Nach einem stressigen Tag, ging’s fast direkt von der Arbeit via Hausen, wo Päscu schon mit gepackter Tasche wartete, schnurstracks nach Kloten. Wir leisteten uns den Luxus, mit dem eigenen Auto vorzufahren, dies dem Parkdienst abzugeben und bei unserer Ankunft innert Minuten wieder entgegenzunehmen.
Check-In gemacht, ein Bierchen auf unsere Metal-Mission gekippt und schon hiess es „Ready to take off“. Nach einem angenehmen und kurzweiligen Flug, erreichten wir Oslo. Mit dem Zug gelangt man in zwanzig Minuten vom Airport nach Oslo Down Town. Eine Stunde vor Mitternacht, marschierten wir im Hotel ein, warfen unser Gepäck ins Zimmer und machten uns sofort auf den Weg in den nächsten Metal-Schuppen. Dieser war, wie unser Hotel, nur einen Steinwurf vom Rockefeller Club und dem John Dee, wo das Inferno Festival stattfand, entfernt.
Die Kniven Bar stellte sich als abgefuckte Metal-Spelunke heraus, die unserem Geschmack entsprach. Bei einem überteuerten Bier lauschten wir den düsteren Tönen des Black– und Death Metals und amüsierten uns über die teilweise schrägen und stockbesoffenen Gestalten.
Donnerstag, 2. April 2015
Nach einer kurzen Nacht begrüsste uns der Donnerstag mit stahlblauem Himmel und gleissendem Sonnenschein. Wir liessen es uns natürlich nicht nehmen auf eine Sightseeing-Tour durch die Stadt zu gehen. So stampften wir mit Kamera und Sonnenbrille bewaffnet, durch ein ausgestorbenes Oslo, mit einem Umweg über den Royal Palace, Richtung Vigeland Skulpturenpark.
Im späteren Nachmittag steuerten wir dann das Hotel Royal Christiania, dem Headquarter des Festivals, an. Hier sind die Musiker untergebracht, Fans nächtigen ebenfalls im Hotel und der 2. Stock ist Treffpunkt für alle Metalmaniacs. Frühstückraum, Konferenzraum, in dem Vorträge über Musik gehalten werden, die Bar, eine gemütliche Hängerecke mit bequemen Polstersesseln und eine grosse Terrasse, befinden sich auf diesem Floor. Die Armbändchen abholen und das Anmelden von Medienleuten wurde ebenfalls hier erledigt. Völlig unkompliziert und schnell, erhielten wir unsere Presse-Ausweise und dazu eine Stofftasche mit Inferno Aufdruck und mit jeglichen Informationen zum Festival inklusive zwei Splatter Movies, die eine Merchandise Firma sponserte.
Danach machten wir uns auf den Weg in den Rockefeller Club. Hier hatte sich schon eine lange Schlange, mit dunkelgekleideten Leuten gebildet, die auf Einlass wartete und gemütlich abgefertigt wurde. Dank unseren Ausweisen, entkamen wir dem Warten in der Kälte. Über eine steile Rampe im Innern des Clubs, die für einige Mädels in ultrahohen Hacken und engen Latexkleidchen fast zum Verhängnis wurde und sogar ein Grinsen bei den ganz „Bösen“ ins Gesicht zauberte, erreichten wir die heilige Halle des Rockefellers.
Linkerhand im kleineren Raum war die Shoppingmeile untergebracht, der wiedermal Herzen höher schlagen liess, inklusive dem, der Verfasserin dieser Zeile. Vier neue Nietengürtel wurden erworben, da sie sich nicht entscheiden konnte.
Mit meiner Fotoausrüstung die sonst schon 6 Kilo auf die Waage bringt und nun noch mit ca. 3 Kilo Nietengürtel im selben Rucksack, kämpften wir uns durch die proppenvolle Location. Thanx Päsu für die Schlepperei!
Als erstes steuerten wir ins John Dee, dem kleiner Club des Gebäudekomplexes. Über einige Treppen ist dieser direkt vom Rockefeller erreichbar. Da klopfte auch schon die erste Band drauflos. (ST)
Die Palermo Mafia schickt einen 4er, namens Haemophagus nach Oslo, der einen gepflegten Mix aus Death & Grind Core auf die Bretter ballert. Noch recht jung, sympathisch, die Riffs schnell und die Growls routiniert, wie von alten Hasen des Genres, dröhnte der Sound aus den Speakern. Die Italos heizen die Meute im kleinen John Dee Club rasch auf. Nach sechs Songs ist für den Opener am Donnerstag auch schon wieder Schluss und auch ohne Bleikugeln versiebt zu haben, hinterlassen die Azzurri einen bleibenden Eindruck im hohen Norden. (PZ)
Auf der grossen Bühne bereiteten sich unterdessen Excration (NO) auf ihren Auftritt vor. Die Death-Metaller-Combo hat den Heimvorteil schon beim Intro hören lassen. Lange wird der fulminante Start hinausgezögert, wobei die Fans sich lauthals bemerkbar machen. Dann startet das mit sehr viel Black-Einflüssen gemixte Hassbrett durch und zerfetzt die erste Reihe gleich mal mit gefrässigen Riffs und Blastbeats. Schleifend, schleppend und mit monotonem Gesang, technisch sauber gespielt und mit fast durchgängig gehämmerten 180 Schlägen auf die (Trommel-)Felle, sind die Wikinger auf der Überholspur. Der Applaus vieldementsprechend satt aus. (PZ)
Der erste Dampfhammer des Festivals! Wer geglaubt hat, in Indien seien die lautesten Melodien von Schlangenbeschwörern, der wird knallhart eines Besseren belehrt!
