Nach einem angenehmen und kurzweiligen Flug, erreichte ich am Donnerstagmittag Oslo Airport. In Oslo Down Town, wurde direkt das Hotel CLARION ROYAL CHRISTIANIA angesteuert, das nur einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt liegt. Hier sollte ich auf Päscu Zeller treffen, der mit mir für diesen Bericht verantwortlich ist. Die Betonung liegt auf „SOLLTE“, denn Herr Zeller und sein Kumpane Mike hatten ‘ne strenge 1. Festival-Nacht hinter sich und befanden sich noch in der Regenerationsphase. Ja, was soll’s, das Hotel ist mir ja bestens bekannt, also nix wie ab, anmelden am Presseschalter, Lage abchecken und sich schlaumachen, welche Band als erstes auf der Bühne steht.
Im CLARION ROYAL CHRISTIANIA Hotel nächtigten übrigens neben den Bands auch etliche Festivalbesucher. Vorträge über die Metalszene & Musik und „weiss-der-Geier–was“ fanden statt, eine Bier Degustation fehlte ebenfalls nicht und die Hotel Bar lud zum Verweilen in gemütlicher Atmosphäre ein. Natürlich immer mit der passenden Hintergrundmusik.
Das Festival selbst findet wie eh und je im Rockefeller und John Dee statt. Beide Clubs sind miteinander verbunden und lassen sich bequem durch den Gang wo die Tattoo-Meile und der offizielle Band Merchandise-Stand untergebracht sind erreichen. Linkerhand vom Haupteingang sind diverse Merch-Händler die ihre Ware feilbieten und keine 20 Meter von der Bühne entfernt, steht der Grill auf dem Würste, Würste, Würste, Würste…ich kann sie nicht mehr riechen!!…gegrillt werden. Neben dem Chilli Con Carne die einzige Verpflegungsmöglichkeit auf dem Festivalgelände.
Donnerstag, 24. März 2016
ICS Vortex
Pünktlich zu ICS VORTEX (NO) erreichen wir die heilige Halle des Rockefellers. Simen Hestnæs, auch bekannt unter seinem Pseudonym I.C.S. Vortex, war bekanntlich bis 2009 Bassist der lokalen Black Metal Riesen Dimmu Borgir. Doch von der düsteren Vergangenheit ist wenig übriggeblieben und den Bass hat er gegen die Rhythmusgitarre und das Mic getauscht. Untypisch für das ganze Inferno Festival ist sein Clear-Gesang. Dafür tönt es angenehm progressiv, melodiös, vielseitig, schnell und mal wieder ruhig. Anleihen zu Opeth sind nicht zu überhören. Das Publikum in der gut gefüllten Halle, wirkt statisch und etwas unterkühlt, honoriert aber den einstündigen Auftritt der Band mit anständigem Applaus. (Sabi & Päscu)
Shores Of Null
Nahtlos geht’s im John Dee mit SHORES OF NULL aus Rom weiter. Melodic Blackened Doom genau nach meinem Geschmack! Geile Gitarrenwand, super Performance und ein Sänger der ‘nen guten Mix von Growls und Clean Gesang macht. Natürlich fehlt auch das fast schon obligatorische Foto von der Bühne Richtung Publikum nicht, das glatt mit „this is gonna be a nice one“ von Sänger Davide kommentiert wird. Einziger Minuspunkt, für das die Band aber nix kann, es ist verdammt laut und schmerzt trotz Ohrenschutz gewaltig! (Sabi)
Vader
VADER (POL) dürfen danach das Rockefeller musikalisch zerstören. Seit 1983 beehren uns die 4 aus dem Land der absoluten Inbesitznahme von Vehikeln, auch Auto-Diebstahl genannt, mit donnernden Deathmetal-Riffs. Schon mehrmals waren sie in Oslo am Inferno zugegen und auch diesmal enttäuschten sie nicht. Songs wie „Reborn In Flames“, „Triumph Or Death“, „Dark Age“ oder „God Is Dead“ spielten sie routiniert aber immer noch voller Spielfreude in die aus ihrer Zurückhaltung gerissenen Wikingerhorde. (Päscu)
