Auf einer Waldlichtung oberhalb der Zürcher Gemeinde Hüttikon findet seit einigen Jahren das Metalfestival „Meh Suff!“ statt. Nach einem kurzen Spaziergang durch Wald und vorbei an Maisfeldern erreicht man das Festival innert Minuten.
Dieses Jahr zeigt sich das Gelände etwas enger als die Jahre davor, da der Bauer Platz für den Mais brauchte. Das Festival mit rund 1’500 Besuchern ist relativ klein, fährt aber heuer mit einem Hammer-Billing auf. Und trotz eher kühleren Temperaturen lassen es sich Metalfans aus nah und fern nicht nehmen und pilgern mit Sack und Pack auf den Hüttikerberg.
Positiv muss schon vorweg die sehr gute Organisation des Festivals erwähnt werden: Shuttelbusse gewährleisten ein unkompliziertes Ankommen und Verlassen des Festivals, für alle die, die mit ÖV unterwegs sind. Am Einlass verläuft alles fliessend und selbst auf dem Festivalgelände sind die Wartezeiten bei den Getränke– und Verpflegungsstände absolut im grünen Bereich.
Freitag 4. September 2015
Als erste Band des Festivals legen Bloodtruth (IT) die sich dem Brutal Death verschrieben haben, mitten am Freitagnachmittag bei schönstem Wetter los und werden auch glatt verpasst, da ich mich nicht früher von der Arbeit verabschieden konnte.
Somit ist Blood Runs Deep (CH) die erste Band, die ich mir reinziehe. Der doomlastige Metal/Rock knallt anständig in die Runde, mag aber das spärlich anwesende Publikum zu dieser frühen Stunde nicht wirklich zu begeistern. Ein wenig enttäuschend ist das Stage-Acting der Band. Etwas mehr Bewegung auf der Bühne hätte dem Auftritt der Schweizer nicht geschadet.
Truth Correded aus dem fernen Down Under räumen danach vergleichsweise fett ab. Das aggressive Stage Acting der Band wirkte in Kombination mit der brachialen Musik fantastisch. Der Stil des australischen Fünfers ist irgendwie schwierig einzuordnen, da neben Death Metal auch noch Thrasheinflüsse auszumachen sind. Aber immerhin lassen die Jungs es richtig krachen und können so auf eine gute Fanbase zählen. (Sabi)
Ganz pünktlich zum Festivalbeginn sollte es auch bei mir nicht reichen – aber was soll’s, bei welchem Festival kann man auch sonst so gemütlich nach der Arbeit anreisen? So geht‘s bei mir mit Rotting Christ los, wobei ich mir nebenbei einen Überblick über das Gelände verschaffe und ein erstes (oder zweites) Bierchen trinke. Der optisch doch kleiner bzw. enger geratene Zuschauerbereich dürfte noch einiges zur Stimmung beitragen – dazu braucht es allerdings mehr als mythisch angehauchten Black Metal bei Tageslicht. Obwohl ich am Auftritt der Griechen nicht viel aussetzen kann, reisst es die wenigsten so richtig mit.
Suffocation (USA) gehen da in eine andere Kategorie: Die Amerikaner zeigen ohne Umschweife, wieso sie seit Jahrzehnten zu den Grossen des Death Metal zählen! Einfach gehaltenes Licht, kein Nebel – so kommt der gnadenlose Auftritt so richtig zur Geltung. Auffällig vor allem das äusserst ungleiche Duo der Gründungsmitglieder, Frank überzeugt mit aggressiven Growls und einer fast unwirklichen Lockerheit bei bestimmten Übergängen, Terrance an der Gitarre sorgt nicht nur optisch, sondern auch technisch für viel Abwechslung. (Röschu)
Die Folk-Metaller Finntroll sind schon seit einer Ewigkeit aktiv und gelten zu Recht als einflussreichste Band in Sachen Folk-Metal. Die Truppe mit den spitzen Ohren aus Helsinki legte dann auch los wie die heidnische Feuerwehr und begeisterte mit Spielfreude und einer tollen Songauswahl. Natürlich fehlt in ihrem Set auch ihr Klassiker “Trollhammaren” nicht und konnte das Publikum zu lautstarkem Mitbrüllen des Refrains hinreißen.