Inner Sanctum lassen das John Dee erbeben, dass es eine dunkle Freude ist. Tempo verschleppende Wechsel mit geilen Gitarrenübergängen und ein Ober-Reisser am Mikrophon! Der Sänger, eine Mischung aus Chuck Billy und Phil Anselmo (am Rande bemerkt: fast jedes vierte Wort beginnt mit „F“), ist ja ein Rampensau mit extrem hohem Unterhaltungswert. Er growlt und schreit nicht nur Weltklasse, sondern lässt die Fans keine Sekunde irgendeinen Hauch von Langeweile spüren. Das andere Highlight dieser Band: der Drummer. Blastbeats en Masse und zudem drescht er auf die Felle ein, dass Mike Portnoy (Dream Theater) sogar seine Sonnenbrille ablegen würde. Inner Sanctum, Death-Thrash aus Bangalore sind ziemlich sicher nicht das letzte Mal in Oslo aufgetreten. (ST / PZ)
Nun, wahrscheinlich der beste Gig des ganzen Inferno-Festivals. Septicflesh aus Athen. (Einsprache Herr Zeller! Statt Dich im Hotel auf Betriebstemperatur zu bringen, hättest du dir die Skelethexen reinziehen sollten!! – Sabi) Im Handgepäck das aktuelle „Titan“-Album. Und so spielen sie auch, perfekte Performance mit origineller Kostümierung (Sänger Vayenas sah aus wie die schwarze Variante von Iron Man) und perfekte Instrument Beherrschung. Speziell herauszuheben ist dabei Fellhauer Kerim Lechner. Der gebürtige Wiener dreschte wie ein Derwisch auf seine Küche ein. Fast eine Stunde dürfen die Griech-Austrianer die Meute einheizen. Danach war definitiv wiedermal Zeit für ein total überteuertes Bier. (PZ)
Antichrist aus Schweden zerstören das John Dee regelrecht. Black Thrash, brutal laut, brutal schnell! Die Meute im total überfüllten Club dreht durch. Eine ziemliche Leistung für den kühlen Norden. Denn bis jetzt konnten wir nicht viel Bewegung in der Menge ausmachen. Die Luft im John Dee wird schnell stickig, der Schweiss wird einem aus allen Poren gedrückt, zum Tresen kommt man nicht mehr, also nur noch ab auf die Dachterrasse! Gemütlich, an der frischen mit Rauch geschwängerten Luft, verdrückten wir ein leckeres Bami Goreng. (ST)
Frisch gestärkt ging’s zum nächsten Highlight. 1349 aus Norwegen stellten sich als die Diven des Festivals heraus. In den Fotograben durfte man nicht, Fotografieren aus dem Publikum ging nicht! Wannabes, die sich Fotografen schimpften, und mit Handys vor den Objektiven der anderen rumfuchtelten, da sie mit ihrer Spiegelreflexkamera nicht zurechtkamen, erschwerten einem das Fotografieren zusätzlich. Zum ersten Mal stieg so was wie eine leichte Gereiztheit beim Schreiberling dieser Zeilen auf. Der Mähdrescher des Todes mit Jahrgang 1349 jagte unterdessen Pyros im grossen Stile in die Luft und zog ihre Performance routiniert durch. Das nach Pest stinkente Gepolter, artet im Soundbrei aus und die Stimmung im Publikum blieb in den kühlen Temperaturen hängen. (ST)
Da freute sich sogar Herr Zeller auf Ensiferum (FIN), der sonst lieber die härteren Töne bevorzugt und sich nicht mit Humpa-Metal anfreunden kann.
