«Europe Under Attack» war der Slogan der Tour von Schmier und Co.
Bei der Vorgeschichte der Band, die Erfahrung, Routine und dem Einsatz, den sie in den ganzen Jahrzehnten an den Tag legten, stand es ausser Frage, dass es am heutigen Abend wieder vollen Thrash-Power geben würde. Da ich während den letzten 26 Jahren als Metalhead, weder Destruction jemals Live gesehen, noch das Kofmehl als Location besucht hatte, war die Vorfreude und die Neugierde riesig. Also Metalkluft an, «moment» – die Trage ich ja immer, und los ging es.
Ein erster Nachteil an der Location, der mir bereits zu Beginn ins Auge sprang, war die schlechte Anbindung an die Öffentlichen Verkehrsverbindungen nach 22Uhr, da sie etwas abgelegen liegt. Mag vielleicht auch daran liegen, dass ich bis vor Kurzem in Berlin gelebt habe und, was die ÖV`s betrifft, etwas verwöhnt bin. Mit Taxi, persönlichem Fahrdienst – wie in meinem Falle, oder eigenem Auto ist die Location auf Grund der Nähe zur Autobahn aber gut erreichbar.
Ich kam kurz vor Türöffnung um 19Uhr an. Aber wer ein Kind hat weiss, auch wenn er es bei den Grosseltern lässt, wieso man oft mit Glück erst knapp vor Beginn da ist. Der erste Eindruck von aussen war gut, da ich das alte Fabrikgelände als Auftrittsort bombig fand. Nachdem ich die Kasse passiert hatte und durch die Tür in die eigentliche Location eingetreten war, war der erste Gedanke «Old School Location – yeah». Ich empfand gleich wieder das Gefühl wie in den 90´s, was in diesem Fall als sehr positiv zu werten ist. Ich traf auch gleich Zwini von Nuclear-Blast, mit dem ich auch kurz einen Plausch halten konnte. Viel Zeit hatte ich jedoch nicht, da es auch gleich um 19:15 mit der ersten Vorband los ging.
REZET
Der erste Act an diesem Montagabend waren die Jungs aus Schleswig (Deutschland). Rezet sind 2003 gegründet worden und die Jungs spielen Speed/Thrash-Metal. Ich war gespannt wie sie live sind, da ich die Band noch nie auf der Bühne gesehen hatte. Da es Wochentags war, war das Konzert nicht ausverkauft gewesen. So kam es, was für Bands immer etwas ärgerlich ist, dass sich zu diesem Zeitpunkt nur ca. 25-30 Headbanger vor der Bühne versammelt hatten. Leider gestaltete sich die Bewertung von Rezet «etwas» schwierig… Was war geschehen? Die Jungs gaben Gas, keine Frage, aber man hörte extremes Brummen aus den Boxen. Der Bass dröhnte und übertönte damit doch etwas den Drummer und Gitarristen, und leider litt dadurch auch der Gesang. Nicht falsch verstehen, sie können gut spielen, das haben sie auf ihrem neusten Album bewiesen, aber dieses Geräusch war etwas störend, so dass ihr Auftritt für mich klanglich sehr monoton und undefinierbar war. Was schade ist, da ich auf Grund des neusten Albums «Reality is a Lie» voller Vorfreude auf die mir noch sehr unbekannte Band war. Die Performance der Schleswiger war kraftvoll, aber hätte vermutlich noch etwas mehr Energie versprühen können. So war der Auftritt der Jungs für mich trotz der technischen (?) Probleme ganz ok und ich werde mir «Rezet» sicher noch einmal live zu Ohre bringen.
GONOREAS
Die Jungs aus Brugg (CH) waren als Nächstes an der Reihe. Ich war sehr gespannt auf die 1994 gegründete Combo. Ihr letztes Album «Destructive Ways» war verdammt gut und machte Lust auf mehr. Der Raum füllte sich nun zunehmend, wobei ich schätzungsweisse von ca. 60-80 Headbangern ausgehe. Dann legten sie auch schon los – und wie sie loslegten. Heavy-Metal vom Feinsten drang in meine Ohren. Die Jungs hatten Feuer unter dem Hintern, was mir sehr gefallen hat. «Leandro» der Sänger, hüpfte wie ein Gummiball über die Bühne, schwang dabei das Mikrofon und zelebrierte seine Leidenschaft zum Heavy-Metal. Seine Stimme fiel dabei besonders auf. Es schien so, als ob er jede nur erdenkliche Tonlage im Repertoire hat. Er riss mit seiner Art die Leute mit sich, so dass die ein oder andere langhaarige Matte geschwungen wurde. Gepaart mit der «Old School Location» waren «Gonoreas» wirklich ein Highlight für mich und passten wie die besagte Faust aufs Auge. Wer also guten Heavy-Metal und gute Unterhaltung sucht, der kommt an dieser Combo nicht vorbei. Sie hielten Ihr Tempo von der ersten bis zur letzten Minute und versprühten pure Energie.
