Ein gewöhnlicher Konzertabend im Leben des Metalheads Dutti? Nein, das war dieses Mal nicht ganz der Fall. Es gab da nämlich eine Premiere. Zum allerersten Mal war ich für Metalinside vor Ort im Einsatz. So nahm meine Metaljournalisten-Karriere also ihren Anfang. Die Eingangskontrolle rief reibungslos ab. Mein Name stand auf der Liste. Erste Akkreditierung: Check! Ein geiles Gefühl.
Zielstrebig latschte ich in Richtung Bar um mir ein erstes Bierchen zu genehmigen. Da in diesem Monat eh an allen Ecken und Enden Oktoberfeste gefeiert werden, war dies sicherlich alles andere als verwerflich. 45 Minuten bis zum ersten Auftritt des Abends. Leider präsentierte sich das Hall Of Fame wieder einmal nicht sonderlich gut besucht. Es schien bereits absehbar zu sein, dass die Vorgruppe Last Days Of Eden wohl vor sehr spärlich besetztem Publikum spielen werden würde. Mitte September hatte ich ja bereits der Show von Mystic Prophecy beigewohnt. Und auch damals erlitten die Support-Acts ein ähnliches Schicksal. Aber es blieb ja noch Zeit.
Aus den Boxen dröhnte passender Einstimmungssound (Harry Hess – Irresistible, Sargant Fury – T.T.A. und UFO – Doctor Doctor – um nur ein paar davon zu nennen. Vor allem beim letztgenannten Track tauchen bei mir immer wieder Erinnerungen an Iron Maiden-Konzerte auf). Doch der heutige Abend gehörte Mob Rules und Last Days Of Eden. Die deutschen Power-Metaller waren mir bereits bekannt. Im April waren die Herrschaften im Z7 für Axel Rudi Pell als «Publikums-Einheizer» im Einsatz. Über die Spanier von Last Days Of Eden konnte ich hingegen lediglich in Erfahrung bringen, dass sie Symphonic Metal spielen. Alles Weitere fiel wieder einmal in die Kategorie «musikalische Horizonterweiterung».
LAST DAYS OF EDEN
Im Hintergrund prangerte zwar bereits das Mob Rules-Banner, aber zuerst gehörte die Bühne den Herrschaften (und der Dame) aus Lugones. Um Viertel vor neun betraten vier chic angezogene Herren die Bühne – alle einheitlich mit schwarzer Weste, Krawatte und weissem Hemd. Lediglich die teilweise löcherigen Jeans deuteten eine wilde beziehungsweise rockige Seite an. Offenbar schien der Soundcheck bereits erfolgt zu sein, denn kurz vor neun ertönte schon eine epische Intromusik. Auf ihrer Facebook-Seite gibt die Band Genregrössen wie Nightwish, Epica und Delain als Einflüsse für ihr Schaffen an. Insbesondere Parallelen zu Nightwish konnten während des gesamten Auftritts gut beobachtet werden.
Die in eine schwarze Corsage gekleidete Sängerin Lady Ani – nein, sie ist keine Domina – repräsentierte mit in Ventilator-Luft wehenden Haaren das gängige Bild einer Symphonic Metal-Frontröhre. Auch bewegungstechnisch schien sie ausführliches Videostudium bei Floor Jansen betrieben zu haben. Symphonic Metal-Bands gibt es – und man verzeihe mir hier die abgedroschene Floskel – inzwischen wie Sand am Meer. Wie sticht man nun aus dieser Masse hervor? Beispielsweise mit einem Dudelsackspieler? Beim zweiten Song betrat nämlich Gustavo Rodríguez die Bühne, der uns als «Mister Bagpiper» vorgestellt wurde. Mit einem unvergleichlichen Coolness-Blick hantierte er gekonnt an seinem Spielgerät herum. Erneut sei hier ein Vergleich zu Nightwish gestattet, die ja seit 2013 mit Troy Donockley einen Multiinstrumentalisten in ihren Reihen, der ab und an auch gerne zum Dudelsack greift.
Bassist Adrián Huelga wirkte da hingegen mit seinem wohl ungewollt, leicht verkrampften Gesichtsausdruck sehr unterhaltsam. Nichtsdestotrotz war er mit Abstand der bewegungsfreudigste Protagonist auf der Bühne. Keyboard-Klimperer Juan Gómez schaute stets verträumt im Saal herum und erinnerte damit durchaus an einen gewissen Herr Holopainen. Alberto Ardines hämmerte konzentriert auf seinen Trommeln herum und Gitarrist Dani G. bestach als Publikums-Motivator, der ständig ein Lächeln auf den Lippen hatte.
Leider hatte sich meine Befürchtung bestätigt, und die Truppe sah sich praktisch leeren Rängen gegenüber. Vor den Gittern hatte sich eine Lücke in Form eines Halbkreises gebildet. Die Bezeichnung «schweizerischer Sicherheitsabstand» wäre hier wohl angebracht gewesen. Die Band beendete ihre halbstündige Setlist mit einer nicht einmal so schlecht interpretierten Cover-Version des Nightwish-Songs «Last Ride Of The Day». Danach war für die sympathischen Spanier bereits Ende Feuer.