Die Finnen spielen im John Dee, wo sie kaum Platz auf der Bühne haben und dichtgedrängt draufloszocken. Alte und neue Songs dröhnen aus den Boxen und einen Hit nach dem anderen wird ins Publikum gepfeffert. Im vollen John Dee ist die Luft am Brennen und die Stimmung kocht. Obwohl den Herren die Strapazen der „One Man Army Tour 2015“ anzusehen ist, spielt Ensiferum tight und routiniert und haben Spass auf der Bühne. Die Tourstrapazen konnte der Dame, die auf Tour die Harmonika bedient, nichts anhaben. Mit Dauersmile hüpfte sie frischfröhlich auf der Bühne umher und sorgte für gute Laune. Obwohl Ensiferum von der Stilrichtung her nicht richtig ins Programm des Inferno Festivals passt, setzten sie sich auf der ganzen Linie durch. (ST)
Headliner Behemoth noch näher vorzustellen, wäre, wie etwa Mäuse mit einer Angelrute fangen zu wollen. Der Schreibende ist, von den gefühlten 100 erlebten Hasstiraden sichtlich mitgenommen, eh nur noch halbaufnahmefähig. Daher kann einfach gesagt werden, Bühnendekor und Outfit sehr schwer zu übertreffen, musikalisch gibt es auch nichts anderes als perfekt gespielt zu sagen. Vielleicht noch dies, die Death Metal Kapelle aus Danzig ist auch wegen eines längeren Interviews u.a. des bewegenden Lebens von Nergal, in die norwegische Hauptstadt gekommen. (PZ)
Von meiner Seite kann ich Päscu nur zustimmen. Musikalisch, technisch und showmässig ist den Polen nix vorzuwerfen. Mit Feuer und grossem Bums wurde auch hier nicht gegeizt. Aber zu zweiten Diven des Abends dürfen sie sich zählen. In den Fotopit? Nix da! Aus der Menge fotografieren ….forget it! (ST)
Freitag, 2. April 2015
Da uns auch der heutige Tag mit schönstem Wetter begrüsst, machten wir uns nochmals auf, um etwas von Oslo mitzukommen. Zum Mittagessen trafen wir uns mit Franzi, einer deutschen Bekannten von Päscu, die in Oslo wohnt. Bei einem Sprachgewirr aus Schwiizerdütsch, Schwäbisch, Norwegisch und Englisch, das für eine unterhaltsame Unterhaltung sorgte, genossen wir an der warmen Sonne unser Essen.
Zum Apéro trafen wir uns mit den norwegischen Bekannten von Päscu, im Hotel Christiania. Bei kühlem Bier und Cider, zwischen so manchem von der letzten Nacht gezeichnetem Musiker oder Metalfan, stimmten wir uns auf den heutigen Abend ein. Die Zeit verflog wie im Fluge und damit Päscu die Zeit mit seinem Freunden noch etwas geniessen konnte, machte ich mich alleine ins Rockefeller auf.
Im John Dee stellte sich ADE aus Italien, in Outfits im griechischen Stil, auf. Ein Mix aus Technical Metal und brutalem Death Metal mit interessanten Parts aus der Musik des antiken Griechenland, gehört zum Stil der Italos. Die Stimme des Sängers war für meinen Geschmack aber etwas monoton und gepresst. Die Performance von ADE, inklusive synchronem Headbanging der Saitenfraktion, machte diesen Dämpfer aber wieder wett. Die eingespielten Samples fügten sich gut ein. Nur sollten sie dann auch auf Knopfdruck kommen und nicht geschätzte zwei Minuten auf sich warten lassen. Dies führte auf der Bühne zu ungewollten Schweigeminuten. (ST)
Mit Goatwhore (US) stürmte ein brutale Death Metal Granate auf die Bühne. Die Jungs drückten ab als gäbe es kein Morgen mehr. Ben (V) nahm die ganze Bühne in Beschlag, flitze um seine Bandkumpels herum, lies seine bis an den Arsch reichenden Haar (welche Freude!!) kreisen und überzeugte mit seiner kräftigen Stimme. Abgesehen vom Frontmann, fällt die Performance der Truppe verhältnismässig schwach aus. Auf der grossen Bühne wollte der Funke einfach nicht zünden obwohl die Band äussert geile Livequalitäten hat. Von der Spielfreude und Energie, die die Amis in kleineren Clubs freisetzen war am heutigen Abend nichts zu spüren. Technisch aber spielten die Männer aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten einwandfrei. (ST)
Crescent aus dem Land der Pharaonen zog die Besucher in Scharen ins John Dee. Dass exotische Bands auf Interesse stossen, hat sich heute einmal mehr bewiesen. Ihr Egypt Death Metal ist einzigartig und macht die Band unverwechselbar. Brutalität, die nötige Härte und viele melodiöse Parts, die zudem noch mit typischen ägyptischen Klängen verfeinert werden, gehören zum Markenzeichen von Crescent. Gespielt wurde sauber und präzise und die Jungs beendeten ihren Gig mit Bravour. (ST)
