Zwei etwas dubiose Vorgruppen (wenn man sie denn so nennen möchte) und ein überragender Headliner mit einer bärenstarken Performance. So lautet die Bilanz dieses «montäglichen» Konzertabends im Zürcher Volkshaus.
Auftakt zu einer intensiven Schreibeinsatzwoche am heutigen Montagabend. Heute Zürich, morgen Pratteln und am Sonntag steht ebenfalls nochmals ein Ausflug in den Kanton Baselland an. Bleiben wir jedoch vorerst im hier und jetzt. Feinsten Bluesrock aus dem sonnigen Kalifornien verspricht uns die 2008 gegründete Truppe Rival Sons. Kennengelernt habe ich die Herrschaften als Support-Act von Black Sabbath auf deren Abschiedstournee. Mit einem gelungenen Auftritt im Hallenstadion konnten mich Jay Buchanan und Co. damals für sich begeistern. Deshalb freue ich mich sehr darauf, die Rival Sons heute Abend als Headliner erleben zu dürfen.
Die Akkreditierungs-Bestätigung flatterte am Vormittag glücklicherweise doch noch in meinen Mail-Posteingang. Da das Ganze beim Gig des polnischen Todespanzers Vader in Winterthur allerdings deutlich knapper war, habe ich dieses Mal keinen wirklichen Grund für eine Reklamation. Beim Vader-Konzert habe ich nämlich erst eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn «grünes Licht» für meinen Schreibeinsatz erhalten. Glücklicherweise liegen uns die Good News-Akkreditierungsbestätigungen normalerweise jeweils 3 – 4 Tage vor dem Veranstaltungstag vor.
Kurz vor 19 Uhr treffe ich beim Volkshaus ein. Gerade rechtzeitig zur Türöffnung. Dieses Mal bleibe ich jedoch von einer gigantischen Warteschlange verschont. Ziemlich rasch geht’s ins Innere des Gebäudes und dann zuerst einmal ab an die Garderobe. Da bereits Musik aus dem Theatersaal kommt, werfe ich natürlich umgehend einen Blick hinein.
DJ HOWIE PYRO
Und was sehe ich da? Was läuft denn da bitteschön für ein Porno-Kino? Da hüpfen diverse, äusserst kleidungsresistente Damen auf einer grossen Leinwand herum. Dazu bekommen wir Klänge aus dem Blues-, Country- und Classic Rock-Bereich serviert. Dafür verantwortlich ist der gute Herr DJ Howie Pyro. Aber irgendwie wirkt das Publikum etwas irritiert oder beschämt. Vor allem die Herren im Hause werfen immer wieder Blicke in Richtung Leinwand, während sich ihr weiblicher Anhang verlegen lächelnd abwendet. Andere wiederum vertreiben sich die Zeit beim Rauchen oder im Aussenbereich an der Bar. Diese freizügigen Videos im 70er/80er-Jahre-Stil erinnern mich irgendwie etwas an «Eis am Stiel». Meinetwegen hätte man also ungeniert auch einer «echten» Band diesen Support-Slot überlassen können. Die Kanadier von Monster Truck hätten doch beispielsweise optimal ins heutige Vorprogramm gepasst, nicht? Diese ganze Geschichte hätte jetzt wirklich nicht sein müssen. Aber es kommt später noch besser (Achtung Ironie).
DERRICK C. BROWN
Um 20 Uhr betritt die nächste skurrile Gestalt die Bühne. Sieht abermals verdächtig nach einer «One-Man-Show» aus. Der Typ hört auf den Namen Derrick C. Brown und schimpft sich selbst Poet (oder Comedian). Zugegebenermassen haut er doch ein paar sehr witzige Sprüche raus. Auch sexuellen Anspielungen ist er nicht abgeneigt. Selbstverständlich dürfen die längst zum Usus gewordenen Seitenhiebe gegen US-Präsident Donald Trump nicht fehlen. Trotzdem ist das Publikum bezüglich Derricks Auftritt geteilter Meinung. Von «sehr unterhaltsam» bis zu «diesen Scheiss muss ich mir nicht geben» schnappe ich die verschiedensten Reaktionen und Feedback-Meldungen auf. Vollends aus den Socken haut mich diese Geschichte auch nicht. Comedians können von mir aus gerne im Vorprogramm von «Blödel-Bands» wie J.B.O. oder Knorkator auftreten. Heute Abend ist solch ein Auftritt allerdings leider eher fehl am Platz.
