Horror-Nacht im Z7 – aber keinesfalls im negativen Sinne. Unsere finnischen Lieblings-Monster Lordi luden an diesem Mittwochabend zu ihrer «Pre-Halloween-Show». Ebenfalls auf der Gästeliste standen Silver Dust und Shiraz Lane. Weshalb aber Mister Alice Cooper wohl vorerst der einzig wahre Meister der Rock-Horror-Shows bleiben wird, erfahrt ihr im nachfolgenden Konzertreview.
Und erneut fand ich mich im Z7 wieder. Nach der Equilibrium-Horde am Vorabend gehörte dieses Mal meine ganze Aufmerksamkeit der Grusel-Truppe aus Finnland rund um Obermonster und Anführer «Mr. Lordi».
Die lange Schlange vor dem Eingang deutete eine gut gefüllte Konzerthalle an. Im Innern der Prattelner Metal-Festung hatte sich die Masse aber erstaunlich gut verteilt. Somit kam es zu keinem Gedränge und die ganze Geschichte war äusserst angenehm. An jeder Ecke wurde fleissig diskutiert, wo man den das erste Mal mit Lordi in Berührung gekommen war. Sehr häufig wurde dabei der fulminante Auftritt der Gruppe am Eurovision Song Contest 2006 erwähnt. Diesen Wettbewerb beendeten Lordi sogar am Ende als triumphierende Sieger. Für Metalheads ist diese Veranstaltung ja sonst ein ziemlicher Albtraum, aber an diesem besagten Abend stellte der Lordi-Sieg ein unvergessliches Highlight dar.
Den ersten Skandal erlebte ich dann am Merchandise-Stand. Ich konnte den legendären und berüchtigten Lordi-String-Tanga nirgends entdecken. Meiner Meinung nach DER Muss-Kleidungsfetzen für die an diesem Abend anwesenden Mädels. Die Frau mit Stil trägt diesen Herbst definitiv Lordi zwischen den Pobacken. Liebe Damen, merkt euch meine Worte.
Mit Bier und guter Laune ausgestattet platzierte ich mich dann an meinem Stammplatz – an der «Dutti-Foto-Säule». Zudem war ich heute mit einem «motorisierten» Kollegen vor Ort und musste somit keine Gedanken in Richtung letzter Zug verschwenden.
SHIRAZ LANE
Der erste Act des Abends stammte ebenfalls aus Finnland. Shiraz Lane spielen eine Mischung aus Glam Metal und Hard Rock. Live klingen sie ziemlich ähnlich wie ihre Landeskollegen Santa Cruz und Reckless Love. Aus einem unerklärlichen Grund muss ich bei diesem Bandnamen irgendwie immer an Rotwein denken.
Das hohe, kreischende Stimmchen des Sängers – ja, Hannes Kett ist effektiv ein Mann, auch wenn sein Gesang nicht unbedingt auf das Vorhandensein der männlichen Geschlechtsteile hingedeutet hatte – und die farbenfrohen, teilweise etwas homosexuell angehauchten, Outfits stachen der Zuhörerschaft besonders in die Augen beziehungsweise in die Gehörgänge. Exakt diese Punkte bringen Bands des Glam Metal-Genres oftmals eine gehörige Ladung Kritik ein. «True», harte Metalheads hören schliesslich keinen «Pussy-Metal». Diese Engstirnigkeit ist für mich immer wieder Störfaktor. Deswegen bin ich überaus froh um meinen flexiblen Musikgeschmack.
Shiraz Lane wirbelten regelrecht auf der Bühne herum und sorgten für ordentliche Stimmung. So sollte richtiges Aufwärmen des Publikums aussehen. Leider tauten die anwesenden Personen erst gegen Ende des Auftritts der Finnen auf. Sogar der kurze Ausflug von Bassist Joel Alex in die Menge hinein wurde zuerst gar nicht bemerkt.
Beim einem der letzten Songs präsentierte sich Hannes dann urplötzlich in einer Zwangsjacke. Sollte dies allenfalls eine Hommage an den grossen Alice Cooper darstellen? Jedenfalls sehr es ziemlich witzig aus, wie Hannes in seinem Jäckchen vor den Lordi-Horror-Deko-Bäumen herumhüpfte.
SILVER DUST
Porrentruy ist ein Städtchen im Kanton Jura und Heimatort der nächsten Band des Abends. Die Romands von Silver Dust nahmen nun die Bühne in Beschlag. Mit ihren Steampunk-Outfits (Zylinder, langer Mantel etc.) waren die vier Herrschaften definitiv ein Hingucker. Frontmann Lord Campbell wirkte auf mich jedoch eher wie ein King Diamond-Verschnitt. Lediglich die markante Gesichtsbemalung des Königs fehlte.
Stiltechnisch könnte die Truppe wohl am Ehesten im Bereich Gothic-Rock eingeordnet werden. Irgendwie passte der Gesang aber nicht zur restlichen Musik. Insbesondere bei den hohen Tonlagen kam des Lords Stimme doch öfters an ihre Grenzen. Für diese Passagen sollten man vielleicht künftig den Einsatz einer Sängerin in Erwägung ziehen. Am besten funktionierten die Growls.
