IRON MAIDEN – The Book of Souls

Heavy Metal
01.09.2015

Eddie returns!

Iron Maiden sind die grösste Metal Band der Welt. Punkt. Oder besser: Ausrufezeichen! Es gibt wohl kaum eine musikinteressierte Person auf diesem Planeten, dem dieser Name unbekannt ist – egal, ob Metalhead oder nicht. Maiden haben sich ein Standing erarbeitet, wo sie nichts mehr tun MÜSSEN – sie können längst einfach das machen, was sie WOLLEN. Während in den 80ern die neuen Alben im Jahrestakt veröffentlicht wurden, liegen mittlerweile 5 Jahre zwischen zwei Werken. Dafür sind die Fans jetzt jeweils auch richtig giggerig auf neuen Stoff. Unzweifelhaft ist „The Book of Souls“ das mit am meisten Spannung erwartete Metal Album des Jahres 2015!

Aber erst mal die ketzerische Frage: haben’s Maiden noch drauf? Können Steve Harris & Co auch heute noch gute Songs schreiben? Oder gibt’s am Ende gar einen Flop, so wie ihn Judas Priest letztes Jahr abgeliefert haben? Die Tracklist alleine sagt natürlich nichts über die Qualität aus – aber 11 Songs mit einer Spieldauer von über 90 (in Worten: NEUNZIG!) Minuten: da kommt was auf die Welt zu! Zum Vergleich: das Meisterwerk „Seventh Son of a Seventh Son“ aus dem Jahr 1988 hat nicht mal die halbe Spielzeit… Und hier knacken alleine drei Songs die 10-Minuten Marke!

Somit ist eines schon mal glasklar: ein einmaliges Hören dieses Albums reicht mit Garantie nicht aus, um ein Urteil zu bilden!

Wenn man ganz ehrlich ist: die Klassiker wie „Piece of Mind“, „Seventh Son of a Seventh Son“ oder „The Number of the Beast“ sind geschrieben. Aber vor allem mit dem 2006er Album „A Matter of Life and Death“ haben Maiden gezeigt, dass man auch in den 2000er Jahren grossartige Musik machen kann. Also: wollen wir mal hören, ob diese Aussage auch im Jahr 2015 ihre Gültigkeit hat…

Mit sanften Tönen und einem starken, von Bruce gesungenem Intro, beginnt der Opener „If Eternity should fail“, die erste von zwei Nummern, die vom Sänger alleine geschrieben wurde. Im Midtempo angesiedelt, überzeugt vor allem der sehr eingängige Refrain. Einmal hören – den kriegt man nicht mehr raus!

Im Mittelteil wird dann für die Solos noch etwas an der Temposchraube gedreht, was dem Titel eine völlig neue Dynamik verleiht. Ein herrlicher Stampfer, der mit einem ebenso sanften Outro endet. Ein fantastischer Einstieg in das Album!

Das von Adrian Smith und Bruce Dickinson geschriebene „Speed of Light“ ist die erste Single und die Maiden Manaics dürften diesen Song längstens in- und auswendig kennen. Wer übrigens Zweifel daran hatte, dass Bruce seine Sangeskünste verlernt oder seine Stimme verloren hat, wird hier eines besseren belehrt. Ansonsten ist dies mit 5:01 der zweitkürzeste Titel des Albums. Öhm, ja…

„The great Unknown“ beginnt und endet ebenfalls eher ruhig, im Mittelteil singt Bruce hoch und aggressiv, ähnlich wie bei „Mother of Mercy“ vom letzten Album. Insgesamt jedoch ist das eine eher unspektakuläre Nummer, die etwas abfällt.
Aber jetzt wird’s richtig schwer! „The Red and the Black“ ist ein über 13-minütiges Epos aus der Feder von Mastermind Steve Harris. Übrigens der einzige Song, den Steve alleine geschrieben hat… Gleich zu Beginn werden Erinnerungen wach an „The Rime of the ancient Mariner“! Dann nach nicht mal drei Minuten ein erstes Mal herrliche „Ohohohohoh“ Chöre – huii, das könnte live ganz grossartig werden… Die wiederholen sich auch mehrmals, bevor der lange instrumentale Mittelteil folgt. Und wie beim erwähnten Klassiker darf auch Bruce zum Ende hin nochmals ran. Ohohohohoho!

Für die Verhältnisse dieses Albums ist das folgende „When the River runs deep“ kurz und knackig. Dies ist jetzt wieder ein Song, der auch nach mehrmaligem Hören nicht so richtig zünden will. Irgendwas fehlt mir irgendwie.

Als Abschluss der ersten CD ist nun der Titeltrack an der Reihe. Geschrieben von Jannick Gers und Steve Harris ist dies der zweite Titel, der die zehn Minuten knackt. Wieder kommen hier als erstes die Akustikgitarren zum Zug, während Bruce anschliessend alle Register seiner Sangeskunst zieht. Sehr beeindruckend! Sehr lange ist der Song in trägem Tempo gehalten, fast schleppend. Doch urplötzlich wird auch hier wieder auf’s Gaspedal gedrückt, bis zum Schluss der Song so aufhört, wie er begonnen hat. Auch hier: es braucht einige Durchläufe, bis man den Zugang findet!