Die Band spielt soliden, aber nicht unbedingt überragenden Symphonic Metal. Trotzdem würde ich sie mir wieder ansehen. Talent und Potenzial sind ohne Zweifel vorhanden. Lady Aris Stimme bewegt sich zwar näher in der Region Anette Olzon, aber das soll hier keinesfalls als Beleidigung aufgefasst worden. An das Niveau einer Floor Jansen oder einer Tarja Turunen kommt man sowieso nicht so leicht ran. Last Days Of Eden hatten sichtlich Spass auf der Bühne. Fehler wie beispielsweise zu frühes Einsetzen beim Gesang durch Lady Ari wurden einfach weggelächelt. Das nächste Mal sollten die Herren Techniker jedoch darauf achten, dass Dani G’s Mikrofon richtig eingestellt ist. Seinen Gesang hat man leider praktisch nicht gehört.
MOB RULES
Der Bühnenumbau ging unglaublich zackig von statten und somit war man bereits um Punkt 22 Uhr ready für den Headliner des Abends. Ich war gespannt, ob die Herren leistungstechnisch an ihren starken Auftritt im Z7 anknüpfen können würden. Endlich fanden sich dann auch mal ein paar mehr Leute vor der Bühne ein. Trotzdem war es zahlenmässig kein Vergleich zur Mystic Prophecy-Show vor ein paar Wochen. Im Publikum waren einige ältere Semester auszumachen, weshalb ich wieder einmal fürs Altersschnitt herunterdrücken zuständig war. Der heutige Abend diente als Eröffnung für die «Beyond The Classics-Tour». Somit stand nicht nur das neuste Album «Tales From Beyond» im Fokus, sondern gleich alle Mob Rules-Werke. Frei nach dem Motto «You Choose, we play» liess die Band vorgängig ihre Fans via Facebook-Voting die gewünschte Setlist zusammenstellen. Somit sollten gemäss Sänger Klaus Dirks sowohl langjährige Weggefährten als auch neue Fans vollends auf ihre Kosten kommen.
Um 22.15 Uh gingen dann die Lichter aus und das deutsche Sextett erschien auf der Bühne. Mit «Dykemaster’s Tale» – einem der neuen Tracks – wurde die Show eröffnet. Danach verlor Frontmann Klaus Dirks ein paar kritische Worte in Richtung Schweizer Zoll. Offenbar gab es bei der Einreise kleinere Probleme und deshalb seien sie auch mit so wenig Merch angekommen. Doch dies konnte die Spielfreude der Band nicht trüben. Man war sichtlich froh, wieder auf Tour gehen zu dürfen. Während «Somerled» borgte sich Klaus rasch die Kamera von Scott Smith von Musig Pub TV aus und versuchte sich als Kameramann. Ob dabei tatsächlich brauchbare Aufnahmen entstanden sind, wird wohl nur Scott wissen.
Weiter ging’s mit «Celebration Day» vom aus dem Jahre 2000 stammenden Album «Temple Of Two Suns». Diesen Song habe die Band schon sehr lange nicht mehr live performt. Aber dank des zuvor erwähnten Facebook-Votings fand er den Weg in die Setlist des heutigen Abends. Während des Auftritts fielen mir vor allem drei Personen aus der Band besonders auf: Frontmann Klaus Dirks mit seinen teilweise irren Grimassen und der wie ein Duracell-Häschen auf der Bühne herumhopste, Bassist und Dauer-Strahlemann Markus Brinkmann und Schlagzeuger Nikolas Fritz, der wie ein Wilder auf seine Schlaginstrumente eindrosch.
Gegen Ende des Sets wurde dann mit «End Of All Days» auch noch eine hammermässige Ballade nachgereicht, um dem Publikum eine kurze Verschnaufpause zu gönnen. Klaus’ Stimme zeigte nie Schwäche auch seine Bandkollegen spielten sich souverän durch den Abend. Zwischendurch fand man immer wieder Zeit für eine kleine Plauderei oder ein Spässchen. Das schwache Publikum wurde am Ende sogar noch mit vier Zugaben-Songs belohnt. Mit «Rain Song» verabschiedeten sich Mob Rules dann schliesslich und bedankten sich artig bei der Zuhörerschaft. Das war eine 90-minütige Power Metal-Show erster Güteklasse. In diesem Sinne: «Mob Rules rules!»
Fanzit
Damit ging mein erster Metalinside-Einsatz zu Ende. Noch rasch das wohlverdiente «Feierabend-Bierchen» an der Bar abgeholt und dann machte ich mich auch schon wieder auf den Weg in Richtung Bahnhof Wetzikon. Beide Bands haben mir gefallen und ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen in naher Zukunft. Offenbar hat noch nicht jeder Metalhead das Hall Of Fame entdeckt. Anders kann ich mir das wenige Publikum nicht erklären. Gut, eventuell sind Mob Rules in der Szene jetzt auch nicht unbedingt der Über-Name und somit Garant für einen grossen Andrang. So oder so bin ich hier ein wenig im Clinch. Einerseits würde ich es den Bands absolut gönnen, wenn sie vor mehr Zuschauern spielen könnten. Gleichzeitig möchte ich aber nicht, dass das Hall Of Fame seine familiäre Art einbüsst, denn diese schätze ich sehr.
Setlist Mob Rules
- Dykemaster’s Tale
- Somerled
- Celebration Day
- Lord Of Madness
- Unholy War
- Lost
- Trial By Fire
- Astral Hand
- Veil OF Death
- The Last Farewell
- End Of All Days
- (In The Land Of) Wind And Rain
- Black Rain
- Hollowed Be Thy Name
- On The Edge
- My Kingdom Come
- Rain Song