MTV lädt zum Ball
Und das gleich an zwei aufeinanderfolgenden Abenden im Z7. Metalinside war für euch am Mittwochabend vor Ort und hat die Darbietungen von Iced Earth, Ensiferum, Kataklysm und Unearth unter die Lupe genommen. Ein abwechslungsreiches Programm, das von gelegentlichen Soundproblemen überschattet wurde. Alle weiteren Details findet ihr im nachfolgenden Bericht.
Einmal mehr betrete ich die legendäre Konzertfabrik in Pratteln. Es ist kurz vor sechs. Offenbar will man heute Abend frühzeitig mit den Konzerten loslegen. Unearth sollen nämlich bereits um 18.15 Uhr die Bühne unsicher machen. Mir persönlich kommt das durchaus entgegen. So erlebe ich hoffentlich vom Auftritt der letzten Band – Iced Earth – ebenfalls noch ein paar Songs, bevor der obligate Sprint auf den letzten Zug nach Hause ansteht.
Einige meiner Kollegen waren bereits gestern vor Ort. Mehrheitlich habe ich von Ihnen ausschliesslich positive Rückmeldungen erhalten. Kritik gab es lediglich für Ensiferum und die gelegentlichen Soundprobleme. Bitte was?! Soundprobleme im Z7? Kennt man eigentlich eher nicht. Da kommt mir spontan höchstens der «Disco Metal-Abend» mit Amaranthe in den Sinn. Da war insbesondere der Bass wirklich äusserst unangenehm und ohrenbetäubend.
Ballkleider sucht man heute übrigens vergebens. Die Wahl der Garderobenwahl fällt viel eher auf Kutten und Band-Shirts. Aber was ist dieser Headbangers Ball eigentlich genau? In den 80er Jahren genoss die Sendung „MTV Headbangers Ball“ grosse Popularität. Ja, damals stand effektiv noch die Musik im Fokus des Senders. Gezeigt wurden in dem Format neben Musikvideos auch Interviews mit Bands oder Themenspecials zu einzelnen Bands oder Festivals. Mit der Rubrik „Triple Thrash Treat“ fand sich darin erstmals im Fernsehen auch eine Plattform für härtere Spielarten des Metal. Die nun laufende Veranstaltungsreihe soll diese Tradition fortsetzen. Ziel ist es, Metal in all seinen gängigen Spielarten ins Rollen zu bringen und neben etablierten Acts auch eine Plattform für Newcomer zu sein.
Aber genug von der Vergangenheit geschwafelt, kommen wir zu den Auftritten des heutigen, zweiten Abends der Headbangers Ball Tour 2016 im Z7.
UNEARTH
Wie angetönt nehmen um viertel nach sechs die Metalcore-Amis von Unearth den Betrieb auf. Die doch relativ schwach besuchte Halle scheint die Jungs allerdings nicht sonderlich zu stören. Sänger Trevor Phipps und seine Kollegen sind von Anfang an mit vollem Elan dabei. Die Energie steckt auch sogleich das Publikum an. Es wird mitgesungen, herumgesprungen und einfach wild gefeiert. Zudem entdecke ich ebenfalls erste Headbanger vor der Bühne. Die beiden Gitarristen Buz McGrath und Ken Susi wirbeln regelmässig ihrer Saiten-Königinnen durch die Gegend. Eindrücklich! Glücklicherweise fällt dabei keine Gitarre zu Boden. Gegen Ende ihres Sets werden die Jungs dann noch von ihren Kollegen von Kataklysm mit Whiskey-Shots eingedeckt. Na dann Prost! Kurz vor sieben ist jedoch bereits wieder Schluss. Unearth erweisen sich dank dieses Auftritts als gelungener und energievoller Opening-Act. Zudem kann ich während ihrer Show keine Soundschwierigkeiten ausmachen.
KATAKLYSM
Für den nächsten Auftritt wechseln wir in den Death Metal. Mein persönliches Highlight des heutigen Konzertabends steht an: Kataklysm. Oder wie ich sie liebevoll nenne: «Tschäder-klysm» (Und nein, das hat nichts mit der Käsesorte Cheddar zu tun. Die lieben Freunde aus der Ostschweiz sollten mit der Aussage «Chasches tschädere loh!» bestens vertraut sein. Ich habe daraus einfach eine abgewandelte Bezeichnung für Musik von Kataklysm geformt). Aber genug der Wortspiele. Zurück zum Auftritt.