Für andere Bands wäre das Album jetzt fertig, gegessen, Geschichte. Aber wir reden hier von Iron Maiden! Es folgt ein zweiter Teil… aber zuvor brauch ich eine Verschnaufpause! Und ich behaupte, dass dies auch vielen Fans so gehen wird…

Es scheint so, als ob die Herren Dickinson und Smith zusammen nur kurze Songs schreiben können. „Death or Glory“ ist neben „Speed of Light“ deren zweite Zusammenarbeit und es ist der drittkürzeste Song des Albums. Sehr eingängig, verhältnismässig schnell und mit einem herrlichen Gitarrensolo, welches von Steve’s Bass prima untermalt wird. Ein Auftakt nach Mass beim zweiten Teil.

„Shadows of the Valley“ ist die zweite Co-Produktion von Harris und Gers. Aber diese Nummer ist jetzt eher durchzogen, ähnlich wie „The great Unknown“ fällt der Song etwas ab. Packt mich gar nicht.

Schatten und Licht liegen manchmal sehr nah beieinander. Denn mit „Tears of a Clown“ folgt jetzt die kürzeste Nummer (4 Minuten 59 Sekunden…), und die macht richtig Spass. Erinnert mich von der Machart her irgendwie an „Fear is the key“ oder andere Glanztaten vom „Fear of the Dark“ Album. Die Tatsache, dass es zudem wie erwähnt kein grosses Epos ist, ist eine angenehme Auflockerung der ganzen Geschichte.

Iron Maiden sind nicht dafür bekannt, dass sie grossartige Heiratsbeschleuniger geschrieben haben. Natürlich gibt’s auch in ihrer Karriere vereinzelt Songs, die man als „Balladen“ bezeichnen kann. „Wasting love“ kommt mir grad in den Sinn. Ob man „The Man of Sorrows“ jetzt in diese Kategorie stecken darf? Jedenfalls handelt es sich hier um den insgesamt wohl ruhigsten Song. Zu Beginn tönt’s fast wie beim gleichnamigen Titel von Bruce’s Soloalbum „Accident of Birth“, aber mit ein paar Rhythmuswechseln geht’s dann wieder in die progressivere Richtung.

Zum Abschluss kommt jetzt noch das Masterpiece: „Empire of the Clouds“. Mit 18:01 die längste Nummer des Albums und die längste Nummer überhaupt, die  Maiden je geschrieben haben. Der Song schliesst den Kreis, denn wie der Opener ist auch dies eine Komposition, die alleine von Bruce Dickinson stammt. Progressiv, verschachtelt, sperrig… Hier lohnt es sich noch mehr als beim Rest des Albums, sich einfach hinzusetzen und diese achtzehn Minuten ohne irgendwelche Ablenkung zu geniessen!

Ganz neue Töne zu Beginn: Piano und Orchester hat man bei Iron Maiden auch eher selten gehört… Einfach wunderschön! Dann der Gesang von Bruce, eine weitere Meisterleistung, bevor dann der Rest der Band in Aktion tritt. Sehr behutsam nimmt der Song an Fahrt auf, während nach sechseinhalb Minuten Bruce eine längere Pause antritt. Erst nach über 12 Minuten darf er wieder ran, während vorher die progressive Epik das Zepter in der Hand hält. Und auch hier wird’s gegen Ende wieder ruhig und sanft, die Piano- und Streicher Klänge schmeicheln wieder den Ohren.

„Empire of the Clouds“ reiht sich fraglos in den Reigen der Grosstaten wie „Rime of the ancient Mariner“, „Alexander the Great“ oder „To tame a land“ ein. Schlussendlich finde ich den Song dann allerdings doch eine Spur ZU lange. Nichtsdestotrotz: ein beeindruckendes Werk!

Somit ist es Zeit für ein Fanzit. Man könnte zum Beispiel den Vergleich machen mit Judas Priest’s Konzeptalbum „Nostradamus“. Aber das wäre ein schlechter Vergleich (Anm. von pam: Danke Kaufi ;-). Denn Judas Priest haben – im Gegensatz zu Maiden – seit langem nichts mehr Gescheites auf CD gepresst. Während „Nostradamus“ problemlos auf eine Scheibe gekürzt werden könnte, ist dies hier schon viel schwieriger. Ja, nicht alle elf Songs auf „The Book of Souls“ sind überragend. Ja, auch „The Book of Souls“ ist vielleicht einen Tick zu lange. Aber die Qualität des Grossteils der Musik ist grossartig! Iron Maiden ziehen hier wortwörtlich alle Register ihres Könnens. Beeindruckend zudem, wie sich das Album auch als Teamwork präsentiert: ausser Drummer Nicko McBrain haben alle Musikern zu mindestens einem Song beigetragen und nur gerade drei Nummern überhaupt sind „Einzelwerke“!

Ich habe es zu Beginn geschrieben: man darf nicht mehr ein Überklassiker erwarten von Iron Maiden. Und das Buch der Seelen ist sicherlich nicht das beste Maiden Album aller Zeiten. Dennoch: dies sind fuckin‘ Iron Maiden! Und die schreiben immer noch Songs, nach denen abertausende Bands sich die Finger schlecken würden! Es wird spannend zu sehen, wo sich dieses Werk in der Diskographie der Band einfügen wird. Für meinen Teil gefällt es mir deutlich besser als „The Final Frontier“ und wenn die Langzeitwirkung sich dann entfaltet, dürfte es auch „A matter of Life and Death“ überflügeln.

Ich betrachte jetzt „When the river runs deep“, „Shadows of the Valley“ und „The great Unknown“ halbwegs als Streichresultat.

So sind 8.5 Punkte gerechtfertigt für eine Scheibe, welche Ende Jahr sicher überall bei den Polls zum „Album des Jahres“ weit oben stehen wird!

 

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Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 8.5/10



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Autor
01.09.2015
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