Thrash Metal in Perfektion
Die Wechsel die Annihilator in ihrer Band während der ganzen Aktivzeit schon hatten, sind rekordverdächtig. Ob das nun negativen oder positiven Einfluss auf die Qualität der Musik hat, lassen wir mal aussen vor. Der schmerzlichste Verlust in den letzten Jahren war sicher der Abgang von Dave Padden, welcher den Gesang von Annihilator in der Neuzeit sicher nachhaltig geprägt hat und einer der einzigen war, der die Songs genauso bringen konnte, wie es Jeff Waters vorgesehen hat (ausser er selber natürlich). Nachdem Dave jedoch die Band im Jahr 2014 verliess ist nun wieder der Meister himself am Mikrofon. Dies polarisiert bei den Fans sehr stark, wo hingegen alle einer Meinung sind, ist der Fakt, dass Jeff einer der besseren Gitarrenspieler auf dieser Welt ist. Grund genug den Abend im Dynamo zu verbringen und einen weiteren Teil der Annihilator-Band-Geschichte live zu sehen.
Mason
Mason eignete sich natürlich vorzüglich als Support für die Hauptband: Mason bieten den Zuschauern Thrash in Reinkultur. Die Australier haben dieses Jahr ihren zweiten Longplayer realisiert und versuchen diesen natürlich auf der Tour entsprechend zu promoten.
Als die Aussies auf die Bühne stiegen war das Dynamo noch nicht so gut besetzt. Klar, an einem Montagabend kommt das Publikum im Normalfall vielleicht ein wenig später, denn die Arbeit erledigt sich – wie wir alle wissen – nicht von selber. Mason verzichtete trotzdem grosszügig auf eine Aufwärmphase und legte gleich tüchtig schnell mit ihrem Song «Eradicated» los. Auch die folgenden sieben Songs brachten in Sachen Geschwindigkeit keinen Abbruch. Im Gegenteil, die Band legte im Laufe des Gigs sogar noch an Speed zu.
Objektiv gesehen guter Thrash mit absolut ernst zu nehmender Geschwindigkeit, was sich aber nach mehreren Songs auch herauskristallisierte war, dass viele der Songs leider in die gleiche Kerbe hauen. Für meine Bedürfnisse ein wenig Zuviel «Einheitsbrei». Das auch andere so dachten, oder ich dies mindestens vermuten darf, war an der Tatsache ablesbar, dass sich die Bartresen nach und nach (während der Gig von Mason immer noch lief) füllten und zur Vorbereitung auf den Haupt-Act des heutigen Abends noch das eine oder andere Bier gezischt wurde. Mit «Cross This Path» schlossen die Jungs von Mason dann das Set ab. Verhaltener Applaus begleitete die Herren von der Bühne. Es ist auch nicht leicht «Vorband» von Annihilator zu sein, wenn wir mal ganz ehrlich sind.
Annihilator
Ein Vorteil an der Location Dynamo ist es, dass man sehr nahe am Geschehen ist und es somit möglich ist, Jeff Waters und Band genau zu beobachten und familiär abzufeiern. Der Katalog der legendären Songs, welche Annihilator mittlerweile ihr eigen nennen können, ist gross. So erstaunte es natürlich nicht, dass die Herren gleich mit absoluten Brechern wie «Suicide Society» oder «King of the Kill» in ihr Set einstiegen. Waters war bei bester Laune, seine Grimassen und Blicke sprachen wie immer Bände. Diese sind es auch, welche uns manchmal rätseln lassen, ob der Perfektionist den schmalen Grat zwischen Normalität und Wahnsinn bereits überschritten hat oder ob er einfach schlichtweg der Entertainer ist, welcher er zu jederzeit zu mimen vermag.
Auch eine Band wie Annihilator bleibt nicht von Soundproblemen verschont, so auch am heutigen Abend. Routinierte Bands wissen jedoch mit solchen unvorhergesehenen Ereignissen umzugehen; So wird – wenn das Problem während einem der unheimlichen Gitarrensolis von Waters auftritt – kurzum der Song abgebrochen und an entsprechender Stelle nochmal neu gestartet, wäre ja eine Schande, wenn die angereisten Fans genau dieses Solo verpassen würden.
