Die Spanier von Diabulus In Musica sind in Sachen Symphonic Metal der prominenteste Vertreter ihres Landes. Im musikalischen Schaffen der 2006 gegründeten Band prallen die Welten der Klassik und des Metal aufeinander. Drei Alben hat die Truppe bisher veröffentlicht. Nun steht der Release des vierten Silberlings unmittelbar bevor. «Dirge For The Archons» wird am 18. November erscheinen. Das österreichische Plattenlabel Napalm Records gibt Metalinside beziehungsweise meiner Wenigkeit die Gelegenheit, das gute Stück bereits vorab auf Herz und Nieren überprüfen zu können. Als Anhänger und Freund des Genres Symphonic Metal übernehme ich diese Aufgabe natürlich mit dem allergrössten Vergnügen.
Mit dem Intro-Track «Battle Of Atlantis» beginnt die Album-Reise. In kurzen 61 Sekunden erleben wir einen epischen Auftakt, der auch als Kinofilm-Soundtrack hätte durchgehen können. Insbesondere der Chorgesang verleiht der ganzen Geschichte eine ganz spezielle, dramatische Note. Ein durchaus gelungener Auftakt. Die Neugier ist geweckt. Ohne Chor kommt dann auch der unmittelbare Folgetrack «Earthly Illusions» nicht aus. Zuerst fesseln einen aber das schnelle Schlagzeugspiel und die eingängigen Gitarrenriffs. Die Nummer macht von Beginn an ordentlich Dampf. Erste Headbanger-Momente sind die Folge. Frontdame Zuberoa Aznárez Stimme ist angenehm anzuhören, hebt sich in diesem Song aber noch nicht wirklich von der restlichen Symphonic Metal-Sängerinnen-Masse ab. Das Zusammenspiel zwischen ihr und dem Chor funktioniert allerdings bereits prächtig.
«Marble Embrace» startet dann mit aggressiven Keyboard-Tönen, ehe Alexey Kolygins Gitarrenspiel zum Einsatz kommt. Erneut ist der Zuhörer umgehend dazu geneigt, sein Haar ordentlich zu schütteln. Das eigentliche Highlight stellt jedoch Señor Gorka Elso dar. Offenbar ist er nicht nur fürs in die Tasten hauen zuständig, sondern darf gelegentlich auch ein paar Grunts beisteuern. Die Gegensätze zwischen Zuberoas klarem und Gorkas gutturalem Gesang stören aber keinesfalls. Genau so hat Symphonic Metal für mich zu klingen. Diese Mischung sorgt immer wieder für Hühnerhaut-Feeling und führt gar zu akustischen Orgasmen.
Nahezu sechs Minuten dauert der längste Songs des Albums: «Invisible». Frontröhre Zuberoa deutet hier erstmals den Facettenreichtum ihrer Stimme an. Zwischendurch tauchen die ersten, opernhaften Elemente auf. Teilweise hört man tatsächlich einen Hauch von Tarja Turunen aus ihrer Stimme heraus. Zudem sorgen im Hintergrund erneut die Chöre und die orchestralen Elemente für eine epische Stimmung. Bei der Nummer handelt es sich jedoch auf der gesanglichen Ebene um einen Sololauf von Zuberoa. Gorkas gutturales Beigemüse bleibt dieses Mal aus. Um die Nummer perfekt zu machen, hätte man sicherlich noch ein paar Growls oder Screams einbauen können.
«Crimson Gale» – der nächste Track – geht dann regelrecht mit Lichtgeschwindigkeit ab durch die Decke. Bis jetzt der Höhepunkt der Platte. Schnelle Drums und auch das Keyboard ist nicht zu bremsen. Zuberoa mutiert hier definitiv zur Opernsängerin. Was für eine geile Stimme! Da stellen sich die Nackenhärchen aber sofort auf. Und auch Gorka darf wieder dazwischen schreien. Top! Danach folgt «Ring Around Dark Fairies‘ Carousel». Nicht nur beim Namen, sondern auch in Sachen Spielzeit mischt dieser Song eher bei den längeren Kalibern des Albums vorne mit. Ein Mix aus Kirmes-Musik und pompöser Orchester-Bombe. Nach dem sehr temporeichen «Crimson Gale», bietet diese Nummer dann wieder Gelegenheit zur Erholung und Entspannung. Lady Zuberoa bezirzt den Hörer mit ihrem sirenenartigen Gesang und versetzt diesen so in einen Zustand der Trance.