NERVOSA
Die Dritten im Bunde waren Nervosa. Die Mädels aus Brasilien gründeten ihre Band 2010. Bisher haben Sie zwei Alben rausgebracht «Victim of Yourself» und «Agony». Auch diese Mädels erschienen mir sehr interessant, da sie «Old School» Thrash-Metal spielen. Also genau mein Ding. Wie schon bei «Gonoreas» zuvor, gesellten sich ca. zwischen 60-100 Headbanger zur Bühne. Sie fackelten auch nicht lange und legten los, und auch sie waren recht mobil auf der Bühne. Bei Ihrer Mimik wusste man jedoch manchmal nicht, beissen die mich nun, oder wollen die nur spielen? Die Mädels kamen mir auch mit ihrer Ausstrahlung den Konzertbesuchern gegenüber etwas distanziert vor. Wie dem auch sei, sie spielten soliden Thrash, die Performance war gut, der Wiedererkennungswert war da. Alles in allem ein guter Auftritt und meine Erwartungen haben sie erfüllt. Ich denke, die Mädels werden noch öfters in der Thrash-Szene auf sich aufmerksam machen. Sie sind in jedem Fall, so sehe ich das zumindest, einen Konzertbesuch wert. Und ich werde die Mädels weiter beobachten, denn, was sie machen ist gut und darauf können sie aufbauen.
DESTRUCTION
Gegen 22:15 Uhr war der Headliner auf der Bühne – «Destruction». Ihr neustes Album «Under Attack» kam 2016 raus. Die Jungs aus Deutschland dürften ja jedem ein Begriff sein. Sie spielen Thrash-Metal seit den frühen 80`s, formten und prägten die Szene. Zusammen mit Sodom, Kreator und Tankard gehören Sie zu den Urgesteinen des Thrash-Metal in Deutschland. Dementsprechend sind auch die Erwartungen immer immens hoch, was auch diesmal der Fall war. Jetzt waren alle geschätzten 130 Metalheads anwesend, was für einen Montagabend, noch dazu spät abends, ganz passabel war. Alles wurde dunkel, dann wummerte die Musik los und die Jungs standen auf der Bühne, als das Licht wieder anging. Sie gingen auch gleich in die vollen und holten alles aus Ihren Instrumenten heraus. Nach ca. zwei oder drei Songs fragte «Schmier»: «Wollt Ihr ein bisschen Old School Thrash-Metal?» – die Antwort vom Publikum war Ihm zu leise – «Wollt Ihr ein bisschen Old School Thrash-Metal?» Jetzt war kein Halten mehr, die Haare wurden geschüttelt, das Trommelfell gedehnt, der Nacken bis auf das Äusserste strapaziert. Irgendwann kam dann die Aufforderung von Schmier, dass wir alle einen Moshpit machen sollen, denn es wäre der einzige Auftritt auf dieser Tournee, der noch keinen Moshpit gehabt hätte. Ab diesem Zeitraum hatten sich ein paar Metalheads aufgerafft und veranstalteten aller paar Minuten einen Moshpit. Selbst das ein oder andere Bandmitglied der Vorbands entschied sich dabei mitzumachen. Mittendrin Leandros von «Gonoreas». Immer noch energiegeladen wie zuvor. Zwischenzeitlich wurde kurz Donald Duck, ähm Donald – the President – erwähnt, was dann zum – the Exploidet Cover-Song – führte. Je näher das Ende des Tour- und Konzertabends ging, umso mehr Horns/Fäuste wurden in die Luft gestreckt. Auch ich blieb davon nicht fern und machte trotz der Kamera um den Hals mit. Es war ein Abend, an dem man sich einfach wünschte, dass er nicht enden würde. Nachdem sie von der Bühne verschwanden, erwachte in den Besuchern ein Chor, der nach Zugabe und noch mehr Zugabe rief, bis die Jungs erneut auf die Bühne kamen. Dies veranlasste «Schmier» wieder zu einem flotten Spruch – von denen er an diesem Abend viele auf Lager hatte – «einer geht noch, oder?» Und ob noch einer ging. Aber wie es so ist, jede Show hat einmal ein Ende. Und mit Applaus und Jubelgeschrei begleitet, gingen Schmier, Mike und Vaaver von der Bühne, das Licht wurde gedimmt und «Europe Under Attack» war zu Ende.
FAZIT
Metalhead was willst Du mehr? Mehr geht immer, aber das Niveau war recht hoch, die meisten Headbanger gut drauf, die Location sogar top. Am Ende bin ich mit einem Shirt und Vinyl von «Gonoreas» nach Hause gegangen. Ich hatte zwischen dem Auftritt von «Gonoreas» und «Nervosa» ein kurzes, aber nettes Gespräch mit «Leandro» von «Gonoreas», vielen Dank noch einmal an dich. «Destruction» waren verdammt gut, «Gonoreas» hat einen Fan (Wink) mehr, «Nervosa» war gut drauf. «Rezet» konnte ich leider nicht ganz so bewerten, wie ich es mir gewünscht hätte. Aber ich bleibe ebenfalls an ihnen dran, denn auf Platte klingen sie richtig gut.
Alles in allem war der Abend gelungen und der Abschied der «Europe Under Attack» Tour würdig. Ich sage Danke den Bands, Danke dem Veranstalter, und Danke den Bardamen und auch der freundlichen Security vor Ort.