Auf dieses Konzert, genauer gesagt auf Lordi, freute ich mich schon seit einigen Wochen wie ein kleines Kind auf Ostern. Da konnte mich auch die über die Schweiz rollende Grippewelle, die mich eiskalt erwischt hatte, nicht davon abhalten. Unsere Freizeit-Tippse Esthi war an meiner Seite und hätte im schlimmsten Fall meinen Job übernommen. Mit den Support-Bands hatte ich mich im Voraus nicht beschäftigt, was sich im Nachhinein als gut herausstellte, da meine Erwartungen gleich null waren.
Sinheresy
Auftakt machte Sinheresy aus Triest. Ein schönes orchestrales Intro als Opener, ein gelungenes Riff, eine zierliche Sängerin und dazu ein Sänger, der wohl keine Speise inklusive doppeltem Nachschlag auslässt und mit so einem Resonanzkörper, sollte man meinen, spitze sein sollte….ist er aber nicht. Dies war mein erster Eindruck der Band, der sich bis zum Ende des Sets auch nicht gross änderte. Sinheresys Power Metal mit Symphonic Elementen ist technisch einwandfrei gespielt, mit Samples hinterlegt und meist im Midtempo. Die Soli machen Spass, die Lautstärke war angenehm aber es blieb im Langeweile-Modus. Die Sängerin, die klar singt, und der Sänger können wenig überzeugen. Die Stimmen bleiben flach, wobei „flach“ noch nett ausgedrückt ist. Die Stimme des Sängers hat aber durchaus Potenzial. Stimmung im Publikum ist ein Fremdwort und mehr als ein Höflichkeitsapplaus liegt nicht drin.
Palace
Nach einer geschätzten Ewigkeit, bei der die Bühne umgebaut wird, legen Palace (DE) los. Übrigens ist die Band nicht zu verwechseln mit Palace aus Frankreich, London usw., die alle unter diesem Namen erscheinen, sollte man sich im Internet über die Band erkundigen wollen. Bei den heutigen Palace handelt es sich um die Mannschaft aus dem deutschen Speyer, die ihr 25 jähriges Bandbestehen feiern und klaren Heavy Metal ohne unnötigen Schnick Schnack spielen. Starke Riffs, mehrstimmige Gesänge, eingängige Hooklines und eine gut aufeinander abgestimmte Bühnenperformance zeichnet die Band aus und die Stücke werden schnell auf den Punkt gebracht. Zu Anfangs zeigte sich das Publikum ziemlich zurückhaltend, liess sich aber relativ schnell von HP Piller (V&G) anstecken. Auf dessen Frage: „wollte ihr noch mehr von diesem guten Stoff“, folgte ein eindeutiges JA. Frisch fröhlich polterte man auf der Bühne drauf los, die Gitarrenarbeit artete im Klangbrei aus und die Fans wollten auch nach dem Nächsten „wollt ihr noch mehr Heavy Metaaalllllll??“, mehr. Nun ja, Musik ist halt Geschmacksache. Obwohl der Auftritt von Palace unterhaltsam und gut war, konnte mich die Band nicht überzeugen. Die Erinnerungen blieben bei „schon hundertmal gehört“, „in den 80er stehen geblieben“ und „Kopie von Kopie“ hängen. Da zog ich den Rauch von Esthis Zigarette vor und verdrückte mich vor die Eingangstüre.
Lordi
Nach dieser Enttäuschung, waren wir mehr als gespannt auf Lordi. Erfüllen sie die Erwartungen oder gibt’s nochmals einen Flopp? Und Lordi siegt auf ganzer Linie. Die finnischen Monster-Rocker sind ein Phänomen: sehen aus wie aus einem Horror-Movie, klingen wie Rocker und bieten eine Show, die Rob Zombie oder Kiss blass aussehen lassen. Das Bühnenbild wurde einem OP-Saal oder so ähnlich angepasst. Man stellte Roll-Ups und ein Seziertisch samt Leiche auf, Körperteile lagen herum, ein Backdrop mit schlichtem Logo zierte die Rückwand und trugen so zu einer genialen Show bei. Natürlich wurde das ganze Szenarium mit einer tollen Lichtshow untermalt.
