BLIND GUARDIAN – Beyond The Red Mirror

Power Metal
14.01.2015

Blind Guardian sind neben Accept wohl unbestritten die grösste “klassische” Metal Band Deutschlands. Während zu Beginn in den 80ern stilistische Parallelen zu Bands wie Helloween vorhanden waren, entwickelten sich die Krefelder immer mehr in eine etwas progressivere und epischere Richtung, und textlich haben sie sich lange vor dem Hype bereits mit Tolkien’s „Lord of the Rings“ beschäftigt. Blind Guardian haben mittlerweile einen Status erreicht, an dem sie Tun und Lassen können, was ihnen gefällt. Und da ihnen der Ruf als „Perfektionisten“ vorauseilt, ist es nicht erstaunlich, dass seit 1992 nur gerade 5 (in Worten: FÜNF!) Studioalben erschienen sind. Aber jetzt steht das zehnte Werk ihrer langen Karriere endlich in den Startlöchern!

Im Vorfeld wurde viel spekuliert, in welche Richtung das neue Album denn gehen wird. Es hiess unter anderem, dass es wieder „Back to the Roots“ gehen soll, umgekehrt wurde wieder von viel „Bombast“ geredet. Und manche erwarten wohl einen Klassiker wie „Somewhere far beyond“ oder „Imaginations from the other side“. Aber auch wenn ich mich wie nur was auf dieses Album gefreut habe – dermassen hoch hab ich meine Erwartungen nie geschraubt… Nichtsdestotrotz wird „Beyond the red Mirror“ zweifellos eine der wichtigsten Veröffentlichungen im noch jungen Jahr 2015. Grund genug, um für einmal ein Review Song by Song zu machen…

The ninth Wave – 9:30

Kirchenchöre und sanfte Drums ertönen, klassische Instrumente folgen – das ist bereits pure Epik! Tönt fast wie ein Filmsoundtrack, erinnert von der Aufmachung her schwer an „Sacred Worlds“ oder „Wheels of time“ vom letzten Album „At the edge of time“. Die Gitarren setzen ein, Hansi’s fast aggressiver Gesang beginnt – das ist jetzt pure Dramatik! Coole Soundeffekte bringen zusätzliche Farbe ins Spiel, während dem der Mittelteil absolut typischer Heavy Metal ist. Passend dazu der Refrain, ein Ohrwurm der edelsten Sorte. Und wieder funken diese Soundeffekte dazwischen… Die orchestralen Parts kommen nochmals zum Zug, bevor die Chöre das Spektakel so beenden, wie sie’s begonnen haben. Ein absolutes Meisterwerk, welches wohl wirklich alles beinhaltet, was Blind Guardian ausmacht. Ganz starker Beginn!

Twilight of the Gods – 4:51

Wer jetzt denkt, dass „The ninth Wave“ die Richtung des Albums vorgibt, sieht sich bereits jetzt getäuscht. „Twilight of the Gods“ ist eine sehr harte und sehr schnelle  Nummer, fast thrash-mässig. Hansi schreit sich teilweise richtig durch die Strophen. Der Refrain ist dagegen etwas gemässigter und erinnert an Glanztaten von „A Night at the Opera“ („Under the Ice).

Prophecies – 5:27

Ebenfalls in dieser Art ist „Prophecies“ gehalten. Eine Mid-Tempo Nummer, die mich auch nach mehrmaligem Hören nicht vollends aus den Socken haut. Schlecht ist zwar anders, aber gegenüber den ersten zwei Hämmern ist dies hier nicht ganz so prickelnd.