Scarred
Im John Dee sind unterdessen Scarred aus Luxemburg am Werk. Der Fünfer rumpelt seit 2003 durch die Botanik und pfeffert Progressive Death/Thrashmetal in die Meute. Extrem laut, extrem brachial und in einem Tempo, das die Die-Hard-Fans kaum mit Matte schwingen nachkommen. Die rund 40 Minuten Geprügel lassen vermuten, dass die Band einen bleibenden Eindruck hinterlassen wollen. Nun, bei uns ist es gelungen. (Sabi & Päscu)
Marduk
Wo Vader aufmarschieren, da sind MARDUK meistens auch nicht weit weg! So ist es auch im Rockefeller. Die eng mit den Osteuropäern befreundeten Schweden, hauen den Anwesenden eine tolle Show vor den Latz, mit obligatorischem Summton zwischen den einzelnen Songs. Nach 60 Minuten war genug Tod verbreitet und die Pyrofeuer erloschen wieder. (Päscu)
Während Päscu den düsteren Tönen von Marduk mit voller Begeisterung lauscht, wünsche ich mir nichts mehr, als dem monotonen Gepolter zu entkommen und verdrück mich mit einem total überteuerten Bier (10.00 für 0,5l!) auf einem der raren Sofas im Rockefeller.
Nach diesem musikalischen Tief sank die Lust auf Cattle Decapitation aus San Diego (USA) und den Rausschmeisser Mysticum aus Norwegen rapide und das Hotelbett wurde vorgezogen. (Sabi)
Freitag, 25. März 2016
Ausgeschlafen und gestärkt durch feines Essen treffen wir am frühen Abend im Rockefeller ein.
Blood Red Throne, Abyssion
Die einheimischen Brutal Death Metaller Blood Red Throne verbreiten seit 1998 Angst und Schrecken in den Hallen Europas und spielen heute als erste Band auf der Bühne des Rockefellers. Der Stil erinnert stark an Cannibal Corpse, mit dem Hauptunterschied jedoch, dass Obergrunzer Vald mit dem Schlunddurchmesser von George Fisher definitiv nicht mithalten kann. Ein gelungener Gig und den Heimvorteil voll ausgenutzt war das Fanzit nach einer 3/4 Stunde. (Päscu)
Im John Dee gehen die Düstermetaller Abyssion (FIN) ans Werk. Dunkel wie die Hölle ist es im Club, Licht ist Mangelware, passt aber wie der Deckel auf den Topf. Sphärischer Sound, psychodelisch und progressives Gedudel. Gibt es eigentlich elektronischen Black Metal?! Wenn nicht, haben’s die Finnen erfunden! Statt ‘ner zweiten Gitarre, wird ein zweites Keyboard eingesetzt was den fehlenden „Kick“ in der Musik auch nicht zu ersetzten vermag. (Sabi)
Freude herrscht! Metall wird ja bekanntlich im Ruhrpott mehr als genug erzeugt. Nur, wer schon immer wissen wollte, welche Band aus dieser Ecke es versteht, 1000 todernste Norweger vollkommen aus dem Häuschen zu bringen….der muss sich definitiv an Sodom wenden. Tom und seine 2 Mitstreiter sind der Oberhammer!! Kein Klassiker fehlt, auch „Ausgebombt“ oder „The Saw Is The Law“ nicht. Für Überraschung sorgt Onkel Tom als er das Mic freigibt und Tore Bratseth, der Sänger der legendären Motörhead Tribute Band Bömbers aus Bergen, übernimmt. “Alllrighhhtt! This one is for Lemmy Kilmister! Now let me see your Iron Fists!”, trifft ins Schwarze und lässt das Publikum ausflippen. (Päscu & Sabi)
