Metal triumphiert und zeigt allen, wo der Hammer hängt!