Es ist noch nicht lange her, da sind Dream Theater mit ihrem Konzept-Album The Astonishing um den ganzen Erdball getourt. Die Herren scheinen nicht genug zu kriegen, die nächste Tour ist bereits lanciert und steht dieses Mal unter dem Motto «25 Jahre Images & Words», unglaublich wie die Zeit vergeht.
Neu ist bei Dream Theater eigentlich nie etwas, die Member der Band sind seit Jahren die gleichen, die Musik spricht für sich und die Künstler selber spielen im Normalfall im musikalischen Weltklassebereich.
Dafür ist heute etwas Anderes neu: Die Location besuche ich heute (wie wohl fast jeder der Zuschauer) zum ersten Mal. Stimmt zwar nicht ganz, ich war mit Kaufi bereits vor der Eröffnung vor Ort und durfte einen Blick in die noch «unfertige» Halle werfen. Mehr dazu lest ihr hier (Bericht Samsung Hall).
Vor dem Konzert
Bereits beim Hinlaufen vom Bahnhof Stettbach purzeln die Gedanken. Werden sich die Versprechungen betreffend «geiler» Akustik und einer Location mit Charme und neuestem Standard erfüllen oder werde ich enttäuscht sein?
Die Halle ist noch zu, als wir ankommen und kurz warten ist angesagt. Die Vorfreude wächst natürlich, wird aber bereits kurz nach Türöffnung vor dem Eingang ein wenig getrübt, da viele Leute reinwollen, aber fast keine Türen offen sind. Hier gibt es wohl noch Verbesserungspotenzial. Wir haben Glück und sind nach kurzer Wartezeit schon drinnen, es gibt jedoch lange Schlangen vor der Halle und ich hätte die Nerven wohl verloren, wäre ich weiter hinten gestanden.
Dafür erschlägt es mich nun positiv als wir ins Foyer treten. Edel ist der Komplex geworden. Als ich das letzte Mal hier stand, war noch nichts so, wie ich es jetzt vorfinde. Zuerst mal ein Bier holen; Nächste positive Überraschung: Es gibt kaum Wartezeiten. Viele Angestellte tummeln sich hinter den Bars und stellen einen schnellen Bestell- und Lieferservice sicher. Das Angebot an Speisen und Getränken ist im Normalbereich. Die Preise sind den «Züri-Verhältnissen» angepasst und auf Bechern wird ein Depot von CHF 2.- erhoben. Das Foyer macht einen stylischen Eindruck, man riecht noch die neue Farbe und fühlt sich schon in diesem Bereich des Komplexes sehr wohl. Da das Foyer aber eher schmal gebaut wurde, kommt es nach und nach zu Engpässen beim hin und her laufen, da natürlich immer mehr Leute die Samsung Hall betreten. Eine Lösung für dieses Problem wird schwierig zu finden sein, denn man kann ja den Eintrittsbereich nicht einfach nachträglich vergrössern. Anyway, der gute Eindruck bleibt und somit schreiten wir zum ersten Mal in die Haupthalle um den Klängen von Dream Theater zu lauschen, welche auch schon bald die Bühne besteigen und eine hoffentlich «gewaschene» Setlist präsentieren.
An Evening with Dream Theater
Bereits ein paar Schritte in die Halle reichen, um die Bühne, den Balkon mit den Sitzplätzen und die kompakte Grösse der Location zu erfassen. Wir positionieren uns in der Mitte, um die Akustik und das Treiben auf der Bühne wirklich komplett wirken lassen zu können.
Ein paar Minuten nach 20.00 Uhr ist es dann soweit und Mike Mangini läuft geduckt zum Intro-Song hinter sein Drumkit. Mit «The Dark Eternal Night» vom Album Systematic Chaos legen die Amis los. Die Stimme von James Labrie ist mir irgendwie noch zu leise, die Gitarren und das Keyboard von Jordan Rudess übertönen in gewissen Passagen die Stimme des Sängers. Ansonsten jedoch vom ersten Eindruck her bombastischer Sound.
