Dawn of Destiny sind eine Power Metal Band aus Deutschland, und wohl die unterbewerteste Band überhaupt. Es ist mir ein Rätsel, wieso dieses fantastische Quartett nicht mehr Anerkennung von der Szene bekommt. Die Band liegt mir sehr am Herzen, weswegen die folgende Review auch wieder ziemlich lange geworden ist. Wer nicht so lange lesen mag, möge runterscrollen bis zum ebenfalls ziemlich ausführlichen Fanzit – wird dabei aber einiges verpassen. 😉
Erst 1 Jahr ist es her, seit Dawn of Destiny mit F.E.A.R. eine Scheibe rausgehauen haben, die ihresgleichen sucht. Auch dieses Mal haben sie einige illustre Gäste versammeln können, so geben sich Björn ‚Speed‘ Strid von Soilwork und Zak Stevens von Savatage und Circle II Circle, sowie der Gitarrist Marco Wriedt ex- Axxis, 21 Octayne die Ehre.
To Hell beginnt zwar ziemlich düster, aber mehr als vielversprechend. Die typischen Dawn of Destiny Elemente sind wieder vertreten: Jens und Jeanette teilen sich das Mikrofon, singen erst mal allein, nur um dann ihre Stimmen zu vermischen zu den so elementaren Chören, die ihre Musik ausmacht. Wieder haben wir es mit einem Konzeptalbum zu tun, und die Story ist so ausgefeilt, wie sie es bei F.E.A.R. schon war. Dieses Mal geht es um ein neu verheiratetes Paar, das seine Hochzeitsreise auf einer Kreuzfahrt verbringt. Aber es ist nicht alles eitler Sonnenschein, wie man schon beim ersten Track (Hide Our Sorrow) merkt. Der zweite Song (Fire) bringt dann die dreckige Seite von Jeanettes Vocals zum Vorschein. Gefällt mir sehr gut, und passt wie die Faust aufs Auge zu den Lyrics… schon jetzt wird klar, dass das Geheimnis, um das es in den Lyrics geht, nichts Kleines ist. Und so wie ich Dawn of Destiny kenne, wird es noch viel schlimmer sein, als ich mir ausmale.
From Paradise beginnt überraschend fröhlich, mit Streichern und allem Drum und Dran… ich trau der Sache noch nicht. Die Streicher klingen ziemlich irisch, was zwar ungewohnt ist, sich aber wunderbar in den Rests der Musik einfügt und die Aufmerksamkeit zurücklenkt – sollte man sich denn tatsächlich ablenken haben lassen. To Hell holt den Hörer natürlich wieder aus seinen Hoffnungen, dass vielleicht alles gut werden könnte, raus. Trotzdem klingt noch ein bisschen Hoffnung an in der Musik, ein paar fröhliche Vibes, es ist also noch nicht alles verloren… oder so dachte ich eben noch. Scream klingt zu Beginn wie die Filmmusik aus einem Schwarzweiss-Krimi – es geht wohl langsam auf den Höhepunkt zu. Das Tempo zieht an, die Melodien werden eingängiger. Bei der Bridge kommt aber ganz klar ein Gefühl von Beklemmung, und leichtem… Irrsinn… auf. Genau deswegen liebe ich Dawn of Destiny. Ich kenne keine andere Band, die Geschichten und Gefühle so gut in Musik abbilden kann.
Hateful Heart klingt zu Beginn eher traurig, hat aber auch wieder diese Gitarren, die leichten Wahnsinn versprühen. Der Song ist aber erstaunlich ruhig, eine – meiner Meinung nach – perfekte Abbildung von Ibrahims Entschlossenheit, die aus seiner Trauer entspringt. Und ja, das Booklet muss man wieder lesen, das ist klar, da kommt man nicht drum herum, wenn man die Geschichte verstehen will (deswegen sag ich euch auch nicht, wer Ibrahim ist, müsst ihr selber lesen, ätsch). Und sie einfach zu ignorieren wäre eine Schande. Nun, da ich das Booklet nebenbei lese, weiss ich nun, worum’s geht, will aber nicht spoilern. Darum nur so viel: Erstens ist es wieder etwas, worauf man nie kommen würde und zweitens wird es nicht gut enden. Davon bin ich überzeugt. Schauen wir mal, ob ich recht habe… Burn in the Fire heisst der nächste Song… ich glaube, ich habe recht. Japp, ich hab recht. Und wieder gelingt es Dawn of Destinys Mastermind Jens Faber eine Mirade von Gefühlen in seiner Musik einzufangen. Erleichterung, weil die Lügen ein Ende haben, tiefste Verzweiflung, Wut, Trauer… Only the Ocean Knows hat einen ziemlich eingängigen Chorus, der die eher ruhigeren Strophen wunderbar ergänzt. Ab der Bridge haben wir einen krassen Melodiewechsel und der Song wird noch eingängiger.