In Sachen Show rührten die vier Herren jedoch mit der ganz grossen Kelle an. Dem Publikum wurde das volle Theatralik-Paket serviert. Furchteinflössende Filmsequenzen auf einer kleinen Leinwand im Hintergrund, eine inszenierte Hochzeit (mit tragischem Ende für die Braut) und ein Gitarren-Solo, bei dem nur das Instrument für die Beleuchtung sorgte.
Nichtsdestotrotz wusste das Publikum nicht so richtig, was es mit der Band anfangen sollte. Mir ging es ähnlich, weshalb ich den Grossteil der Show an der Bar verbrachte und mich gedanklich schon einmal auf den Headliner einstimmte. Prost!
LORDI
Als dann kurz vor zehn die KISS-Hymne «God Of Thunder» erklang, lag der Monsterauftritt nicht mehr fern. Kurz darauf öffneten sich die Pforten zur Hölle und Mr. Lordi, Ox, Amen, Hella und Mana betraten die Bühne. Keine Ahnung, wie lange die Schminkerei und Kostümierung vor einer solchen Show jeweils dauert, aber es sieht einfach geil aus. Das Z7 befand sich nun komplett im Bann der Dämonen. Trotzdem konnte ich schon etliche Lücken im Publikum ausmachen. Für welche Band waren die denn bitte da? Unerklärlich.
Die Setlist wusste nicht vollständig zu überzeugen. Mir hat die ganze Geschichte – und auch die Show – 2015 noch ein wenig besser gefallen. Diese Flugzeug-Inszenierung «Scar Force One» (inkl. Zombie-Pilot und Vampir-Stewardessen) war damals überaus gelungen und unterhaltsam. Aber auch am heutigen Abend wurde selbstverständlich nicht an Show-Elementen gespart. Nonnen wurden ohnmächtig, der Teufel bekam von Mr. Lordi eins auf die Mütze, ein Mädel wurde zersägt – blutig – und ein Geistlicher scheiterte trotz Kruzifix an der Bekehrung des furchteinflössenden Dämonen-Oberhaupts und wurde von der Bühne geschmissen.
Ganz an Altmeister Alice Cooper kommen die Finnen noch nicht heran. Alice variiert während seiner Auftritte zwar auch nicht sonderlich (XXL-Frankenstein, Guillotine, Zwangsjacke, hunderte Seifenblasen während «School’s Out» etc.), aber er präsentiert die Show jeweils auf solch hohem Niveau, dass mich die Wiederholungen weder stören noch langweilen. Sollte der gute Alice – Gott oder Satan bewahre – eines Tages nicht mehr unter uns weilen, könnte ich mir Lordi als Nachfolger in Sachen «Meister der Horror-Rock-Shows» durchaus vorstellen. Bis dahin ist aber weiterhin Erfahrung sammeln angesagt.
Wie bereits angedeutet war die Setlist nicht Weltklasse, enthielt aber trotzdem einige Hits der Monster-Truppe. Bei «Sincerely With Love» gingen die obligaten Liebes-Grüsse («Fuck you asshole!») in Richtung all unserer Vorgesetzten, Lehrer etc. «Heute ist Mittwoch, oder? Dann müssen morgen viele von euch arbeiten. Ich sage nein! Morgen habt ihr frei. Eure Chefs sollen mich anrufen», so die Wortmeldung von Mr. Lordi. Auch «It Snows in Hell», «Would You Love Monsterman» und «Who’s Your Daddy» durften natürlich nicht fehlen. Der Über-Lordi-Hymne «Hard Rock Hallelujah» ging ein mitreissendes Gitarren-Solo von Amen – der Mumie – voraus. Ein Beweis, dass Lordi nicht bloss Show-Figuren sind, sondern auch durchaus mit ihren Instrumenten umzugehen wissen. Leider sprühten dieses Mal bei «Hard Rock Hallelujah» keine Funken aus der Streitaxt des Dämonenfürsten. Offenbar hatte die Band im Z7 Pyro-Verbot. Gegen Ende durfte Mr. Lordi dann bei «Devil Is A Loser» sogar noch seine mächtigen Teufelsschwingen ausfahren. Ein beeindruckendes Bild!
Fanzit
Alles in allem war es wieder einmal ein gelungener Konzertevent in den heiligen – oder an diesem speziellen Abend eher unheiligen – Hallen des Z7. Lediglich Silver Dust waren ein kleiner Dämpfer. Aber Shiraz Lane und dann später Lordi haben sauber abgeliefert. Eine solche Monster-Show muss man einfach einmal erlebt haben.
Lordis Auftritt dauerte verflucht lange. Um circa 23.40 Uhr war dann Schluss. Somit war ich sehr froh, einen Fahrer an meiner Seite zu haben. Ansonsten hätte ich wohl ziemlich viel verpasst. Aber ihr kennt ja mein «Z7-Problem».
Ich hatte zwischendurch auch einmal noch ein angenehmes Gespräch mit Dani Strub von schwarzeliste.ch. Es ist schön zu sehen, dass man sich auch innerhalb der «Metal-Journalisten-Szene» kennt. So stelle ich mir dieses oft gelobte Gemeinschaftsgefühl der Metalheads vor. Ich freue mich schon auf die kommenden Aufträge und Erlebnisse.