Hope is human
Für einmal dominierten nicht die harten Metal-Klänge die Gemäuer des Hall Of Fame. Nein, an diesem Donnerstagabend stand der Dark Rock – gepaart mit Gothic- und Elektro-Elementen – im Fokus. Die beiden deutschen Bands A Life Divided und Lacrimas Profundere gaben sich die Ehre und eröffneten ihre „Hope Is Human“-Tour in Wetzikon. Weitere Infos sind im nachfolgenden Konzertbericht ersichtlich.
Mein erster Schreibeinsatz im Hall Of Fame im neuen Jahr. Da freue ich mich doch sehr darauf. Schliesslich habe ich vor allem im Herbst/Winter des letzten Jahres zahlreiche gelungene Konzertabende in diesen etwas mehr als vier Wänden erlebt. Für gewöhnlich finden Hall Of Fame-Konzerte an Frei- oder Samstagen statt. Heute steht allerdings nach längerer Zeit wieder einmal ein Donnerstag-Event an. Ich hoffe, dass ich dann nicht zu früh auf den letzten Zug sprinten muss. Allerdings habe ich im Hall Of Fame weniger Probleme damit als beispielsweise im Metal-Tempel Z7. Dass auch Donnerstags-Konzerte im Hall Of Fame genial sein können, hat der sympathische und überragende Auftritt von Country- und Blues Rocker Hank Davison am 1. September 2016 gezeigt.
Heute Abend stehen allerdings andere Protagnisten im Fokus. Auf der einen Seite haben wir die Gothic Rocker von Lacrimas Profundere und auf der anderen Seite die Herrschaften von A Life Divided. Support-Acts sind keine am Start. Die ganze Geschichte läuft unter dem Banner der „Double-Headliner-Tour“. Jürgen Plangger – Sänger von A Life Divided – äusserte dazu folgende Worte: „Jede Band wird eine volle Show spielen, es gibt keine Vorband. Eine ganz besondere Tour für alle Fans. Wer zuerst spielt, wird von Stadt zu Stadt entschieden:“. Mir persönlich sind beide Bands nicht wirklich bekannt. Deshalb bin ich gespannt, wie die heutigen Auftritte auf mich wirken werden.
Zuerst steht allerdings ein kurzer Abstecher an die Bar auf dem Programm. Eine grosse Blondine muss her, um die Kehle entsprechend zu befeuchten. Aus den Boxen dröhnen Melodien von Rage, In Flames und Queensrÿche. All diese Bands dürfen meinetwegen sehr gerne ebenfalls einmal hier spielen. Spezielle Club-Tourneen in kleineren Locations sind bei diversen Bands ja in letzter Zeit etwas im Trend. Also weshalb nicht im Hall Of Fame?
Aber genug von dieser Zukunftsmusik. Wenden wir uns wieder dem aktuellen Geschehen zu. Langsam schreite ich Richtung Bühne. Die Halle ist eher mittelmässig gefüllt. Ich erblicke viele Leute mittleren Alters im Publikum. Gespannt starren alle in Richtung Bühne. Schon bald ist es an der Zeit für den ersten Auftritt des Abends.
LACRIMAS PROFUNDERE
Um 19.45 Uhr betreten die Tränen vergiessenden Herren von Lacrimas Profundere die musikalische Spielfläche. Es folgt eine melancholische und düstere Show. Wuschelkopf Sänger Roberto Vitacca lullt die Zuhörerschaft mit seiner tiefen Bass-Stimme regelrecht ein. Eine Fähigkeit, über welche die meisten Sänger aus dem Gothic-Bereich verfügen. Aber schliesslich muss das ja auch so klingen. Ich habe als Vergleich nur die Finnen von The 69 Eyes oder HIM zu bieten. Das sind eigentlich die einzigen «Gothic Rock-angehauchten» Truppen, die ich einigermassen gut kenne. Die coolste Sau im Raum ist jedoch definitiv Bassist Clemens Schepperle. Während des gesamten Auftritts nimmt er seine Sonnenbrille nicht ab. Sein Bruder – Christoph Schepperle – bedient das Schlagzeug und verschmilzt aufgrund seines T-Shirts mit dem kreisförmigen Labyrinth-Muster beinahe mit dem Hintergrund-Banner, welches dasselbe Symbol zeigt.
Ich weiss nicht so recht, was ich von diesem Auftritt halten soll. Depressive, schwerfällige Einschlaf-Songs und ansprechende Tempo-Nummern wechseln sich ab. Ab und an sind immer wieder geile Gitarren-Riffs zu hören, die auch zum munteren Headbangen einladen. Allerdings ist die ganze Sache keinesfalls mit einem Metal-Konzert zu vergleichen. Ein Festival nur mit solchen Gothic Rock-Bands würde ich wohl kaum aushalten. Trotzdem hat die Show von Lacrimas Profundere irgendwie etwas an sich. Die düstere Atmosphäre ist jedenfalls spürbar vorhanden. Einige Leute im Publikum tanzen „trance-mässig“ um mich herum. Äussert unterhaltsam sind ohne Zweifel die Ansprachen zwischen den Songs. Hier punktet Roberto mit seinem bayrischen Dialekt und diversen Anekdoten aus dem Band-Alltag.
