Überragend! Weltklasse! Hammer!
Mir gehen so langsam die Superlative aus. Saxon haben einen bombastischen Auftritt aufs Parkett gelegt. Eines der besten Konzerte, die ich in diesem Jahr erleben durfte (und das waren notabene nicht wenige). Auch Phil Campbell und Familie lieferten ordentlich ab. Selten so einen sackstarken Opener gesehen. Weitere Lobeshymnen – und anderen Senf – findet ihr wie gewohnt in den nachfolgenden Zeilen.
Am heutigen Abend präsentiert sich meine Wochenbilanz folgendermassen: Z7-Konzert 3 von 4 und Metalinside-Schreibeinsatz 3 von 3. Somit neigt sich diese kulturell hochstehende Woche langsam ihrem Ende entgegen. Mein wohlverdientes Wochenende läute ich heute Abend im Schweizer Metal-Tempel Nummer 1 ein; dem mächtigen Z7.
Die verhältnismässig grosse Warteschlange vor der Konzertfabrik verspricht bei meiner Ankunft bereits ein kuschliges Konzert. Der Headliner des Abends – das altehrwürdige New Wave of British Heavy Metal-Schlachtschiff Saxon – scheint ein echter Publikumsmagnet zu sein. Die Truppe zählt zu meinen absoluten Lieblingsbands. Live sind die Herrschaften eine bombastische Wucht und haben mich bisher noch nie enttäuscht. Deshalb bin auch jetzt wieder voller Vorfreude im Inneren der Halle unterwegs.
Aber Saxon sind ja nicht alleine da. Als Support-Act werden Phil Campbell And The Bastard Sons die Einheizerei übernehmen. Und somit kann man sicherlich auch mit einem kleinen Hauch Motörhead rechnen, was mich als grossen Fan von Lemmy und Co. nicht gerade unglücklich macht. Cheers Lemmy! (in welcher himmlischen Bar du auch immer gerade sein magst).
Ich decke mich ebenfalls noch rasch mit der passenden Flüssignahrung ein und warte dann an meinem Säulen-Stammplatz auf die Darbietungen des Abends. Es wird wichtig sein, dass die eigenen Stimmbänder gut geölt bleiben. Ich sehe nämlich schon etliche Mitsing-Hymnen auf uns zu kommen.
PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS
Ich habe mich effektiv nicht getäuscht. Die Halle ist heute Abend sehr gut besucht. Wir kratzen wohl sogar ein wenig an der «Sold Out»-Marke. In der Menge, erblicke ich neben Saxon- auch zahlreiche Motörhead-Shirts. Die Snaggletooth-Band ist allgegenwärtig. Alle sind bereit für den Auftritt von Phil Campbell And The Bastard Sons.
Mit «Big Mouth» von der Debüt-EP «Phil Campbell And The Bastard Sons» eröffnet die walisische Rock-Gruppe den Konzertabend. Ein fulminanter Start. Sänger Neil Starr – der einzige «Nicht-Campbell» der Band – verfügt über eine hammergeile Rockstar-Stimme. Seine Energie ist richtgehend ansteckend. Der headbangende Wuschelkopf aus der Nachbarschaft. Gitarren-König Phil Campbell feuert dagegen seine Gitarren-Soli mit voller Präzision ab. Dabei darf sein cooles Kaugummikauen natürlich nicht fehlen. Das Publikum, welches heute Abend nicht ganz überraschend aus älteren Semestern besteht, feiert von Beginn bis Ende ordentlich mit.
Was macht man als Band, wenn man bisher nur fünf eigene Songs veröffentlicht hat? Richtig, man greift auf Cover-Versionen zurück. Bei Phil und Co. liegt da die Verwendung von Motörhead-Material natürlich nahe. Und genau das wird auch gemacht. Die Setlist wird ergänzt mit Hymnen wie «Eat The Rich», «Born To Raise Hell» und «Ace Of Spades». Da haben einige Zuhörer – inklusive meiner Wenigkeit – ein wenig «Pipi» in den Augen. Aber auch mit «Sweet Leaf» von Black Sabbath ist den walisischen Rocken eine sehr gelungene Cover-Version gelungen. Die Band ist aber keinesfalls einfach bloss ein Motörhead-Klon. Sie haben durchaus ihren eigenen Hard Rock-Stil gefunden. Wir werden sicherlich noch viel von der Truppe hören. Habe selten eine so starke Vorband erlebt. Wer braucht schon die Kelly Family? Wir haben die Campbells!
Zum Schluss noch ein wenig Schleichwerbung: Falls euer Interesse für Phil Campbell And The Bastard Sons geweckt worden sein sollte, verweise ich gerne auf die Album-Reviews auf unserer Homepage. Ich durfte nämlich die angesprochene Debüt-EP der Band auf Herz und Nieren überprüfen und habe selbstverständlich auch meinen Senf dazu abgegeben. Zwar sind es nur fünf Songs. Nichtsdestotrotz kann man die Geschichte sorglos als rockigen Mini-Silberling bezeichnen.
