Massenweise «Kiddies» und Konzert-Amateure…
eine gigantische Warteschlange und zwei durchaus ansprechende Bands auf der Bühne. So verlief der Dienstagabend im Zürcher Volkshaus.
Die heutige Show ist restlos ausverkauft. Trotzdem fallen wir beim Anblick der wartenden Menschenmenge beinahe die Augen raus. Wo hört denn bitte diese nicht mehr enden wollende Warteschlange auf? Dieses Monstrum schlängelt sich beinahe um das ganze Gebäude. Na bravo! Werde ich heute Abend überhaupt noch eine Band sehen? Die Location scheint offenbar dem riesigen Ansturm nicht ganz gewachsen zu sein. Immerhin geht es einigermassen zügig voran. Am Eingang wird lediglich rasch mein Rucksack kontrolliert und schon bin ich drin. Zu meiner grossen Erleichterung verteilt sich die Masse im Innern des Gebäudes erstaunlich gut. Sowohl an der Garderobe als auch an der Bar werde ich überraschend zackig bedient. Hätte ich bei der heutigen Invasion ehrlichgesagt nicht gedacht.
Na dann aber subito ab in den Konzertsaal.
THE DIRTY NIL
Too late! Die erste Truppe verschwindet bereits wieder von der Bühne. Tja, sie hätten wohl draussen neben der Warteschlange spielen müssen.
Naja, wenn schon kein Bandurteil folgt, kann ich mich ja wenigstens einmal in Ruhe umschauen. Offenbar zähle ich heute zu den älteren Semestern im Raum. Zahlreiche Halbwüchsige streifen durch den Saal. Ab und an kann ich auch des Öfteren ein paar «Konzert-Touristen» ausmachen, denen man wohl erst einmal den «Konzert-Knigge» als Pflichtlektüre aufbrummen müsste. Existiert diese Ausgabe überhaupt schon? Ansonsten könnten wir uns ja zu einer Schreibgemeinschaft zusammenschliessen. Unsere unerfahrenen «Mit-Konzertgänger» werden es uns sicherlich danken.
Mit frischem «Weizensmoothie» ausgestattet, platziere ich mich schliesslich im hinteren Teil des Saals in der Nähe des Mischpults. Diesen Kindergeburtstag an der Front muss ich mir nun wirklich nicht geben.
MONSTER TRUCK
Aber genug über das Publikum gelästert. Es wird höchste Zeit für Musik. Um viertel nach acht betreten die aus Hamilton, Ontario stammenden Monster Truck das Spielfeld. Ich durfte die Jungs bereits im September dieses Jahres als Vorgruppe von Nickelback live erleben. Damals war ich von dem Gebotenen sehr begeistert.
Und heute? Exakt dasselbe. Dem anwesenden Publikum wird eine souveräne, energiegeladene Hard Rock-Show geboten. Jon Harvey und Co. Machen einfach Spass. Für das kommende Jahr hätte ich dann gerne einmal eine Headliner-Tour zum Mitnehmen, bitte («mit alles und scharf», wie es so schön in neudeutschem Dönerbuden-Deutsch heisst). Monster Truck erhalten definitiv das Prädikat «Empfehlenswert».
BILLY TALENT
Der Headliner des Abends darf sich an einem sauber aufgewärmten Publikum erfreuen. Jedoch muss die Show bereits nach wenigen Augenblicken unterbrochen werden. Offenbar sind irgendwelche Absperrungen vor der Bühne zu Bruch gegangen. Da haben die «Kiddies» wohl ein wenig übermotiviert gefeiert. Frontmann Benjamin Kowalewicz überbrückt die Zeit mit Geplapper über Gott und die Welt. Unter anderem kriegt der neue US-Präsident Donald Trump gehörig sein Fett weg. Danach verschwindet die Band hinter der Bühne.
Nach einer kleinen Pause wird der Showbetrieb aber wiederaufgenommen. Offenbar ist bei dem Gedränge vor der Bühne glücklicherweise niemand ernsthaft verletzt worden oder zu Schaden gekommen. Billy Talent bieten dann eine souveräne Show. Mit «Red Flag», «Devil On My Shoulder» und «Fallen Leaves” sind alle relevanten Hits mit von der Partie. Da werden bei mir irgendwie jedes Mal Erinnerungen an die American Pie-Filme wach. Benjamins unverkennbare Stimme zeigt zu keiner Zeit Schwäche und auch seine Bandkollegen geben ordentlich Gas. Vor der Zugabe begebe ich mich dann allerdings bereits Richtung Garderobe, um mir meine Jacke und meinen Rucksack vor dem zu erwartenden Massenansturm zu sichern. Mission complete!
FAZIT
Die Warteschlage zu Beginn und die haufenweisen «Kiddies» sind meine einzigen Kritikpunkte des Abends. Offenbar werde ich langsam zu alt für Billy Talent-Shows. Die Kanadier haben aber zweifellos einen schnörkellosen Auftritt aufs Parkett gelegt. Meine persönlichen Favoriten waren heute Abend aber ganz klar ihre Landsleute von Monster Truck.