Wormlust, Suffocation, Craft, Nile
Wormlust aus Island ist Gemetzel pur! Dunkler als die Hölle und unbeschreiblich laut. Blastbeats werden nur so rausgehauen, vom monotonen Gesang versteh ich bloss „Wähhhh, Wohhh, Arghhhh“ und der Gitarrensound stellt sich als undefinierbares Geschredder heraus. „Black Metal from Hell“ ist das einzige was mir noch zu Wormlust in den Sinn kommt. (Sabi)
Der 5er aus New York City, namens Suffocation, zelebriert hochklassigen Grindcore-Deathmetal, der abwechselnd treibend, mit ultraschnellen Blastbeats auf die Zuhörer einprügelt. Erneut sind Anleihen an Cannibal Corpse hörbar, jedoch muss sich die Band um Frontmann Frank Mullen nicht hinter Fisher und Co. Verstecken, zu eigenständig ist ihr Sound. (Päscu)
Nach den Amis, verzieht sich die Menge schnurstracks ins John Dee. Craft aus Schweden verbreiten hier Angst und Schrecken und schwören den wahren Geist des Black Metals herauf. Die Mucke ist mit so viel Hass geschwängert, der Gesang so krächzend und abartig, dass es mir in den Ohren wehtut und ich das John Dee so schnell verlasse, als wäre der leibhaftige Teufel hinter mir her. (Sabi)
Als Headliner des heutigen Abends ist Nile (USA) auf der Bühne. Nach so viel des Bösen eine Wohltat für die geschunden Ohren. Die Amis setzten alles auf ein schnelles umfangreiches 90 minütiges Set. Obwohl Technical Death Metal zu später Stunde, ein rechter Brocken ist, kommt die Band gut an und erntet wohlverdienten Applaus. (Sabi)
Kleines „No – Go“ des heutigen Abends: die viel zu lange Pause zwischen Craft und Nile! Auf Musik wird verzichtet, was doch eine stattliche Menge an Publikum in die nahenliegenden Bars vertreibt. Trotzdem darf das Inferno Festival aber auch heute wieder eine verschwitzte und glückliche Menge Metalheads in die Nacht entlassen.
Samstag, 26. März 2016
Tag drei und kein Hangover? Ja ist möglich! Der Alk in den norwegischen Clubs ist einfach zu teuer. Dafür machen wir die Altstadt und den Hafen unsicher und geniessen ein kurzes Nickerchen, bevor es zum Vorglühen ins CLARION ROYAL CHRISTIANIA Hotel geht. Das Vorglühen ist eine gute und günstige Variante, sich vor dem Weggehen auf Betriebstemperatur zu bringen und wird von so machen Nordländer zelebriert. Päscu bleibt bei unseren norwegischen Freunden hängen und ich mach mich ans Festival auf. (Sabi)
Order
Mit Kirchenglocken wird Order (NOR) eingeläutet. Doomiges, schleifendes Gebolze und das unverkennbare Jammern von Ex-Mayhem Sänger Eirik „Messias“ Nordheim. Mit ihm auf der Bühne sind: Anders Odden (Kadaver, Live-Bassist von Satyricon und ex-Mayhem Schlagzeuger), Kjetil „Manheim“ und Ex-Gluecifer Bassist Stu Manx. Es ist offensichtlich, dass diese Veteranen keine Fremden sind, denn sie werden von der Meute vor der Bühne sehnlichst erwartet. Ganz klar im Mittelpunkt: Sänger Eirik „Messias“ Nordheim. Der gestikuliert wild in der Gegend rum, öffnet die satanische Bibel und liefert eine Predig wie kein anderer. (Sabi)