Kataklysm liefern sauber ab. Eine gewaltige Dampfwalze, die das gesamte Z7 mit voller Wucht niederwalzt. Frontmann Maurizio Iacono knallt dem Publikum gnadenlos seine brutalen Screams und Growls um die Ohren und Drummer Oli Beaudoin hämmert wie ein Irrer auf einer Schiessbude herum. Die inzwischen etwas besser besuchte Halle feiert die Kanadier und lässt die Haare fliegen. Das ist allerdings nicht weiter verwunderlich. In der Setlist von Kataklysm finden sich heute Abend knallharte «Nackenbrecher» wie «As I Slither» oder «Crippled & Broken». Leider kommt der Sound zwischenzeitlich etwas «breiig» daher, was der ganzen Geschichte ein wenig die Wirkung nimmt.
50 Minuten Spielzeit (19.05 – 19.55 Uhr) sind für ein Kaliber wie Kataklysm natürlich zu wenig. Aber das straffe Programm lässt da leider keine Sonderwünsche zu. Ich hätte beispielsweise sehr gerne noch die Hymne «Elevate» vom Album «Waiting For The End to Come» gehört. Aber da werde ich wohl auf die nächste Headliner-Tour der Kanadier warten müssen. Da erinnert man sich gerne an ihren Auftritt Ende Januar dieses Jahres auf exakt dieser Bühne zurück.
ENSIFERUM
Die nächste Band des Abends stammt aus Finnland. Ensiferum zählen zur Speerspitze des Folk und Viking Metal und liefern oftmals sehr gelungene Shows ab. Gestern scheinen sie jedoch – wie weiter oben erwähnt – nicht sonderlich überzeugt zu haben. Da bin ich doch sogleich gespannt, wie es heute aussehen wird.
Mit Netta Skog am Akkordeon steht die erste und einzige Frau des Abends auf der Bühne. Seit sich Ensiferum von ihrer Keyboarderin getrennt haben, sind sie neuerdings mit Netta – die der wissende Metalhead allenfalls noch von ihrem Engagement bei Turisas kennt – unterwegs. Somit gibt es Ensiferum neu mit Akkordeon und nicht mehr mit Keyboard. Mit ihrem charmanten Lächeln zieht sie die Mehrheit der männlichen Konzertbesucher sofort in ihren Bann. Grössere Aufmerksamkeit erhält allerdings Frontmann Petri Lindroos. Er ist ohne Zweifel der Chef und Taktgeber des Haufens. Der wildeste Kerl auf der Bühne ist allerdings Bassist Sami Hinkka. Ruhige Momente kennt er nicht. Ständig rennt er herum und animiert das Publikum. Ein echtes Energiebündel.
Jep, auch Ensiferum müssen ab und zu gegen den Sound-Brei ankämpfen. Allerdings finde ich den Auftritt überhaupt nicht schlecht. Sicherlich stellen sie im Vergleich zu den beiden vorherigen Bands einen Stilbruch dar, aber nichtsdestotrotz reissen sie das Publikum voll mit. Sie erreichen definitiv die höchste Zuschauerzahl des Abends. Allerdings kriegen auch sie nur 50 Minuten Spielzeit und können sich so nicht vollends entfalten. Bei ihnen vermisse ich ganz klar den Song «Little Dreamer».
ICED EARTH
Die letzte Destination unserer musikalischen Reise heisst Iced Earth. Nun haben wir es mit einer Mischung aus Heavy und Power Metal zu tun. Und der Headliner des Abends legt von Anfang an einen äussert souveränen und imposanten Auftritt hin. Relativ früh wird uns bereits die nicht ganz achtminütige Über-Hymne «Plagues Of Babylon» serviert. Meine Herren, eine verdammt mächtige Nummer! Da bin ich immer wieder baff. Trotzdem scheinen heute Abend wohl mehr Anhänger der anderen Bands nach Pratteln gekommen zu sein. Während des Auftritts von Iced Earth sind nämlich plötzlich wieder weniger Leute in der Halle. Zu Unrecht, wie ich finde. Die Amis bieten eine sackstarke Show. Insbesondere Sänger Stu Block fällt mir auf. Welch ein Stimmorgan! Da sitzen die hohen Töne – und wie! Chapeau.
Um halb 11 muss ich das Z7 dann leider «ÖV-bedingt» verlassen. Ich hätte mir den Auftritt von Iced Earth liebend gerne noch bis zu Ende angeschaut. Aber die Herrschaften verirren sich sicherlich wieder einmal in die Schweiz.
FAZIT
Eine über weitere Strecken hinweg sehr gelungene Veranstaltung. Einzig die teilweise vorhandenen Soundprobleme sind für das Z7 doch eher ungewöhnlich. Zudem hätten die Events an einem Freitag und Samstag ohne Zweifel viel mehr Publikum angezogen. Aber sämtliche Bands haben trotzdem sehr gelungene Auftritte abgeliefert. Die unterschiedlichen Genres haben mich persönlich überhaupt nicht gestört. Im Gegenteil, als Anhänger von verschiedenen Metal-Stilrichtungen befürworte ich solche Veranstaltungen sogar.