Galmet - Galvanik Zug 2015 - Foto pam
Sa, 23. Mai 2015

Galmet, Expellow

Galvanik (Zug, CH)
/ 25.05.2015

Holy Kampai Moly

J-Metal mit viel Frauenpower – die japanische Frauenkapelle Galmet und die Schweizer Expellow laden in die Galvanik.

Die Galvanik ist einer der mythischen Clubs, von denen man immer wieder wo liest und hört, dass es die gibt. Die überregional bekannt sind, aber doch meist regional besucht werden. Wie die Schüür in Luzern, das Kofmehl in Solothurn, das Gaswerk in Winterthur, das KiFF in Aarau oder das KuFa in Lyss. Gut, in die Liga der soeben aufgelisteten Venues gehört wohl eher der grosse Bruder der Galvanik – die Chollerhalle gleich nebenan. Diese ist jedoch nicht so oft metal- und rockbar, wie eben die kleine Schwester. Und die hat es in sich und ist uns äusserst sympathisch. Die perfekte Grösse, schön schlank ohne grosses Firlefanz, dafür einen alternativen, retro-industrial Look. So eine richtige Metalbraut. Und keine Frage, da fühlen wir uns Metalinsider sofort gut aufgehoben.

Dann kommt dazu, dass es Bier einer Kleinbrauerei – der Rosengarten in Einsiedeln – in (Bügel-)Glasflaschen gibt. Und vor allem kein Bier in Plastikbechern. Der Barkeeper ist nicht einfach hip und cool und so vor allem mit sich selber beschäftigt, sondern ein freundlicher Gastgeber, der einem zum Bier sogar von sich aus ein Becher Hahnenwasser anbietet und wenn es einem im Hals kratzt, dann grad das halbvolle Ricola-Böxli seiner Freundin schenkt. Klar, dass ich da grad ein, zwei Bier mehr bestelle.

Expellow

Also die Verpackung und das drumherum stimmt schon mal sehr gut, freuen wir uns auf den Inhalt. Eröffnet wird der heutige Frauenpower-Abend von der Zürcher Hardcore-Melodic-Death-Band Expellow. Die vier Jungs an den Saiten und Fellen werden angeführt oder besser angetrieben von Mik – Nomen est omen – am Mik. Anfangs wirkt das Mädel noch ein bisschen unsicher, doch mit dem Fortdauer des Gigs steigt auch das Selbstbewusstsein und so nach dem dritten, vierten Song kommt sie physisch richtig in der Galvanik an. Sie sucht die Nähe zu dem leider sehr spärlich erschienen Publikum; ich würde mal sagen keine 100 Nasen. Dafür haben sie ein paar treue Fans mit dabei, die auch den einen oder anderen Song und Text kennen und zusammen mit Mik zunehmend mehr in dem vorwärtspeitschenden Metal aufgehen. Sie steigt regelmässig auf die Tieftöner links und rechts der Bühne und brüllt uns – ab und zu leicht unterbrochen durch cleanen, melodischem Gesang – die Wut im Bauch entgehen. Von wo die kommt und von was die handelt, müsste ich zuerst mal ein bisschen im Netz spicken … Aber wer mich kennt, weiss ja, dass ich nicht so tiefgründig in die Texte eintauche, aber im Hard- und Metalcore ist ja die Wut gegen alles (vermeintlich) schlechte dieser Welt Programm. Aber was ich nicht weiss … soll mich auch nicht negativ beeinflussen und so nehme ich die positive Energie – die massiv vorhanden ist – noch so gerne auf. Die Songs sind solide und harmonisch aufgebaut, der Sound gut abgemischt und es macht einfach Spass, für sich eine neue Band zu entdecken. Auch wenn es diese gemäss Mik schon seit 2006 gibt.

Wenn ich was am Auftritt von Expellow kritisieren darf, dann der doch schon etwas statische Auftritt der Jungs. Wer ein solches Brett von einem Soundgewitter liefert, muss in meinen Augen auch selber auf der Bühne mehr abgehen und dies nicht nur der Frontdame überlassen. Da könnten sie noch einiges mehr reissen. Wie zum Beispiel vom drittletzten Song ihres Sets: Chemical. Das ist der Song, der einem am Ende hängen- und in Erinnerung bleibt. Der Song, den man dann z.B. auch auf einer CD sucht, um diese dann zu kaufen. Der hat die Melodie und Power gleichermassen, so dass auch hier die drei Jungs vor den Kübeln mehr abgehen. Und auch mir juckt es hier zum ersten Mal richtig im Nacken.