Kam am Tage zuvor nicht wirkliches erfreuliches aus dem John Dee, stellen sich Mork aus Halden, Norwegen als erfreuliche Überraschung raus. Geiler abwechslungsreicher Black Metal. Ein guter Mix aus Slow-, Mid- und Hightempo Nummern und überzeugende Gitarrenarbeit. Der Gesang von Thomas Eriksen kann ebenfalls überzeugen. Das Publikum verhält sich wie gewohnt kalt, belohnt aber den tollen Auftritt von Mork mit gutem Applaus und „we want more“ – Rufen. (Sabi)
Nifelheim
Im Rockefeller machen sich die Black Metal Ikonen Nifelheim in die Startlöcher. Die Herren aus Schweden haben mir noch nie zugesagt, da ich den Bandnamen so schrecklich fand, dass ich mich schlichtweg nicht mit ihrer Musik befasst habe. Aber das Bild, das sich nun bietet ist zu geil! Optisch eine Mischung aus Venom und Manowar mit Leder, Ketten und tonnenweise 100er Nägel bespickten Armbänder und Stiefel! Die Gründer und Zwillingsbrüder Tyrant und Hellbutcher führen die Band durch eine kräftige Setliste. Die Energie wird sofort auf das Publikum übertragen und die sonst so kühlen Nordländer feiern die Band ab. Zudem ist die Qualität des Sounds einfach top! (Sabi)
Thaw aus Polen müssen danach auf uns verzichten. Auf der Dachterrasse wird frische Luft getankt, gequatscht und total die Zeit vergessen.
Moonsorrow, Månegarm
Moonsorrow (FIN) gehören zu den Exoten beim diesjährigen Inferno Festival. Obwohl hier vor allem den härteren und düsteren Tönen gehuldigt wird, überzeugt der Pagan Metal der Herren aus dem Land der tausend Seen das Publikum von Anfang an. Die Band wurde 1995 von Ville und Henri Sorvali (Finntroll) gegründet und eröffnen das Set gleich mit einer neuen Nummer, die nun auf dem neusten Werk „Jumalten Aika“ erhältlich ist. Im Rücken tobende Fans und vor mir eine Band, die abgeht wie ein Zäpfchen. Dazu der penetrante Duft von grillierten Würsten. So schnell werde ich den Auftritt von Moonsorrow nicht vergessen. (Sabi)
Auch Månegarm, die Viking-/Pagan Metal Band aus Schweden, machen danach im John Dee alles richtig und treffen meinen Geschmack. Obwohl es mir vorkommt, als klaut die Band von überall ein wenig zusammen – das Rad lässt sich halt nicht neu erfinden – jagen sie einen guten Mix aus Growls und Clean Gesang, geilen Riffs und Beats durch die Boxen. Und oh Wunder, auch bei den Schweden geht das Publikum steil! (Sabi)
Mayhem
Als letztes und als Headliner des heutigen Abends geht Mayhem auf die Bühne und verbreitet Chaos und Schrecken. Über gedimmtes Licht, Fackeln, mystische Gestalten und blutverschmierte Gesichter bis zum abgehackten Schweinekopf, wir so ziemlich alles Abartige an Show geboten. Der abgehackte Schweinkopf landet übrigens in den Händen eines Fans, der ohne zu wissen wie glitschig das blutige Teil ist, ungewollt das ganze Blut in den Haaren seiner blonden Freundin verteilt. Pfui Deibel! (Sabi)
Fanzit
Was bleibt nach drei Tagen Inferno Festival, sind tausend neue Eindrücke, Bands die für Überraschungen sorgten und Bands, ohne die wir leben können.
Das Inferno Festival gehört sicherlich nicht zu den günstigen Festivals, ist aber allemal einen Besuch wert, für Liebhaber der finsteren Klängen.
Gut organisiert, freundliche Festival-Crew und angenehmes Ambiente. Da die Konzerte erst gegen Abend anfangen, bleibt einem sogar genügen Zeit, die durchaus lohnenswerte Stadt Oslo zu besichtigen.