Nile betreten nach der Umbaupause unter Applaus die Bühne. Die Technical Death Metal-Meister zeigen Spielfreude und donnern ihre nicht gerade leicht verdauliche Mucke in die hochbegeisterte Menge. Die Amis präsentierten einen guten Querschnitt durch die Diskografie mit gewohnt hoher Präzision und Brachialität. Neben der perfekte Ergänzung zum virtuosen Gitarrenspiel und dem abartig schnellen und präzisen Drumming, zählen auch die interessanten Bassläufe. Überhaupt gewinnt man bei einem Nile den Eindruck, dass diese Band technisch betrachtet von einem anderen Planet sein muss.
Abbath, das Soloprojekt von Immortal Sänger Abbath, ist eine Liga für sich und schrotet im Verhältnis zum Restbilling stumpfer und simpler durch die Botanik und dennoch zeigt sich sofort, dass dies die Band ist, auf die heute alle gewartet haben. Eine gute Stunde zelebrieren die sympathischen Norweger Black Metal vom Feinsten und bieten einen soliden Auftritt. Dass bei Abbath himself noch nicht alle Texte sitzen, sei ihm vergeben. Zu lustig war das Durcheinander seiner grossen gelben Blätter mit den Songtexten in riesengrosser Schrift, die er vor sich auf dem Monitor geklebt hatte. Plötzlich musste der Roadie eingreifen, da die Blätter nicht mehr der Reihe nach geordnet waren und Abbath ins Schleudern kam.
Als letzte Band des heutigen Festivaltages steigen Female Nose Breaker aus Winterthur auf die Bretter und prügeln ein zeitgenössisches Brutalogeballer Namens Brutal Death in die Nacht hinaus. Da wir Metalinsider noch einen weiteren Tag vor uns haben, entschliessen wir uns, den Rückweg anzutreten.
Samstag 5. September 2015
Nachdem einem ergiebigen Frühstück, machen wir uns Anfangs Nachmittag wieder Richtung Hüttikon auf wo wir auch schon auf die ersten verkaterten Festivalbesucher stossen, die noch etwas verwirrt in der Gegend herumirren. Dem Namen des Festivals haben die alle Ehre gemacht.
Los geht es heute mit Alcohol Related Death aus dem Kanton St. Gallen. Vor noch nicht allzu viel Publikum erarbeitet sich die Band von Song zu Song mit einem guten Mix aus Death und Thrash das Publikum. So mancher geht vom eben noch mit verschränkten Armen vor der Bühne stehen, zum Kopfnicken oder sogar zum Headbangen über.
Petrol Patrol aus Lausanne stellt sich als motivierter Haufen heraus und legen im Anschluss los. Die Band hat eine gute Fanmannschaft vor der Bühne versammelt und überzeugt mit angenehmem Sound und melodiösen Soli. Fette Riffs, ein tightes Drumming und ein Sänger der sich mit seiner Stimme durchzusetzen mag, zeichnet die Westschweizer Thrashcombo aus. (Sabi)
Das Amerikanisch-Mexikanische Trio von Rottenness packt dann Brutal Death mit Grind-Elementen aus. Nicht so ganz mein Geschmack, mit einem energischen, geradlinigen Auftritt, wissen die 3 Jungs ihren Sound aber gut zu präsentieren. Spätestens ein paar Gratis-Shots Tequilla sorgen dann auch im Moshpit für die richtige Stimmung! (Röschu)
In Sachen Thrash gehört Artillery zum “alten Eisen”. Die Dänen zeigen was „alte Thrash Schule“ und legen eine gute Spielfreude zu Tage. Die Performance der Herren vorgeschrittenen Alter ist eher statisch wird aber durch Michael Bastholm Dahl einen äusserst agilen Sänger in ihren Reihen, der nicht nur brillant singen kann, sondern auch ständig von einer Bühnenecke zur anderen fegt, aufgewertet. Der Rest der Band macht aber auch einen sehr motivierten Eindruck und beweist damit, dass sie definitiv nicht zu alt sind für deftigen Thrash Metal.