Die Show startet mit der Ansage eines Piloten, der auf der Bühne erschien. Zwei Flight Attendants in ultrakurzen Hot Pants und Jackets bezogen ihre Posten als Background-Sängerinnen und schon hiess es: ready to take off in unbekannte Destination! Mr. Lordi und seine Monster stürmten in ihren extravaganten Kostümen, zu „Nailed By The Hammer Of Frankenstein“ die Bühne und drückten ab wie die Wahnsinnigen. Der Funken sprang sofort auf die Menge über und das Z7 kochte. Schon beim dritten Song „Hard Rock Hallelujah“ wurde tüchtig mitgesungen und dies hielt sich bis zum Ende des 90 Minuten dauernden Sets hin.
Im Allgemeinen beschränkt man sich nämlich bei der Band auf typische Lordi–Songs, die direkt ins Ohr gehen und gut singbar sind. Lordi himself, wechselte öfters seine Kopfbedeckung, fuchtelte mit funkensprühender Axt in der Gegend umher, schwenkte einen Metalleimer mit Babys über die Bühne oder präsentierte einen abgesägten Arm, wie einen Dirigierstab. Die ganze Show wird immer wieder mit Horror-Showeinlagen aufgelockert. Da wäre zum Beispiel die Dame mit Kinderwagen, die sich im „ach wie süss“-Stil dem Kindlein im Wagen nährt, vom Monster-Baby angesprungen wird und kopfvoran in das Gefährt gezogen wird. Für Lacher sorgte Lordis Obduktion der Leiche, die gar nicht liegen bleiben wollte. Das anschliessende Verspeisen des Gehirns, musste schrecklich schmecken, den nach einem Bissen flog es hinter die Bühne und die Gedärme folgten in Rekordzeit.
Natürlich kam das Publikum auch musikalisch in den Genuss von einem gut gespielten und abgemischten Set, inklusive, Drum-, Bass und Keybordsoli. Die Band präsentiert sich als routiniert und eingespielt, verstehen ihr Handwerk und haben kein bisschen ihrer Spielfreude verloren. Mit der den ausgewählten Songs ging Lordi auf sicher und verfehlte die Wirkung nicht.
Als es gegen Ende zuging, watschelte der Pilot nochmals auf die Bühne und verklickerte uns, das Mr. Lordi heute Geburtstag hat. Eine Flugbegleiterin servierte Shots auf der Bühne und während das Publikum ein „Happy Birthday“ zum Besten gab, trank die Band auf ihren Leader. Wer jetzt denkt, dies war’s, liegt falsch. Nach einem herzlichen „Kittos“, bezog jeder wieder seinen Posten und es wurden nochmals drei Songs gezockt. Als würdigen Abschluss legte Mr. Lordi die obligatorischen ausfahrbaren Fledermausflügel an und präsentiere nochmal was für die Augen.
Alles in allem eine sehr geile, lustige und unterhaltsame Show, die noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Setliste Lordi
- Nailed by the Hammer of Frankenstein
- This Is Heavy Metal
- Hard Rock Hallelujah
- Deadache
- Hella’s Kitchen
- Keyboard solo
- Hell Sent in the Clowns
- Drum Solo
- Blood Red Sandman
- Don’t Let My Mother Know
- Bass Solo
- How to Slice a Whore
- Horrifiction
- It Snows in Hell
- The Riff
- Amen’s Lament to Ra II
- Guitar solo
- Not the Nicest Guy
- Sir, Mr. Presideath, Sir
- Devil Is a Loser
- Scare Force One*
- Who’s Your Daddy?*
- Would You Love a Monsterman?*
*Zugabe