Während die Amis ihren neuen Präsidenten wählten, duellierten sich im Zürcher Hallenstadion die rockigen Schwergewichte Volbeat und Airbourne. Den Einheizer-Job übernahmen die Jungs von Crobot. Da El Kaufi leider kurzfristig als Schreiberling ausfiel, entsprangen die Zeilen für den Bericht des Abends aus meiner Feder.
Mit passender Flüssignahrung in der Hand schreite ich ins Innere des Hallenstadions. Es ist kurz nach sieben. Noch haben sich nur wenige Personen in diesen Bereich verirrt. Glücklicherweise kann sich so ein schönes Plätzchen auf der linken Bühnenseite sichern. Optimale Sicht. Ich bin bereit.
Volbeat und Airbourne sind mir bereits diverse Male auf meinen Konzertreisen begegnet. Jedes Mal durfte ich mich an gelungenen Auftritten erfreuen. Aber am heutigen Abend geht meine Tendenz eindeutig Richtung Australien. Jawohl, heute bin ich im Team Airbourne (und selbstverständlich mit passendem Shirt ausgestattet).
Crobot sind mir dagegen überhaupt nicht bekannt. Aber mit einer starken Show könnte sich das ja vielleicht bald ändern.
CROBOT
Oha, die Jungs geben aber richtig Gas. Vor allem Sänger Brandon Yeagley outet sich als hyperaktiver Hampelmann. Mähne schütteln, herumspringen, tanzen, Mikrofonständer schwingen, Grimassen schneiden und am Ende sogar eine Weile auf den Schultern von Gitarrist Chris Bishop Platz nehmen. Liebe Leute, hier wird einiges geboten.
Stiltechnisch ist die Band nicht gerade leicht einzuordnen. Die Mischung aus Folk, Hard Rock und Blues kommt beim Publikum – zumindest beim kleinen Häufchen vor der Bühne – und meiner Wenigkeit aber gut an.
Am Ende des halbstündigen Sets frage ich mich lediglich, was die Truppe wohl mit etwas mehr Spielzeit anstellen würde. Die Antwort auf diese Frage werde ich euch dann gerne bei meinem nächsten Crobot-Konzert liefern. Jep, die Jungs haben mich definitiv überzeugt.
AIRBOURNE
Mit neuer Blondine in der Hand warte ich dann auf mein persönliches Highlight des Abends: Airbourne. Die schnellere und jüngere Version von AC/DC habe ich seit der Veröffentlichung ihrer ersten Platte «Runnin’ Wild» 2007 auf dem Radar. Live enttäuscht die Band eigentlich nur sehr selten. Aber als sie um acht Uhr leider immer noch nicht auf der Bühne stehen, beginne ich mir langsam ein wenig Sorgen zu machen. Der relativ enge Zeitplan des heutigen Abends duldet eigentlich keine Verspätungen. Und weniger Zeit bedeutet weniger Airbourne *grml*
Zehn nach acht – endlich betreten Joel O’Keeffe und seine Bandkollegen die Spielfläche. Sofort geht es los mit wilden Gitarren-Soli. Da ist sie ja, die altbekannte Airbourne-Energie! Der Publikumsansturm hält sich aber nach wie vor in Grenzen. (Wie ich später erfahren habe, standen die armen Leutchen auch Ewigkeiten in der Warteschlange vor dem Hallenstadion. Offenbar gab es Probleme bei der Eingangskontrolle). Diejenigen, die es in die Halle geschafft haben, sind ordentlich am Feiern.
Der gute Joel startet dieses Mal zwar keine seiner bekannten Kletteraktionen, aber dafür gibt es während des Songs «Girls In Black» auf den kräftigen Schultern eines Sicherheitshünen einen Ausflug ins Publikum. Inmitten der Menge zelebriert er seine Gitarrenkünste und missbraucht seinen Schädel wieder einmal als Bierdosenöffner. Joel O’Keeffe, du verdammter Rockstar!
Der verstorbene Lemmy Kilmister wird auch heute Abend diverse Male geehrt. Airbourne verwenden dazu die Hymne «It’s All For Rock N’ Roll» von ihren kürzlich erschienenen Album «Breakin’ Outta Hell». Hühnerhaut-Feeling pur! Eine überaus gelungene Ehrung des Rock-Gottes. Auch wenn die heute Abend verdächtig zahlreich anwesenden «Teenies» wahrscheinlich keinen blassen Schimmer haben, um wen es sich bei Lemmy Kilmister handelt. Aber das ist ein anderes Kapitel…
Gegen Ende der Show wirkt Joels Stimme aber ein wenig angeschlagen. Trotzdem beisst er sich weiter durch.
