Eigentlich ist es beinahe unmöglich Amaranthe in irgendeine Stilschublade zu zwängen. Genau dies ist aber die Absicht der 2008 gegründeten Band. Machen Sie jetzt Melodic Death Metal? Modern Metal? Nerviges Pop-Gesülze? Oder doch eher irgendetwas aus der Kategorie House, Disco oder Trance? Man kann es definitiv nicht so klar bestimmen und es kommt immer wieder zu Diskussionen. Ja, Amaranthe spalten die Metal-Szene. Erfolg hat die Truppe trotzdem. Von den bisher drei veröffentlichten Alben verkaufte die Band insgesamt 250’000 Einheiten. Am 21. Oktober wird mit «Maximalism» nun der vierte Silberling via Spinefarm Records erscheinen. Für Metalinside konnte ich mir das neue Material bereits vorgängig zu Gemüte führen.
Der Track «Maximize» ist für die Eröffnung des neuen Albums zuständig. Nach einem kurzen Euro-Mir-Soundtrack ähnlichen Intro – wer schon einmal im Europa-Park in Rust war weiss wovon ich spreche – übernimmt das Gesangstrio der Band sogleich die Führung und haucht dem Stück die typischen Amaranthe-Klänge ein. Während Madame Elize Ryd und Monsieur Jake E. Lundberg für die Clear-Vocals zuständig sind, übernimmt der «böse Bube» Henrik Englund Wilhelmsson die gutturalen Parts. Durch diese spezielle Kombination gelingt es der Band ihren einzigartigen Stil konsequent auf unsere Gehörgänge loszulassen. Dadurch hat die Truppe bei mir damals im Rahmen meines Youtube-Band-Vorstudiums für das Wacken Open Air 2012 einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Seither habe ich Amaranthe stets auf dem Radar. Ohne Henriks groben und gutturalen Gesang wäre mir die ganze Geschichte aber ehrlichgesagt zu soft. Doch ich schweife ab. Kommen wir wieder zurück zum Album. «Maximize» ist ein gelungener Intro-Song, der aber ein wenig zu kurz ausfällt. Kaum ist man so richtig am Abfeiern, ist die Reise auch schon wieder zu Ende. Die nächste Nummer hört auf den Namen «Boomerang». Der Bumerang würde hier nach dem Wegschmeissen in diesem Fall aber nicht wieder zu mir zurückkehren. Hier wird es mir jetzt definitiv zu «poppig». Der Refrain mit den ständigen Wortwiederholungen («Like a boomerang, -rang, -rang») ist eher nervig als unterhaltsam. Da kann auch Henrik das Ruder nicht mehr herumreissen.
Seit kurzem erfreut sich das neue Album an einem ersten Videoclip. Im Rampenlicht steht dabei das Liedchen «That Song». Und ja, der Track heisst wirklich so. Offenbar scheinen hier kreative Engpässe aufgetaucht zu sein. Anders kann ich mir diesen doch eher laschen Namen nicht erklären. Vor allem bei englischsprachigen Leuten könnte diese Namensgebung bezüglich Diskussionen über die neue Amaranthe-Scheibe zu Missverständnissen führen. «Which track is your favorit?». «That Song». «Yeah, which one?». «That one». Sprachaffine Menschen werden den witzigen Aspekt verstehen. Der Track beginnt mit einer Art «We Will Rock You-Klatscherei» und danach übernehmen Elize und Jake die Gesangspassagen. Henrik kommt dieses Mal nicht zum Zuge. Für meinen Geschmack wurde bei dieser Nummer zu sehr auf ihre Radiotauglichkeit geachtet. Härtere Elemente fallen hier ganz weg.
Bei «21» und «On The Rocks» erhalten dann wieder alle drei Stimmen wieder gleich viel Einsatzzeit. Mehr Tempo und härte Klänge sind ebenfalls wieder zu hören und so können wir uns hier an zwei soliden Amaranthe-Songs erfreuen.
Das darauffolgende «Limitless» bricht den Rhythmus der vorangehenden Stücke und präsentiert sich als gefühlvolle Ballade mit dezent elektronischen Elementen als Hintergrund-Sound. Vor allem Elize beweist hier, was für eine starke Sängerin sie ist. Da ist ordentlich Power in der Stimme drin. Unterstützt wird sie dabei von ihrem Kollegen Jake. Henrik muss wieder einmal aussetzen, was ich bei diesem Stück aber absolut legitim finde. Sein Geschrei passt jetzt nicht so wirklich zu einer Ballade.
«Fury» und «Faster» setzen dann wieder auf hohes Tempo und Melodic Death Metal-Elemente. Damit mausern sie sich zu meinen Favoriten dieses Albums. Hierzu kann man seine Mähne ordentlich schütteln. Insbesondere «Faster» wird höchstwahrscheinlich auch live sehr gut bei den Zuhörern ankommen. «Break Down And Cry» – mit etwas weniger als vier Minuten der längste Track auf der Platte – setzt ebenfalls mehr auf die melodiöse Schiene und bleibt so irgendwie in den Gehörgängen hängen. Elize, Jake und Henrik harmonieren hier erneut hervorragend.
Bei «Supersonic» und «Fireball» wurde dann wieder fleissig mit den zahlreichen Stilen herumexperimentiert. Speziell aufgefallen sind sie mir dadurch trotzdem nicht. Böse Zungen könnten allenfalls sogar von «Albumfüllern» sprechen.
«Endlessly» bildet dann als 12. und letzter Song den Abschluss des Albums. Elize erhält einen Soloauftritt und sorgt mit ihrem Stimmchen einmal mehr für Hühnerhaut. Das ist nochmals ein echter Leckerbissen. Zuhören und geniessen ist angesagt. Gelungenes Finale!
Fanzit: «Maximalism» ist ein gutes, aber kein überragendes Album. Amaranthe sind darauf einmal mehr sehr experimentierfreudig und übertreiben es allenfalls aber genau damit ein wenig. Gewisse Songs kommen wir ein wenig zu «poppig» daher. Ich will der Band die Vermischung der verschiedenen Stile keinesfalls verbieten. Allerdings sollten sie dabei niemals ihre metallischen Wurzeln ausser Acht lassen. Das variantenreiche Gesangstrio ist ohne Zweifel die grosse Stärke der Band. Für Album Nummer fünf wünsche ich mir dann bitte wieder etwas mehr Härte und Speed. Dies hat mir auf den beiden ersten Silberlingen «Amaranthe» und «The Nexus» sehr gut gefallen. Luft nach oben ist also vorhanden. Das Maximum hat die Band mit ihrer neuen Platte noch nicht erreicht.
Hierzulande kann man Amaranthe übrigens am 12. November im Z7 in Pratteln bestaunen. Zusammen mit Sonic Syndicate und Smash Into Pieces werden sie ihren Schweizer Fans einen energiegeladenen Samstagabend bescheren.
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Trackliste
- Maximize
- Boomerang
- That Song
- 21
- On The Rocks
- Limitless
- Fury
- Faster
- Break Down And Cry
- Supersonic
- Fireball
- Endlessly