Punkt 19 Uhr treffe ich an der Schwelle meiner «Zweitwohnung» ein. Noch scheint nicht sonderlich viel los zu sein. Hinein in die gute Stube. Die erste Blondine des Abends wartet bereits an der Bar und freut sich auf das Rendez-vous mit meinem Gaumen.
Am heutigen Abend steht der Black Metal im Fokus. Nicht gerade meine Königsdisziplin, aber es tummeln sich trotzdem ein paar Vertreter des Genres auf meinem iPod. Dimmu Borgir, Abbath, Tsjuder, Immortal, Marduk und dann schliesslich ebenfalls noch der Headliner der heutigen Veranstaltung: Dark Funeral. Als reiner Black Metaller hätte ich wohl sowieso ein lockeres Konzertleben. In der Schweiz finden nach meiner Erkenntnis pro Jahr nur etwa zwei bis drei Black Metal-Shows statt (wahrscheinlich werden mich die Hardcore Black Metal-Anhänger für diese Aussage später einmal Satan opfern, aber das nehme ich einfach einmal in Kauf).
Mit den Schweden hatte ich zuletzt am Meh Suff! Winter Festival 2015 in Winterthur das Vergnügen. Ein Konzertabend, an den ich jedoch nicht gerne zurückdenke. Dark Funeral waren eigentlich mein Highlight des Abends. Aufgetreten sind sie damals aber lediglich gefühlte 20 Minuten und haben den Gig danach aufgrund von technischen Problemen abgebrochen. Katastrophe!
Über die Support-Acts des heutigen Abends – Krisiun und Deserted Fear – weiss ich praktisch nichts. Einmal mehr wird hier die Horizonterweiterung zum Tragen kommen.
Auffällig sind ausserdem die zwei grossen Kreidekreise am Boden der Halle. Eine Circle Pit-Markierungshilfe oder doch eher Höllen-Tore für Dämonenbeschwörungen? Ich habe absolut keine Ahnung. Dieses Geheimnis muss noch aufgeklärt werden.
DESERTED FEAR
19.45 Uhr – it’s Showtime! Oder auch nicht. Keine Band auf der Bühne. Auch zwanzig Minuten später herrscht ein unverändertes Bild. Verspätungen sind eigentlich nicht ungewöhnlich, aber es macht mich irgendwie trotzdem stutzig. Zudem prangert im Hintergrund bereits das Krisiun-Banner.
Nach einem kurzen Check der Deserted Fear-Gesichtsbuchseite habe ich dann Gewissheit. Die Band wird heute Abend definitiv nicht auftreten. Offenbar ist bereits seit Ende September klar, dass sie nicht mit auf die Tournee kommen können. Öhm… hallo?! Liebes Z7-Team, wo bleibt denn da die entsprechende Kommunikation? Die Mehrheit des schwach besetzten Publikums weiss nichts von dieser Absage. Einige scheint es aber auch nicht sonderlich zu interessieren. Anyway, ich hätte mir die Truppe gerne angesehen. Schliesslich habe ich in dieser Halle schon etliche, durchaus hörenswerte Vorbands kennengelernt.
KRISIUN
Dafür legen um Viertel nach acht die brasilianischen Todesmetaller von Krisiun mit voller Wucht los. Für diese Band habe ich von meinem Freundeskreis bisher nur lobende Worte erhalten. Endlich kann ich mich nun selbst von den Spielkünsten und Live-Qualitäten der Gruppe überzeugen. Und die Jungs gewinnen mich mit ihrem schnörkellosen Death Metal ziemlich rasch als ihren neusten Fan. Krisiun ist effektiv empfehlenswert. Gerne wieder.
Offenbar scheint aber nur unser Grüppchen die Band so richtig zu feiern. Der Grossteil des Publikums steht einfach nur reglungslos da. Tja, wahrscheinlich ist die ganze Sache ein wenig zu grob oder schnell für den gängigen Black Metaller.
Gegen Ende ihres Sets packen die Jungs dann sogar noch ein ganz spezielles «Zückerli» aus. Völlig überraschend spielen sie eine Cover-Version von der legendären Motörhead-Hymne «Ace Of Spades». Gelungene Nummer! Alex Camargo, Moyses Kolesne und Max Kolesne zollen Lemmy Tribut. Vamos lá Brasil!
Aufgrund der guten Show lasse ich noch etwas Geld in die Bandkasse fliessen. Ein neues Jäckchen ist jetzt Teil meiner Merch-Sammlung.
DARK FUNERAL
Um viertel vor zehn übernehmen dann die bösen Pandabären aus der Nachbarschaft die Bühne. Corpsepaint, mit Stacheln besetzte Nietenbänder, Patronengurte, Rüstungen – ja, die Bandmitglieder von Dark Funeral machen wirklich einen furchteinflössenden Eindruck. Aber den hartgesottenen Metalhead kann so schnell nichts erschrecken.
Chef-Krächzer Helharmad führt die Zuhörerschaft souverän durch die Setlist. Unermüdlich schmettert er dem Publikum Zeile um Zeile entgegen. Ganze 16 Songs bekommen wir heute Abend zu hören. Dabei stammen sechs Tracks von der neuen Platte «Where Shadows Forever Reign». Mich überzeugen insbesondere die beiden Hymnen «My Funeral» und «Nail Them To The Cross». Ans Kreuz wird aber niemand genagelt. Eventuell könnte man dieses Element bei künftigen Shows ja noch zusätzlich einbauen.
Das Publikum macht auf mich einen äusserst eingefrorenen Eindruck. Atmen die überhaupt noch? Offenbar läuft das an Black Metal-Konzerten tatsächlich so ab. Ich habe das immer nur für ein Klischee gehalten. Trotzdem sind vereinzelte Headbanger erkennbar. Auch unsere Ecke gehört dazu. Vorsichtig achten wir darauf, dass wir mit unseren Aktivitäten keinen der um uns herumstehenden Eiszapfen in seiner Ruhe stören.
Fanzit
Dark Funeral haben mich überzeugt. Dieser Auftritt war um Längen besser, als derjenige damals in Winterthur. So würde ich mir die Truppe jederzeit gerne wieder ansehen. Trotzdem wäre mir ein ganzer Abend – oder ein ganzes Festival – voller Black Metal mit der Zeit wahrscheinlich zu eintönig. Deshalb bin ich nicht alles andere als unglücklich darüber, dass mit Krisiun auch noch ein wenig Death Metal am Start gewesen ist.
Die Absage beziehungsweise das Nichterscheinen von Deserted Fear hätte deutlicher kommuniziert werden müssen. Zudem hätte ich den Bands noch ein paar Zuhörer mehr gegönnt. Das Z7 war heute Abend verhältnismässig dürftig besucht. Das sind aber die einzigen Negativpunkte des Abends.
Achja, das Mysterium um die Kreidekreise bleibt weiterhin bestehen. Ich konnte deren Sinn nicht eruieren. Für die Konzerte waren sie jedenfalls nicht von Bedeutung.
Setlist Dark Funeral
- Unchain My Soul
- 666 Voices Inside
- Dawn No More Rises
- The Arrival Of Satans Empire
- Stigmata
- As I Ascend
- The Eternal Eclipse
- Ravenna Strigoi Mortii
- Shadows Over Transylvania
- As One We Shall Conquer
- Goddess Of Sodomy
- The Legions Come
- My Funeral
- Nail Them To The Cross
- Atrum Regina
- Where Shadows Forever Reign