Für mich persönlich hätten die Jungs aber gerne noch Stundenlang weiterspielen können. 50 Minuten sind Airbourne schlichtweg nicht würdig. Deshalb haben die Herrschaften wohl auch nicht ihr volles Potenzial abgerufen. Hier muss ich ganz klar die Organisation kritisieren (Anm. pam: Sie haben mit Airbourne 15 Minuten später angefangen, weil wie schon oben erwähnt zu diesem Zeitpunkt fast mehr Leute draussen anstanden als im Hallenstadion drin … das war wirklich schwach organisiert. Wir sind ja im Hallenstadion … die sollten ja ein bisschen Erfahrung haben mit Ressourcenplanung, damit ein gut gefülltes Stadion sich auch schnell füllt und die Leute nicht draussen bis zu einer Stunde (!) in der Kälte stehen müssen und dabei einen grossen Teil der ersten beiden Bands verpassen …). Hoffentlich verirren sich Joel und Co. im Laufe einer Headliner-Tour bald wieder einmal in die Schweiz. Dann ist die volle Airbourne-Dröhnung nämlich ziemlich sicher garantiert.
VOLBEAT
Wie reagiert der Headliner? Um circa 21.30 Uhr fällt der gigantische Volbeat-Vorhang und gibt den Blick auf die volle Bühne preis. Jetzt ist die Halle anständig gefüllt. Im Hintergrund dröhnt «Born To Raise Hell» von Motörhead aus den Boxen. Hier wird der Platz definitiv voll ausgenutzt. In der Mitte dominiert eine begehbare, halbkreisförmige Rampe. Michael Schøn Poulsen und Kompanie haben also genügend Raum, um sich ausgiebig auszutoben.
Kurz darauf betreten die dänischen Elvis-Metaller unter frenetischem Jubel des Publikums dann schliesslich auch ihren Spielplatz. Michaels Frisur sitzt – und das wird auch so bleiben. Wie immer mussten dazu wahrscheinlich ein paar Gel-Tuben ihr Leben lassen. Ich muss ihn bei der nächsten Gelegenheit einmal fragen, wie er das macht. Meine Frisur sieht nach einem Konzert jedes Mal so aus, als ob ich gerade leidenschaftlichen Geschlechtsverkehr mit einer Steckdose gehabt hätte.
Volbeat schleudern der Zuhörerschaft all ihrer Hits entgegen. «Fallen», «16 Dollars», «Heaven Nor Hell», «Lola Montez» – um nur ein paar davon zu nennen. Natürlich dürfen auch die für die Band typischen Johnny Cash-Elemente («Sad Man’s Tongue») nicht fehlen. Es handelt sich um eine ausgewogene Setlist, die mit der Zeit aber trotzdem ein wenig langweilig wird. Abgerundet wird die ganze Show durch den Einsatz von grossen Videoleinwänden im Hintergrund.
Offenbar scheinen einige Bandmitglieder echte Black Metal-Fans zu sein. Michael trägt ein Bathory-Shirt und Drummer Jon Larsen hat die Abbath-Fratze auf dem Körper. Da läuft wohl in den eigenen vier Wänden der Herren ein wenig andere Musik. Michael hat ja sowieso einen Death Metal-Hintergrund. Von 1991 bis 2000 war er Mitglied der von ihm ins Leben gerufenen dänischen Band Dominus.
Aber wenden wir uns doch wieder dem aktuellen Geschehen zu. In der zweiten Showhälfte kriegt Michael plötzlich Probleme mit seinen In-Ear Kopfhörern. Erst nach mehrmaliger Hilfe eines Roadies kann die Geschichte schliesslich bereinigt werden. Dafür gibt’s für den Herrn Lob von Michael und Applaus vom Publikum.
Für das grosse Finale ist dann die Über-Hymne «Still Counting» zuständig. Als feine Geste fordert Michael das Publikum auf, die Kinder zu Volbeat auf die Bühne zu schicken. Die neue Metal-Generation soll einmal mit ihren Helden zusammen abrocken dürfen. Ich entdecke dann aber lediglich zwei Knirpse auf der Bühne. Die restlichen «Kinder» sehen mir doch eher nach Teenager-Mädels aus. Diese Hobby-Selfie-Tussen verfügen offensichtlich nicht über die besten Englischkenntnisse. Da sehe ich doch lieber eine Steel Panther-Show an. Dort kriegt man(n) jeweils wenigstens etwas geboten. Einer der Jungs darf dann aber doch noch mit Michael zusammen ein wenig an seiner Gitarre herumhantieren. Das Strahlen wird der kleine Mann wohl noch den ganzen Abend im Gesicht tragen. Coole Sache.
Fanzit
Dieser Abend geht ganz klar an Crobot und Airbourne. Insbesondere die Letztgenannten hätten weitaus mehr Spielzeit verdient. Man hätte die ganze Sache ja allenfalls auch als Doppel-Headliner-Tour aufziehen können. Aber da hatten die Organisatoren wohl andere Pläne.
Und Volbeat? Tja, ich habe die Band durchaus schon stärker erlebt. Offenbar scheinen sie die neue Einstiegsband für künftige Metalheads zu sein. Die neueren Alben («Outlaw Gentlemen & Shady Ladies» und «Seal the Deal & Let’s Boogie») und Songs sind mir zudem ein wenig zu sehr auf die Radiotauglichkeit ausgerichtet. Das könnte den heute teilweise anwesenden Kindergeburtstag eventuell erklären. Michael und Co sollten sich meines Erachtens wieder auf ihre Wurzeln berufen – harten und packenden «Elvis-Metal».