Ein lauter Sonntagabend in Zürich
Mit drei starken Bands, einer Katastrophe und leider einer wieder einmal überaus miserablen Soundqualität im Komplex. So etwas kann einem Metalhead gehörig den Konzertabend versauen. Die Details findet ihr wie gewohnt in den nachfolgenden Zeilen.
Vorweg ein Kompliment an den Veranstalter Good News. Ganze fünf Tage vor dem Event durfte ich mich bereits an der erhaltenen Akkreditierungsbestätigung erfreuen. Beim Vader-Konzert in Winterthur traf diese ja erst eine Stunde vor Showbeginn bei mir ein. Dieses Mal klappte glücklicherweise alles stressfrei.
Eine Weisheit aus dem Leben eines verpeilten Metaljournalisten: «Vergiss bei einem Albumreview nie die Zeit!». Hätte ich das früher gewusst, hätte ich mir meinen «Usain Bolt-Sprint» in Richtung Komplex heute Abend wohl sparen können. Keuchend und erschöpft finde ich mich dann jedoch trotzdem nur mit leichter Verspätung in Halle wieder. Noch rasch an der Bar ein wenig Energie tanken – mit welchem Getränk könnt ihr euch ja inzwischen denken – und dann wende ich mich auch sofort dem Lärm auf der Bühne zu.
KING PARROT
Als erstes fällt mir der bierbauchige, mit freiem Oberkörper auf der Bühne herumkreischende Sänger auf. Auch seine Shorts dürfte der gute Herr gerne ein wenig richten. Würde sie noch tiefer sitzen hätte man freie Sicht auf «Arschspalten-City». Na halleluja, welch ein Riesenbaby. Plötzlich wird dann das Publikum auch noch mit Wasser angespuckt. Aus welcher Assi-Ecke haben die diesen Typen nur ausgegraben? Schrecklich. Zudem fuchtelt er ständig wie von der Tarantel gestochen auf der Bühne herum. Werter Matthew „Youngy“ Young, Barney Greenway von Napalm Death kann das um Längen besser. Zudem schaue – und höre – ich ihm auch viel lieber zu.
Nein, dem Grindcore/Hardcore Punk-Sound von King Parrot kann ich definitiv nichts abgewinnen. Man verfrachte die Jungs doch bitte raschmöglichst zurück nach Down Under – idealerweise mit einem «One-way»-Ticket. Adios, King Bullshit. Auf Nimmerwiedersehen.
PRONG
Viele Metal-Bands scheinen dieses Jahr offenbar überaus gerne bei der folgenden Challenge mitzumachen: «Wer besucht 2016 mehr als einmal die Schweiz?». Dazu gehört auch die Truppe Prong, die bereits Ende März im Zürcher Dynamo zu Gast waren.
Frontmann Tommy Victor und seine beiden Kollegen zeigen eine überaus souveräne Show. Immer wieder bauen Tommy und Bassist Jason Christopher sehenswerte Sprungeinlagen ein und stacheln das Publikum an. Leider will der Funke nicht ganz herüberspringen. Die doch noch eher spärlich besetzte Halle applaudiert nur mässig. Aus meiner Sicht ist dies ziemlich undankbar. Prong geben brav Gas und lassen mich die vorherige «King-Bullshit-Katastrophe» rasch vergessen.
Drummer Art Cruz ist ein absolutes Biest und holt über die gesamte Spielzeit alles aus seiner Schiessbude raus. Tommys Mikrofon dürfte ruhig noch ein wenig lauter sein. Ohne ist er beinahe besser zu hören. Generell ist der Sound nicht gerade überragend abgemischt (zu diesem Zeitpunkt ahnte ich nicht, dass sich dies dummerweise nicht so rasch ändern würde…). Ja, Prong kann ich nach wie vor empfehlen. Tolle Truppe!
EXODUS
Um 20.40 Uhr ist es dann an der Zeit für mein persönliches Highlight: Exodus. Endlich schaffe ich es, diese Thrash-Giganten einmal live erleben zu können. Gespannt lausche ich den ersten paar Klängen… und werde umgehend enttäuscht. Was zum Geier?! Was ist denn das für ein katastrophaler «Sound-Brei». Geht’s noch?! Sänger Steve „Zetro“ Souza ist praktisch überhaupt nicht zu hören. Da ist die Vorfreude dahin. Keine Ahnung, weshalb es im Komplex immer wieder zu diesen Soundproblemen kommt. Meistens leiden die Vorbands darunter. Der Headliner hat dann jedoch häufig keine Probleme mehr. Sehr verdächtig…
Von der oberen Etage aus verfolgen Obituary die Show ihrer Kollegen. Daneben erspähe ich auch Machine Head-Bassist Jared MacEachern. Aufgrund seiner Schweizer Freundin trifft man ihn ab und zu an hiesigen Konzerten an. Exodus lassen sich von den Soundproblemen offenbar nicht beirren und ziehen ihre Show weiterhin durch. Auch die Über-Hymne «Bonded By Blood» darf natürlich keinesfalls fehlen. Am Ende hat Steve dann noch die passenden Schlussworte parat: «Metal Forever».
Exodus möchte ich wirklich nochmals eine Chance geben. Dazu werde mir jedoch eine Show in einer anderen Location aussuchen. Die Bay Area-Thrasher erreichen zwar die grösste Publikumsanwesenheit an diesem Abend, aber der Sound allen wohl in ziemlich schlechter Erinnerung bleiben.
OBITUARY
Kurz nach zehn betreten schliesslich Obituary die Bühne. John Tardy und Co. finden dann aber eine fast leere Halle vor. Viele Metalheads sind bereits verduftet. Alles Exodus-Anhänger? Oder doch eher Opfer der grottenschlechten Soundqualität? Ich kann es nicht genau eruieren. Vielleicht wollen einige auch einfach nicht allzu spät nach Hause kommen.
Die Meister des Florida Death Metal bieten eine gelungene und starke Show. Plötzlich stimmt auch der Sound, was mich gleich wieder ein wenig wütend macht. Wieso klappt das nicht auch bei den Vorbands? Unglaublich…
Die spannenden Tempowechsel in den Obituary-Songs erfordern ein aufmerksames «Mitheadbangen». Coole Show. Die Herrschaften sind heute Abend zurecht Headliner. Einzig die Scheinwerferwahl fällt für mich als Hobby-Fotograf eher hinderlich aus. Diese Rot- und Blautöne verhindern jedes Mal einigermassen gelungene Schnappschüsse. Das ist jedoch Meckern auf hohem Niveau.
Fanzit
Man streiche King Bullshit und korrigiere die Soundqualität. Das wären meine beiden Verbesserungsvorschläge für einen nächsten Event dieser Art. Der Rest war nämlich absolut zufriedenstellend. Viel mehr gibt’s auch gar nicht zu sagen.