Es scheint als dass Dream Theater zuerst den «Best of» Teil der Songs bringen und erst zu einem späteren Zeitpunkt das Album Images & Words durchspielen. Passt, denn mit dem knapp 9minütigen Einstiegssong geht es schon mal rasant los. Bereits beim nächsten Song «The Bigger Picture» passt nun die Abmischung der Stimme von Labrie im Kontext zur Musik viel besser. Es scheint sich schon jetzt abzuzeichnen, dass die Akustik in dieser Halle wirklich einmalig sein muss. Denn wie die Musik aus den Boxen donnert und die Halle füllt ist – und ich übertreibe wirklich nicht – phänomenal. So was von klar, sowas von intensiv und druckvoll. Kein Hall, nichts, einfach straight und direkt. WOW!
«The Bigger Picture» von der selbstbetitelten Scheibe «Dream Theater» läuft immer noch und ich realisiere, wie Sänger James Labrie heute zusätzlich zum geilen Sound fantastisch bei Stimme ist. Sowieso scheinte es, als ob der Sänger in den letzten Jahren Trainingsstunden genommen hat. Denn lange Zeit war er für mich der grosse Schwachpunkt der Band. Heute hält er locker mit den anderen Musikern mit und trägt dazu bei, dass dieser Abend legendär werden könnte. Auch verlässt er die Bühne nicht mehr so oft wie früher und interagiert viel mehr mit dem Publikum. Seine Diva-Mentalität hat er zu einem grossen Teil abgelegt und schenkt den Fans hie und da sogar ein Lächeln.
Und so geht es im ersten Akt des Abends weiter bis zum Übersong «Breaking All Illusions», welcher diesen Teil des Konzerts abschliesst. Aber was für ein Abschluss; Mir fehlen für diesen Song in Kombination mit dieser Halle einfach sämtliche Worte. Hühnerhaut pur! Ich denke, ich könnte vielleicht spinnen oder eine verschobene Wahrnehmung erfahren haben und frage in der Pause ein paar Leute um mich rum. Aber alle Befragten haben den ersten Teil ebenso intensiv erlebt.
Nun eine wohlverdiente Pause und Verpflegung. Noch kurz die Toiletten austesten und dann wieder zurück in die Halle. Die Toiletten sind gut erreichbar und dem neuesten Standard entsprechend. Sowieso kann man sagen, dass dieser neue Komplex für Schweizer Verhältnisse einen wirklich sehr hohen Standard an Einrichtung und Infrastruktur aufweist. Zurück in der Halle geht es auch schon wieder los. Über die Lautsprecher ertönt ein «Gong» und macht auch noch die letzten Besucher, welche sich noch draussen aufhalten darauf aufmerksam, sich nun zurück in die Halle zu begeben. Irgendwie cool, fast wie im Kino. Kaum erlischt das Licht, kommen die fünf Musiker auch schon wieder auf die Bühne.
Jetzt startet der Block mit den Songs des Albums Images & Words. Einmal mehr denke ich: Was diese Musiker hier vor mir aus ihren Instrumenten herauszaubern ist einfach Faszination pur. Ich kenne keine andere Band, welche technisch auf diesem Niveau spielen kann. Absolute einzigartige Oberklasse der virtuosen progressiven Musik. Wer das Album von DT nicht kennt, welches eigentlich mitunter für den Durchbruch der Band auf internationaler Ebene verantwortlich war, kennt vielleicht trotzdem ein paar Songs, welche noch heute oft in den Setlists der Band Platz finden: «Pull me Under», «Surrounded» oder auch «Metropolis Pt.1…» sind auf dieser Scheibe und veranschaulichen, wieso dieses Stück Geschichte eines der Wichtigsten war und immer noch ist. Die Band zockt die Songs mit einer Genauigkeit und Lässigkeit runter, dass einem vor Glück fast schlecht wird.