Eine Band die mich regelrecht an die Wand knallen liess und mich in eine andere Dimension schleuderte, waren Skeletonwitch (US). (Päscu, hättest du zu dieser Zeit nicht dem Gesöff im Hotel gefrönt, wüsstest Du wer der Sieger des Festivals ist! ÄTSCH!) Holy Shit, die Bande aus Athens, Ohio waren der Burner! Die Stimme von Chance Garnette, der auf der Bühne um einiges grösser wirkt als unten, ist ziemlich markant, giftig und er weiss sie durchaus für Growls, die durch Mark und Bein gehen einzusetzen. Die Gitarrenarbeit der beiden Saitenhexer war melodiös, messerscharf, präzise und top aufeinander abgestimmt. Der Bass drückte gerade richtig. Zudem war es rein optisch eine Augenweide, dem Zusammenspiel der linken Saitenfraktion zuzuschauen. Aber auch am Drum wurde mit Können nicht gegeizt. Für mich war nach dem Auftritt von Skeletonwitch klar: genau wegen Überraschungen wie diesen hör ich Metal! (ST)
Dødsengel (NO), die aus dem Underground der frühen 90er aufgetaucht sind, haben sich vom klassischen Norwegian Black Metal, Richtung Industrial Metal weiterentwickelt. Schwärzer und böser geht’s wohl nimmer! Die Band zelebriert ihre Show regelrecht in kuttenähnlichen Roben und sorgten immer wieder für skurrile Reaktionen im Publikum. Wie zum Bsp. das Girl, das nach dem sie die Schuh des Sängers berührt hatte, ihrem Gesichtsausdruck an zu entnehmen, wohl feuchte Höschen hatte. Der Sänger, der sein Gesicht hinter einer eisernen Maske versteckte, ein rosenkranzähnliches Ding in der Hand schwenkte und sich ziemlich oft in Bodennähe aufhielt, hatte eine sehr variable Stimme. Gekreische, als würde ein Teenie-Girl abgemurgst, Gekneife, wie von alten Weibern, Clean Gesang und abgrundböse Growls, die man dem schmächtigen Kerl nicht geben würden, gab er zum Besten. Die anderen Musiker, waren ebenfalls nicht zu verachten und brachten mit ihrem musikalischen Einsatz eine tolle Atmosphäre zustanden. Das John Dee war bis auf den letzten Platz gefüllt und Besucher wurden in Etappen rein- und rausgelassen. (ST)
Bei My Dying Bride übergebe ich das Wort mehr als gerne an Päscu weiter.
Die britischen Doom-Metaller My Dying Bride aus Halifax hinterlassen ein lachendes und ein weinendes Auge. Die Strophen mit klarem, ja schon fast weinerlichem Clean-Gesang und schweren Tönen begleitet, erweist sich mit der Zeit als monoton und lässt einem fast einschlummern. Dann aber, wie aus heiterem Himmel, Tempowechsel und donnernde Riffs, vor allem von Gründungsmitglied Andrew Craighan, der seine lange Mähne dazu wild auf und ab peitscht. Wirklich geil, dieser Sound. (Päscu… dir ist wohl das total überteuerte Bier zu Kopf gestiegen!) Daher ein waagrechter Daumen für diesen Auftritt. (PZ)
Sargeist aus Finnland sind sehr gewöhnungsbedürftig. Wenn andere Topacts der Black Metaller Fraktion, wie z.B. Satyricon, mit gesprochenem Text oder Growls auskommen, konzentriert sich der Dreier aus Tampere aufs Keifen. Schrill und laut, und zu viel für die Ohren! Diplomatisch ausgedrückt: sehr gewöhnungsbedürftig. Nach nur einem Song war für den mich jedenfalls Schluss. (PZ)
Enslaved, der einheimische 5er aus Haugesund brachte nochmals richtig gute Stimmung ins Rockefeller zu später Stunde. Kein Wunder, denn die nordische Mythologie behandelnden Wikinger, strotzten nur so vor Spielwitz und wirkte teilweise sogar etwas aufgedreht. Die schallenden Lacher zwischen den Songs belegen dies jedenfalls. Alles in allem, Enslaved sind ein würdiger Abschluss für den Freitagabend. (PZ)
Da wir am Samstag zur frühen Morgenstunde wieder am Airport sein mussten, ging’s nach dem letzten Klang aus den Boxen auf direktem Weg in die Federn.
Unser Resümee: das Inferno Festival Oslo ist ein genialer Anlass für Metal-Liebhaber, die es gerne hart, schnell und böse mögen!
Die Organisation ist top, die zentralgelegene Location könnte für ein Indoor Festival nicht besser sein und mit dem „festivaleigenen“ Hotel, bietet das Inferno ein Highlight, das so, nicht oft anzutreffen ist.
Das Inferno Festival darf mit Stolz behaupten: 15 AMAZING YEARS OF INFERNO!!!