«A Speck In The Universe» entpuppt sich als äusserst gefühlvolle Ballade. Im Hintergrund sind gar Harfenklänge zu vernehmen. Man schliesse die Augen, blende alles aus und beginne zu träumen. Live wäre diese Nummer sicherlich ein Garant für Hühnerhautmomente. Ich kann schon hunderte, in die Höhe gestreckte Feuerzeuge vor mir sehen. Eine unerwartete Überraschung ergibt sich dann beim nächsten Song «Hiding From You». Zuerst kommt die ganze Sache überhaupt nicht in Fahrt. Nach den vorangehenden, ruhigeren Nummern hätte ich mir jetzt wieder einmal etwas Schnelleres gewünscht. Dieser Wunsch wird zwar nicht erhört, aber dafür besticht die Nummer mit einem männlichen Gastauftritt. Leider konnte ich die Identität des Besitzers der Clear-Voice-Stimme nicht eruieren. Er und Zuberoa harmonieren aber gut zusammen. Somit wird der Track in der zweiten Hälfte seiner Spielzeit doch noch hörenswert. Und im letzten Drittel kommt sogar kurzzeitig wieder ordentlich Tempo rein.
Mit «The Voice Of Your Dreams» werde ich nicht richtig warm. Gute Ansätze sind zwar vorhanden, aber die ganze Geschichte haut mich trotzdem nicht wirklich aus den Socken. Die Tendenz geht hier schon eher Richtung «Füller-Track». Böse Zungen wurden wohl sogar von «08/15-Symphonic Metal» sprechen. Beim darauffolgenden «The Hawk’s Lament» handelt es sich um einen weiteren Intro-Song. Im Hintergrund ist Vogelgezwitscher zu hören. Der Fokus liegt jedoch auf dem dominanten Flötenspiel. Es wird eine mystische Atmosphäre erzeugt und man ist gespannt, worauf man denn da vorbereitet wird. Die Antwort folgt relativ schnell – und zwar in Form des Songs «Bane». Eine weitere Ballade. Auch bei dieser Nummer breche ich nicht gerade in frenetisches Jubeln aus. Da hätte nach dem gelungenen Intro gerne etwas mehr kommen dürfen.
Ganz anders sieht es beim zweitletzten Track «The River Of Loss» aus. Endlich taucht die langersehnte Tempoaufnahme auf. David Carrica hämmert wie ein Bekloppter auf seinen Trommeln herum. Die Chöre kommen ebenfalls wieder zum Einsatz. Ein durchwegs solider Symphonic Metal-Track. Erinnert Stellenweise sehr stark an Epica. Mit «Zauria» sind wir schliesslich beim letzten Song des Albums angelangt. Eröffnet wird das Ganze mit keltischen Klängen, ehe Zuberoas Stimme den Lead übernimmt. Es handelt sich ebenfalls wieder um eine gemächliche Nummer. Der Song weist aber gewisse Parallelen zur Nightwish-Ballade «Kuolema Tekee Taiteilijan» auf. Madame Zuberoa singt den Song übrigens in einer fremden Sprache. Hört sich aber mehr nach Latein als nach Spanisch an. Die Nummer ist nicht schlecht, für ein würdiges Finale hätte ich mir aber trotzdem etwas mehr erhofft.
Fanzit
Die Spanier von Diabulus In Musica liefern mit ihrer vierten Platte «Dirge For The Anchors» ein durchaus solides Symphonic Metal-Werk ab. Es reicht jedoch noch nicht ganz, um mit den Genre-Meistern Nightwish, Epica oder Within Temptation mitzuhalten. Gute Ansätze sind ohne Zweifel vorhanden. Die Kombination zwischen Klassik und Metal ist in diesem Genre eigentlich sowieso immer ein sicherer Wert. Zuberoa Aznárezs Stimme ist fantastisch und zieht den Hörer sofort in ihren Bann. Bandkollege Gorka Elsos gelegentliche Grunts und Growls passen ebenfalls optimal ins Gesamtbild. Auch die orchestralen Elemente und epischen Chöre wissen zu überzeugen.
Aufgrund von 1 – 2 Songs kann man die Platte aber nicht ohne zu Stocken in einem Durchlauf durchhören. Ohne diese «Füller-Elemente», wäre die Bewertung sicherlich noch ein wenig höher ausgefallen. Diabulus In Musica sind definitiv nicht bloss ein simpler Epica-Klon. Das Album ist aber nichts für «Schnellhörer». Man muss sich das Werk in Ruhe und mit viel Zeit anhören, um das ganze Ausmass begreifen und verstehen zu können. Der Teufel steckt nun einmal im Detail. Freunde des Symphonic Metal-Genres können hier bedenkenlos zugreifen. Diabulus In Musica sollten man definitiv im Auge behalten.
Ich bin auch sehr gespannt, wie sich die Band live anhört. Leider sind aktuelle noch keine Konzertdaten bekannt. Die Promotion von «Dirge For The Archons» wird die Spanier aber sicherlich auch in die Schweiz führen.
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Trackliste DIABULUS IN MUSICA – Dirge For The Archons
- Battle Of Atlantis
- Earthly Illusions
- Marble Embrace
- Invisible
- Crimson Gale
- Ring Around Dark Fairies‘ Carousel
- A Speck In The Universe
- Hiding From You
- The Voice Of Your Dreams
- The Hawk’s Lament
- Bane
- The River Of Loss
- Zauria