Punkt 21 Uhr geht die erste Show des Abends schliesslich zu Ende. Ich hole mir eine neues kühles Blondes von der charmanten Blondine hinter dem Tresen und schleppe mich wieder an die Bühnen-Front. Dieses Mal sorgen Apocalyptica und Kamelot für die Pausen-Mucke. Auch diese beiden Bands dürften gerne einmal im Hall Of Fame vorbeischauen.
A LIFE DIVIDED
Um halb zehn wird es schliesslich Zeit für die zweite Runde. Und die Herrschaften von A Life Divided geben von Anfang an Vollgas. Dagegen sehen die Tränen mit ihrem Auftritt gerade etwas alt aus. Apropos Lacrimas Profundere. Die sind streng genommen nach wie vor auf der Bühne vertreten – und zwar in der Form von Gitarrist Tony Berger. Richtig, der gute Mann ist in beiden Bands aktiv und hat deshalb heute Abend eine Doppelschicht zu bewältigen. Das scheint ihn allerdings nicht sonderlich zu stören. A Life Divideds Show lebt aber primär von Frontmann Jürgen Plangger. Der Charmebolzen weiss genau, wie er das Publikum um den Finger wickeln muss. Man muss zugeben, dass die Deutschen in Sachen Rhetorik einfach unschlagbar sind. Den meisten scheint das irgendwie bereits in die Wiege gelegt worden zu sein. Es hagelt Witze über den Schweizer Zoll, Seitenhiebe gegen Unheilig und kommt auch zu einer kritischen Diskussion über das Alter. Der Humor ist jedenfalls dabei stets vorhanden. Allerdings hat Jürgen dasselbe Problem wie meine Wenigkeit. Im Verlauf des Auftritts sieht seine gelgetränkte Frisur so aus, als hätte er seinen Finger (oder was auch immer) zu lange in eine Steckdose gesteckt.
Die Jungs waren offenbar in der Vergangenheit offenbar einmal Support-Act von Unheilig. Gemäss eigener Aussage war das damalige Konzert in Zürich ein riesiges Highlight für die Band und hat sie geprägt. Seiter seien sie „Schweiz-Fans“. Über ihren Stil sind sich die Herrschaften allerdings selbst nicht ganz einig. Metal? Pop? Elektro Rock? Naja, ich würde die ganze Sache eher als “Disco Metal” oder “massentauglicher Einstiegs-Metal mit Elektro-Elementen” bezeichnen. Nichtsdestotrotz erleben wir auch beim Auftritt von A Life Divided brauchbare Gitarren-Riffs und Jürgen haut sogar 2-3 Mal ein paar Screams und Growls raus.
Kurz vor 23 Uhr ist dann auch das zweite Konzert des heutigen Abends beendet und ich kann mich stressfrei auf den Weg in Richtung Bahnhof Wetzikon machen.
FAZIT
Für einmal ein etwas anderer Konzertabend in Wetzikon mit zwei Bands, die sich der sture Metalhead wahrscheinlich nicht zwingend antun würde. Als Anhänger von Horizont-Erweiterungen fand ich die ganze Geschichte gar nicht so übel. A Life Divided waren allerdings heute Abend die etwas überzeugendere Truppe. Ich bin gespannt, auf die weiteren Hall Of Fame-Events in diesem Jahr. Mit den Konzerten von Firewind und Battle Beast sind ja bereits wieder zwei echte Schmuckstücke für die Gehörgänge bekanntgegeben worden. Wir sehen uns dann wieder vor der Bühne.
Setliste– LACRIMAS PROFUNDERE
- Intro / Awake
- Antiadore
- Her Occasion Of Sin
- The Worship Of Counting Down
- My Halo Ground
- My Velvet Little Darkness
- Rememberance Song
- A Sigh
- Hope Is Here
- Black Moon
- Again It’s Over
- Amber Girl
- My Mescaline
- My Release In Pain
- Pageant
- You, My North
- Dad
- Dear Amy
- A Pearl
- I Don’t Care
- To Bleed Or Not To Be
- Ave End
Setliste – A LIFE DIVIDED
- Intro
- The Lost
- Drive
- Change
- Right Where I Belong
- Walking In My Shoes (Depeche Mode Cover)
- On The Edge
- My Apology
- Own Mistake
- Anyone
- Other Side
- Doesn’t Count
- Perpetual
- Inside Me
- Words
- The Last Dance
- Space (Unplugged)
- Heart On Fire
- Lay Me Down