Alles in allem also ein würdiger Support und mehr als nur ein Aufwärmen für Galmet. Gerne wieder Mal.

Galmet

Holy Kampai Moly, die sind anders geil. Die Mädels von Galmet liefern ein Riff-Feuerwerk allererster Güte. Und die Ansagen lesen sie von einem Zettel ab – und die meiste Zeit versuchen sie uns mitzuteilen, dass sie „very little English“ sprechen. Und sie versuchen uns auch krampfhaft zu erklären, wo die Sängerin geblieben ist. So genau weiss das wohl niemand ausser sie selbst. Beim Gespräch mit den Japanerinnen nachdem Konzert, erfahren wir jedoch, dass diese sowie auch die Bassistin wegen einer Grippe nicht in den Flieger durfte. Aber eins ist klar, ich vermiss die Sängerin nicht. So haben wir einerseits ein Instrumental-Gewitter auf beindruckendem Niveau und andererseits übernehmen die eine Gitarristin – Ayano – und die Drummerin – E-Chang – zumindest einen Teil der Vocals. Nur schade, dass man die Drummerin dabei kaum hört. Kriegt der Typ am Mischpult nicht immer mit, dass die singt oder hat sie nur ihre Lippen bewegt? Es soll eher Letzteres sein. Wenn, dann finde ich wie immer es viel schlimmer, wenn der Bass ab Band kommt.

Aber ich hatte selten so einen Smile auf den Lippen während eines ganzen Konzertes. Die Mädels gehen wirklich brutal ab solange sie spielen, aber sobald es an die Ansagen geht, verzetteln sie sich wortwörtlich nur noch und tun meist das, was dann halt Japanerinnen tun: Verlegen lachen. Und die Drummerin ruft dann einfach mal wieder mit hochgestrecktem Arm ein „Hey“ in die Menge. Die, die da sind, stehen alle ein bisschen wie ich angewurzelt zwischen geschockt und fasziniert stehen und rufen dann „Hey“ zurück. Was dann jeweils zu einem mädchenhaften Gekichere der Drei führt.

Ich glaub die wenigsten, der wenigen die da sind, hätten soundmässig sowas erwartet. Und so lang sie spielen und nicht reden, stehen sie ganz selbstbewusst und extrem geil auf der Bühne. Gitarre tief und die eine Gitarristin die Rockerin mimmend, die andere das Lolita-Gothic-Girlie und beides in einem Mass wo es stimmt und man bei zuschauen nicht Angst haben muss, dass man als Pädophiler abgestempelt wird. Ich hatte so einen Manga-Hello-Kitty-Scheiss befürchtet, aber davon war gar nichts zu sehen und schon gar nichts – bis auf das verlegene Gekichere – zu hören. Und vielleicht noch ein bisschen girlige X-Beine.

Je, und jetzt versucht sich die andere Gitarristin – Ruki – zu erklären und zu entschuldigen. Und zu  entschuldigen. Und nochmals entschuldigen, aber sie verhaspelt sich gnadenlos in ihrem nicht vorhandenem Englisch. Es fliessen zum ersten Mal bei ihr die Tränen, dabei finden wir es ja Hammer. Und das Publikum reagiert auch entsprechend genial und applaudiert ihr immer wieder, um ihr und der ganzen Band Mut zu machen. Irgendwie ein trauriger Moment, wo wir alle mit ihr mitfühlen, aber auch ein Hühnerhaut-Moment, wo man stolz ist, Metler zu sein. Egal von wo du kommst, du spielst unseren Sound, lebst unsere Religion, du gehörst zu uns, ohne dass wir dich verstehen müssen. Am liebsten würde man das Mädel in die Arme nehmen und ihr auf Japanisch zu flüstern: „You’re awesome, don’t worry!“. Und spiel jetzt einfach weiter …

Und so steh ich da und bin immer noch hin und weg ab den Dreien. Ich habe wirklich nicht viel erwartet, dafür bin ich jetzt umso positiver überrascht. Vor allem die beiden Gitarristinnen spielen extrem solid, exakt und auch die meisten Solis kommen ganz gut. Dass die Songs bzw. die Riffs ganz cool sind, zeigt sich ja auch indem, dass der teilweise fehlende Gesang in keinster Weise vermisst wird. Wir können wohl alle kaum genug von denen kriegen. Und als sie die Bühne verlassen, dachten die wohl immer noch, dass sie nachher geteert, gefedert und aus der Stadt geschmissen werden. Aber denkste, wir versuchen sie mit Zugabe-Rufen – auch auf Englisch – zurück zu holen. Und nach einer Weile realisieren sie langsam – aber immer noch etwas ungläubig – die wollen ja wirklich mehr. Und zögerlich schlurfen sie zurück auf die Bühne und zocken noch ein, zwei Songs. Und hey, ich wäre wohl nie mehr in meinem Leben satt geworden, wenn wir diese zwei Songs verpasst hätten. Ihr Lieben: Solche Songs könnt ihr uns doch nicht vorenthalten!