Light in the Night ist ein spannungsgeladener Song voller Gegensätze. Fröhliche Chöre treffen auf Growls, Verzweiflung, und epische Zwischenteile, alles vor einem Hintergrund ziemlich aufgestellter Melodien. Hut ab, dass das nicht nach Chaos klingt, sondern sich in einander fügt wie gut geölte Zahnräder. Destroy My World ist lange nur instrumental und bleibt sehr ruhig. Akustikgitarren sind hier mit im Mix und zusammen mit Jeanettes Soloauftritt geben sie dem Song die richtige Atmosphäre, die richtige Balance aus froh, alles hinter sich zu lassen und Busse zu tun, und der aus Überzeugung geborenen Energie. Ich wüsste nicht, was passender wär für die musikalische Umsetzung des Moments, in dem man entscheidet, sich für die geliebte Person zu opfern und für seine Fehler gerade zu stehen.
Belief thematisiert eine Frau, die sterben muss, die dies zu Beginn nochmal zu verhindern versucht, obwohl sie weiss, dass es keinen Sinn hat und sich am Ende fügt… immer wieder versetzt mich das durchdachte Songwriting in Erstaunen, auch wenn ich’s unterdessen wirklich besser wissen sollte. Life fängt fast schon aggressiv an, und es scheint gar nicht so recht zum Text zu passen. Doch wenn ich etwas gelernt habe, dann dass bei DoD Text und Musik immerpassen. Wenn sie nicht passen, dann nur, weil der Hörer noch nicht rausgefunden hat, wie sie passen. Und so auch diesmal, natürlich ist die Musik aufs Genauste zugeschnitten auf die Thematik.
Ziemlich lange dachte ich, der Rausschmeisser enttäuscht mich als Rausschmeisser (die für mich wohl wichtigste Stelle auf einem Album), weil er sehr langsam und ruhig gehalten ist, nur mit Akustikgitarre Vocals. Nach mehrmaligem Hören muss ich allerdings sagen, dass es ein perfekter Abschluss ist, auch wenn’s nicht der Energie geladene Track ist, den ich mir in einer idealen Welt erhofft habe. Und dass die Welt in DoDs Konzepten alles andere als ideal ist, damit muss man leben.
Fanzit
To Hell braucht noch ein wenig länger, bis es hängen bleibt, als es der Vorgänger F.E.A.R. getan hat, und das war schon eine Stufe über Praying to the World. Das ist jedoch mitnichten schlecht, denn die Qualität der Songs hat mit der Zeit klar zugenommen. Das soll nicht heissen, dass Praying to the World nicht gut sei – im Gegenteil – aber die sofortige Eingängigkeit geht da zu Lasten der unaufdringlich fein gewobenen Melodien. To Hell erzählt wieder eine äusserst faszinierende Geschichte, und jeder Song ist – wenn nicht ein Ohrwurm – qualitativ auf höchstem Niveau, wenn man sich mal lange genug mit dem Album beschäftigt hat (ca. 2-3 Durchgänge braucht’s sicher). Das ist es aber absolut wert, denn ich kenne keine andere Band, die Musik und Text so perfekt aufeinander abstimmen, und bei der man einen so extremen Mehrwert gewinnt, wenn man die Lyrics mitliest. Dawn of Destiny sind eine bei weitem unterschätzte Power Metal Band, die mit aussergewöhnlichen Vocalisten auftrumpft, einem genialen Songwriter und auch ansonsten mehr als nur virtuosen Musikern – was will man mehr? Freunde von Amaranthe und ähnlichen doppelt gefronteten Bands oder auch Nightwish und Co. sollten unbedingt ein Ohr riskieren, denn To Hell bietet von schnell und hart bis langsam und schaurig schön alles, was das Power/Melodic Metal Herz begehrt.
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Trackliste „To Hell“
- Hide Our Sorrow
- Fire
- From Paradise
- To Hell
- Scream
- Hateful Heart
- Burn in the Fire
- Only the Ocean Knows
- Light in the Night
- Destroy My World
- Belief
- Life
- Forgive