Mat Sinner hat als Musiker mehrere Eisen im Feuer. Neben seinen zwei Hauptbands Sinner und Primal Fear ist der Schwabe auch die treibende Kraft hinter der „Rock meets Classic“ Geschichte. Dies dürfte wohl auch das kommerziell erfolgreichste seiner Projekte sein. Seit 2010 gibt es mittlerweile jedes Jahr eine Neuauflage mit wechselnder Besetzung, Gäste der grossen Rockbands aus den 70ern und 80ern geben sich fast die Klinke in die Hand. Ein Blick auf das Line Up 2016 verspricht erneut grossartige Unterhaltung – Grund genug für einen Ausflug ins Hallenstadion Zürich!
Sowohl für Publikum wie auch für die Medien gibt’s dieses Jahr ein paar Änderungen. Während die Fotografen die Hälfte (!!) aller Songs fotografieren dürfen (wenn auch mehrheitlich „nur“ seitlich der Bühne), so ist für die Zuschauer der komplette Ablauf der Show geändert worden. In früheren Jahren spielte im Prinzip eine Band nach der anderen bis zum „Headliner“. Doch heute gibt’s mehr Wechsel auf der Bühne, mehr Durchmischung und (fast) alle Protagonisten kommen sowohl im ersten wie im zweiten Teil der Show zum Zug.
Was hingegen geblieben ist: „Classic“ wird (zu) oft vom „Rock“ übertönt. Das ist eigentlich schade – aber umgekehrt werden in den knapp drei Stunden doch einige Balladen gespielt, und da sieht es dann natürlich anders aus.
Dargeboten wird das Programm wie üblich vom Bohemian Symphony Orchestra Prague unter der Leitung von Dirigent Bernhard Wünsch, unterstützt von der Mat Sinner Band, die heute im Wesentlichen aus den beiden Primal Fear Gitarristen Tom Naumann und Alex Beyrodt besteht. Tausendsassa Oli Hartmann fehlt leider, denn der ist mit Avantasia auf USA Tournee… Dafür sticht bei den Background Sängern vor allem Sascha Krebs wieder heraus, doch dazu später mehr.
Steve Walsh / Kansas
Steve Walsh ist es vorbehalten, nach dem orchestralen Anfang als erster Gast die Bühne zu betreten. „Carry on wayward Son“ ist ein erster Klassiker an diesem Abend. Der Überhit „Dust in the Wind“ (von Mat Sinner als eine der schönsten Balladen überhaupt angekündigt) ist im zweiten Teil der Show dann Walsh’s zweiter Auftritt.
Andy Scott & Pete Lincoln / The Sweet
Die 70er Glam Legende The Sweet hab ich vor Jahren mal als Vorgruppe der Ostschweizer Transit auf deren Abschiedskonzert gesehen. Und heute steht Originalmitglied Andy Scott zusammen mit dem aktuellen Sänger Pete Lincoln tatsächlich wieder im grossen Scheinwerferlicht! Die Briten hatten viele bekannte Hits und einige davon darf man heute erleben. Im ersten Teil sind dies „Action!“ und das umjubelte „Fox on the Run“, nach der Pause folgt „Love is like Oxygen“. Für den bekanntesten Song gibt’s noch Unterstützung von Doro Pesch, „Ballroom Blitz“ – begleitet von zig Feuersäulen – entpuppt sich als einer der absoluten Höhepunkte des Abend, vor allem auch weil hier die Mischung zwischen „Rock“ und „Classic“ perfekt passt!