Musikalisch machten Annihilator einmal mehr einen nahezu perfekten Eindruck, dies liegt sicher hauptsächlich daran, wie Der Mastermind mit seiner Gitarre zu hantieren weiss. Jeff Waters gehört zu jener Sorte der Musiker, welche die Gitarrenriffs auf den Punkt bringen und in Perfektion darzubieten wissen. Unglaublich einmal mehr, wie die Riffs durch die Location knallten und die Fans mitrissen.
«Alison in Hell» gehörte natürlich auch an diesem Abend einmal mehr zu den Standardsongs. Dass die Band jedoch endlich wieder mal «Phantasmagoria» zum Besten gaben erstaunte – natürlich positiv – den verwöhnten Zuhörer. Kritikpunkte gibt’s für die Abmischung des Sounds, aus meiner Sicht verschwand die Stimme von Jeff Waters ab und zu im Nirvana des Ganzen. Böse Zungen behaupteten, dass sei extra so, damit die stimmlichen schwierigen Passagen von Jeff nicht auffallen…..
Ob der Drummer, welcher vor kurzem neu rekrutiert wurde, lange dabei sind wird stelle ich an dieser Stelle auch in Frage, wurde er doch von Herr Waters nicht nur einmal während der Show massgeregelt und instruiert. Dies natürlich auf humorvolle Art. Aber wer Waters kennt, weiss, dass er dies nicht einfach so macht. Seine Perfektion treibt ihn sogar soweit, dass er während der Show mehrere Male die Gitarre neu stimmt und dazu meint, es sei wohl zu kalt in der Schweiz.
Kritik hin oder her, für eine Band, welche es nie aus dem Schatten der kleinen Clubs geschafft hat und trotz hohem Bekanntheitsgrad immer noch in familiärer Atmosphäre (sofern sie nicht gerade auf einem Festival oder in Wacken spielen) ihr Bestes geben, war auch die heutige Show wieder das Eintrittsgeld wert. Fast 90 Minuten Musik, welche die Ohren kitzelt und für diverse Höhenflüge verantwortlich ist, Nackenweh garantiert. So muss es sein.
Fanzit
Zugegeben, die Vorband hatte es schwer, überzeugte jedoch trotzdem nicht. Annihilator hingegen spielten sich routiniert durch das Set, musikalisch auf hohem Niveau. Jeff Waters holte die Fans immer wieder mit seinen symphytischen Ansagen ab und die Band verdankte den Applaus und die gute Stimmung im Publikum mit vielen guten Songs, Humor und dem nötigen Können. Es bleibt zu wünschen übrig, dass wir noch viele Konzerte dieser Kult-Band erleben werden. Ob diese beim nächsten aufeinandertreffen mit dem Schweizer Publikum immer noch gleich zusammengesetzt ist, bleibt die Grundlage für Spekulationen und Wetten. Wer hält wohl den Weltrekord für die meisten Besetzungswechsel in einer Bandgeschichte? (Anm. von pam: Krokus könnte da gut mithalten …).
Noch eine Information am Rande: Annihilator spielen im nächsten Jahr wieder auf der grössten Bühne der Welt. Annhilator und Wacken verbindet also doch eine Liebesgeschichte. Wir freuen uns! (Anm. pam: Und auf der 70’000 Tons of Metal Cruise … nebst Wacken die zweite Heimat von Jeff Waters – mit und ohne Annihilator).
Setliste Mason
- Eradicated
- Tears of Tragedy
- Wretched Soul
- Product of Hate
- Wasteland
- Warhead
- Impervious
- Cross This Path
Setliste Annihilator
- Suicide Society
- King of the Kill
- Creepin‘ Again
- Annihilator
- No Way Out
- Set the World on Fire
- No Zone
- Kill 1
- Brain Dance / Chicken and Corn / Brain Dance
- Drum Solo
- Alison Hell
- Second to None
- Phantasmagoria
- T.Y.D.
- Stonewall
- Human Insecticide