Freitag der 13. ist das erste Tanzwut Album, das ich mir je angehört habe. Traurig, aber wahr. Und das auch nur, weil ich die Review von einer Kollegin übernommen habe. Was aber eine sehr kluge Entscheidung war. Dafür muss ich mir selbst auf die Schulter klopfen.
Nachdem ich mir nun selbst gehuldigt habe, könnte ich euch eigentlich sagen, wieso genau das so eine kluge Entscheidung von mir war.
Zu Tanzwut kann ich nur sagen, was mir Google und das Label breitwillig an Informationen zur Verfügung gestellt haben: Die Band wurde 1997 in Berlin gegründet. Nach einigen Besetzungswechseln besteht seit 2010 nun wieder eine feste Formation, und das merkt man dem nunmehr neunten Studioalbum auch an. Tanzwut gehören fest zur deutschen Mittelalterrock Szene, weswegen es mich noch mehr erstaunt, dass ich noch nie eine ihrer CDs in den Fingern gehalten habe. Ich habe sie bestimmt schon live gesehen, doch könnte ich grad auch nicht mehr sagen wann oder wo… Ich bin folglich völlig unbefangen, was ihren neusten Silberling, Freitag der 13., angeht. Schauen wir also mal, was er taugt.
Schon beim Opener bin ich so gut wie Feuer und Flamme. Das liegt einerseits an der Musik, andererseits aber auch an den Lyrics. Als Lateiner kann man irgendwie halt doch nicht aus seiner Haut, wenn der erste Track also den Titel Brot und Spiele trägt, erregt das schon mal meine Aufmerksamkeit. Zudem fand ich das Konzept von panem et circenses schon immer interessant – zudem glaube ich manchmal, dass wir uns wieder dahin zurückentwickeln. Man sehe sich nur das Dschungelcamp an. Da stirbt zwar (noch…) keiner, aber sonst sehe ich da definitiv Ähnlichkeit. Also eigentlich ein ziemlich aktuelles Thema. Und Tanzwut setzen das musikalisch echt gut um, die leicht böse Aura, die Teufel mit seiner Stimme perfekt rüberbringt, passt wie die Faust aufs Auge. Ich bin ganz ehrlich, an diesem Punkt bezweifle ich, dass der Rest des Albums viel besser werden kann.
Brüder im Geiste scheint diese Vorahnung zu bestätigen. Der Song ist zwar gut, aber sehr ähnlich wie Brot und Spiele, und vermag mich nicht so wirklich vom Hocker zu reissen. Freitag der 13., der Titeltrack, fährt dann aber ganz andere Geschütze auf. Obwohl immer noch ähnlich wie die ersten beiden Songs (ich beginne zu glauben, dass dies wohl der typische Tanzwut Klang ist), unterscheidet er sich doch durch seine Komposition und schafft damit gleich einen guten Übergang zu Spielzeugland. Das ist ein eher ungewöhnlicher Titel für einen Song, und die Lyrics ziehen da mit, trotzdem – oder gerade deswegen – gefällt mir der Track sehr gut. Ich mag zwar Horrorfilme absolut nicht, bin aber ein grosser Fan von Songs, die eine creepy Atmosphäre schaffen. Meist gelingt das durch eine Gegenüberstellung von Musik und Lyrics. Ich glaube, das ist hier auch der Fall. Die Musik ist ziemlich fröhlich, die Vocals auch, doch die Lyrics lassen mich daran zweifeln, dass alles so Friede, Freude, Eierkuchen ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Und so was gefällt mir äusserst gut.
Die Zeit Heilt Alle Wunden – einer jenen „weisen“ Sprüche, die sicher jeder schon mal gehört hat. Auch einer der Sprüche, die viel Wahrheit enthalten. Der Song behandelt genau dieses Thema, dass es immer irgendwie weitergeht. Die Message ist in ein musikalisches Gewand gepackt, das mit der positiven Botschaft des Textes Hand in Hand geht. Ohne Sünde schlägt härtere Töne an; das geht auf Kosten der eingängigen Melodien, bricht aber die sich einschleichende Monotonie der anderen Songs auf. Nicht, dass die Songs monoton wären im Sinne von langweilig, aber was ich oben den „typischen Tanzwut Klang“ genannt habe, ist zwar eine echt mitreissende Grundmelodie und funktioniert live bestimmt super, auf CD macht es die Songs einander aber sehr ähnlich.