Doro Pesch
Für meinen Geschmack erstaunlich früh ist die Metal Queen Doro Pesch an der Reihe. Dass die Düsseldorferin gerade mal drei eigene Nummern spielen darf, find ich zudem ebenfalls nicht so toll – da hätte ich gerne mehr gehabt! Sie ist zudem die einzige, die nur im ersten Teil der Show eigene Songs spielen darf…
Die Ballade „Für immer“ ist immer wunderbar, aber mit dem Orchester wird’s schon sehr speziell – im positiven Sinn! Der neue Song „Love’s gone to Hell“ wirkt hingegen wie ein Fremdkörper, und bei „All we are“ braucht die Dame alles an Überzeugungskunst, um das recht lahme Publikum zum Aufstehen zu bewegen! Die Performance ist top, aber irgendwie hat man das Gefühl, dass vor allem die älteren Zuschauer mit Doro nicht richtig warm werden. Schade – ich find’s nämlich bärenstark!
Scott Gorham & Ricky Warwick / Thin Lizzy
Und wieder zurück in die 70er Jahre. Scott Gorham und der aktuelle Sänger Ricky Warwick versuchen, die Lethargie im Publikum etwas zu durchbrechen. Im ersten Teil sind „Jailbreak“ und „Rosalie“ angesagt, später dann „Dancing in the Moonlight“ und schlussendlich folgt mit „The Boys are back in Town“ der wohl bekannteste Titel. Unterstützung gibt es hier von Midge Ure und hier passt die Kombination Klassik / Rock perfekt.
Dan McCafferty / Nazareth
Bereits bei der ersten Auflage 2010 von „Rock meets Classic“ war er mit dabei. Heute ist er gesundheitlich sichtlich angeschlagen und muss beim Weg auf die Bühne etwas Hilfe in Anspruch nehmen. Please welcome: Dan McCafferty from Nazareth! Mit einer Standing Ovation wird der bald 70-jährige Schotte begrüsst, was ihn sichtlich freut. Aufgrund seines Gesundheitszustandes ist McCafferty vor knapp drei Jahren bei Nazareth ausgestiegen. Umso schöner, dass er hier nochmals zwei Kurzauftritte geben darf und kann. Denn trotz allem: singen kann der Kerl nach wie vor! Das stellt er sowohl beim genialen „Dream on“ wie auch bei „Love hurts“ eindrücklich unter Beweis. Doch das grosse Finale am Schluss ist offenbar dann halt doch zu viel, da fehlt er leider. Dennoch: ein grossartiges Highlight und für mich wird es wohl der einzige Anlass bleiben, bei dem ich diese lebende Legende live erleben durfte…
Midge Ure / Ultravox
Der nächste Schotte (das erwähnt er sogar auf Deutsch: „Ich bin ein Schottländer!“) ist nun zuständig für das Programm vor der Pause. Glatzköpfig, mit Tschoopen und Krawatte betritt Midge Ure die Bühne. Dieser Herr hat in den 80ern mehrere unvergessliche Hits geschrieben und so gibt es zuerst mal das Dreierpack „If I was“, „Vienna“ (schlicht genial!) und „Hymn“ (untermalt von riesigen Feuerfontänen). Nach seinem erwähnten Gastauftritt bei Thin Lizzy, darf Ure dann auch noch „Dancing with Tears in my Eyes“ zum Besten geben. Und auch das ist schlicht grossartig!
Bohemian Symphony Orchestra Prague
Auch das Orchester bekommt selbstverständlich wieder etwas Spotlight. Filmmusik gab es in früheren Show, dies ist heute nicht anders. Die diversen bekannten Melodien aus „Star Wars“ sind heute das Thema, für den Spass dabei sorgt Dirigent Bernhard Wünsch, der schlussendlich mit einem grünen Laserschwert den Takt vorgibt!