At the Edge of Time – 6:55

Vorsicht: jetzt wird’s bombastisch! Orchestrales Intro, Hansi’s unverkennbare Stimme – dann nimmt der Song immer mehr Fahrt auf. Herrlich, wie die klassischen Instrumente mit dem „normalen“ Heavy Metal harmonieren! Dazu ein Refrain, der vor Bombast nur so trieft. Ich bin überzeugt, dass Blind Guardian dafür wieder massiv Kritik einstecken werden, so von wegen „überproduziert“ und so… Ich find’s jedoch einfach geil! Genau diese Sachen machen die Band nämlich aus…

Ashes of Eternity – 5:39

Mit „Ashes of Eternity“ werden jetzt aber die Old School Fans wieder besänftigt. Eine treibende Nummer, die jetzt keine Spur von Klassik oder Bombast aufweist – dies ist Blind Guardian in der reinsten Form. Und dazu auch noch wesentlich eingängiger als manch anderer Song…

The holy Grail – 6:02

Und es geht grad in diesem Stil weiter: „The holy Grail“ ist unbestritten der schnellste Song. Beim Refrain mit einem Schuss Epik versehen, geht’s sonst nur mit Vollgas voraus und mitten in die berühmte Fresse rein. Ohne Frage eines der Highlights!

The Throne – 7:56

Das Orchester gleich zu Beginn lässt bereits erahnen, was man hier erwarten darf. Aber ganz so einfach macht es die Band hier dann doch nicht: es entwickelt sich ein starker Song, bei dem die Orchester Parts punktuelle Farbtupfer setzen, ansonsten überwiegt der typische Blind Guardian Metal. Und Hansi überzeugt ebenfalls mit einer sagenhaften Performance. Einziger Makel: der Song wirkt etwas langatmig, zwei, drei Minuten weniger wäre wohl etwas mehr gewesen.

Sacred Mind – 6:25

Die Ballade. Meint man. Zu Beginn… Aber nach eineinhalb Minuten hat sich der Song in einen struben Headbanger verwandelt, wieder pfeilschnell und mit äussert aggressivem Gesang von Hansi. Der Refrain ist mit den typischen Chorgesängen versetzt, aber ansonsten ist auch hier nix von Orchester zu hören.

Miracle Machine – 3:03

Aber jetzt: die Ballade. Pianoklänge, sanfte Orchestertöne und Hansi’s Vocals – das ist alles. Leider bleibt die Nummer völlig blass und ist weit weg von Werken wie „Lord of the Rings“ oder gar „The Bard’s Song“. Der einzige wirkliche Schwachpunkt, schade.

Grand Parade – 9:30

Wie bereits auf dem letzten Album „At the Edge of Time“ setzen hier Blind Guardian zusammen mit dem Opener so was wie zwei Klammern um das Album. Was damals „Sacred Worlds“ und „Wheels of time“ waren, ist hier „The ninth Wave“ sowie „Grand Parade“. Erneut ein bärenstarkes Epos, soundtrackmässig und mit dominantem Orchester. Insgesamt zwar nicht ganz so stark wie der Anfang, aber dennoch ein Song, den man sich problemlos mehr als einmal anhören will.

Wenn man das alles jetzt mit etwas Abstand betrachtet, dann kriegt man das Gefühl, dass Blind Guardian mit diesem Album etwas für ALLE ihre Fans kreieren wollten. Für die Old School Fraktion gibt’s „Ashes of Eternity“ und „The holy Grail“, für die Bombast Fans dürfte “At the Edge of Time” das Highlight sein und wer’s gerne auch progressiver mag, wird bei “The ninth Wave” und “Grand Parade” bestens bedient. Aber eins sollte nicht unerwähnt bleiben: es sind wenige Songs, die wirklich beim ersten Mal schon zünden! Das Album braucht Zeit, um sich richtig zu entfalten! Wer sich diese Zeit allerdings nimmt, wird mit einem Werk belohnt, welches sich zwar nicht an den zu Beginn erwähnten Klassikern messen kann, aber wohl das Beste ist seit dieser Zeit! Trotz zwei, drei kleineren „Aussetzern“ sind 9 von 10 Punkten angemessen – „Beyond the red Mirror“ ist bereits jetzt ein Kandidat auf das Album des Jahres 2015!

 

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Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 9/10



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14.01.2015
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