Der Zeitdieb verspricht frischen Wind und hält dieses Versprechen auch. Einer der Songs, von denen man jetzt schon sagen kann, dass er live bestimmt auch gut rüberkommen wird. Auch ein Song mit guter Hookline, die nicht zu ähnlich klingt wie jene der ersten Songs. Niemals Mehr könnte die Ballade sein… oder auch nicht. Oder vielleicht doch. Also falls schon, ist es eine eher ungewöhnliche Ballade für mein Verständnis. Aber wie schon erwähnt, kenne ich Tanzwut nicht gut genug um zu beurteilen, ob dies ein für sie typischer ruhiger, schöner Song ist. Meinen Geschmack trifft’s nicht so ganz, aber darüber lässt sich ja bekanntlich zum Glück nicht streiten.
Des Teufels Braut hingegen ist schon mehr mein Geschmack. Schnell und fröhlich, mit gutem Text und eingängigem Refrain einer meiner Favoriten des Albums. Vorbei Ist Vorbei gefällt mir vor allem von den Lyrics her sehr gut, weil – egal was es ist, das vorbei ist – jeder am Ende von etwas mehr oder weniger negative Gefühle hat, die es loszuwerden gilt. Der Song transportiert eine äusserst positive Energie, die in solchen Situationen auf jeden Fall willkommen ist – zumindest geht es mir so. Natürlich aber auch sonst ein toller Track. Dasselbe kann man von Spiegelkabinett sagen. Wiederum ein Ohrwurm-Refrain, und schon wieder ein guter Text, ich muss sagen, Tanzwut gefallen mir je länger je besser.
Die letzten beiden Songs, Bis der Morgen Graut und Wenn Wir Untergehen, fallen ein wenig ab, was schade ist, vor allem für den Rausschmeisser, der ebenfalls balladeske Elemente beinhaltet. Gut, das ist wie fast alles eine Frage des Geschmacks, aber ich finde, ein Album sollte mit einem Song enden, der dazu führt, dass ich die Scheibe sofort wieder von vorne abspiele. Das ist hier nicht der Fall.
Fanzit: Für Freunde von deutschem Mittelalter-Rock/Metal und Fans von Subway to Sally oder Saltatio Mortis auf jeden Fall empfehlenswert. Also zumindest reinhören muss sein. Ich kann mir vorstellen, dass Tanzwut live eine Show vom Feinsten bieten, und dass die Songs auf der Bühne auch ein bisschen besser funktionieren. Denn obwohl einige der Tracks klasse Hooklines bieten, und Brot und Spiel ein Ohrwurm sondergleichen ist, so verschwimmt das Album als Ganzes betrachtet ein wenig in sehr ähnlichen Melodien, die es schwierig machen, die Songs zu unterscheiden – mit einigen Ausnahmen wie eben Brot und Spiel, Spielzeugland, Des Teufels Braut, oder Spiegelkabinett. Hierzu muss ich aber auch sagen, dass das Album mit jedem Durchgang wächst, gerade auch, weil man dann die einzelnen Elemente jedes Songs mehr zu würdigen weiss; beim ersten Mal Hören besteht aber schon die Gefahr, dass keiner der Songs so richtig hervorsticht, und man die Scheibe zur Seite legt.
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Trackliste
- Brot und Spiele
- Brüder im Geiste
- Spielzeugland
- Die Zeit Heilt Alle Wunden
- Ohne Sünde
- Der Zeitdieb
- Niemals Mehr
- Des Teufels Braut
- Vorbei Ist Vorbei
- Spiegelkabinett
- Bis der Morgen Graut
- Wenn Wir Untergehen