SAXON
Meine Stimme ist bereits angeschlagen. Dabei hat der Headliner des Abends noch gar nicht gespielt. Das ändert sich allerdings gegen viertel nach neun schlagartig. Aus den Boxen ertönt die AC/DC-Hymne «It’s a Long Way to the Top (If You Wanna Rock ’n‘ Roll)». Unter tosendem Applaus übernehmen Frontmann Biff Byford seine Mannen die Bühne. The mighty Saxon legen direkt los wie die Feuerwehr. Schonungslos knallen sie dem Publikum den Opening-Track ihres aktuellen Albums entgegen. «Battering Ram» rammt die ganze Halle mit voller Wucht. Welche Kraft! Ich kann nicht anders und muss mit vollem Elan mitsingen. Stimme adé.
Saxon sind definitiv nicht mehr die jüngsten Hüpfer der Szene, aber die Gruppe ist ja schliesslich auch bereits seit 1979 im Geschäft. Der Grossteil der Mitglieder hat die 60 Lenze bereits überschritten. Bassist Tim „Nibbs“ Carter tanzt da mit seinen 50 Jahren beinahe ein wenig aus der Reihe. Aber die Herren sind alles andere als eingerostet. Mit all ihrer Routine servieren uns eine ultra-professionelle Show, die keine Wünsche offen lässt (ausser, dass sie von mir aus gerne den ganzen Abend hätten weitermachen dürfen). Biff ist stimmlich nach wie vor top und Paul Quinn bleibt ein echtes Riff-Monster. Showtechnisch ist das Ganze zwar nicht wirklich spannend, aber Saxon kommen glücklicherweise sehr gut ohne irgendwelche «Special Effects» und Schnickschnack aus. Scheinwerferlichter und gelegentliche Einsatz von Nebelmaschinen genügen. Richtig «oldschool», aber trotzdem verdammt effektiv.
Saxon hatten vielleicht nie solche Charterfolge wie ihre Landsleute von Iron Maiden oder Judas Priest. Trotzdem sind Biff und Co. in einem Punkt einfach unschlagbar; nämlich ihrer unglaublich grossen und treuen Fangemeinde. Diese Popularität ist auch heute Abend wieder deutlich erkennbar. Das Z7 ist wirklich beinahe zum Bersten voll. Ich habe schon lange nicht mehr einen solchen Publikumsandrang hier drinnen erlebt. Das sei der Band jedoch absolut gegönnt. Es ist schlichtweg verdient und nicht gestohlen.
Den Spruch des Abends liefert Biff dann etwas in der Mitte des Sets. «We’ve got 21 albums out. So there’re more than enough songs to choose from». Arrogant? Keinesfalls, er hat ja recht. Aber will man überhaupt zwischen Liedern wie “Broken Heroes” oder “The Eagle Has Landed” wählen? Nein, spielt sie doch alle! Bitte! Leider hätte es dann wohl ein Problem mit dem Zeitmanagement gegeben. Aber auch so zünden die Briten ein regelrechtes Hitfeuerwerk. Der Auftritt beinhaltet Meisterwerke wie «Denim And Leather», «Queen Of Hearts», «Crusader», «Sacrifice», «Solid Ball Of Rock» etc. Und das ist ja nur die Spitze des Saxon-Hit-Eisbergs. Am Ende kann man getrost sagen: «Was für eine sensationelle Show, wow!».
FAZIT
Wer nicht da war, hat definitiv etwas verpasst. Eines der besten Konzerte, die ich in diesem Jahr erleben durfte. Saxon haben einmal mehr äusserst souverän abgeliefert und sind schlicht und einfach eine bärenstarke Live-Band. Ich hätte in Zukunft sehr gerne einmal ein «An evening with…»-Konzert mit Saxon. Dann könnten sie ein noch grösseres Hitfeuerwerk zünden.
Auch Phil Campbell And The Bastard Sons haben mich voll und ganz überzeugt. Ich hoffe, dass wir die Herrschaften auch 2017 wieder in unseren Breitengraden antreffen werden. Liebe CH-Festivals und Konzertlocations, zieht doch einmal eine Verpflichtung dieser coolen Band in Betracht. Ihr werdet es nicht bereuen.
Und an alle Nörgler da draussen, ja, man kann auch als Metaljungspund ein grosser Saxon-Fan sein. 50 Jahre Metal-Erfahrung sind doch keine Muss-Voraussetzung dafür, hallo?! Ich habe da teilweise ein wenig Mühe mit dem Unverständnis von gewissen Personen innerhalb der Szene. Glücklicherweise überwiegt der Anteil der angenehmen Metalheads. So werden wir auch weiterhin eine riesige, friedliche Metal-Familie bleiben.
Zu guter Letzt bin ich sehr froh, dass dieses Konzert an einem Freitagabend stattgefunden hat. Für einmal musste ich nicht frühzeitig abhauen und konnte mir alles bis zum Ende ansehen beziehungsweise anhören. Die Rückreise mit dem Nachtzug nahm ich dafür sehr gerne in Kauf.
Setliste – PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS
- Big Mouth
- Nothing Up My Sleeve
- Spiders
- R.A.M.O.N.E.S.
- Take Aim
- Born To Raise Hell
- Sweet Leaf
- Ace Of Spades
- Eat The Rich
- Silver Machine
- Going To Brazil