Dann ist aber definitiv Schluss und Ruki – das Lolita-Gothic-Girl – will nur noch weg und wird lange nicht mehr gesehen. Während die anderen beiden sich mehr oder weniger direkt zum Merchstand begeben und jedes Mal ein Ungläubiges „Ooacch“ von sich geben, wen jemand eine oder meist grad zwei, drei CDs von ihnen kauft, diese sogar noch unterschrieben haben und dann sogar noch mit ihnen fotografiert werden will. Die Kommunikation mit ihnen ist nicht ganz einfach. Ausser Kampai und Arrigato kann ich nicht viel mehr auf Sushi-Spanisch und eben, deren Englisch ist halt so wie bei den meisten Japanern. Gut gibt es da noch Miki – die in Zug wohnhafte Japanerin und Frontlerin von Trial Off – die das eine oder andere für uns übersetzt. So erfahren wir genauer, warum Sängerin und Bassistin fehlen und auch wo wohl Ruki hin ist. Die beiden Abwesenden kriegten vom Arzt aufgrund einer Grippe keine Flugerlaubnis. Doppelt bitter, da es sich bei den aktuellen Shows um die ersten ausserhalb Japans überhaupt handelt. Das war auch der Grund, warum Ruki in Tränen ausbrach, weil man halt die Chance nutzen wollte, eine tolle Show zu bieten, doch mit zwei Leuten weniger ist das nicht ganz einfach. Sie hatte auch ursprünglich den Gesangspart einstudiert, brachte aber ihrerseits am ersten Konzert der kurzen Europatour – eben heute in Zug – keinen Ton mehr raus. So mussten kurzfristig die anderen beiden übernehmen. Wenn man das hört, umso mehr verneige ich mich von den drei Japanerinnen, was die uns heute geboten haben. Klar, der Gesangt fehlte oft, kam teilweise ab Band oder eben gar nicht. Doch das was gesungen wurde – vor allem von Ayano – hätte uns glauben gelassen, dass das so sein muss und sie schon immer gesungen hat. Und das Gute beim Growlen ist ja, dass der Text eh keiner versteht und somit merkt, wenn das was nicht stimmt.

Nach gut einer halben Stunde kommt auch Ruki zu unserer Runde. Das Make-up aufgefrischt – sie wollte sich nicht mit verweinten Augen zeigen. Und einmal mehr sage ich den drei und insbesondere ihr, wie genial sie doch waren und so langsam schien dann die Welt wieder in Ordnung für sie und die ganze Band. Und ja, wie gesagt, mir fehlte heute eigentlich gar nichts, im Gegenteil ich kam als Liebhaber prägnanter Riffs voll auf meine Kosten. Und die Riffs drehen jetzt auch in meinem CD-Player seine Runden. Denn auch ab Konserve kommen sie ebenfalls ganz gut. Wer immer die Möglichkeit hat, einen Scheibe von denen zu kaufen oder noch besser die Band live zu sehen: Don’t hesitate!

In diesem Sinne ein fettes Arrigato an Galmet für einen überraschend coolen, emotionalen Band.

Setliste Expellow

  1. Intro
  2. Modern Age Credo
  3. Hatefueled
  4. Shatterlands
  5. Your Voice In My Head
  6. Purgatory Preacher
  7. BHM
  8. Chemicals
  9. Hell No
  10. In Flames Tonight*

*Zugabe

Setliste Galmet

  1. Kioku Soushitsu
  2. Sound Of Your Life
  3. Road To The Legend
  4. Fangs Of Slaves
  5. What’s Mine
  6. Treason Sky
  7. Metter’s Anthem
  8. Dreamer
  9. Rebirth
  10. Parasite
  11. Unchained Love*
  12. Spirit Of Fire*

*Zugabe

Fotos von Friedemann und pam


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 25.05.2015
Weitere Beiträge von

Expellow, Galmet