Der Wilson ist schuld!
Seit Storm Corrosion, der Gemeinschaftsproduktion von Åkerfeld und Wilson, scheint der Schwedische Gitarrist und Sänger von Opeth auf neuen Pfaden zu wandeln. Besagter Steven Wilson war 2011 zufälligerweise auch als Engineer für „Heritage“ tätig und so mancher vermutet womöglich nicht ganz unbegründet, dass diese Kooperation wesentlichen Einfluss auf das Songwriting der schwedischen Vorzeige-Metaller hatte. Dies dementiert Åkerfeld natürlich und legt Wert darauf, dass das Composing für das neue Album nicht von seiner Prog-Leidenschaft beeinflusst wurde.
Wer mit Erscheinen des Albums „Heritage“ glaubte, dass sich Åkerfeld und seine Opeth-Kumpanen nur temporär vom bewährten gutturalen Gesang verabschiedeten, musste beim Folge-Album „Pale Communion“ feststellen, dass der Wandel der Band konsequent weitergeführt wurde. Um es vorweg zu nehmen – auch mit „Sorceress“ bewegen sich Opeth weiter auf dem eingeschlagenen Weg und präsentieren mit ihrem Album einen erneuten Prog-Rock-Leckerbissen.
Wo sich andere auf den Lorbeeren ausruhen und in die bewährte musikalische Bresche schlagen, präsentieren Opeth mit „Sorceress“ einen Longplayer, den man nur oberflächlich mit den Vorgängern vergleichen kann. Die Band erfindet sich zwar nicht jedes Mal neu, aber die Entwicklung der Schweden ist von Release zu Release unschwer zu erkennen. Dies macht es für den Hörer besonders interessant, denn statt aufgebrühten Kaffee aufgetischt zu bekommen, wird er mit variantenreicher Musik verwöhnt, ohne auf die Opeth spezifischen Elemente verzichten zu müssen. Man kann guten Gewissens sagen: Wo Opeth draufsteht, ist auch Opeth drin.
Gutes mit Gutem ergänzt
Aber eben, ausgenommen sind, und das wird die Fans der ersten Stunde ein weiteres Mal enttäuschen, die typischen Death-Metal Passagen und der gutturale Gesang von Åkerfeld. Als Trost darf allerdings vermerkt werden, dass Åkerfeld das Growling keinesfalls verlernt hat, und dies darf man mit Erleichterung an den Live-Darbietungen der Schweden feststellen. So zeigten Opeth nicht zuletzt im Juni in Barcelona beim „Be-Prog-my-Friend-Festival“, dass altes und neues Material vorzüglich zusammenpassen und Opeth durch die Metamorphose ihrer Werke aus unterschiedlichen Epochen, ein Live-Act geworden sind, der mehr als nur sehenswert ist.
Doch zurück zu „Sorceress“. Dass Drummer Martin Axenrot, alles andere als Beigemüse ist, wird wohl jeder kommentarlos unterschreiben. Besonders Schlagzeuger werden am neuen Silberling der Schweden grossen Gefallen finden. Kein stupides Gebolze, sondern intelligentes und durchaus anspruchsvolles Drumming werden durchs ganze Band geboten und man neigt zu behaupten, dass beim Mix besonderes Augenmerk auf die Drums gelegt wurde. Wohlgemerkt tischen uns die Schweden kein Weichspüleralbum auf, sondern ein durchaus spannendes wie auch anspruchsvolles Werk, das nebst sanften, Retro-Rock beeinflussten Passagen auch durchaus harte und laute Elemente vereint und dies gekonnt vermischt. Orientalische Klänge und Rhythmen haben ebenfalls Einzug gefunden und bescheren „Sorceress“ eine gehörige Portion Abwechslung.
Opeth zeigen mit ihrem neuen Werk eindrücklich, dass sie auch mit grundlegendem Sound- bzw. Stil- Wechseln keineswegs an Qualität einbüssen. Åkerfeld, hauptverantwortlich für Songwriting und Texting, zeigt sich dann auch sehr zufrieden mit dem Resultat und beschreibt das Album als einen Träger unterschiedlicher, voneinander unabhängiger Songs. “Es ist kein Konzeptalbum und man wird keinen roten Faden darin finden, doch das meiste dreht sich um Liebe und all ihre negativen Seiten. Die Eifersucht, die Verbitterung, die Paranoia und all die Spielchen, die Liebe mit unseren Köpfen treibt. Trotzdem sind es Liebeslieder. Liebe kann allerdings eine hässliche Krankheit und ein Fluch sein.“ „Sorceress“ ist kein farbenfrohes Album. Alles ist düster und gelegentlich auch trostlos. Und manche der misanthropischen Textpassagen stammen direkt aus Åkerfeldts Leben. Anspruchsvolle Musikliebhaber kommen voll auf ihre Kosten und eine Empfehlung auszusprechen fällt hier mehr als nur leicht.
Fanzit
Den Status als Death Metal Band hat Opeth definitiv abgelegt, und auch wenn man besonders den harten und aggressiven Passagen nachtrauert, so darf man neidlos anerkennen, dass sich die Band im Prog-Genre inzwischen zu einer Institution gemausert hat. „Sorceress“ ist ein Album, das viel zu bieten hat, aber auch einiges abverlangt. Nach 66 Minuten jedenfalls, wenn die Lautsprecher im schwingungsfreien Ruhezustand verweilen, ist man weniger von der Stille überrascht als von der Tatsache, das „Sorceress“ schon fertig ist. Nun denn – nochmals von vorn, denn auch nach dem zehnten Durchgang gibt es immer wieder Neues zu entdecken.
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Trackliste OPETH – Sorceress
- Persephone
- Sorceress
- The Wilde Flowers
- Will O The Wisp
- Chrysalis
- Sorceress 2
- The Seventh Sojourn
- Strange Brew
- A Fleeting Glance
- Era
- Persephone (Slight Return)