Velvet Six sind eine sehr, sehr junge Band, ihr Debut Album wurde erst gerade 2011 veröffentlicht. Daraus erklärt sich wohl auch, dass man beinahe keine Infos zu ihnen findet. Ich arbeite also mit dem, was man mir freundlicherweise mitgeschickt hat. So jung sie auch sind, haben die Jungs aus Finnland doch schon einige Besetzungswechsel hinter sich, seit 2012 scheint das Line Up aber stabil. Viel wichtiger ist ja aber eigentlich sowieso die Musik. Vom Stil her spielen sie, ich zitiere in Übersetzung, „Gothic Rock, der die Atmosphäre von HIM, die Arroganz von Billy Idol und die Multidimensionalität von Muse kombiniert.“ Also Rock höre ich, über den Gothic Teil lässt sich bestimmt streiten. Es sei denn, das spielt auf die Verwendung von elektronisch angehauchten Elementen an, dann ja. Da ich für keine der oben genannten Bands eine wirkliche Datenbasis habe, die es mir ermöglichen würde zu eruieren, wie Velvet Six denn nun klingen, mache ich mir einfach selbst ein Bild.
Die Scheibe fängt mit fast schon soundtrackartigem Arrangement an, doch schon nach kurzem schlägt das in heftigeres Töne um, während aber immer noch Streicher im Hintergrund laufen, die für dramatische Stimmung sorgen und Melodie geben. Shouts, dann eher ruhige Vocals und Elektroelemente verleihen dem Song plötzlich ein ganz anderes Gesicht, als er gerade noch hatte – als die 3:26 Minuten vorbei sind, muss ich erst mal eine Pause machen und verdauen, was ich gerade gehört habe. Volle Punktzahl für den Opener. Ich hoffe, das geht so weiter.
Demons Los Divas ist der Titeltrack. Mal schauen, was der kann. Die Vocals klingen leicht übersteuert, was aber eindeutig ein Filter ist, der beim Refrain auch weggelassen wurde. Passt irgendwie sehr gut. Der Chorus ist wie schon beim Opener eher ruhig und clean gehalten. Im Gegensatz zu Twist wurde hier hauptsächlich in die Rockschiene gehauen, Elektronisches schwirrt zwar noch drin rum, aber sehr, sehr weit im Hintergrund. Nun, der Song ist gut, hat mich aber nicht vom Hocker gehauen.
Oh-oh, Something Evil überzeugt mich schon nach den ersten Takten. Nicht nur die Streicher, die im Hintergrund eine sehr eingängige Melodie spielen, auch die Stimme von Sänger Olle Wallenius zeigt sich sehr facettenreich, was man bei Twist schon rausgehört hat. Dass bald schon die Ohrwurm-Melodie mit Nanana, nanana, nanananananana nachgesungen wird, kickt den Song sofort in meine Liste von Top-Songs. Auch wenn das jetzt vielleicht komisch klingt, es passt wie die Faust aufs Auge. Auch der Ausklang des Songs…. Ich will nix verraten, aber: Hammer! Schade, ist es nach 3:36 Minuten schon vorbei.
Bis auf 2 Songs sind sowieso alles Tracks der Scheibe unter vier Minuten gehalten – das ist mal eine ganz nette Abwechslung zu den sonst eher langen Songs, die ich meist höre.
Eine dieser Ausnahmen ist Back to Back. Kaum fassbar, aber er kann die von Something Evil gelegte Latte tatsächlich oben halten. Wiederum ein eher ruhiger Song, der’s aber faustdick hinter den Ohren hat und sich ohne weiteres im Gehörgang festkrallt.
Lightkeeper scheint die Ballade zu sein… Beginnt sehr unspektakulär und bleibt genauso seicht. Ein schöner Song, den ich aber in der Form schon öfters gehört habe. Sehr schade, dabei hatten die Jungs doch grad nen Lauf… Nun, Love‘s Like zieht den Karren dafür aber mit einem Ruck wieder aus dem Dreck. Sowohl der Text als auch die Musik überzeugen hier von vorne bis hinten.
Underneath scheint wieder mehr auf elektronische Komponente zu bauen; der Auftakt gefällt mir schon mal sehr. Auch hier eine gelungene Kombination von Lyrics und Musik, wenn auch das Thema ein düsteres ist. Erinnert mich ein bisschen an die letzte Scheibe von Sonata Arctica. Allerdings auch nur über sehr viele Ecken, Velvet Six sind ein wenig dreckiger/rockiger als Sonata. The Family liebäugelt ebenfalls wieder mit synthetischem Sound, weist aber wie fast alle Songs bisher sehr gute Hooklines auf, und eine düstere, kurzzeitig sogar epische Bridge.
Mir fällt auf, dass ich in dieser Review immer wieder auf den Beginn eines Stückes hinweise… nun ja, ich muss sagen, dass die Anfänge aller Songs (mit Ausnahme der Ballade) schlichtweg interessant bis fast genial sind. So auch bei Blood Rain. Leider zieht hier der Rest des Songs nicht ganz auf demselben Niveau mit. Immer noch ein guter, rockiger Track, aber nichts, was ihn wirklich speziell machen würde.
So, damit sind wir leider schon beim Rausschmeisser. Ist ja für mich immer der wichtigste Song auf dem Album. I Saw fängt eher unheilschwanger an (da ist er schon wieder, der Anfang!), und richtig fröhlich wird der Song nicht mehr. Lyrics wie „all hope is lost, you’re living in a dreamworld that is falling apart“ sind auch nicht grad Texte, für die man fröhliche Melodien schreiben würde. Muss aber auch nicht sein, denn die Finnen schaffen es, für den Refrain schon wieder eine Ohrwurmmelodie aus dem Ärmel zu zaubern. Definitiv ein Rausschmeisser, wie ich ihn mir für jede Scheibe wünschen würde. Volle Punktzahl auch hierfür.
Fanzit: Velvet Six mögen noch jung sein, es wär aber ein Fehler, die Qualität ihrer Musik in Parallele dazu zu setzen. Mit Demons Los Divas sind sie ganz klar auf dem richtigen Weg, und werden es hoffentlich noch weit zu bringen. Das Zeugs dazu haben sie, ihre Musik dürfte für fast alle Geschmäcker etwas dabei haben… Abzug gibt’s für die Ballade, und – weil ich mal ganz kleinlich bin – für die zwei oder drei eher durchschnittlichen Track. Ganz klare Kaufempfehlung also für alle, die auf Hard Rock gewürzt mit Epik stehen und auch mal mit ein paar elektronischen Elementen hie und da leben können.
Trackliste
- Twist
- Demons Los Divas
- Something Evil
- Back to Back
- Lightkeeper
- Love’s Like*
- Underneath
- The Family
- Blood Rain
- I Saw
(* In meiner Promo Version steht da zwar Loves Like, ich bin aber sicher, dass es Love’s Like heissen müsste.)