Die Freude ist gross, dass God Dethroned (NL) wieder am Start ist. Die Band vermag das bis jetzt ehre lasche Publikum aus der Erstarrung zu ziehen und bringt an diesem Tag erstmals richtig Stimmung auf den Platz. Der anständige Death Metal, der ordentlichTempo macht und zu dem mit eingängigen Melodien trumpft, zieht von der ersten Minuten an. Die Band spielt tight und der Sound kommt erstklassig daher und lässt den Auftritt zum Vergnügen werden. (Sabi)
Ein super Auftritt der Holländer, dieser Meinung schliesse ich mich an! Im Januar gaben God Dethroned (3 Jahre nach ihrem bis dahin letzten Auftritt) im Rahmen der 70’000 Tons of Metal ihr Comeback, wobei Michael (Schlagzeug) und Henry (Gesang) bis auf weiteres auf temporäre Unterstützung an Bass und Gitarre setzen. Nach diesem Kracher bleibt zu hoffen, dass sich die Band auch langfristig wieder etablieren wird – und bald mit neuem Material rausrückt. Wir freuen uns auf jeden Fall darauf!
Heftige Stil-Wechsel müssen die Metalfans dann in den folgenden Stunden verkraften. Equilibrium steht als nächstes auf der Bühne – die Deutschen dürften nun vor allem dem jüngeren Publikum bekannt sein. Stimmungsvoller Epic/Power Metal, schnell, melodisch, mit einigermassen tiefgründigen Lyrics (Bestes Beispiel: Wirtshaus Gaudi… prost!) – da bleibt kein Stein auf dem anderen! Einzig die Abwesenheit von Bassistin Jen nimmt dem ganzen etwas an Romantik, aber auch ihr Ersatz (Claudio von Haggard) macht seine Sache super! (Röschu)
Equilibrium vermag die Stimmung im Publikum zum Brodeln zu bringen und lässt für 45 Minuten vergessen, dass die Lufttemperatur langsam empfindlich kalt ist. Die Deutschen haben die Menge von der ersten Sekunde an fest im Griff und verwandelten das Meh Suff Festival zum Headbanger-Festival. Die Fans sind textsicher und schleudern die Texte wie bei einem Chor, der Band entgegen. Zeit zum auszuruhen oder die Nackenmuskulatur zu entspannen, liegt bei diesem Auftritt absolut nicht drin!
Nach dem siegreichen und energiegeladenen Auftritt der Deutschen, folgt das No-Go des Abends. Zur besten Spielzeit kurz vor neun Uhr betritt bei düsterer Bühnenbeleuchtung, die sich auf die Farben weiss und blau beschränkt, das Unfassbare die Bühne. Eine Band Namens Dark Space aus Bern. Zu den monotonen und sterilen Tönen des Schlagzeugs aus der Dose, kommt noch ein ebenso langweiliges Stageacting vom Rest der Band. Die Musiker haben ihre Instrumente im Griff, an dem gibt es absolut nix zu rütteln, nur hätte diese Band bestens als Rausschmeisser funktioniert. Black Ambient oder Atmospheric Black Metal, wie die Band ihren Stil bezeichnet, passt zu dieser Zeit nicht ins Programm und lässt so einige Besucher das Feld räumen. (Sabi)
Da ging bei der Zusammensetzung der Running Order definitiv etwas schief – schade. So liegt es nun an den Kanadiern von Kataklysm, wieder Stimmung in die Bude zu bringen. Und das gelingt dem heutigen Headliner. Viel gibt es da noch nicht mal zu schreiben: purer Death Metal, right in your face! Einfach nur richtig geil!
Mit Alcest aus Frankreich und Hideous Divinity (Italien) sorgen schliesslich zwei Bands aus unseren Nachbarländern für den Festivalabschluss. Während erstere mit teils fast melancholischem Post-Rock nochmals einen ruhigeren, instrumentellen aber sehr interessanten Weg beschreiten, wird es beim abschliessenden Auftritt der Italiener nochmals richtig schnell! Technisch hochstehender Brutal Death Metal – es ist noch ein letzter, ziemlich markanter Stilwechsel für alle, die nach zwei vollgepackten Tagen noch immer nicht genug haben! (Röschu)
Wie wir von Metalinside, dürften auch diese hartgesottenen und sicher nicht mehr ganz nüchternen Metalfans ein positives Urteil fällen: Den Veranstaltern von Meh Suff! ist es einmal mehr gelungen, ein ausgezeichnet organisiertes, durchwegs friedliches Festival mit einem verhältnismässig sackstarken und äusserst ausgewogenen Line-Up auf die Beine zu stellen. Da bleibt schlicht nicht mehr anzufügen als ein riesiges DANKE, WEITER SO!