Dieses Mal verzichtet Dream Theater übrigens auf aufwendige Video-Produktionen, wie man es sonst von Ihnen kennt, sondern sie haben ein schlichtes Backdrop dabei, auf welchem mit Licht verschiedene Farben und Muster abgebildet werden.
Zwischendurch versucht James Labrie auch das Publikum wieder zu aktivieren. Es ist ein wenig ruhiger geworden im Publikum. Mitgesungen wird jedoch weiterhin und man schwelgt in Erinnerung. Sound und Band immer noch perfekt. Mit «Learning to Live» beenden Dream Theater ihr Konzert. Grosser und langanhaltender Applaus brandet durch die Samsung Hall. Wieder einmal haben es die Herren allen gezeigt. Der Applaus will nicht enden, die Bandmitglieder verlassen langsam die Bühne und bedanken sich beim Publikum mit erhobenen Händen.
Natürlich kann es das nicht gewesen sein. Eine Zugabe muss her. Ein Blick auf die Uhr: Bereits wurde die 2 Stunden-Spiel-Marke überschritten. Die Zeit kam mir gar nicht so lang vor. War es ein Traum? (kleines Wortspiel)
Die Band kommt zurück auf die Bühne, natürlich haben die paar tausend Fans und ich nichts anderes erwartet. Und was jetzt folgt, ist für mich wieder eines dieser unvergleichlichen «Dream Theater Phänomene»; Andere Bands würden wohl noch zwei Überhits nachliefern und basta. Nicht so DT: Die Band zockt doch ganz einfach auch noch eine weitere Veröffentlichung (Change of Seasons EP) runter und zwar von Anfang bis Ende, über 20 Minuten am Stück. Was für ein Glück ein Teil dieses Konzerts sein zu dürfen.
Danach ist aber endgültig Schluss. Wohlverdient finde ich. Über 2 Stunden und 30 Minuten sind nun gespielt. Die Band bedankt sich nochmals, verneigt sich vor dem Publikum und scheint Happy zu sein. Für ein Schweizer Publikum war heute auch eine perfekte und positive Ambiance vorhanden. Die Akustik in der neuen Halle hat dies sicher auch noch entsprechend gefördert.
Fanzit
- Halle / Infrastruktur: Note 6
- Akustik in der Halle: Note 6
- Dream Theater (Band): Note 6+
- Dream Theater (Setlist): Note 6
- Stimmung: Note 5.5
- Gesamteindruck: Note 6.0
Heute hat einfach alles gestimmt. Ein legendäres Konzert. Eines der besten Konzerte, welches ich bis jetzt von Dream Theater erlebt habe. Hühnerhaut garantiert. Die Samsung Hall in Dübendorf war ein würdiger Ort für ein Konzert dieser Band. Ich hoffe, dass Dream Theater auch beim nächsten Mal wieder in Dübendorf auftreten werden. Somit will ich auch sagen, dass die Halle das erfüllt, was uns (siehe Vorbericht) versprochen wurde. So gehe ich schelmisch lachend nach Hause, dies aus mehreren Gründen; Erstens habe ich ein unvergessliches Konzert erlebt, Zweitens weiss ich, dass ich die Band noch einmal in Göteborg und Stockholm sehen darf. Das wird ein Gaudi.
Setliste Dream Theater
Act 1:
- The Dark Eternal Night
- The Bigger Picture
- Hell’s Kitchen
- The Gift of Music
- Our New World
- Portrait of Tracy
- As I Am
- Breaking All Illusions
Act 2:
- Pull Me Under
- Another Day
- Take the Time
- Surrounded
- Metropolis Pt. 1: The Miracle and the Sleeper
- Under a Glass Moon
- Wait for Sleep
- Learning to Live
Zugabe
A Change of Seasons: I The Crimson Sunrise
A Change of Seasons: II Innocence
A Change of Seasons: III Carpe Diem
A Change of Seasons: IV The Darkest of Winters
A Change of Seasons: V Another World
A Change of Seasons: VI The Inevitable Summer
A Change of Seasons: VII The Crimson Sunset