RIVAL SONS
Aber das heutige Programm hat ja noch ein Ass im Ärmel: den Headliner des Abends! Und um zehn vor neun wird es schliesslich Zeit für die Rival Sons. Endlich folgt das erste, echte Konzert des Abends. Und dieses hat es in sich – so viel schon einmal vorweggenommen.
Jay Buchanan (Gesang), Scott Holiday (Gitarre), Mike Miley (Drums), Dave Beste (Bass) und Todd E. Ögren-Brooks (Keyboard) sehen sich nach dem Betreten der Bühne einer sehr gut gefüllten Location gegenüber. Dieser Publikumsaufmarsch überrascht mich. Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Vom kreischenden Justin Bieber-Teenie bis zu den Grosseltern ist alles dabei. Offenbar scheinen Jay und Co. echte Publikumsmagneten zu sein. Jedenfalls ernten sie während es gesamten Auftritts immer wieder frenetischen Jubel.
Mit «Hollow Bones Pt. 1» eröffnen die Herren ihr Set mit einer wuchtigen Mitsing-Hymne. Da steckt ordentlich Power drin. Jays Stimme ist schlichtweg überragend. Auch mit gewissem Abstand zum Mikro hört man ihn klar und deutlich. Sämtliche Töne sitzen. Respekt. Gelegentlich latscht er auch mit einem kleinen Tambourin durch die Gegend. Nimmt man sein Aussehen dazu und die Tatsache, dass er barfuss unterwegs ist, hat das Ganze durchaus etwas «Hippie-mässiges» an sich. Die coolste Sau im Raum bleibt allerdings Gitarrist Scott Holiday. Mit seinem Schnauzer und Sonnenbrille weiss er durchaus aufzufallen. In Sachen Gitarren-Spiel macht man ihm auch so schnell nichts vor. Da hat er sich auf der gemeinsamen Tour wohl den einen oder anderen Trick vom grossen Tony Iommi abgeguckt. Bassist Dave Beste und Keyboarder Todd E. Ögren-Brooks bestechen durch ihre ZZ Top-Bärte. Schlagzeuger Mike Miley sorgt derweil mit seiner Melone für die passende Hut-Mode des Abends.
In der Setlist finden sich die bekannteren Songs wie «Pressure And Time», «Open My Eyes» oder «Keep On Swinging», aber natürlich auch einige Nummern von der aktuellen Platte «Hollow Bones». Dabei variieren die Herren sehr gelungen zwischen Balladen und schnelleren Liedern. Dem Publikum gefällt es. Die Band wird ununterbrochen gefeiert. Für Soli bleibt ebenfalls noch Platz. Zuerst holt Scott alles aus seiner Saiten-Königin heraus und etwas später darf dann Mike mit vollem Elan los trommeln.
Mit «Hollow Bones Pt. 2» beenden die Jungs schliesslich den regulären Setlist-Teil des Abends. Danach verziehe ich mich rasch an die Garderobe, um mir schon einmal präventiv meine Jacke zu sichern. Danach wäre dies wohl ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Einen kurzen Ausschnitt des bereits erwähnten Zugabe-Songs «Keep On Swinging» gönne ich meinen Gehörgängen noch, ehe mich dann verabschiede und in Richtung Tram-Haltestelle abdüse.
FAZIT
Das Vorprogramm hätte man heute Abend auch weglassen können. Wirklich überzeugend war das nicht. Dafür lieferte der Headliner danach eine grandiose Show ab. Ich kann die Rival Sons definitiv weiterempfehlen. Einen solchen «Montags-Blues» würde ich mir ohne zu Zögern wieder antun. Organisationstechnisch hat Good News vieles richtig gemacht. Und auch die Soundqualität hat erneut gepasst. Langsam aber sicher mausert sich das Volkshaus zu einer meiner beliebteren Konzert-Locations. Zuletzt waren die Konzerte von Opeth und Powerwolf echte Highlights. Und auch heute Abend hat zumindest der Headliner überhaupt nicht enttäuscht.
Setliste – Rival Sons
- Hollow Bones Pt. 1
- Tied Up
- Thundering Voices
- Electric Man
- Secret
- Pressure and Time
- You Want To
- Jordan
- Fade Out
- Tell Me Something
- Guitar Solo
- Face of Light
- Torture
- Open My Eyes
- Drum Solo
- Hollow Bones Pt. 2
- Keep On Swinging*
*Zugabe