Im zweiten Teil spielt das Orchester „Game of Thrones“ – da ich weder Musik noch Serie kenne, ist dies für mich der langweiligste Teil des Abends. Nun ja…
Mat Sinner Band
Oder soll ich eben Primal Fear sagen? Egal – ohne prominente Gastmusiker, dafür mit Sascha Krebs an den Lead Vocals, gehen Orchester und Band direkt nach der Pause in die Vollen. „Here I go again“ von Whitesnake – und Krebs zeigt hier eine eindrückliche Performance, bärenstark! Und ab hier wird auch das Publikum generell etwas wacher und enthusiastischer – wurde auch langsam Zeit…
Joey Tempest / Europe
Einer fehlt jetzt noch. Der Headliner. Der Main Man. Der Superstar. Ready to „Rock the Night“? Joey Tempest, Sänger der schwedischen Hardrocker Europe, ist es ohne Zweifel! Wie ein Derwisch spurtet er über die Bühne. Sein Mikroständer wirbelt mehr durch die Luft als dass er auf dem Bühnenboden steht. Den Spass an der Sache sieht man ihm an, und er lässt es sich nicht nehmen, während der Solos bei „Superstitious“ die gesamte erste Reihe im Publikum abzuklatschen, Fans zu umarmen und zu grüssen. Sehr sympathisch! Während man nicht unbedingt mit der neuen Nummer „Days of Rock’n’Roll“ rechnen durfte, so sind „Carrie“ (perfekt mit Orchester!) und natürlich „The Final Countdown“ die zwei Songs, die einen würdigen Abschluss bilden. Ja, Joey Tempest ist nicht grundlos der Headliner hier! Und spätestens jetzt ist wirklich gute Stimmung im Hallenstadion…
Joey darf zuerst mit „Ready or not“ noch eine eigene Zugabe spielen. Dann kommt es zum obligaten Finale mit Bandvorstellung und mit der Versammlung aller Protagonisten auf der Bühne. Some more Rock’n’Roll? Aber ja doch! „Rock’n’Roll“ von Led Zeppelin beendet auf furiose Art und Weise und unter riesigem Applaus das „Rock meets Classic 2016“. Im Prinzip kann man sich bereits freuen auf eine weitere Ausgabe. Schlussendlich hat es sogar meiner südafrikanischen Schwiegermutter extrem gut gefallen…
Setliste Rock Meets Classic 2016
- Introduction
- Carry on wayward Son (feat. Steve Walsh from Kansas)
- Action! (feat. Andy Scott & Pete Lincoln from The Sweet)
- Fox on the Run (feat. Andy Scott & Pete Lincoln from The Sweet)
- Für immer (feat. Doro Pesch)
- Love’s gone to Hell (feat. Doro Pesch)
- All we are (feat. Doro Pesch)
- Jailbreak (feat. Scott Gorham & Ricky Warwick from Thin Lizzy)
- Rosalie (feat. Scott Gorham & Ricky Warwick from Thin Lizzy)
- Star Wars Theme
- Dream on (feat. Dan McCafferty, ex-Nazareth)
- If I was (feat. Midge Ure)
- Vienna (feat. Midge Ure)
- Hymn (feat. Midge Ure)
- (Pause)
- Here I go again (feat. Mat Sinner Band, Sascha Krebs on Lead Vocals)
- Love is like Oxygen (feat. Andy Scott & Pete Lincoln from The Sweet)
- Ballroom Blitz (feat. Andy Scott & Pete Lincoln from The Sweet and Doro Pesch)
- Dust in the Wind (feat. Steve Walsh from Kansas)
- Dancing in the Moonlight (feat. Scott Gorham & Ricky Warwick from Thin Lizzy)
- The Boys are back in Town (feat. Scott Gorham & Ricky Warwick from Thin Lizzy and Midge Ure)
- Dancing with Tears in my Eyes (feat. Midge Ure)
- Love hurts (feat. Dan McCafferty, ex-Nazareth)
- Game of Thrones
- Rock the Night (feat. Joey Tempest from Europe)
- Superstitious (feat. Joey Tempest from Europe)
- Days of Rock’n‘Roll (feat. Joey Tempest from Europe)
- Carrie (feat. Joey Tempest from Europe)
- The final Countdown (feat. Joey Tempest from Europe)
- Ready or not (feat. Joey Tempest from Europe)*
- Rock’n’Roll (feat. All Artists except Dan McCafferty)*