Plattentaufe
Seit dem Einstieg von Sänger Steven Mageney kennen die Luzerner Crystal Ball eigentlich nur eine Richtung: vorwärts. Drei Alben in knapp drei Jahren, dazu dutzende Auftritte, vor allem natürlich in der Schweiz und Deutschland; das Highlight dürften wohl die zwei Shows mit den Scorpions gewesen sein. Im gemütlichen Hall of Fame findet nun die Schweizer Release Show zum neuen Album „Déjà Voodoo“ statt. Und das darf ich natürlich nicht verpassen…
King Sable
Es ist ein wunderschöner Spätsommer Abend. Vielleicht ist das der Grund, warum es erschreckend wenig Leute vor dem Hall of Fame hat – andererseits: es ist auch noch früh… Dennoch: als kurz nach 21 Uhr King Sable auf die Bühne kommen, sind wohl kaum 100 Nasen in dem Laden. Zugegeben: mir ist der Name gänzlich unbekannt. Aufgrund ihrer Facebook Seite erwarte ich ziemlich modernen Sound, aber so schlimm wird’s nicht. Die vier Jungs spielen melodiösen Hardrock, immer nah an der Grenze zum Metal, durchaus hörenswert. Die wenigen Fans spenden auch brav Applaus, insgesamt ein anständiger Auftakt, der sicher etwas mehr Beachtung verdient gehabt hätte.
Crystal Ball
Um Viertel nach Zehn ist das Hall of Fame immer noch weit weg vom Prädikat „voll“. Und ich kann mir ehrlich gesagt nicht erklären, warum heute nicht mehr Leute nach Wetzikon gekommen sind! Nun ja – es ist so wie es ist, und Crystal Ball scheint das wenig zu kümmern. Die geben Vollgas für die Anwesenden – und wie!
Bereits die beiden Opener, das treibende „Director’s Cut“ und das knackige „Dr. Hell No“, lassen keinen Zweifel offen: Steven, Scott, Cris, Tony und Marcel sind heiss auf die Bühne. Sehr beeindruckend auch heute ist die Präsenz des Fronters. Steven hat das Publikum vom ersten Ton an im Griff, klatscht die ersten Reihen ab, spielt mit den Kameras der Fotografen und singt nebenbei in absoluter Topform.
Bei früheren Konzerten der Luzerner hab ich manchmal das Gefühl gehabt, dass die Band in erster Linie aus Scott Leach und Steven Mageney besteht. Zugegeben: heute Abend stehe ich mal auf der anderen Seite der Bühne, die zudem auch recht klein ist. Dennoch sehe ich heute keine Spur einer „Zwei Mann Show“, im Gegenteil. Auch dank den kleinen Podesten können sich Tony und Cris durchaus präsentieren und zeigen, dass ich sie früher zu Unrecht etwas zu wenig beachtet habe.
Die Setlist wird selbstverständlich dominiert mit Songs vom brandneuen Output „Déjà Voodoo“. Sieben Songs finden den Weg in die Gehörgänge der Fans. Neben dem bereits erwähnten Auftakt sind dies dann noch „Time and Tide“, das coole „Never a guarantee“, das eingängige „Suspended“, die Ballade „Home again“ sowie selbstredend der bärenstarke Titeltrack „Déjà Voodoo“. Mit einer Ausnahme werden alle diese Songs im ersten Teil der Show gespielt. Dazwischen werden dann ganz geschickt noch Perlen der Marke „Back for Good“, „LifeRider“ und vor allem DIE Hymne „Gods of Rock“ eingebaut. Wobei letzterer in meinen Ohren viiiiel zu früh dran kommt…
Mit „Walk through Time“ und vor allem „Home Again“ nehmen die Luzerner das erste und einzige Mal etwas Tempo raus. Und mir gefällt es besser, als im Anschluss die vier Toms auf die Bühne gestellt werden! Angetrieben von Marcel spielen die anderen Vier auch heute wieder ihr saugeiles Drum Solo. Für die Augen und Ohren ein Schmaus und eine wirklich coole Auflockerung, zum Fotografieren allerdings alles andere als einfach…
Auch heute zeigt die Band eine ungeheure Professionalität. Technische Probleme? Kein Thema, die werden behoben, während dem Steven das geschickt mit sympathischen Ansagen überspielt. Und auch als Scott beim Solo ein Stick bricht – er kriegt einen neuen in die Hand gedrückt, und weiter geht’s als ob nichts passiert wäre. Und immer steht allen Musikern die Freude ins Gesicht geschrieben. Das nennt man dann wohl „Spass an der Arbeit“!
Nach dem Drum Solo starten Crystal Ball einen geilen Best Of Set. (Fast) Alle Highlights der beiden letzten Alben sowie noch ein paar Goodies aus ganz alten Tagen sorgen dafür, dass die Fans immer mehr ins Schwitzen kommen. Als ob es nicht heiss genug wäre hier drinnen… Egal ob das schnelle „Powerflight“, das göttliche „He came to change the World“, der wohl grösste Hit „Hellvetia“ oder das abschliessende „Déjà Voodoo“: was die Fünf hier jetzt vom Stapel lassen, ist einfach nur geil.
Auch die Zugaben haben es noch in sich: dem herrlichen Stampfer „Paradise“ folgt wie immer „Anyone can be a Hero“ und hier kommt Steven jetzt noch mit neuem Hemd auf die Bühne. Früher NUR weiss, ist es heute mittig aufgeteilt in schwarz und weiss…
Steven stellt zum Ende noch die ganze Band vor, da heissen neuerdings alle „Louis“ zum Vornamen… genau gleich wie das neue Maskottchen. Welch ein Zufall aber auch…! Nach gut 100 Minuten verabschieden sich Crystal Ball unter riesigem Applaus und bedanken sich mit Handschlag bei den Fans. Steven bestellt noch „fünf Wasser für die Jungs und fünf Bier für mich!“ für die anschliessende Autogrammstunde… und keine 10 Minuten nach Konzertende ist tatsächlich bereits die ganze Band vollständig am CD Booklets und Karten unterschreiben! Die Fans nicht warten lassen – auch das nenn ich Fannähe!
Ein Fanzit? Eine äusserst sympathische Band spielt eine saustarke Show mit einer anständigen Spielzeit (wenn ich da grad an Queensrÿche und deren popeligen 70 Minuten denke…). Auch die Setlist ist prima, selbst wenn wie immer der eine oder andere persönliche Favorit fehlt. „Eye to Eye“…
Einzig der eher lasche Publikumsauflauf ist schade, da würden Crystal Ball mehr verdienen! Übrigens: am 4. März spielen mit Gotthard, Krokus und Shakra die drei grössten Schweizer Hardrockbands zusammen. Eigentlich gehören da die Luzerner auch noch auf dieses Billing – denn qualitativ müssen die sich sicher nicht vor den anderen verstecken!
Setlist Crystal Ball
- Director’s Cut
- Dr. Hell No
- Suspended
- Back for good
- Time and Tide
- Gods of Rock
- Never a Guarantee
- LifeRider
- Walk through Time
- Home again
- Drum Solo
- Powerflight
- Break of Dawn
- Hold your Flag
- He came th change the World
- Hellvetia
- Mayday!
- Déjà Voodoo
- Paradise*
- Anyone can be a Hero*
*Zugabe